Der Gegenstand dieser Arbeit ist die analytische Bewertung der Übernahme von Reebok International Ltd. durch die adidas-Salomon AG. Es wird zunächst die Lage der Sportartikelindustrie vor der Akquisition beschrieben. Entwicklungen und Wachstumspotenziale werden erörtert, die die Basis für zentrale Annahmen des DCF-WACC Bewertungsmodells darstellen. Zudem werden die vier größten Wettbewerber Nike, adidas, Reebok und Puma vorgestellt und anhand operativer Kennzahlen miteinander verglichen. Im Anschluss werden Gründe für und gegen die Übernahme aus den gewonnenen Erkenntnissen abgeleitet. Darauf aufbauend erfolgt die Ermittlung des Fundamentalwertes von Reebok als selbstständiges Unternehmen. Methodologisch wird hierbei auf Multiplikatoren von vergleichbaren Konkurrenten sowie eine DCF-WACC-Bewertung zurückgegriffen. Um den Wert von Reebok für den strategischen Käufer adidas festzustellen, werden zusätzlich die Synergien bewertet, die infolge des Zusammenschlusses der beiden Unternehmen entstehen könnten. Die Bewertung dieser Synergien basiert ebenfalls auf einem DCF-Modell sowie auf Multiplikatoren vergleichbarer Transaktionen. Als Resultat der unterschiedlichen Bewertungsansätze entstehen Wertspannen für den Fundamentalwert von Reebok sowie für mögliche Synergien, anhand derer geprüft wird, ob die von adidas gezahlte Übernahmeprämie angemessen ist. Auch wird die Reaktion der Märkte auf die Transaktion untersucht. Mittels Ereignisstudien für die Aktien von Reebok und adidas werden abnormale Renditen gemessen, deren Auswertung eine Aussage darüber ermöglicht, welche Synergien die Kapitalmärkte durch den Zusammenschluss erwarten. Anhand von Ereignisstudien für die Aktien von Nike und Puma zum Übernahmezeitpunkt kann darüber hinaus festgestellt werden, ob der Markt an einen langfristigen Erfolg von adidas/Reebok im Konkurrenzkampf mit Nike und Puma glaubt. Anschließend wechselt die zeitliche Perspektive. Um zu beurteilen, ob die Akquisition den Anteilseignern von adidas langfristig Nutzen stiftet, wird zunächst die Post Merger Integration von Reebok in den adidas-Konzern für die Jahre 2005 bis 2008 untersucht. Zusätzlich werden die Geschäftsentwicklungen von adidas/Reebok, Nike und Puma anhand von operativen Kennzahlen in 2006 bis 2007 verglichen und den entsprechenden Kennzahlen für 2000 bis 2004 gegenübergestellt.
Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse sowie einem Ausblick auf weiterführende Fragestellungen.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Untersuchungsgegenstand und Zielsetzungen
2. Die Sportartikelindustrie vor der RBK-Übernahme
2.1. Marktanalyse
2.1.1. Definitionen und Segmente
2.1.2. Sportschuhe
2.1.3. Sportbekleidung
2.1.4. Sportausrüstung
2.2. Wettbewerbsanalyse
2.2.1. Allgemeine Wettbewerbssituation
2.2.2. Branchenführer Nike
2.2.3. Branchenzweiter adidas-Salomon
2.2.4. Branchendritter Reebok
2.2.5. Branchenvierter Puma
2.3. Trends und Margen-Entwicklung in der Sportartikelindustrie
2.4. Sportartikelindustrie und die Reebok Übernahme
2.4.1. Konsolidierungstendenzen
2.4.2. Implikationen, Chancen und Risiken der RBK-Übernahme
2.5. Zwischenfazit
3. Unternehmens- und Synergiebewertung
3.1. Marktwert des Eigenkapitals von RBK
3.2. Marktwert der Nettoverbindlichkeiten von RBK
3.3. Bewertung mit Multiplikatoren vergleichbarer Unternehmen
3.3.1. Festlegung von Vergleichbarkeitskriterien
3.3.2. Auswahl von Multiplikatoren
3.3.3. Methoden der Durchschnittsbildung
3.3.4. Konkretisierung von Vergleichbarkeitskriterien im Fall RBK
3.3.5. Wertermittlung und Ergebnisse
3.4. Bewertung mit Multiplikatoren vergleichbarer Transaktionen
3.5. Discounted-Cash-Flow-Bewertung von RBK
3.5.1. Annahmen des Bewertungsmodells
3.5.2. Ermittlung der Kapitalkosten
3.5.3. RBKs Fundamentalwert und Sensitivitätsanalyse
3.6. Bewertung der Synergien mittels DCF
3.7. Zwischenfazit
4.Analyse und Interpretation der Marktreaktionen
4.1. Untersuchte Ereignisse
4.2. Aufbau und Methodik der Ereignisstudien
4.3. Untersuchungsergebnisse und Erklärungsansätze
4.3.1. Ereignisstudie: Übernahmeankündigung
4.3.2. Ereignisstudien: Abschluss der Transaktion
4.4. Weiterführende Interpretationen
4.5. Zwischenfazit
5. Post Merger Integration und Konzernperformance
5.1. Ablauf der Integration
5.2. Performancevergleich bis 2008
5.3. Zwischenfazit
6. Abschließende Beurteilung
7. Anhang
7.1. Tabellen
8. Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Symbolverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: RBK-Bewertungen gemäß CCA-US
Abbildung 2: RBK-Bewertungen gemäß CCA-GL
Abbildung 3: Sensitivitätsanalyse
Abbildung 4: Zusammenfassung der RBK-Bewertungen
Abbildung 5: KAR bei RBK-Übernahme
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Pro-forma-Kennzahlen von RBK und THC zum 31.12.2003
Tabelle 2: Wettbewerbsübersicht der 20 führenden Anbieter je Marktsegment in 2003
Tabelle 3: Marktanteile von Nike, AD/RBK und Puma in 2005 bis 2006
Tabelle 4: Kennzahlen von Nike in 2000 bis 2007
Tabelle 5: Kennzahlen von AD und RBK in 2000 bis 2004
Tabelle 6: Kennzahlen von Puma in 2000 bis 2007
Tabelle 7: Kennzahlen von AD/RBK in 2005 bis 2007
Tabelle 8: Ermittlung der Übernahmeprämie
Tabelle 9: Ermittlung des EKM von RBK
Tabelle 10: Wert der zinstragenden Verbindlichkeiten von RBK
Tabelle 11: Abgeleitete Vergleichbarkeitskriterien
Tabelle 12: Verschuldung in der Sportartikelindustrie
Tabelle 13: Datenaufbereitung für CCA-US
Tabelle 14: EKM von RBK gemäl3 CCA-US-HM
