Es wird deutlich, dass es eine Reihe externer Faktoren gibt, welche die Vereinbarkeitsproblematik von Müttern zusätzlich erschwert. Ein besonderes Anliegen ist es mir somit, im Folgenden die Fragen zu beantworten, wie allein erziehende und insbesondere junge Mütter ihre finanzielle Situation sichern und es darüber hinaus bewerkstelligen, das Wohl ihres Kindes in den Mittelpunkt zu stellen. Es soll aufgezeigt werden, wie Frauen in kritischen und erschwerten Lebenslagen dennoch Möglichkeiten haben, ein zufriedenstellendes Leben führen und dabei in beruflicher und finanzieller Hinsicht Fuß fassen können.
Inhalt
1 Einleitung
2 Erwerbsarbeit und Familie
2.1 Die Vereinbarkeitsproblematik
2.2 Familienformen
2.3 Verringerung der Unterschiede in den sozialen Rollen von Mann und Frau im Hinblick auf die Erwerbsbeteiligung
2.4 Erwerbsleben von Müttern
2.4.1 Erwerbsbeteiligung
2.4.2 Die subjektive Lebenszufriedenheit
2.5 Kinderbetreuungsangebote
2.5.1 Die gegenwärtige Ost- West Diskrepanz
2.5.2 Ausbau der gesetzlichen Bestimmungen
2.5.3 Die Qualität der Einrichtungen
2.6 Entlastung durch Netzwerke
2.7 Kinderlosigkeit in Deutschland
3 Junge Mütter
3.1 Versuch der begrifflichen Abgrenzung
3.2 Situationsanalyse
3.2.1 Junge Mütter – Sozial Benachteiligte?
3.2.2 Junge Mütter in Deutschland
3.2.3 Schwangerschaftsabbrüche
3.2.4 Die Rolle der Väter
3.2.5 Schulische und berufliche Bildung
3.2.6 Bewältigung des Alltags
3.2.7 Besondere Bedarfe junger Mütter
3.3 Mögliche Hintergründe für eine frühe Schwangerschaft
3.3.1 Verhütungsverhalten
3.3.2 Familiale Dispositionen
3.3.3 Mangel an Perspektiven
3.4 Die Aufgaben der Kinderbetreuung
4 Hilfen für Frauen und junge Mütter
4.1 Rechtliche Regelungen bei minderjährigen Müttern
4.1.1 Sorgerecht
4.1.2 Schulpflicht
4.2 Mutterschutz
4.3 Elternzeit und Elterngeld
4.4 Weitere finanzielle Unterstützungsangebote
4.4.1 Arbeitslosengeld
4.4.2 Kindergeld
4.4.3 Kinderzuschlag
4.4.4 Unterhaltsvorschuss
4.4.5 Sozialhilfe
4.4.6 Bundesstiftung „Mutter und Kind“
4.5 Vorberufliche Kompetenzentwicklung
4.6 Ausbildung in Teilzeit
4.7 Finanzielle Unterstützungsangebote in der Ausbildung
4.7.1 Ausbildungsförderung nach dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz
4.7.2 Berufsausbildungsbeihilfe
4.8 Unterstützungsangebote für den Wiedereinstieg in den Beruf
4.8.1 Eingliederungszuschuss
4.8.2 Bildungsgutschein
4.9 Kinderarmut
4.9.1 Die Situation in Deutschland
4.9.2 Maßnahmen zur Bekämpfung von Kinderarmut
4.9.3 Verbesserung des Kinderschutzes
5 Hilfen für junge Mütter im Rahmen gezielter Einrichtungen am Beispiel der „Betreutes Wohnen“ Einrichtung in Obertiefenbach
5.1 Qualitative Sozialforschung
5.1.1 Die Wahl der Methode
5.1.2 Die tatsächliche Untersuchungssituation
5.2 Das Konzept der Einrichtung
5.3 Fallbeispiele: Durchführung und Auswertung der Gruppen- diskussion
6 Fazit
Literaturverzeichnis
Darstellungsverzeichnis
1 Einleitung
„Hätte ich das vorher gewusst, weiß ich nicht, ob wir nicht noch ein paar Jahre gewartet hätten!“
Diese Aussage stammt von meiner 23 Jahre alten, (eigentlich) glücklich schwangeren Freundin. Im kommenden Monat wird sie Mutter eines Sohnes und ihr Mann und sie schauen diesem Ereignis sehr freudig entgegen. Beide sind examinierte Krankenpfleger und bis dato in diesem Beruf tätig, wobei meine Freundin letzte Woche in Mutterschutz gegangen ist. Ihr Einkommen ist durchaus ausreichend, um einen zufriedenstellenden Lebensstil zu führen und -ihrer Kalkulation nach- ein Kind zu ernähren. Als sie sich jedoch vor einigen Wochen eingehender mit der Situation nach der Schwangerschaft auseinandergesetzt hat, fing sie an, ihre Entscheidung für das Kind bzw. den Zeitpunkt der Schwangerschaft in Frage zu stellen. Zum einen beunruhigt sie die Tatsache, nach der Geburt mit weniger Geld haushalten zu müssen. Zum anderen stand es für sie außer Frage, nach einem Jahr „Familienurlaub“ wieder arbeiten zu gehen. Die Realisierung dieses Vorhabens sieht sie jedoch an den gegenwärtigen Möglichkeiten der Kinderbetreuung scheitern. Großeltern in die Betreuung des Kindes mit einzuplanen wird durch deren Berufstätigkeit sehr stark eingeschränkt. Durch den Schichtdienst im Krankenpflegeberuf sind auch die derzeitigen Angebote an öffentlicher Kinderbetreuung ihrer Ansicht nach nicht ausreichend, um die Beaufsichtigung des Kindes im Falle einer Vollzeit-berufstätigkeit beider Elternteile abzudecken. Meine Freundin sieht somit nur die Option, in Teilzeit arbeiten zu gehen, wobei sie in diesem Falle nahezu ihren ganzen Verdienst in die Finanzierung der Kinderbetreuung investieren müsste.
