Über nonverbale Signale wird unter dem Etikett „Körpersprache“ in populärwissenschaftlichen Büchern viel verbreitet; oft wird dabei der Eindruck erweckt, dass es für jede Regung der Gestik oder Mimik eine sofort passende Erklärung gibt: das Kratzen an der Nase sei auf Unsicherheit zurückzuführen und nicht etwa auf eine juckende Nase. Für eine seriöse Auseinandersetzung mit dem Thema ist das nicht sehr hilfreich, da anzunehmen ist, dass die Bedeu-tung nonverbaler Signale in der menschlichen Kommunikation vielschichtiger und komplexer ist, als dies so simple Schlußfolgerungen vermuten liesen.
Um dieser Vielschichtigkeit – und damit der Bedeutung nonverbaler Signale in Gesprächssituationen – auf die Spur zu kommen, ist es sinnvoll, zunächst die einzelnen Signale nonverbaler Kommunikation genauer zu beschreiben. dies geschieht, gegliedert nach den unterschiedlichen Wahrnehmungskanälen in Punkt 2 dieser Arbeit. In Punkt 3 befasse ich mich mit den unterschiedlichen Klassifizierungsmodellen nonverbaler Kommunikation, die den Signalen bestimmte Funktionen zuweisen, aber auch Auskunft geben über die Aufgaben, den Inhalt und der Aussageintention nonverbaler Signale. Hier werden die Modelle von ARGY-LE/FORGAS, EKMAN/FRIESEN und MEHRABRIAN dargestellt und miteinander verglichen. Am Ende der Arbeit möchte ich im Gliederungspunkt 4 die konkrete Bedeutung non-verbaler Signale in speziellen Gesprächssituationen (face-to-face; newsgroups und Telefongespräch) aufzeigen.
Gliederung
1 Einleitung
2 Nonverbale Signale – Eine Begriffsbestimmung
2.1 Nonverbale Signale auf dem kinetischen Wahrnehmungskanal: Körperkontakt und Distanzverhalten
2.2 Nonverbale Signale auf dem optischen Wahrnehmungskanal: Blickverhalten, Augenausdruck, Mimik, Gestik und Körperhaltung
2.3 Nonverbale Signale auf dem akustischen Wahrnehmungskanal:Tonlage, Lautstärke ect
2.4 Zum Verhältnis von Sprache und nonverbalen Signalen
3 Erklärungsmodelle der Bedeutung und Funktion nonverbaler Kommunikation
3.1 AGYLE/FORGAS
3.2 EKMAN/FRIESEN
3.3 MEHRABIAN
3.4 Vergleich der Erklärungsmodelle
4 Nonverbale Signale in Gesprächssituationen
4.1 Nonverbale Signale als Ausdruck des Selbstkonzepts des Gesprächspartners
4.2 Klärung der Aussageintention: Newsgroups – Ein Beispiel für „Gespräche“ ohne nonverbale Signale
4.3 Zeichen der Wertschätzung: Körperkontakt
5 Schluß
6 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Über nonverbale Signale wird unter dem Etikett „Körpersprache“ in populärwissenschaftlichen Büchern viel verbreitet; oft wird dabei der Eindruck erweckt, dass es für jede Regung der Gestik oder Mimik eine sofort passende Erklärung gibt: das Kratzen an der Nase sei auf Unsicherheit zurückzuführen und nicht etwa auf eine juckende Nase. Für eine seriöse Auseinandersetzung mit dem Thema ist das nicht sehr hilfreich, da anzunehmen ist, dass die Bedeutung nonverbaler Signale in der menschlichen Kommunikation vielschichtiger und komplexer ist, als dies so simple Schlußfolgerungen vermuten liesen.
Um dieser Vielschichtigkeit – und damit der Bedeutung nonverbaler Signale in Gesprächssituationen – auf die Spur zu kommen, ist es sinnvoll, zunächst die einzelnen Signale nonverbaler Kommunikation genauer zu beschreiben. dies geschieht, gegliedert nach den unterschiedlichen Wahrnehmungskanälen in Punkt 2 dieser Arbeit. In Punkt 3 befasse ich mich mit den unterschiedlichen Klassifizierungsmodellen nonverbaler Kommunikation, die den Signalen bestimmte Funktionen zuweisen, aber auch Auskunft geben über die Aufgaben, den Inhalt und der Aussageintention nonverbaler Signale. Hier werden die Modelle von ARGYLE/FORGAS, EKMAN/FRIESEN und MEHRABRIAN dargestellt und miteinander verglichen. Am Ende der Arbeit möchte ich im Gliederungspunkt 4 die konkrete Bedeutung nonverbaler Signale in speziellen Gesprächssituationen (face-to-face; newsgroups und Telefongespräch) aufzeigen.
2 Nonverbale Signale – Eine Begriffsbestimmung
OSCHMANN (1986) definiert nonverbale Kommunikation als den „Austausch von Informationen durch nicht-sprachliche Reize.“ (S. 98). Dazu gehören auch nicht-sprachliche vokale Signale, wie Räuspern, der Tonfall ect.