Tabelle 15: EKM von RBK gemäl3 CCA-US-GM
Tabelle 16: EKM von RBK gemäl3 CCA-GL
Tabelle 17: Datenaufbereitung für CTA
Tabelle 18: CTA - Bewertung von RBK
Tabelle 19: RBK - Geschäftsentwicklung seit 1992
Tabelle 20: Renditeforderung der EK-Geber von AD und RBK
Tabelle 21: FK-Kosten von AD und RBK
Tabelle 22: WACC des Gesamtkonzerns
Tabelle 23: Umsatzprognose für RBK
Tabelle 24: Annahmen des DCF-WACC-Modells
Tabelle 25: DCF-WACC-Modell (I/II)
Tabelle 26: DCF-WACC-Modell (II/II)
Tabelle 27: Steuersatz des Gesamtkonzerns
Tabelle 28: Sensitivitätsanalyse des WACC von RBK
Tabelle 29: Synergie - Erwartung (AD-Management)
Tabelle 30: Validierung der Synergie-Erwartung
Tabelle 31: Sensitivitätsanalyse bei Synergie - Erwartung
Tabelle 32: Synergie - Erwartung (abgeschwächte Annahmen)
Tabelle 33: Ereignisstudien für RBK
Tabelle 34: Ereignisstudien für AD
Tabelle 35: Ereignisstudien für Nike
Tabelle 36: Ereignisstudie für Puma
Tabelle 37: Ermittlung der Übernahmewahrscheinlichkeit
Tabelle 38: Zusammenfassung der übernahmebedingten Wertänderungen
Tabelle 39: Aktionärsstruktur von RBK
Tabelle 40: Märkte im Sommer 2005
Tabelle 41: Marktkapitalisierung von RBK zwischen 2000 und 2005
1. Untersuchungsgegenstand und Zielsetzungen
Am frühen Morgen des 03.08.2005 informiert eine Ad-hoc-Mitteilung der adidas-Salomon AG (AD) die Märkte darüber, dass der Sportartikelhersteller aus Herzogenaurach alle ausstehenden Aktien seines langjährigen amerikanischen Konkurrenten Reebok International Ltd. (RBK) aufkaufen wird. Die Gremien beider Unternehmen haben sich auf einen Preis von 59,00 US$ je Aktie geeinigt. Gegenüber dem Schlusskurs der RBK-Papiere vom 02.08.2005 entspreche dieses Gebot einer Prämie von rund 34,2%. Der Gesamtwert der Transaktion, die im ersten Halbjahr 2006 abgeschlossen werden solle und zuvor noch der Zustimmung von Kartellbehörden und RBK-Aktionären bedürfe, betrage über 3,84 Mrd. US$.1
Diese Meldung überrascht die Marktteilnehmer sichtlich. Im Zuge des Konsolidierungstrends erlebte die Sportartikelindustrie in den davorliegenden Jahren und Monaten zwar mehrere Akquisitionen kleinerer Hersteller, jedoch hätten wohl nur die Wenigsten damit gerechnet, dass der Branchenzweite AD den nach Umsatz Branchendritten RBK aufkauft. Infolge dieser bis dahin größten Transaktion in der Geschichte der Sportartikelindustrie entsteht ein Unternehmen, welches mit rund 11,7 Mrd. US$ über fünf Mal mehr Umsatz erwirtschaftet als der nächstgroße Konkurrent Puma und ca. 2 Mrd. US$ weniger als der bisherige Branchenprimus Nike.2 Im Anschluss an die Ankündigung der Übernahme spricht der AD-Vorstandschef Herbert Hainer von einem strategischen Meilenstein innerhalb der Industrie sowie von einer einmaligen Gelegenheit zwei führende Sportartikelhersteller in einem Unternehmen zu vereinen, welches insbesondere im US-Markt schneller expandieren und die weltweit führende Position in den Segmenten Sportschuhe, Sportbekleidung und Sportausrüstung einnehmen könne.3 Zusätzlich zu den strategischen Wettbewerbsvorteilen verspricht sich AD durch die Zusammenlegung der Unternehmen jährliche Kosteneinsparungen von mind. 125 Mio. EUR sowie erhebliche Erlössynergien, die spätestens ab 2008 in voller Höhe realisiert werden sollen.4 Derart positive Erwartungen bezüglich der gemeinsamen Zukunft von AD und RBK werden jedoch nicht von allen Analysten geteilt. Während am 03.08.2005 in den Märkten weitgehend Einigkeit darüber herrscht, dass die Transaktion genehmigt, abgeschlossen und insgesamt großen Wert für die Aktionäre von RBK schaffen wird, besteht große Unsicherheit bezüglich des Nutzens der Übernahme für die Aktionäre von AD. Folglich zeigt auch die Wertentwicklung der AD-Aktien im Gegensatz zu den RBK-Papieren, die noch am gleichen Tag um über 30% zulegen,5 kein einheitliches Bild. So bricht die AD-Aktie in den ersten Stunden nach der Ankündigung zunächst um bis zu 4% ein,6 dreht dann ins Plus und markiert mit dem Schlusskurs einen Gewinn von über 6%, 7 der anschließend jedoch innerhalb weniger Handelstage wieder abgegeben wird. Einige Marktteilnehmer halten die von AD prognostizierten Margen und Einsparungen für realisierbar, Andere dagegen bezeichnen die gebotene Übernahmeprämie als zu hoch, erwarten nur wenige Synergien und befürchten Kannibalisierungseffekte zwischen den beiden Unternehmen, insbesondere in den USA.8
Auch aus historischer Sicht erscheinen die geäußerten Bedenken bezüglich des Nutzens der Transaktion für die Aktionäre von AD berechtigt. So verdeutlichen zahlreiche empirische Untersuchungen, dass Übernahmen häufig zur Wertvernichtung für die Anteilseigner des Käuferunternehmens führen. Fuller et al. stellten beispielsweise anhand von US-Daten zwischen 1990 und 2000 fest, dass Aktionäre des Käufers infolge der Übernahmeankündigung durchschnittlich Wertverluste erleiden, wenn das Kaufobjekt wie im Fall von RBK börsennotiert ist.9 Ähnlich zeigt die BCG-Studie “The Brave New World of M&A“, dass in ca. 62% der Übernahmen in Nordamerika zwischen 1992 und 2006 unmittelbar nach der Ankündigung negative Renditen für die Anteilseigener des Käufers erzielt wurden.10 Zudem deuten viele Forschungsergebnisse darauf hin, dass Fusionen und Übernahmen auch langfristig häufig zur negativen Wertentwicklung für Aktionäre des vereinten Unternehmens bzw. des Käuferunternehmens führen. 11 Eine solche Erfahrung mussten die Aktionäre von AD nach der Akquisition des französischen Wintersportausrüsters Salomon in 1997 selbst machen. Wie bei RBK rund 8 Jahre später beabsichtigte AD durch den Kauf von Salomon die eigene geografische Reichweite insbesondere in Nordamerika und Japan auszudehnen und Einspareffekte bei dem gemeinsamen Einkauf von Sportbekleidung zu erzielen.12 Diese Ziele wurden jedoch nie erreicht. „Nach acht Jahren mehr oder weniger erfolgloser Sanierung haben die Franken das Unternehmen entnervt verkauft.“13
