Ausbeutung ist ein großes Wort. Einerseits kann es für das unangemessene Ausnutzen von Menschen stehen, andererseits aber auch für die Ausschöpfung natürlicher Ressourcen.
Schon immer haben sich Menschen Gedanken gemacht, wie sie Dinge für sich am besten nutzbar machen können. Umso höher die Effizienz wurde, desto größer wurden Ansiedlungen und damit die Bevölkerung. Thomas Robert Malthus beobachtete als Ökonom diese Entwicklungen sehr kritisch und stellte die These auf, dass die Nahrungsmittelproduktion auf dem Niveau des 18. Jahrhunderts nahezu konstant bliebe, die Bevölkerungszahl jedoch ständig ansteige. Dies muss folglich zu einem Ungleichgewicht und schwerwiegenden Ausmaßen für die Menschheit führen. Der Film „Soylent Green“ (1973) Richard Fleischers thematisiert beide Auslegungen von 'Ausbeutung'. Aufgrund dessen soll zunächst ein Überblick über Malthus' Theorie gewonnen und darauf aufbauend untersucht werden, in wieweit Malthus' Ansichten des 18. Jahrhunderts auf die futuristische Darstellung Fleischers New Yorks von 2022 übertragbar sind.
Kann diese Gesellschaft, wie sie in „Soylent Green“ konstruiert wird, funktionieren? Ist sie also ein real vorstellbares Szenario, wie es Malthus vorhergesehen hat? Da die Vorstellung der ökonomischen Verhältnisse zum Ende des 18. Jahrhunderts in dieser Darstellung notwendig ist, soll im ersten Kapitel direkt auf T. R. Malthus' „An Essay on the Principle of Population“ (1798 / 1803) und dessen, für den Film relevanten Punkte eingegangen werden.
Wo ist jedoch der Kannibale im Film, wenn ein Großteil der Menschheit sich, wie am Filmende festgestellt wird, von Menschenfleisch ernährt? Ist er immer noch Kannibale, wenn er sich dessen gar nicht bewusst ist? Moralische, sowie soziologische Grundfragen werden hierbei hinterleuchtet.
Da diese Arbeit die Verbindung der Malthus-Falle zum Film behandeln soll und auf das vorhergehende Referat aufbaut, wird weitestgehend auf filmstrukturelle Fragen verzichtet, da dies im Rahmen dieser Arbeit zu Ungunsten der Thesenbehandlung ausfallen würde.
Inhalt
Einleitung
1 Malthus-Falle: Wenn Nahrung knapp wird
2 Soylent Green
2.1 Darstellung des 'ökonomischen Kannibalismus' im Film
2.2 Malthus im Film — behält er doch Recht?
Fazit
Literatur- und Quellenverzeichnis
Einleitung
„Homo homini lupus est"
[Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf]
(Thomas Hobbes)
Ausbeutung ist ein groBes Wort. Einerseits kann es fur das unangemessene Ausnutzen von Menschen stehen, andererseits aber auch fur die Ausschopfung natiirlicher Ressourcen.
Schon immer haben sich Menschen Gedanken gemacht, wie sie Dinge fur sich am besten nutzbar machen konnen. Umso hoher die Effizienz wurde, desto groBer wurden Ansiedlungen und damit die Bevolkerung. Thomas Robert Malthus beobachtete als Okonom diese Entwicklungen sehr kritisch und stellte die These auf, dass die Nahrungsmittelproduktion auf dem Niveau des 18. Jahrhunderts nahezu konstant bliebe, die Bevolkerungszahl jedoch standig ansteige. Dies muss folglich zu einem Ungleichgewicht und schwerwiegenden AusmaBen fur die Menschheit fAhren. Der Film „Soylent Green" (197 3) Richard Fleischers thematisiert beide Auslegungen von 'Ausbeutung'. Aufgrund dessen soll zunachst ein Uberblick fiber Malthus' Theorie gewonnen und darauf aufbauend untersucht werden, in wieweit Malthus' Ansichten des 18. Jahrhunderts auf die futuristische Darstellung Fleischers New Yorks von 2022 tibertragbar sind.