Die nonverbalen Signale können nach den Kommunikationskanälen unterschieden werden, auf denen sie wahrgenommen werden (optisch, akustisch, kinetisch, auch termisch und olfaktorisch – vgl. ELLGRING (1997) S. 199), wobei immer im Blick zu behalten ist, dass nonverbale Signale meist auf mehreren Kanälen gleichzeitig gesendet und empfangen werden, die jedoch zusammen gehören und in ihrer Wirkung und Bedeutung als Ganzes zu sehen sind (vgl. OSCHMANN (1986) S. 61). Das oben genannte „Kratzen“ an der Nase ist so nur ein Element im nonverbalen Kommunikationsprozess, das in seiner Bedeutung von anderen nonverbalen, aber auch verbalen Signalen (Naseputzen und Sprechen über Heuschnupfen, oder auch Blickverhalten und Stottern) in Verbindung steht und von diesem Gesamt der Selbstmitteilung her zu verstehen ist.
2.1 Nonverbale Signale auf dem kinetischen Wahrnehmungskanal: Körperkontakt und Distanzverhalten
Nach ARGYLE (1974) ist der Körperkontakt die ursprünglichste Art sozialen Verhaltens, der zunehmend durch visuelle und sprachliche Äußerungen ergänzt und ersetzt wird (vgl. S. 91). In Gesprächssituationen tauchen sie bei Begrüßung und Abschied in Form von Händeschütteln und auch Küssen auf, aber auch im Festhalten einer Person. Auch als Ausdruck von Aggressionen können Körperkontakte Gesprächssituationen begleiten. „In unserer Kultur signalisiert eine leichte Berührung gewöhnlich Intimität und Interesse und ruft beim Berührten eine geringfügige Erregungsreaktion hervor. Interessanterweise können Berührungen die Einstellungen des Berührten positiv beeinflussen, auch wenn dieser sich gar nicht bewußt ist, berührt worden zu sein.“ (FORGAS 1999, S. 153f) Und andererseits: „Berührungen können auch Superiorität und Dominanz signalisieren. Unterwürfige oder rangniedrigere Menschen sind körperlich verfügbarer, „berührbarer“ als dominante. Kinder, Behinderte, Dienstboten oder Untergebene sind häufiger Objekt solcher nicht-reziproker Berührungen.“ (FORGAS 1999, S. 155)
Körperkontakt hat als nonverbales Signal in einem Kommunikationsprozeß also neben den ritualisierten Grußformen v.a. die Funktion Informationen über die Beziehung der Gesprächspartner zu geben.
Um das zu verdeutlichen, müssen wir uns nur folgende Szene vorstellen: die Auszubildende legt in einer Besprechung die Hand auf die Schulter des Firmenchefs, um ihm so ihre Anerkennung für seine Arbeit auszudrücken. Diese Szene wird sich in der Realität kaum fifnden, sehr wohl aber ihr Gegenstück: der Chef berührt die Auszubildende, um ihr Anerkennung für ihre Leistung zu zollen. Ungeachtet der (vielleicht) guten Absicht stößt dieses Verhalten bei der (wahrscheinlich) jungen Frau auf Ablehnung: der ranghöhere Vorgesetzte berührt die Rangniedrigere und stellt damit Intimität her, die nicht Ausdruck einer partnerschaftlichen Beziehung ist und damit umkehrbar wäre, sondern er drückt damit seine Wichtigkeit und Herrschaft aus. Allerdings ist auch denkbar, dass die Auszubildende diesen Körperkontakt positiv deutet, quasi als Signal für eine gute Beziehung. Auch hier gilt es, die ganze Situation in den Blick zu nehmen (Umgangsstil in der Firma, Vorgeschichte, begleitende verbale Signale ect.).
Pauschal kann jedoch festgestellt werden, dass der Körperkontakt und der Umgang mit der räumlichen Distanz in der Weise Informationen über die Beziehung der Kommunikationspartner liefert, in der eine um so häufigere und nähere gegenseitige Distanzverringerung der Gesprächspartner auf eine um so vertrautere und intimere Beziehung der Partner hinweist, egal ob diese bereits vorhanden oder von den Kommunikationspartnern erwünscht ist.
2.2 Nonverbale Signale auf dem optischen Wahrnehmungskanal: Blickverhalten, Augenausdruck, Mimik, Gestik und Körperhaltung
Aussagen wie die von der „Liebe auf den ersten Blick“, „dem ersten Eindruck“ und „Wenn ich den schon sehe ...“ sind Indizien für die hohe Bedeutung des optischen Kanals im Bereich der nonverbalen Kommunikation: da muß einer „noch nicht einmal den Mund aufmachen“, und schon ist die Beurteilung seiner Person (zumindest scheinbar) möglich. Es sind nicht nur Vorurteile, die bei dieser Wahrnehmung gepflegt werden, es ensteht ein „erster Eindruck“, der Orientierung schafft für weitere Kommunikation und der das Handeln reguliert.