Angesichts der hohen Übernahmeprämie für RBK, der missglückten Integration von Salomon, der Unsicherheit über erwartete Synergien sowie zahlreicher weiterer Bedenken insbesondere im Hinblick auf den Konkurrenzkampf mit dem Marktführer Nike stellt sich somit zum Zeitpunkt der Ankündigung die Frage, ob die RBK-Transaktion im Gegensatz zur Übernahme von Salomon Wert für die Eigentümer von AD schafft oder vernichtet.14
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, dieser Frage, die auch mehrere Jahre nach der Übernahme nicht eindeutig beantwortet ist, 15 ausführlich nachzugehen. Hierbei liegt der Schwerpunkt auf der analytischen Bewertung der RBK-Akquisition zum Übernahmezeitpunkt sowie auf der Beurteilung der Performance von AD/RBK nach dem Kauf. Aufgebaut ist die Arbeit wie folgt: In Kapitel 2 wird zunächst die Lage der Sportartikelindustrie vor der Akquisition beschrieben. Es werden zum damaligen Zeitpunkt aktuelle Entwicklungen und Wachstumspotenziale erörtert, die die Basis für zentrale Annahmen des DCF-WACC Bewertungsmodells in Kapitel 3 darstellen. Zudem werden die vier größten Wettbewerber Nike, AD, RBK und Puma vorgestellt und anhand operativer Kennzahlen miteinander verglichen. Im Anschluss werden Gründe für und gegen die Übernahme aus den gewonnenen Erkenntnissen abgeleitet. Darauf aufbauend erfolgt im dritten Kapitel die Ermittlung des Fundamentalwertes von RBK als selbstständiges Unternehmen. Methodologisch wird hierbei auf Multiplikatoren von vergleichbaren Konkurrenten sowie eine DCF-WACC-Bewertung zurückgegriffen. Um den Wert von RBK für den strategischen Käufer AD festzustellen, werden zusätzlich die Synergien bewertet, die infolge des Zusammenschlusses der beiden Unternehmen entstehen könnten. Die Bewertung dieser Synergien basiert ebenfalls auf einem DCF-Modell sowie auf Multiplikatoren vergleichbarer Transaktionen. Als Resultat der unterschiedlichen Bewertungsansätze entstehen Wertspannen für den Fundamentalwert von RBK sowie für mögliche Synergien, anhand derer geprüft wird, ob die von AD gezahlte Übernahmeprämie angemessen ist. Im vierten Kapitel wird dann die Reaktion der Märkte auf die Transaktion untersucht. Mittels Ereignisstudien für die Aktien von RBK und AD werden abnormale Renditen gemessen, deren Auswertung eine Aussage darüber ermöglicht, welche Synergien die Kapitalmärkte durch den Zusammenschluss erwarten. Anhand von Ereignisstudien für die Aktien von Nike und Puma zum Übernahmezeitpunkt kann darüber hinaus festgestellt werden, ob der Markt an einen langfristigen Erfolg von AD/RBK im Konkurrenzkampf mit Nike und Puma glaubt. In Kapitel 5 wechselt die zeitliche Perspektive. Um zu beurteilen, ob die Akquisition den Anteilseignern von AD langfristig Nutzen stiftet, wird zunächst die Post Merger Integration von RBK in den AD-Konzern für die Jahre 2005 bis 2008 untersucht. Zusätzlich werden die Geschäftsentwicklungen von AD/RBK, Nike und Puma anhand von operativen Kennzahlen in 2006 bis 200716 verglichen und den in Kapitel 2 erläuterten Kennzahlen für 2000 bis 2004 gegenübergestellt. So kann überprüft werden, ob es bei AD durch die Übernahme zu der erwarteten Performance-Verbesserung gekommen ist.
Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse sowie einem Ausblick auf weiterführende Fragestellungen in Kapitel 6. Die gewonnenen Erkenntnisse deuten insgesamt darauf hin, dass der entrichtete Kaufpreis für RBK zu hoch ist und dass die Übernahme zur Wertvernichtung für die Aktionäre von AD führt.
2. Die Sportartikelindustrie vor der RBK-Übernahme
2.1. Marktanalyse
2.1.1. Definitionen und Segmente
In Anlehnung an das Marktforschungsunternehmen Sporting Goods Intelligence (SGI) unterteilen Schmid/Kotulla den Sportartikelmarkt in drei Produktbereiche: Sportschuhe, Sportbekleidung und Sportausrüstung. 17 Die ersten zwei dieser Bereiche beinhalten im Wesentlichen alle Artikel, die bei der Sportausübung getragen werden. Gemäß der Industrieklassifikation GICS bilden diese Produkte die Untersegmente der Subindustrien „Bekleidung, Accessoires & Luxusgüter“ (25203010) und „Schuhe“ (25203020), die wiederum Untersegmente der Industrie „Bekleidung, Textilien, Accessoires & Luxusgüter“ (252030) darstellen. 18 Sportausrüstung hingegen subsumiert alle Sportobjekte wie Fußbälle, Tennisschläger oder Snowboards19 und ist laut GICS ein Untersegment der Subindustrie „Freizeitprodukte“ (25202010).20 Somit handelt es sich bei der „Sportartikelindustrie“ um ein Konstrukt aus Untersegmenten mehrerer Subindustrien.
16 RBKs Geschäftszahlen aus 2005 sind nicht im Konzernabschluss von AD konsolidiert. Daher werden beim Vergleich zwischen AD/RBK und deren Konkurrenz überwiegend Kennzahlen aus 2006 und 2007 gegenübergestellt. Die Kennzahlen aus 2008 werden ebenfalls von der Analyse ausgeschlossen, da diese aufgrund des Ausbruchs der Weltwirtschaftskrise verzerrt sein könnten und folglich keine klaren Rückschlüsse über den Nutzen der RBK-Akquisition für die Aktionäre von AD ermöglichen würden.