Kann diese Gesellschaft, wie sie in „Soylent Green" konstruiert wird, funktionieren? 1st sie also ein real vorstellbares Szenario, wie es Malthus vorhergesehen hat? Da die Vorstellung der okonomischen Verhaltnisse zum Ende des 18. Jahrhunderts in dieser Darstellung notwendig ist, soll im ersten Kapitel direkt auf T. R. Malthus' „An Essay on the Principle of Population" (1798 / 180 3) und dessen, fur den Film relevanten Punkte eingegangen werden.
Wo ist jedoch der Kannibale im Film, wenn ein GroBteil der Menschheit sich, wie am Filmende festgestellt wird, von Menschenfleisch ernahrt? 1st er immer noch Kannibale, wenn er sich dessen gar nicht bewusst ist? Moralische, sowie soziologische Grundfragen werden hierbei hinterleuchtet.
Da diese Arbeit die Verbindung der Malthus-Falle zum Film behandeln soll und auf das vorhergehende Referat aufbaut, wird weitestgehend auf filmstrukturelle Fragen verzichtet, da dies im Rahmen dieser Arbeit zu Ungunsten der Thesenbehandlung ausfallen wiirde.
1 Malthus-Falle: Wenn Nahrung knapp wird
Eine Konservendose im Vorratskeller einer zweiköpfigen Familie vermehrt sich nicht parallel zum freudig erwarteten Zuwachs. Diese so trivial erscheinende Tatsache war bereits lange vor Thomas Robert Malthus1 bekannt. In seinem „Essay on the Principle of Population" 2 geht Malthus insbesondere auf die Problematik ein, dass das bestehende Nahrungsangebot zu seiner Zeit mit dem enormen Bevölkerungswachstum bald nicht mehr ausreichen würde, um die Menschen ernähren zu können:
„ [...] I s ay, that the power ofpopulation in indefinitely greater than the power in the earth to produce
subsistence for man.
Population, when unchecked, increases in a geometrical ratio. Subsistence only increases in an arithmetical ratio."3
Die technischen Möglichkeiten zum Ende des 18. Jahrhunderts waren vor allem im agrarökonomischen Bereich, hinsichtlich der hohen Wachstumsrate der Bevölkerung, nicht als ausreichend zu bezeichnen. Höhere Effektivität wurde durch Zuchterfolge bei Nutzvieh und Planwirtschaft in Form von mehrfeldrigem Ackerbau erzielt, die zum heutigen Vergleich jedoch in ihrer Entwicklung niemals mit der menschlichen Zuwachsrate hätte mithalten können.4 AuBerdem war zu dieser Zeit noch die Abhängigkeit der Bauern von den Lehnsherren vertreten, die eine Umstrukturierung schwierig machten. Diese Lebensweise verdunkelte die Sicht auf bestehende oder aufkommende Probleme der Lebensmittelknappheit aufgrund der anwachsenden Bevölkerung. Okonomen und Politiker, die sich demographischer Beobachtungen annahmen, machten sich jedoch Gedanken über die weitere Entwicklung und mögliche Folgen. Dass ein bestehendes Wirtschaftswachstum (wie es im 18. Jahrhundert in England geschah) mit höheren Geburtenraten in Zusammenhang steht, sowie demnach mit einer höheren Nahrungsnachfrage einhergeht, stellt eines der Grundprinzipien der Wirtschaftslehre dar.
