Total- und Teilstatistiken
In der Statistik wird zwischen zwei wesentlichen Grundtypen der Statistiken unterschieden: Total- und Teilstatistik. Eine Totalstatistik (oder Vollerhebung) liegt dann vor, wenn grundsätzlich alle Einheiten der zu untersuchenden Gesamtheit erfasst und die erhobenen Angaben vollständig aufbereitet wurden.
Bei einer Teilstatistik (oder Teilerhebung) wird die statistische Masse nur teilweise erhoben. Sie wird meistens durchgeführt, um die Grundgesamtheit zu repräsentieren, „also ein verkleinertes Abbild der Gesamtheit zu liefern“(1). Nur wenn diese Teilerhebung auf
einer Zufallsauswahl basiert, kann bei vorgegebenen Fehlergrenzen der erforderliche Stichprobenumfang festgelegt – und damit auch der Stichprobenfehler errechnet – werden. Beide Formen, Total- und Teilstatistik, haben jeweils ihre spezifischen Vor- und Nachteile,
die bei der Anwendung gegeneinander abzuwägen sind. „(...) oft sind die Unterschiede nur graduell, häufig sind beide Verfahren nur in der Kombination sinnvoll.“(2)
[...]
_____
(1) W. Krug, M. Nourney: Wirtschafts- und Sozialstatistik: Gewinnung von Daten, 2., erweiterte Auflage, München, Wien 1987, S. 7. (im folgenden zitiert als: W. Krug, M. Nourney: Wirtschafts- und Sozialstatistik.)
(2) W. Krug, M. Nourney: Wirtschafts- und Sozialstatistik, a.a.O., S. 7.
Inhalt
1 Total- und Teilstatistiken
1.1 Vorzüge von Stichprobenerhebungen
1.2 Nachteile der Stichprobenerhebung
1.3 Anwendungsbereiche von Stichproben
2 Nichtzufällige Stichproben
2.1 Willkürliche Auswahl
2.2 Staffelungsmethode
2.3 Bewusste Auswahl
2.3.1 Monographische Behandlung
2.3.2 Konzentrationsprinzip/ Abschneideverfahren (Cut-off-Verfahren)
2.3.3 Quotenverfahren
3 Zufällige Stichproben
3.1 Einfache Zufallsauswahl
3.2 Systematische Fehlerquellen
3.3 Einführung in die Schätzstatistik
1 Total- und Teilstatistiken
In der Statistik wird zwischen zwei wesentlichen Grundtypen der Statistiken unterschieden: Total- und Teilstatistik.
Eine Totalstatistik (oder Vollerhebung) liegt dann vor, wenn grundsätzlich alle Einheiten der zu untersuchenden Gesamtheit erfasst und die erhobenen Angaben vollständig aufbereitet wurden.
Bei einer Teilstatistik (oder Teilerhebung) wird die statistische Masse nur teilweise erhoben. Sie wird meistens durchgeführt, um die Grundgesamtheit zu repräsentieren, „also ein verkleinertes Abbild der Gesamtheit zu liefern“[1]. Nur wenn diese Teilerhebung auf einer Zufallsauswahl basiert, kann bei vorgegebenen Fehlergrenzen der erforderliche Stichprobenumfang festgelegt – und damit auch der Stichprobenfehler errechnet – werden.
Beide Formen, Total- und Teilstatistik, haben jeweils ihre spezifischen Vor- und Nachteile, die bei der Anwendung gegeneinander abzuwägen sind. „(...) oft sind die Unterschiede nur graduell, häufig sind beide Verfahren nur in der Kombination sinnvoll.“[2]
Die Vorteile der Totalstatistik überwiegen vor allem dann, wenn vorausgesetzt werden kann, dass sie ohne wesentliche Unzulänglichkeiten, insbesondere systematische Fehler, durchgeführt werden kann und eine klar abgegrenzte statistische Gesamtheit beschrieben wird. Die in diesem Fall ermittelten ‚wahren’ Werte wären mit einer Stichprobenerhebung nicht erreichbar gewesen. Eine solche Stichprobenerhebung kann nur dann angewandt werden, wenn der Stichprobenfehler klein genug ist, die der Zielsetzung entsprechende praktische Anwendung der Ergebnisse nicht zu beeinträchtigen.[3] „Bei wirtschafts- und sozialstatistischen Aufgaben kann fast stets eine gewisse Unsicherheit in Kauf genommen werden.“[4]
1.1 Vorzüge von Stichprobenerhebungen
Da im Vergleich zu der Totalstatistik bei Stichprobenerhebungen der Umfang der erhobenen Daten vermindert ist, entstehen auch geringere Kosten bei der Erhebung und Aufbereitung dieser Daten. Dies ist vor allem bei statistischen Erhebungen von besonderer Bedeutung, die mit öffentlichen Geldern finanziert werden (z.B. durch das Statistische Bundesamt).