2.1.2. Sportschuhe
Laut Einschätzung der Marktforscher von Data Monitor ist der globale Schuhmarkt sehr lukrativ,21 insbesondere dank hoher erzielbarer Margen, die mitunter darauf zurückzuführen sind, dass die Waren zumeist in Niedriglohnländern gefertigt, jedoch zu „westlichen“ Preisen abgesetzt werden.22 Das jährliche Umsatzwachstum der Industrie beträgt von 2000 bis 2004 durchschnittlich 2,6%. Die Anzahl verkaufter Schuhe steigt im selben Zeitraum sogar um 3,9%. Als wichtigste Wachstumstreiber identifiziert Data Monitor hierbei den US-Markt, die Asien-Pazifik-Region angeführt von den rasant wachsenden Märkten in China und Indien sowie Osteuropa. Insgesamt werden in 2004 rund 34,9% des Umsatzes der Schuhindustrie in den USA erzielt. Ca. 33,3% entfallen auf Europa, 20,7% auf die Asien-Pazifik-Region und 11,1% auf den Rest der Welt. 23
Mit einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 6,25% zwischen 2000 und 2003 entwickelt sich der Sportschuhbereich wesentlich rasanter als die gesamte Schuhindustrie. Ende 2003 erreicht dieses Segment ein Volumen von über 18,7 Mrd. US$. Ca. 44% des weltweiten Umsatzes werden dabei alleine in den USA, dem global wichtigsten Markt für Sportartikel,24 erwirtschaftet. Auffällig ist zudem die Dominanz einiger führender Anbieter im Sportschuhsegment. Mehr als 71% des globalen Umsatzes entfallen auf lediglich fünf Unternehmen, davon über 33% alleine auf den Branchenersten Nike, gefolgt von AD mit 16% und RBK mit 10%. Insgesamt bedienen 20 Unternehmen fast 95% des Segments.25
Bezüglich zukünftiger Wachstumspotenziale rechnet Data Monitor im Oktober 2005 mit einem jährlichen Umsatzanstieg in der globalen Schuhindustrie zwischen 2005 und 2009 von durchschnittlich 2,7%, jedoch leicht abnehmend im Zeitverlauf. Die Anzahl verkaufter Schuhe soll währenddessen mit durchschnittlich 3,4% pro Jahr weiterhin stärker steigen als der Umsatz. 26 Diese Entwicklung deutet auf einen Rückgang der Stückpreise hin und suggeriert eine Verschlechterung der Margen. Die Wachstumserwartungen für das Sportschuhsegment fallen hingegen negativer aus. So prognostizieren die Marktforscher von ICC Keynote beispielsweise für den Markt in Großbritannien im September 2005 ein Wachstum von lediglich 1,8% p. a. bis 2009.27 Die Experten von Just-Style gehen in 2006 von einer fortschreitenden Marktsättigung aus, insbesondere in Westeuropa. Das jährliche Umsatzwachstum in dieser Region soll zwischen 2007 und 2014 rund 0,25% betragen. Für Nordamerika erwartet Just-Style für den gleichen Zeitraum einen Zuwachs von 1,26% pro Jahr, für Japan und Korea 1,2%. Einzig für Entwicklungs- und Schwellenländer wird stärkeres Wachstum von durchschnittlich 3,7% p. a. vorhergesagt.28
2.1.3. Sportbekleidung
Mit insgesamt 43,903 Mrd. US$ ist in 2003 im Markt für Sportbekleidung über doppelt so viel Umsatz generiert worden wie im Sportschuhbereich. Der Anteil des US-Markts am globalen Sportbekleidungsumsatz beträgt in 2003 rund 42%. Weniger stark als bei Sportschuhen ist hingegen die Marktmacht der führenden Anbieter Nike, AD und RBK. Das Segment für Sportbekleidung ist wesentlich stärker fragmentiert. So erzielt der Branchenerste Nike 7,47% des Umsatzes, der Branchenzweite AD kommt auf 5,40%, der Branchendritte RBK auf 2,88%. Die fünf führenden Unternehmen erwirtschaften gemeinsam 20,60% des globalen Umsatzes, die 20 führenden Unternehmen 37,27%.29 Bedingt durch eine Kontraktion von 5,6% in 2001 blieb das jährliche Umsatzwachstum des Sportbekleidungssegments mit durchschnittlich 0,7% zwischen 2000 und 2003 weit hinter dem 2,6%-Wachstum der übergeordneten Industrie für „Bekleidung, Textilien, Accessoires & Luxusgüter“ zurück.30 Das rasante Wiedererstarken des Absatzes ab 2002 deutet jedoch darauf hin, dass die Konsolidierungsphase des Segments abgeschlossen wurde und nun neues Wachstum erwartet werden kann. So prognostizieren die Marktforscher von ICC Keynote im September 2005 bis 2009 einen durchschnittlichen Zuwachs von 4,36% pro Jahr für den UK-Sportbekleidungsmarkt.31 Diese Vorhersage deckt sich weitestgehend mit den Erwartungen von Data Monitor im Mai 2005, wonach für die übergeordnete Industrie „Bekleidung, Textilien, Accessoires & Luxusgüter“ bis 2009 ein jährliches Wachstum von 4% angenommen wird.32 Aber auch bei Sportbekleidung wird mittel- und langfristig von einer zunehmenden Marktsättigung ausgegangen. Gemäß ICC Keynote erreicht dieses Segment noch vor 2009 seinen maximalen Anteil am Gesamtmarkt für Bekleidung und wächst danach nur unterdurchschnittlich. 33 Ähnlich geht Just-Style in 2006 davon aus, dass der Sportbekleidungsmarkt weltweit zwischen 2007 und 2014 mit lediglich 1,9% p. a. wachsen wird. Für Nordamerika erwartet das Unternehmen hierbei ein jährliches Wachstum von 1,34%. Für Japan und Korea werden im gleichen Zeitraum 1,85% prognostiziert. Mit 0,58% p. a. wird Westeuropa das schwächste Wachstumspotenzial attestiert, während für Entwicklungs- und Schwellenländer ein jährlicher Zuwachs von 3,61% angenommen wird.34
2.1.4. Sportausrüstung
Wie bereits angeführt ist Sportausrüstung ein Segment der Sportartikelindustrie, welches sich in vielerlei Hinsicht von den Bereichen Sportschuhe und Sportbekleidung unterscheidet. Zumeist verbergen sich hinter der Produktion und dem Absatz von Sportausrüstung andere Prozesse und Risiken. So divergiert beispielsweise das Geschäft mit Skiausrüstung oder Golfschlägern vom relativ standardisierten Geschäft mit Turnschuhen oder T-Shirts auf nahezu allen Stufen der Wertschöpfungskette. 35 Die Sonderstellung der Sportausrüstung innerhalb des Sportartikelgeschäfts wird aber auch daraus ersichtlich, dass diese, wie in 2.1.1. beschrieben, innerhalb einer anderen GICS Subindustrie geführt und von Marktforschungsunternehmen wie ICC Keynote explizit aus Berichten und Vorhersagen ausgeschlossen wird.36 Insgesamt kann festgestellt werden, dass obwohl dieses Segment mit 51,3 Mrd. Umsatz in 2003 wesentlich größer ist als die anderen beiden Segmente,37 sich die „ [...] größten Sportartikelhersteller, im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit überwiegend auf die Produktbereiche Sportbekleidung und Sportschuhe konzentrieren.“38 So behauptet AD mit einem Umsatz von 1,48 Mrd. US$ und einem Marktanteil von 2,9% die Marktführerschaft in 2003, tritt diese jedoch mit dem Verkauf von Salomon in 2005 an die Amer Corporation ab.39 Nike belegt mit einem Marktanteil von knapp 2% in 2003 die siebte Position im Segment für Sportausrüstung. Puma ist nicht im Markt vertreten.40 Durch den Kauf von The Hockey Company (THC) in 2004 tritt RBK zwar erstmalig in den Sportausrüstungsmarkt ein, doch bleibt der Umsatz des Unternehmens in diesem Bereich vernachlässigbar gering.41
2.2. Wettbewerbsanalyse
2.2.1. Allgemeine Wettbewerbssituation
Die Anbieter von Sportartikeln lassen sich grob in drei Gruppen einteilen. An der Spitze der Branche stehen Nike, AD und RBK. In den 80er und 90er Jahren haben sie sich umsatzmäßig weitgehend von der Konkurrenz absetzen können und dominieren seither die Industrie dank ihrer großen Marktmacht beim Einkauf, der besseren Verhandlungsposition gegenüber dem Einzelhandel sowie hohen Marketingausgaben. 42 Im Mittelfeld befinden sich aufstrebende Unternehmen wie Puma, Asics oder New Balance, die insgesamt weniger breit aufgestellt sind, jedoch auch über starke Marken verfügen und profitabel wachsen. Dabei wird insbesondere Puma durch seine sehr starke Performance seit 2000 zunehmend zu einem ernsthaften Konkurrenten für die Branchenspitze. Am unteren Ende der Hierarchie versammelt sich eine große Zahl von Kultmarken und kleineren Anbieter wie beispielsweise Umbro, die sich durch Konzentration auf Nischen, Spezialdisziplinen und aktuelle Trends im Markt behaupten können.43 Eine zusammenfassende Wettbewerbsübersicht der 20 führenden Anbieter je Marktsegment ist in Tabelle 2 dargestellt.