Nach einigen Wochen der Grübelei und Frustration versucht sie nun mit der Auffassung: „Probleme werden gelöst, wenn sie da sind“ die letzten Züge der Schwangerschaft zu genießen und sich die Freude auf ihr Kind nicht durch pessimistische Zukunftsaussichten nehmen zu lassen.
Dieses und andere Gespräche mit (werdenden) Müttern in meinem Umfeld haben mein Interesse für die Problematik der Vereinbarkeit von Familie und Beruf verstärkt. Es stand für mich immer außer Frage, dass ich einmal Kinder haben werde, da ich selbst aus einer Großfamilie stamme und schon immer ein „Kindernarr“ war. Diese Tatsache hat mich auch in meiner Berufswahl in zweierlei Hinsicht beeinflusst. Ich wollte in jedem Fall auch beruflich mit Kindern arbeiten, konkretisiert hat sich mein Berufswunsch zur Lehrerin aber auch deshalb, weil die Aufteilung der Arbeitszeit in der Schule und zu Hause eine flexible Zeiteinteilung ermöglicht, welche für Frauen mit Kindern eine unsagbare Entlastung bezüglich der Betreuung ihrer Kinder und der Organisation des Familienlebens darstellt. Dass das Projekt „Familienorganisation vs. Berufstätigkeit“ insbesondere für Mütter einen alltäglichen, kräfteaufreibenden Drahtseilakt darstellt und teilweise die ausgeprägtesten Managerfähigkeiten bedingt, ist schwer vorstellbar und häufig nur durch praktische Einblicke zu erahnen. Ein praktisches Beispiel aus nächster Nähe ist für mich meine 39 Jahre alte Schwester, welche ebenso wie ihr Mann einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgeht, einen Haushalt zu führen und nebenbei den Alltag eines 10 sowie 4 Jahre alten Kindes zu organisieren und strukturieren hat. Die (erfolgreiche) Bewäl-tigung dessen kostet –vor allem Nerven und Schlaf.
Im Rahmen meiner „Unterrichtsgarantie Plus“ -Stelle an einer Haupt- und Realschule im Landkreis Limburg-Weilburg bin ich im vergangenen Sommer als Begleitperson der Abschlussfahrt einer 10. Realschulklasse mitgefahren. Auf dieser Klassenfahrt erfuhr ich von einem der Mädchen, dass dieses Mutter einer fast ein Jahr alten Tochter ist. Sehr interessiert habe ich mich mit ihr darüber unterhalten, wie sie es schafft, ihre junge Mutterschaft mit der Schule zu vereinbaren. In dem Gespräch mit ihr wurde deutlich, dass diese Doppelbelastung dem Mädchen so einiges abverlangt und die Inkaufnahme vieler Abstriche bedeutet.