Dass Bevolkerung und Landwirtschaft aber ungleichgewichtig wachsen und dadurch negative Folgen fiir das Wirtschaftswachstum entstehen konnen (z.B. aufgrund von Mangelernahrung durch zu hohes Bevolkerungswachstum), thematisiert Malthus in seinem Essay. Bereits in den ersten beiden Kapiteln macht Malthus auf das Ungleichgewicht zwischen Bevolkerungswachstum mit dessen Nahrungsnachfrage und den tatsachlich zur Verfiigung stehenden Lebensmittelressourcen aufmerksam. Damit stellt er jedoch zu seinem Zeitpunkt fest, dass die Ertragseffizienz in der Landwirtschaft nahezu konstant bleiben muss. Dies kommt vor allem durch die Unwissenheit iiber die spater erzielten technischen und noch spater, biochemischen Fortschritte. Aber auch darauf geht Malthus ein, wenn auch warnend:
„If he hear it not, the human race will be constantly endeavouring to increase beyond the means of subsistence. " 5
Was in diesem Fall passieren kann, wenn auch fiktiv ausgeschmiickt, zeigt Richard Fleischer in seinem Film „Soylent Green — Jahr 2022 ... die +berleben wollen". Die Menschheit ist darin gezwungen, iiber die Ernahrungsfrage nachzudenken und vor allem ihr entgegenzutreten. Wenn jedoch die Ressourcen vollig erschopft sind, kann ein natiirlicher Ernahrungsapparat nicht mehr aufrecht erhalten und auf ein anderes Feld verschoben werden. Bei genauerer Betrachtung ergeben sich einige Parallelen zwischen der Sozialstruktur im Film und der des Endes des 18. Jahrhunderts, in in beiden Fallen eine herrschende Klasse von der groBeren, aber armeren Masse zehrt. Hier zeigt sich der nachste Aspekt, auf den Malthus eingeht. Mit wachsender Bevolkerung muss dem entsprechend auch ein prozentualer Anstieg an Armut entstehen.6 Wie Fleischers Film auf die schlechte Arbeitssituation im iiberbevolkerten New York City deutet, macht auch Malthus darauf aufmerksam, dass mit einem groBeren Angebot an Arbeitskraft der Lohn folglich sinken wird.
Um diesen Problemen entgegenwirken zu konnen, bringt Malthus etwaige Losungsvorschlage an, die von einer allgemeinen Geburtenkontrolle (z.B. Enthaltsamkeit durch Eheschliisse im hoheren Alter) iiber natiirliche Faktoren, wie Seuchen oder Hungersnote, bis hin zu politischen Ereignissen (Krieg, Justizurteile usw.) reichen.7
[...]
1 T.R. Malthus: *1766, t 18 34, Prof. für Geschichte und Politische Okonomie (siehe dazu: Malthus, T.R.: Parallel Chapters from the first and second Editions of an Essay on the Principle of Population — 1789: 1803, MacMillan & Co. 1895, Introduction, v.)
2 Erste Ausgabe 1798 („An Essay on the Principle of Population as its Affects the Future Improvement of Society. "), überarbeitete Ausg. 180 3 („An Essay on the Principle of Population; or, a View of its past and present effects on human Happiness")
3 Siehe: Malthus, T.R.: Parallel Chapters from the first and second Editions of an Essay on the Principle of Population — 1789: 180 3, MacMillan & Co. 1895, S. 7.
4 Vgl. hierzu: http://www.lwl.org/LWL/Kultur/Aufbruch/themen_start/oekonomie/tech_neu/dampfkraft/landwirtschaft/dreschsatz/ index2_html. (die erste anwendbare Mähmaschine entstand demnach erst 1826 durch den Pfarrer Patrick Bell)
5 Siehe: Malthus, T.R.: Parallel Chapters from the first and second Editions of an Essay on the Principle of Population — 1789: 180 3, MacMillan & Co. 1895, S. 79.
6 Vlg. hierzu: ebd. Chapter V, vor allem S. 25 ff.
7 Vgl. hierzu: ebd. Chapter VII, vor allem S. 41 f.
- Quote paper
- Mathias Seeling (Author), 2009, Fressen und gefressen werden, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137402
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