2.2.2. Branchenführer Nike
Das in 1962 gegründete US-Unternehmen ist seit den 90er Jahren Marktführer bei Sportschuhen und Sportbekleidung. In 2005 beschäftigt Nike weltweit über 24 Tsd. Mitarbeiter44 und besitzt eine Marktkapitalisierung von knapp 17 Mrd. US$. Die Dominanz des Unternehmens basiert auf seinem kreativen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz. Seit seinem Entstehen versteht sich Nike primär als Marketingunternehmen, welches zusammen mit seinen Produkten immer auch den „American Way of Life“ verkauft.45 Der langjährige Imageaufbau resultiert in einem Markenwert, der in 2005 auf über 10 Mrd. US$ geschätzt wird.46 Zudem hält das Unternehmen mit Converse, Cole Haan, Bauer Nike Hockey und Exeter Brands Group ein großes Portfolio an anderen Marken sowie ein imageträchtiges Portfolio von Sponsorenverträgen mit bekannten Clubs wie Manchester United oder Spitzensportlern wie Tiger Woods.47
Zwischen 2000 und 2004 baut Nike seine Führerschaft in der Sportartikelindustrie weiter aus. Der Umsatz des Unternehmens steigt um durchschnittlich 8,03% p. a. auf insgesamt 12,25 Mrd. US$. Die Rohertragsmarge wächst währenddessen jährlich um knapp 2%, die operative Marge um über 3%. Die Nettoumsatzrendite steigt um fast 5% p. a. auf 7,72% in 2004 an, sodass am Jahresende ein Überschuss von 945 Mio. US$ ausgewiesen wird. Der operative Cashflow entwickelt sich mit CAGR von 18,81%. Lager- und Kapitalumschlag steigen auf 3,89 bzw. 1,61. Das Marktwert-Buchwert-Verhältnis verbessert sich von 3,04 in 2000 auf 3,54 in 2004 während die Verschuldung zum Marktwert im gleichen Zeitraum von 13,16% auf 4,70% absinkt.48
2.2.3. Branchenzweiter adidas-Salomon
AD wird im Jahr 1924 im fränkischen Herzogenaurach zunächst als „Gebrüder Dassler Schuhfabrik“ von Adolf und Rudolf Dassler gegründet. Aufgrund familiärer Konflikte verlässt der ältere Bruder Rudolf 1948 das gemeinsame Unternehmen, um mit Puma seine eigene Schuhfabrik ins Leben zu rufen.49 Daraufhin wird die „Gebrüder Dassler Schuhfabrik“ gemäß dem Vornamen Adolf und dem Nachnamen Dassler in adidas umbenannt. Bis Mitte der 1980er Jahre bleibt das stark auf Leistungssport ausgerichtete und traditionell familiengeführte Unternehmen Marktführer der Sportartikelindustrie. Da AD es jedoch im Gegensatz zu Nike und RBK versäumt, die Produktion rechtzeitig in Niedriglohnländer zu verlagern und die Produkte an aufkeimenden Mode- und Lifestyle-Trends auszurichten, wird es 1986 von RBK an der Spitze abgelöst.50 Nach längerer Umstrukturierungsphase gelingt es dem Unternehmen wieder profitabel zu wachsen, in 1995 an die Börse zu gehen51 und 1997 mit dem Kauf des französischen Skiausrüsters Salomon seine Position als Nr. 1 in Europa und Nr. 2 in der Welt zu festigen.52 Im Jahr 2001 übernimmt dann Herbert Hainer die Führung bei AD. Der ehrgeizige Manager mit dem Image eines „grundsoliden Arbeitstiers“53 erklärt die Weltmarktführerschaft von AD zu seinem persönlichen Ziel und lässt dieses im Leitbild des Unternehmens verankern.54 Unter seiner Leitung vollzieht das Unternehmen eine Wandlung weg vom produktbezogenen Businessmodell mit den Geschäftseinheiten Sportschuhe, Sportbekleidung und Sportausrüstung, hin zu einem primär kundenorientierten Modell mit Produkten für leistungsorientierte Sportler (adidas Sport Performance), sportlichen Produkten für Lifestyle-orientierte Kunden (adidas Sport Heritage) und sportlichen Produkten für modebewusste Konsumenten (adidas Sport Style). 55 Zudem gelingt es Hainer, die Profitabilität des Unternehmens zu erhöhen und die Schulden zu senken. So steigt beispielsweise die Nettoumsatzrendite von 3,11% in 2000 auf 4,85% in 2004. Die Verschuldung zu Marktwert sinkt zur gleichen Zeit von 38,95% auf 16,31%. Die Marktkapitalisierung erreicht 7,3 Mrd. US$ und die Beschäftigtenzahl 17 Tsd. Mitarbeiter.56 Trotz allem schafft AD es jedoch nicht, Nike einzuholen. Währungsbereinigt liegt das jährliche Wachstum des Unternehmens zwischen 2000 und 2004 mit 2,6% nur knapp über dem Industriedurchschnitt und damit weit hinter dem des Branchenersten.57 Insbesondere in den USA, dem wichtigsten Markt der Sportartikelindustrie,58verliert AD Marktanteile. Hier ist der US$-Umsatz seit 2000 um durchschnittlich lediglich 3% p. a. gestiegen.59 Auch bei anderen Indikatoren wie Liquidität 2. Grades, Kapital- und Lagerumschlag oder Marktwert-Buchwert-Verhältnis konnte Nike seinen Vorsprung ausbauen.60 Insgesamt ergibt sich somit aus der Sicht von AD das folgende Problem: Ungeachtet aller Anstrengungen, der großen Marketingausgaben sowie eines imageträchtigen Portfolios von Sponsorenverträgen61 ist Nike „ [...] schneller, kreativer und irgendwie cooler. Adidas ist gut, aber Nike ist eben noch besser.“62 Um dies zu ändern, vollzieht das Management von AD im Sommer 2005 einen Strategiewechsel. Im ersten Schritt säubert das Unternehmen das eigene Portfolio und verkauft Salomon samt seiner weniger profitablen Marken Mavic, Bonfire, Arc’Teryx und Cliché.63 Lediglich die ertragsreiche TaylorMade Golfsparte wird behalten. Damit entledigt sich AD seiner Wachstumsbremsen, gibt aber gleichzeitig auch den einstigen Traum von einem breit aufgestellten Sportkonzern auf, der zu jeder Jahreszeit die entsprechende Ausrüstung anbieten kann. 64 Im zweiten Schritt, rund 3 Monate später, kündigt das Unternehmen die Übernahme von RBK an.