Durch diese Unterhaltung wurde mir bewusst, dass gerade für angehende Lehrkräfte die Auseinandersetzung mit der Vereinbarkeitsproblematik junger Mütter von großer Bedeutung ist. Als angehender Pädagoge sollte 4
man sich darüber im Klaren sein, dass hinter einer frühen Schwanger- und Mutterschaft oftmals weitaus mehr steckt, als ein unzureichendes Verhütungsverhalten. Des Weiteren ist es in meinen Augen unabdingbar, dass eine Lehrkraft, im Falle einer unmittelbaren Konfrontation mit der Problematik, in der Lage ist, den Mädchen zumindest einen groben Überblick über deren Perspektiven und den rechtlichen Bestimmungen sowie Adressen für professionelle Hilfe zu geben. Ein besonderes Anliegen ist es mir somit, im Folgenden die Fragen zu beantworten, wie allein erziehende und insbesondere junge Mütter ihre finanzielle Situation sichern und es darüber hinaus bewerkstelligen können, das Wohl ihres Kindes in den Mittelpunkt zu stellen. Es soll aufgezeigt werden, wie Frauen in kritischen und erschwerten Lebenslagen dennoch Möglichkeiten haben, ein zufriedenstellendes Leben führen und dabei in beruflicher und finanzieller Hinsicht Fuß fassen können.
Um in die Thematik einzuführen, wird zunächst eine kurze Definition der Vereinbarkeitsproblematik (2.1) gegeben und die verschiedenen Familienformen (2.2) vorgestellt. Anschließend wird auf die Angleichungstendenzen in den sozialen Rollen von Mann und Frau hinsichtlich der Erwerbsbeteiligung eingegangen (2.3) und das Erwerbsleben von Müttern genauer betrachtet (2.4), wobei zum einen die Quantität der Beteiligung (2.4.1) und zum anderen die subjektive Lebenszufriedenheit im Hinblick auf die Form der Erwerbsbeteiligung aufgezeigt werden soll (2.4.2). Die Bedeutung institutioneller Kinderbetreuungsangebote (2.6) für die Konstellation von Netzwerken und die daraus resultierende Begünstigung der Erwerbsbeteiligung von Müttern wird angesichts der Diskrepanz an Betreuungsangeboten zwischen Ost- und Westdeutschland (2.5.1) herausgestellt. Der Ausbau der gesetzlichen Bestimmungen der Kinderbetreuung (2.5.2) sowie der qualitative Aspekt der Betreuungsangebote (2.5.3) verdeutlicht die Begünstigung der Erwerbstätigkeit von Müttern durch ein gut ausgebautes Kinderbetreuungssystem. Die diesbezügliche Relevanz von sozialen Netzwerken soll deren Entlastungsfunktion (2.6) für die Vereinbarkeit von Familie und Berufstätigkeit verdeutlichen. Die Beleuchtung der Kinderlosigkeit in Deutschland (2.7) soll diesen Aspekt noch einmal hervorheben, indem die schulische sowie berufliche Bildung und die folgliche berufliche Verwirklichung von Frauen, das Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen sowie die Entscheidung für oder gegen ein Kind in Beziehung zueinander gestellt werden.
Im Weiteren wird die Lebenswirklichkeit der jungen Mütter analysiert. Dafür wird zunächst der Versuch einer begrifflichen Abgrenzung dieses Terminus (3.1) vorgenommen, um diese Gruppierung ansatzweise zu kategorisieren. Im Anschluss daran wird die Situation dieser Frauen (3.2) genauer betrachtet, wobei sich insbesondere den Aspekten der sozialen Benachteiligung (3.2.1), dem Anteil junger Mütter in Deutschland (3.2.2), der Anzahl an Schwangerschaftsabbrüchen (3.2.3), der Rolle der Väter (3.2.4), den erhöhten Anforderungen im Alltag der jungen Mütter (3.2.5) und der schulischen sowie beruflichen Bildung (3.2.6) zugewandt wird. Abschließend werden die damit einhergehenden besonderen Bedarfe der jungen Frauen (3.2.7) aufgezeigt. Um die Mannigfaltigkeit der Hintergründe für die frühe Schwangerschaft (3.3) zu überblicken, wird zum einen das Verhütungsverhalten (3.3.1) beleuchtet und darüber hinaus auch die familiäre bzw. biografische Situation (3.3.2) sowie der Mangel an Perspektiven (3.3.3) dargestellt. Hinsichtlich dieser Gegebenheiten werden die besonderen Aufgaben der Betreuung (3.4) von Kindern dieser Gruppe von Müttern erläutert.