Zudem gibt es oft keine Alternative zu einer Stichprobe. Sofern die Informationsbeschaffung mit der Zerstörung, Behinderung oder Beschädigung des Merkmalsträgers verbunden ist, muss auf eine Vollerhebung verzichtet werden. Als Beispiel kann der Produzent von Feuerwerkskörpern genannt werden, der wissen will, ob seine Produkte auch wirklich explodieren. Es ist offensichtlich, dass er nicht alle Feuerwerkskörper probeweise zünden kann, sondern dass er sich auf eine Stichprobe beschränken muss.[5]
Teilerhebungen und hier vor allem die Stichprobenerhebungen können unter anderem von Vorteil sein, wenn Informationen rasch benötigt werden. „Die Auswertung von Vollerhebungen ist in der Regel sehr zeitaufwendig.“[6]
1.2 Nachteile der Stichprobenerhebung
„Die Grenzen der Stichprobenstatistik liegen dort, wo die ‚ewigen’ Vorteile der Vollerhebung beginnen.“[7]
So sind Vollerhebung unerlässlich, wenn es um die Bestandsaufnahme von Bevölkerung und Wirtschaft geht. Die moderne Verwaltung macht es erforderlich, Kenntnisse über alle Elemente (Personen, Haushalte, Betriebe usw.) zu gewinnen. Zudem dienen Vollerhebungen als Entscheidungsgrundlage für den Umfang von Teilerhebungen und die zweckmäßigen Auswahlsysteme. „Gelegentlich müssen Basisdaten erfasst werden, wobei kein einziger Merkmalsträger außer acht gelassen werden darf.“[8] Als Beispiel sind hier unter anderem Unternehmensbilanzen zu nennen, die nicht auf Grundlage von Stichproben der Lagerbestände angefertigt werden können.
Für einfache Zufallsstichproben gibt es noch weitere Kritikpunkte. So ist es umständlich und teilweise sogar unmöglich, alle Elemente einer Grundgesamtheit aufzulisten und mit einer Nummer zu versehen (s. 3.1). Zudem ist man, sobald die Zufallsauswahl getroffen wurde, auf die gezogenen Merkmalsträger festgelegt. Eine nachträgliche Substitution ist systembedingt ausgeschlossen. Weiterhin verlangt die genaue Festlegung der Merkmalsträger eine namentliche Erfassung und ermöglicht somit nicht die volle Wahrung der Anonymität. Auch das ‚in-Kontakt-treten’ mit zufällig ausgewählten Merkmalsträgern ist – vor allem im Falle eines geplanten Interviews – teuer und zeitaufwendig, da die ausgewählten Merkmalsträger dem Zufallsverfahren folgend in der Regel ‚im Raum verstreut’ sein müssten, und sich daher lange Anfahrtswege für den Interviewer ergeben würden.
1.3 Anwendungsbereiche von Stichproben
Stichproben werden heute in zahlreichen Lebensbereichen vorgenommen. Im folgenden soll eine nicht auf Vollständigkeit abzielende Übersicht gegeben werden, in welchen Gebieten – vor allem der Wirtschaft und des Sozialen – Stichproben erhoben werden.
- Bevölkerungsstand und -bewegung: In diesem Bereich dienen die Stichproben unter anderem zur Feststellung des Bestandes, der Veränderung und der Struktur der Bevölkerung (Mikrozensus) und zur Feststellung von Pendlerströmen nach und aus Agglomerationen.