2.2.4. Branchendritter Reebok
Gegründet wird RBK in 1895 im Vereinten Königreich, erlangt seine Berühmtheit allerdings erst 1982, drei Jahre nachdem Paul Fireman die Lizenz für die Distribution der Sportartikel von RBK in den USA erwirbt und mit dem speziell für Frauen designten Schuh „Freestyle“ ein überaus erfolgreiches Produkt auf den Markt bringt. In den Jahren danach erlebt das Unternehmen einen rasanten Aufstieg, getrieben durch drei wichtige Trends, die RBK früher als die Konkurrenz erkennen kann und zu nutzen vermag: den Aerobic-Boom, die zunehmende Beteiligung von Frauen an sportlichen Aktivitäten sowie die gestiegenen Akzeptanz von Sportschuhen in der alltäglichen Freizeitbekleidung. 65 Im Jahr 1985 übernimmt RBK USA dann das britische Mutterunternehmen und geht als RBK International an die Börse. Dank seines aggressiven Expansionskurses in neue Länder und Märkte wird das Unternehmen 1986 Branchenführer, muss diese Position jedoch schon 4 Jahre später an Nike abgeben, als der Fitnesstrend nachlässt und die Marktanteile von RBK stark einbrechen.66 Daraufhin erweitert das Unternehmen seine Produktpalette, setzt vermehrt auf Sportarten außerhalb des Fitnessbereichs und versucht über Sponsorenverträge mit berühmten Athleten das eigene Markenimage zu verbessern. Ab 2002 entdeckt RBK zudem das wachsende Lifestyle-Segment und richtet Teile seiner Produktion auf individuelle Bedürfnisse von Konsumenten im Bereich „street fashion“ aus. Dieser Vorstoß wird über Partnerschaften mit populären Künstlern der jungen Musikszene sowie Marketingkampagnen unterstützt, die erstmals Sport in Verbindung mit Musik, Technologie und Entertainment bringen. Darüber hinaus weitet RBK durch den Kauf von THC in 2004 seine NHL-Aktivität aus und avanciert zum größten Hersteller von Eishockey Bekleidung und Ausrüstung weltweit. 67
Mit einem Umsatz von knapp 3,8 Mrd. US$ belegt RBK Ende 2004 den dritten Platz in der weltweiten Sportartikelindustrie und den zweiten Platz im US-Markt. Das Unternehmen hat kurz vor der Übernahme durch AD ca. 9 Tsd. Beschäftigte, weist eine Marktkapitalisierung von rund 2,6 Mrd. US$ auf und hält neben der Hauptmarke RBK, die Marken Rocksport, Greg Norman und THC im Portfolio. Außerdem verfügt der von Paul Fireman geleitete Sportkonzern über langjährige Sponsorenverträge mit bekanten Sportlern wie Yao Ming und Allen Iverson, Sängern wie 50 Cent und Shakira, Schauspielern wie Lucy Liu und Christina Ricci sowie Top Ligen wie der NFL, die NBA oder die NHL.68 Des Weiteren hat RBK eine große Reichweite und ist in über 170 Ländern der Welt präsent.69 In den meisten seiner Überseemärkte belegt RBK hierbei die zweite oder dritte Position. 70 Zudem ist das Unternehmen mit einem Marktanteil von 35% gut im Segment für Frauensportschuhe aufgestellt. Problematisch ist dagegen die schwache Stellung von RBK im Sportbekleidungssegment, die zu einer zunehmenden Abhängigkeit von Sportschuhen führt und die Möglichkeiten des Unternehmens in Bezug auf Breite und Vielfalt der eigenen Produktpalette einschränkt.
