Die Schüler sollen in dem hier vorgelegten Unterrichtsentwurf eine Kurzgeschichte dahingehend sachgerecht nutzen, dass jeder Schüler befähigt wird, eine eigene begründete Meinung zu dem Dilemma der Hauptfigur „Daniel“ zu formulieren. Dazu sollen die Schüler Handlungsoptionen Daniels aus dem Text herausarbeiten, worauf die Schüler Konsequenzen logisch schlussfolgern sollen, um daraufhin Argumente zu bilden, die das Fundament für die Formulierung der begründeten Meinung darstellt.
1. Einordnung der Stunde in die Unterrichtssequenz
Die Unterrichtsstunde befindet sich fast am Ende der Sequenz „Beschreibung“. Nach mir folgt eine Stunde zum Thema „Attribute“, welche die Sequenz abschließt. Ich habe mich in Absprache mit Frau Nagel dafür entschieden, auf eine theoretische Ergebnissicherung bzw. auf eine Zusammenfassung der Sequenz „Beschreibung“, die sich hier anbieten könnte, zu verzichten, da dies lediglich zu einer Wiederholung des Gesagten und Verstandenen in den Stunden zuvor geführt hätte, was aufgrund der leistungsstarken Schüler dieser Klasse eher zu einer kollektiven Unterforderung geführt hätte. Die Schüler haben in der Doppelstunde zuvor versucht, eine Bildbeschreibung in Worte und Sätze zu fassen. Dabei haben sie ihr Wissen aus den Stunden davor genutzt, die zu den Themen „Gegenstandsbeschreibung“ und „Personenbeschreibung“ gehalten wurden. Die Schüler wurden in der Doppelstunde zuvor aufgefordert, ihren Eindruck auf das Bild und daher ihre persönliche Meinung zum Bild zu formulieren. Um Anschluss herzustellen, ist es daher konzeptionell sinnvoll, das Thema „Bildung und Formulierung einer begründeten Meinung“ näher zu thematisieren.
2. Überlegungen zum Unterrichtsgegenstand (Sachanalyse)
Der Unterrichtsgegenstand ist die Dilemmageschichte „ Ein Eis um jeden Preis? “1.
2.1. Nacherzählung der Geschichte
Die Hauptfigur Daniel befindet sich mit seinen Eltern und mit sieben weiteren Kindern (zwei Geschwister, zwei Kusinen, drei Freunde) in einem Schwimmbad und fragt sein Vater, ob dieser für ihn ein Eis kaufen könnte. Der Vater belehrt daraufhin seinen Sohn, jeder müsse ein Eis bekommen und jeder dürfe sich nur ein Eis für 1 € aussuchen, für mehr fehle ihm das Geld und es gelte für ihn prinzipiell der Grundsatz „Gleiches Recht für alle“.2 Der zehnjährige Daniel meldet dagegen sein Eigeninteresse an, ein großes Eis zu kaufen und ist bereit, dafür sein eigenes Taschengeld zu verwenden, worauf der Vater seine Vorstellung von Gerechtigkeit wiederholt3, ihm aber die Möglichkeit einräumt, er könne das größere Eis kaufen, müsse es aber auf dem Parkplatz essen, fernab von den Blicken der Kinder, da er fürchtet, diese könnten neidisch werden. Daniels Mutter schaltet sich ein und appelliert an ihren Mann, Rücksicht auf die Eigenverantwortung des Jungen zu nehmen, immerhin bezahle dieser das Eis von seinem Taschengeld, worauf der Vater aber nicht von seiner Entscheidung abfällt und Daniel folgende Werte-, Gewissens-, Entscheidungs- und Handlungskonflikte entlässt:
2.1. Die Dilemmata der Geschichte, Konsequenzen, Pro- und Contra-Argumente
2.1.1. Autonomie („Rückgriff auf Eigenkompetenz“) vs. Heteronomie („Außen- und Fremdorientierung“)
4Daniel steht in dem grundlegenden Konflikt, entweder seinem Eigeninteresse („großes Eis“) und seiner individuellen Entscheidung („Eis selbst bezahlen“) zu folgen oder dem Prinzip des Vaters („Gerechtigkeit“) nachzukommen.