Wesentliches nonverbales Signal ist bei face-to-face-Kommunikationen das Blickverhalten, das hier exemplarisch für andere nonverbale Signale aus diesem Wahrnehmungsbereich vorgestellt werden soll. Es ist nach FORGAS (1999) zugleich das wichtigste Signal bei der Aufnahme bzw. dem Abbrechen von face-to-face-Kontakten, aber auch bei der Regulation des Rederechts im Gespräch und steuert wesentlich die Wahrnehmung und Beurteilung der eigenen Person durch den Kommunikationspartner. Fehlt dieses Signal – wie etwa bei einer Unterhaltung mit einem Sonnenbrillenträger – wird Kommunikation schwierig: der Gesprächspartner ist in extrem hohen Maß auf den Wahrheitsgehalt der verbalen Aussagen angewiesen. Der Träger der Sonnenbrille ist zudem als Person viel schwerer einschätzbar, weil eine Vielzahl an (unbewußten) Eindrücken über die Persönlichkeit des Gesprächspartners fehlen. Er ist gleichsam der „Stärkere“ in dem Kommunikationsprozess, da ihm die durch das Blickverhalten übertragenen Informationen über den Gesprächspartner ja dennoch zur Verfügung stehen. Damit wird deutlich, dass neben der Regulation von Rederecht das Blickverhalten ein wichtiges Element in der Balance von Kommunikation hat.
2.3 Nonverbale Signale auf dem akustischen Wahrnehmungskanal:Tonlage, Lautstärke ect.
Häufig gestellte Fragen
Was ist der Fokus des Texts über nonverbale Signale?
Der Text untersucht die Bedeutung und Funktion nonverbaler Kommunikation, insbesondere in Gesprächssituationen. Er beschreibt verschiedene nonverbale Signale nach den Wahrnehmungskanälen, analysiert Klassifizierungsmodelle und geht auf die Rolle nonverbaler Signale in spezifischen Gesprächssituationen ein.
Welche nonverbalen Signale werden nach Wahrnehmungskanälen unterschieden?
Die nonverbalen Signale werden nach dem kinetischen (Körperkontakt, Distanzverhalten), optischen (Blickverhalten, Augenausdruck, Mimik, Gestik, Körperhaltung) und akustischen (Tonlage, Lautstärke) Wahrnehmungskanal unterschieden.
Welche Erklärungsmodelle nonverbaler Kommunikation werden behandelt?
Die Modelle von ARGYLE/FORGAS, EKMAN/FRIESEN und MEHRABIAN werden dargestellt und miteinander verglichen, um Einblicke in die Funktionen und Bedeutung nonverbaler Signale zu geben.
Wie wird die Bedeutung von Körperkontakt in der Kommunikation beschrieben?
Körperkontakt wird als ursprüngliche Form sozialen Verhaltens betrachtet, die in Gesprächssituationen Informationen über die Beziehung der Gesprächspartner vermittelt. Er kann Intimität, Interesse, Dominanz oder Unterwürfigkeit signalisieren.
Welche Rolle spielt das Blickverhalten in der face-to-face-Kommunikation?
Das Blickverhalten ist ein wichtiges Signal bei der Aufnahme und beim Abbrechen von Kontakten, bei der Regulation des Rederechts und bei der Wahrnehmung und Beurteilung der eigenen Person.
Welche Bedeutung haben akustische Signale in der nonverbalen Kommunikation?
Akustische Signale, wie Tonlage, Lautstärke, Sprechtempo und Rhythmus, übertragen Informationen über den Sender und können eigenständige Botschaften senden. Sie sind wichtig, um die Aussageintention richtig zu verstehen.
Wie werden nonverbale Signale in Bezug auf verbale Kommunikation betrachtet?
Nonverbale Signale ergänzen und modifizieren die verbale Kommunikation. Ihre Bedeutung ist oft kontextabhängig und muss im Zusammenhang mit anderen verbalen und nonverbalen Signalen betrachtet werden.
Welche spezifischen Gesprächssituationen werden im Text angesprochen?
Der Text erwähnt face-to-face-Gespräche, Newsgroups (als Beispiel für Kommunikation ohne nonverbale Signale) und Telefongespräche, um die Bedeutung nonverbaler Signale in unterschiedlichen Kontexten zu verdeutlichen.
Was wird über "Körpersprache" in populärwissenschaftlichen Büchern kritisiert?
Kritisiert wird die oft vereinfachende Darstellung, die für jede Regung der Gestik oder Mimik eine sofort passende, simple Erklärung anbietet, ohne die Vielschichtigkeit und Komplexität nonverbaler Kommunikation zu berücksichtigen.
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- Heike Kellner-Rauch (Author), 2000, Bedeutung nonverbaler Signale im Gespräch, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/138155