Die Performance des Unternehmens unmittelbar vor der Übernahme lässt auf positive und negative Entwicklungen schließen. Auf der einen Seite ist RBK mit einer CAGR von 7% zwischen 2000 und 2004 doppelt so stark gewachsen wie AD. Auf der anderen Seite ist die Profitabilität des Unternehmens verglichen mit anderen führenden Sportartikelherstellern durchgehend schwach geblieben. Die operative Marge in 2004 beträgt lediglich 7,71% während AD trotz des schlechten Abschneidens von Salomon auf 9,13% kommt und Nike 12,16% erzielt. Der operative Cashflow von Reebok entwickelt sich seit 2000 sogar leicht rückläufig, das Marktwert-Buchwert-Verhältnis sink im gleichen Zeitraum von 2,57 auf 2,10 und die Verschuldung zum Marktwert kann nur geringfügig von 19,20% auf 16,97% reduziert werden. Der im Vergleich mit AD und Nike sehr hohe Lagerumschlag von 5,54 ist notwendig, um den geringen Margen entgegenzuwirken,71 die darauf zurückzuführen sind, dass der durchschnittliche Preis der RBK-Schuhe mit rund 45 US$ weit unter dem Industriedurchschnittspreis von 60 US$ liegt.72
2.2.5. Branchenvierter Puma
Der Erzrivale von AD aus Herzogenaurach bleibt lange Zeit nach seiner Gründung ein Sportartikelhersteller der zweiten Reihe, gerät dann Anfang der 90er Jahre jedoch in eine tiefe Krise und vollzieht daraufhin in 1993 einen grundlegenden Strategiewechsel. Unter der Führung des neu einberufenen Vorstandschefs Jochen Zeitz beginnt der Umbau des Unternehmens vom traditionellen Sportartikelanbieter zum Sportlifestyle-Konzern.73 In den Jahren danach versucht Puma als erstes Sportunternehmen durch Zusammenarbeit mit Designern die Bereiche Mode und Sport zu vereinen.74 Angesichts des aufkeimenden Mode-und Lifestyle-Trends erweist sich diese Strategie als großer Erfolg und das Unternehmen erlebt einen rasanten Aufstieg. So wächst der EUR-Umsatz zwischen 2000 und 2004 um 35% jährlich. In diesem Zeitraum steigt die operative Marge von ehemals 6,34% auf 24,31%, die Nettoumsatzrendite von 3,8% auf 16,81%. Der operative Cashflow wächst um 106% p. a. und die Marktkapitalisierung sogar um 143% jährlich. Die Verschuldung zum Marktwert geht von 17,72% auf 0,29% zurück. Insgesamt beschäftigt Puma Ende 2004 knapp 3500 Mitarbeiter75 und setzt rund 2 Mrd. US$ um. Der Börsenwert ist mit über 6 Mrd. US$ mehr als doppelt so hoch wie der von RBK und nur 1 Mrd. unter dem von AD.76
2.3. Trends und Margen-Entwicklung in der Sportartikelindustrie
Wie bereits festgestellt, durchlebt die Sportartikelindustrie seit 2000 einen Boom im Lifestyle Segment. „Die Grenze zwischen Sportbekleidung und Sportschuhen einerseits sowie Freizeitbekleidung und Freizeitschuhen im sportlichen Design andererseits verläuft aufgrund zunehmender Verschmelzung von Sport und Mode fließend.“77 Interessant ist hierbei, dass sich die Konsumenten zwar immer sportlicher geben, jedoch die Anzahl der Sporttreibenden seit Jahren sinkt.78 Laut einer Studie von Key Note in 2005 tragen beispielsweise 35% der befragten Erwachsenen in UK Sportartikel als modische Freizeitkleidung.79 Gemäß Puma Vorstandschef Zeitz ziehen 70% der Erwachsenen die Sportartikel primär zu Freizeitaktivitäten wie Einkaufen an, statt diese beim Sport zu gebrauchen. 80 Diese Entwicklung ist aus zwei Gründen positiv für Sportartikelhersteller. Zum einen wird deren Kundenbasis erweitert, da nun nicht nur Sporttreibende zum Kauf animiert werden können. Dadurch steigt das Wachstumspotenzial. Zum anderen verbessern sich die Margen der Hersteller, weil Konsumenten bei Mode- und Lifestyle-Produkten eine höhere Zahlungsbereitschaft aufweisen, da ihnen diese neben einem rein funktionalen Nutzen zusätzlich einen emotionalen Nutzen stiften.81 Um von diesem Trend zu profitieren, bemühen sich die Großen der Branche um ein frisches, sportlich modisches Image, wie Puma mit dem Umbau zur Lifestyle-Marke, AD mit dem Wechsel zum kundenorientierten Businessmodell, RBK mit dem Vorstoß in den Bereich „street fashion“ sowie ihrer „classics“ Schuhreihe oder Nike mit zahlreichen neuen modebetonten Kollektionen. Diese Lifestyle-Bewegung wird aber auch als Chance für kleinere Anbieter wie Gola gesehen, die durch ein individuelles Design und, im Gegensatz zu den Branchenführern, klares und eindeutiges Profil bei Konsumenten punkten können. Der Modetrend birgt aber auch Risiken. Aufgrund des permanenten Wandels von Kundenpräferenzen wird die Branche immer schnelllebiger. Wer sich künftig behaupten will, muss sich somit schnell an die Trends anpassen können. So wird zum Beispiel erwartet, dass das Wachstum im Männer-Bekleidungssegment bis 2009 stark zunehmen wird. 82 Während das eine gute Nachricht ist für traditionell „männlichere“ Marken wie AD, könnte RBK durch diesen Trend unter Druck geraten, weil die Stärken des Unternehmens im Frauen-Schuhsegment liegen. Eine weitere, durch die Lifestyle-Bewegung angetriebene Entwicklung, ist die weltweit zunehmende Bedeutung des Branding. Schätzungen von Just-Style zeigen, dass in 2007 voraussichtlich 72,5% der Sportbekleidung und 79% der Sportschuhe Markenprodukte sein werden.83 Ebenfalls besteht für die kommenden Jahre die Erwartung, dass der mittel- und hochpreisige Einzelhandel sich überwiegend auf Premium-Bekleidung spezialisieren wird. 84 Um nicht in das Tiefpreis-Segment abzurutschen, werden die Sportartikelhersteller somit ihre ohnehin hohen Ausgaben für Imagekampagnen, Sponsoring und sonstiges Marketing weiter steigern müssen. Zudem wird angenommen, dass noch höhere Investitionen in Forschung und Entwicklung für die Hersteller von Nöten sein werden, damit ihre Marken dank neuer Produkte, Designs und Technologien als innovativ wahrgenommen werden.85 Beide Tendenzen verheißen jedoch nichts Gutes für die Margen-Entwicklung bei den Herstellern. Auch gibt es makroökonomische und gesellschaftliche Trends, die sich auf das künftige Wachstum und die Profitabilität der Sportartikelindustrie auswirken dürften. Aufgrund zunehmender Marktsättigung in Europa und Nordamerika sollten sich die Zuwächse immer mehr in unterentwickelte Regionen Asiens, des Nahen Ostens oder Südamerika verlagern, wo große bekannte Marken einen eindeutigen Vorteil gegenüber Nischenanbietern haben, weil sie mehr Kapital mitbringen, um die Märkte zu bearbeiten. Zudem suchen die aufstrebenden Bevölkerungsschichten dieser Regionen primär nach westlichen Statussymbolen, die eher durch große Marken als durch Nischenanbieter verkörpert werden. 86 Jedoch verfügen die Konsumenten dort meist über eine geringe Kaufkraft als im Westen. Folglich können in diesen Regionen zumindest kurz- und mittelfristig vergleichsweise tiefe Preise und kleine Margen erwartet werden. Eine weitere belastende Entwicklung ist der weltweit steigende Erdölpreis. Die Folgen sind neben einem niedrigeren verfügbaren Einkommen der Konsumenten auch höhere Transportkosten für die Hersteller, die zumeist in Niedriglohnländern fertigen lassen und überwiegend in Industrieländern ihre Absatzmärkte haben. Zwar kann dem Kostendruck mit einer Verbesserung des Supply Chain Management kurzfristig entgegengewirkt werden, jedoch sind Effizienzsteigerungen endlich. Zudem liegt weiteres, aber ebenfalls beschränktes Einsparpotenzial im Materialeinkauf. Dank der kürzlich durchgesetzten Aufhebung von Einfuhrquoten aus Asien kann insbesondere im Textil- und Bekleidungssektor von günstigeren Zulieferern und Importen profitiert werden. 87
2.4. Sportartikelindustrie und die Reebok Übernahme
2.4.1. Konsolidierungstendenzen
Aufgrund hoher Homogenität der Güter in Bezug auf Qualität und Technologie88 sowie des Trends zu immer teureren Marketingkampagnen intensiviert sich der Wettbewerb im stark umkämpften Markt für Sportartikel zunehmend. Die fortschreitende Marktsättigung stellt zudem eine zusätzliche Hürde für organisches Wachstum der Unternehmen dar.89 Angesichts dieser Tendenzen geraten insbesondere kleinere Marken mit einer geringen Macht im Einkauf und bei der Distribution zunehmend unter Druck und suchen nach finanzstarken Partnern.90 Die Großen der Branche hingegen nutzen die entstandene Situation und steigern ihre Marktanteile über Akquisitionen.91
Angetrieben von diesen Entwicklungen durchlebt die Sportartikelindustrie im Sommer 2005 „den vorläufigen Höhepunkt einer nie gekannten Konzentrationswelle“. 92 Innerhalb von wenigen Jahren verleibt sich der Marktführer Nike die Marken Converse, Starter und Hurley ein, RBK kauft THC, das amerikanische Modelabel Quiksilver akquiriert den französischen
[...]