Für die Wahl auf die Autonomie spricht, dass der Junge mit zunehmendem Alter auch eigenständige Entscheidungen treffen sollte, um sich im Rahmen der Vorpubertät langsam von der Familie abzulösen, um ihn somit nicht nur in eine Mündigkeit, sondern auch in die Phase der Jugendlichkeit, in der die Eigenverantwortung eine zunehmende Rolle spielt, zu entlassen. Dagegen spricht, dass Daniel erst 10 Jahre alt ist und daher noch genug Zeit hat, sich selbst zu behaupten. Dagegen spricht auch, dass es dafür geeignetere Situationen gibt, als diese, in der mit Neid und daher mit Konflikten zu rechnen sein könnte (Konfliktvermeidung). Schließlich spricht auch dagegen, dass Daniel sich überzeugen und zur Einsicht kommen könnte, dass es Sinn macht, Rücksicht zu nehmen, was ggf. ebenfalls eine Form von Autonomie ist. Dazu müsste der Vater aber seinen Gerechtigkeitsbegriff dem Kind erläutern und dem Kind die Chance geben, den Sinn der väterlichen Entscheidung zu erkennen, sodass die Entscheidung des Vaters die eigene, überzeugte Entscheidung des Jungen werden kann (Einstellungsänderung).
2.2.2. Gemeinschaft vs. Individualität
Daniel muss weiterhin die Konsequenzen des Handelns abschätzen; Er kann ein Eis im Rahmen der Familie essen oder eins auf dem Parkplatz, dort aber, gemäß der väterlichen Anordnung, alleine. Für die Gemeinschaft stehen familiäre Werte oder persönliche Gefühle, wie Zusammenhalt, Spaß, Vertrautheit, Intimität, Geborgenheit und Nähe. Aus diesen Werten heraus könnte Daniel sich auf dem Parkplatz alleine, isoliert und ausgeschlossen fühlen. Dagegen spricht, dass Daniel auch mal „Zeit für sich“ haben darf (Ausgleich) und dass die Zeit, in dem Daniel allein ist, nicht von längerer Dauer und der Ausschluss nicht endgültig ist. Gegen die Entscheidung, Daniel alleine auf dem Parkplatz zu lassen, spricht weiterhin der Sicherheitsaspekt; Insofern Daniel dort alleine ist, ist er nicht beaufsichtigt und daher Gefahren ausgesetzt (Straßenverkehr, Verbrechen, …) Dagegen spricht, dass Daniel ggf. selbstbewusst genug sein könnte, auf sich selbst aufzupassen.
2.2.3. Bescheidenheit vs. Verlangen
Daniel muss sich für ein kleines oder ein großes Eis entscheiden und sich ggf. in Zurückhaltung üben oder seiner Begierde folgen. Insofern er sich in Zurückhaltung übt, wird er ggf. realisieren, dass ein kleines Eis auch schmeckt, erfreut und ausreichend für ihn ist. Er könnte das Gedankenexperiment aufmachen, dass ein großes Eis zu viel für ihn gewesen wäre und er vieles hätte wegschmeißen müsse. Das wäre eine Geldverschwendung gewesen, das Geld hätte er lieber sparen können. Er könnte realisieren, dass „weniger mehr sein könnte“ und Maßlosigkeit als falsch deklarieren.
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1 Aus:. Monica Mutzbauer: „Dilemmageschichten. Ethik. Jahrgangsstunde 5-10“, Bayrischer Schulbuchverlag, München 2006: S. 17, vgl. Anlage 1
2 Ebd.: Zeile 4
3 Ebd.: Zeile 10
4 vgl. Herzig, Bardo: „Förderung ethischer Orientierungs- und Urteilsfähigkeit“, Waxmann Verlag, 1998: S. 164
- Quote paper
- Udo Lihs (Author), 2009, Konzeption einer Unterrichtsstunde im Fach Deutsch: „Bildung und Formulierung einer begründeten Meinung“, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/138006
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