- Landwirtschaft: hier sind die Anwendungsgebiete zum Beispiel die Viehzählung, Ernteprognosen oder die Feststellung bäuerlichen Einkommens.
- Marktforschung: In der Marktforschung werden anhand von Stichproben zum Beispiel die Zufriedenheit und Wünsche bei Massenmedien (Einschaltquoten) oder die Absatzchancen von neuen Produkten und Kritik an bestehenden Produkten untersucht.
- Rechnungswesen und Produktion: Hier dienen Stichproben zur Überprüfung und Kontrolle von Zahlungsvorgängen aller Art, von Bestellungen, von Wareneingängen und -ausgängen, von Lagerbeständen, von Materialaufwendungen und -zusammensetzungen, von Füllgewichten, von Produktspezifikationen aller Art (Qualitätskontrollen) und von Personalverhalten.
- Volkswirtschaft allgemein: Hier werden mit Stichproben Lohn- und Einkommensstrukturen festgestellt, ebenso wie Betriebstrukturen, Konjunkturerwartungen, Konsumausgaben und -struktur (Verbraucherstichprobe) und Investitionsplanungen der Unternehmen.
- Wahlen und Politik: Stichproben dienen auf diesem Gebiet zur Feststellung der potentiellen Wahlergebnisse, des Wahlverhaltens und der Struktur der Wähler und zur Feststellung der Volksmeinung zu aktuellen politischen Fragen.[9]
2 Nichtzufällige Stichproben
2.1 Willkürliche Auswahl
Diese Form der Stichprobenauswahl kann auch als Auswahl aufs Geratewohl bezeichnet werden. Hierbei ist die Auswahlbasis nicht explizit festgelegt und es liegt auch kein zuvor definierter Auswahlmechanismus zu Grunde. Ein Beispiel wäre hier das Straßeninterview, bei dem wahllos irgendwelche Personen befragt werden.[10]
2.2 Staffelungsmethode
Bei dieser Methode werden alle Elemente einer Grundgesamtheit oder einer beliebig gebildeten Stichprobe nach einem Merkmal geordnet und zur weiteren, detaillierten Untersuchung wird ein Segment ausgewählt. Ein Beispiel ist eine nach der Körpergröße in einer Reihe aufgestellte Schulklasse, aus der nur das mittlere Drittel ausgewählt wird, und damit alle kleineren und größeren Schüler nicht berücksichtigt werden.
[...]
[1] W. Krug, M. Nourney: Wirtschafts- und Sozialstatistik: Gewinnung von Daten, 2., erweiterte Auflage, München, Wien 1987, S. 7. (im folgenden zitiert als: W. Krug, M. Nourney: Wirtschafts- und Sozialstatistik.)
[2] W. Krug, M. Nourney: Wirtschafts- und Sozialstatistik, a.a.O., S. 7.
[3] Vergl. W. Krug, M. Nourney: Wirtschafts- und Sozialstatistik, a.a.O., S. 7.
[4] W. Krug, M. Nourney: Wirtschafts- und Sozialstatistik, a.a.O., S. 7.
[5] vergl. P. Bohley: Statistik. Einführendes Lehrbuch für Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler, 2., völlig überarbeitete Auflage, München, Wien, 1987, S. 434. (im folgenden zitiert als: P. Bohley: Statistik.)
[6] P. Bohley: Statistik, a.a.O., S. 434.
[7] W. Krug, M. Nourney: Wirtschafts- und Sozialstatistik, a.a.O., S. 10.
[8] P. Bohley: Statistik, a.a.O., S. 435.
[9] vergl. P. Bohley: Statistik, a.a.O., S. 435.
[10] vergl. Stichproben-Verfahren in der Umfrageforschung. Eine Darstellung für die Praxis, herausgegeben von ADM Arbeitskreis Deutscher Markt- und Sozialforschungsinstitute e.V. und AG.MA Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse e.V., Opladen 1999, S. 18f. (im folgenden zitiert als: Stichproben-Verfahren in der Umfrageforschung, hrsg. v. ADM u. AG.MA.)
- Arbeit zitieren
- Thomas Reith (Autor:in), 2000, Erhebung von Stichproben, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1376