1 Vgl. adidas-Salomon AG (2005d).
2 Vgl. Schmid/Kotulla (2007); o. V. (2005i).
3 adidas-Salomon AG (2005b), S. 1.
4 Vgl. adidas-Salomon AG (2005a), S. 25.
5 Vgl. Kiley (2005).
6 Vgl. o. V. (2005c).
7 Vgl. o. V. (2005h).
8 Vgl. o. V. (2005b); o. V. (2005h); o. V. (2005c).
9 Vgl. Fuller et al. (2002), S. 1767.
10 Vgl. Cools et al. (2007), S. 15.
11 Vgl. Agrawal/Jaffe (1999).
12 Vgl. o. V. (1997a); o. V. (1997b).
13 Hofer (2006a).
14 Vgl. o. V. (2005c).
15 Vgl. Schewe et al. (2008), S.1.
17 Vgl. Schmid/Kotulla (2007), S. 1.
18 Vgl. MSCI BARRA (2006).
19 Vgl. Schmid/Kotulla (2007), S. 1.
20 Vgl. MSCI BARRA (2006).
21 Vgl. Data Monitor (2005b), S. 7.
22 Vgl. Fasse (2007).
23 Vgl. Data Monitor (2005b), S. 8-11.
24 Vgl. Hirn (2005).
25 Vgl. Sporting Goods Intelligence (2004a).
26 Vgl. Data Monitor (2005b), S. 16-17.
27 Vgl. ICC Information Ltd. (2005), S. 20.
28 Vgl. Just-Style (2008), S. 16.
29 Vgl. Sporting Goods Intelligence (2004c).
30 Vgl. Data Monitor (2005a), S. 10.
31 Vgl. ICC Information Ltd. (2005), S. 20.
32 Vgl. Data Monitor (2005a), S. 18.
33 Vgl. ICC Information Ltd. (2005), S. 20.
34 Vgl. Just-Style (2008), S. 15.
35 Bei der Produktion kommen andere Materialien und Technologien zum Einsatz. Aufgrund zumeist geringerer Stückzahlen sind sowohl Bündeleffekte beim Einkauf als auch Effizienzsteigerungen bei Massenfertigung schwieriger zu erzielen. Die Bearbeitung der oft durch eng spezialisierte Hersteller besetzten Nischenmärkte erfordert andere Absatzwege und erschwert die Vermarktung.
36 Vgl. ICC Information Ltd. (2005), S. 1.
37 Vgl. Sporting Goods Intelligence (2004b).
38 Schmid/Kotulla (2007), S. 2.
39 Vgl. o. V. (2005d).
40 Vgl. Sporting Goods Intelligence (2004b).
41 Siehe Tabelle 1.
42 Vgl. Schmid/Kotulla (2007), S. 2-4.
43 Vgl. Steinkirchner (2005).
44 Vgl. o. V. (2005i).
45 Vgl. Hirn (2005).
46 Vgl. o. V. (2005k).
47 Vgl. o. V. (2005i).
48 Siehe Tabelle 4.
49 Vgl. Puma AG (2009).
50 Vgl. Schmid/Kotulla (2007), S. 6.
51 Vgl. Dennerlein et al. (2006), S. 7.
52 Vgl. o. V. (1997a).
53 Hirn (2005), S. 40.
54 Vgl. Schmid/Kotulla (2007), S. 14.
55 Vgl. adidas-Salomon AG (2003).
56 Vgl. o. V. (2005i).
57 Siehe Tabelle 5.
58 Vgl. Hirn (2005), S. 46.
59 Transferiert in EUR entspricht das einem jährlichen Umsatzrückgang von durschnittlich 6%.
60 Siehe Tabelle 5.
61 Vgl. o. V. (2005i).
62 Hirn (2005), S. 39.
63 Vgl. adidas-Salomon AG (2005c).
64 Vgl. Hofer (2005), S.38.
65 Vgl. Dennerlein et al. 2006, S. 4.
66 Vgl. Schmid/Kotulla 2007, S. 9.
67 Vgl. Dennerlein et al. (2006), S. 4.
68 Vgl. o. V. (2005i).
69 Vgl. Dennerlein et al. (2006), S. 4.
70 Vgl. Data Monitor (2005c), S. 1.
71 Siehe Tabelle 4; Tabelle 5.
72 Vgl. Data Monitor (2005c), S. 3.
73 Vgl. Puma AG (2004), S. 15.
74 Vgl. Puma AG (2009).
75 Vgl. Puma AG (2004), S. 2.
76 Siehe Tabelle 5; Tabelle 6.
77 Schmid/Kotulla (2007), S. 1.
78 Vgl. Steinkirchner (2005).
79 Vgl. ICC Information Ltd. (2005), S. 1.
80 Vgl. Steinkirchner (2005).
81 Vgl. Schmid/Kotulla (2007), S. 4.
82 Vgl. Data Monitor (2005b), S. 8.
83 Vgl. Just-Style (2008), S. 4.
84 Vgl. Data Monitor (2005b), S. 15.
85 Vgl. Data Monitor (2005b), S. 7.
86 Vgl. Steinkirchner (2005).
87 Vgl. Data Monitor (2005b), S. 8-15.
88 Vgl. Schmid/Kotulla (2007), S. 4.
89 Vgl. Seiringer (2005), S. 46.
90 Vgl. Steinkirchner (2005); Buchenau/Hofer (2005), S.18.
91 Vgl. Seiringer (2005), S.22.
92 Steinkirchner (2005).
- Quote paper
- Dmitri Uvarovski (Author), 2009, Die Übernahme von Reebok International Ltd. durch die adidas-Salomon AG, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137615
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