Weiterhin werden die rechtlichen Regelungen für minderjährige Mütter (4.1) vorgestellt, wobei insbesondere auf die Schulpflicht (4.1.1) und die Sorgerechtsregelung (4.1.2) eingegangen wird. Im Anschluss daran werden die Modelle Mutterschutz (4.2) sowie Elternzeit und Elterngeld (4.3), die für alle Mütter rechtlich geregelt sind, erörtert. Ergänzend werden die weiteren finanziellen Unterstützungsangebote (4.4) Arbeitslosengeld (4.4.1), Kindergeld (4.4.2), Kinderzuschlag (4.4.3), Unterhaltsvorschuss (4.4.4), Sozialhilfe (4.4.5) sowie die finanziellen Hilfemaßnahmen der Bundesstiftung „Mutter und Kind“ (4.4.6) vorgestellt. Da die Möglichkeit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf am Beispiel junger Mütter aufgezeigt werden soll und diese oftmals noch keine abgeschlossene Berufsausbildung haben, wird im Folgenden die Bedeutung der Entwicklung vorberuflicher Kompetenzen (4.5) begründet und diese näher erläutert. Es wird die Notwendigkeit einer Teilzeitberufsausbildung (4.6) unterstrichen und deren Realisierbarkeit beschrieben. Da die Finanzierung gerade im Falle einer frühen Mutterschaft nur selten aus eigenen Mitteln aufgebracht werden kann, wird im Weiteren auf die finanziellen Unterstützungsangebote in der Ausbildung eingegangen (4.7) und die Bedingungen für die Ausbildungsförderung nach dem Berufsausbildungs-förderungsgesetz (4.7.1) und der Berufsausbildungsbeihilfe (4.7.2) erklärt. Für den Anteil der jungen Mütter, welche bereits erfolgreich eine Berufsausbildung absolviert haben, werden die beiden Unterstützungs-angebote für den Wiedereinstieg in den Beruf (4.8.), der Eingliederungs-zuschuss (4.8.1) und der Bildungsgutschein (4.8.2) genauer betrachtet. Um letztendlich die Relevanz der Förderung von jungen Müttern zu unterstreichen wird am Ende dieses Kapitels die Gefahr der Kinderarmut (4.9) dargestellt und die Situation in Deutschland (4.9.1) beschrieben sowie die Maßnahmen zu deren Bekämpfung (4.9.2) vorgestellt. Dies beinhaltet unter anderem die Verbesserung des Kinderschutzes (4.9.3), was noch einmal genauer betrachtet wird.
Ein umfassendes Bild der jungen Mütter, ihrer psychischen Konstitution, ihrer Lebenswirklichkeit und ihrem Umgang mit den Kindern verschafft man sich am ehesten, wenn man persönlich mit den jungen Müttern spricht. Durch die literarische Auseinandersetzung versteht man zwar mögliche Hintergründe und Zusammenhänge, kann sich jedoch nur schwer vorstellen, welch schreckliche Erfahrungen und Erlebnisse die Vergangenheit einiger Mädchen prägen, welche Probleme sowie zum Teil auch Paradoxien ihren Alltag zeichnen und wie sich folglich die Beziehung zu ihrem Kind gestaltet. Aufgrund dessen stand der vorliegenden Arbeit die Auseinandersetzung mit diesen Frauen voran. Diese fand im Rahmen einer Einrichtung statt, welche sich dem ganzheitlichen Bedarf junger Mütter widmet und diesen entsprechend zu decken versucht, indem Hilfe und Unterstützung in den verschiedenen Lebensbereichen gegeben wird. Zunächst werden die Methode der qualitativen Erhebung (5.1.1) sowie die tatsächliche Untersuchungssituation (5.1.2) beschrieben und anschließend das Konzept der Einrichtung vorgestellt (5.2). Im Anschluss daran werden die Fallbeispiele ausgewertet (5.3) und anhand dessen die Vereinbarkeitsproblematik insbesondere für junge Mütter letztendlich resümiert und veranschaulicht.
2 Erwerbsarbeit und Familie
2.1 Die Vereinbarkeitsproblematik
Der Terminus „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ beschreibt die Option arbeitsfähiger Menschen, den Beruf bzw. die berufliche Entwicklung mit der Organisation des Familienalltags verbinden zu können. Im Englischsprachigen verwendet man den Begriff „Work-Life-Balance“ (Friese 2008: 5), wobei durch diesen Ausdruck die Vereinbarkeits-problematik als Balanceakt zweier Lebensbereiche stärker verdeutlicht wird. Generell umfasst die Organisation des Familienalltags dabei nicht nur die Betreuungsarbeit von Kindern, sondern auch die Versorgung von pflegebedürftigen Angehörigen (vgl. Mühling et al. 2006: 107ff/VBM 2008: 67).
2.2 Familienformen
Die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienleben ist in allen Familienformen von zentraler Bedeutung. Deshalb umfasst der Begriff „Familie“ in diesem Zusammenhang nicht nur das traditionelle, in vielen Köpfen noch als idealistisch verankerte „klassische“ Familienbild von Mutter, Vater, Kind(er), sondern auch alternative Eltern-Kind Gemeinschaften wie unverheiratete oder gleichgeschlechtliche Lebens-gemeinschaften mit Kindern, allein erziehende Mütter bzw. Väter und neben den leiblichen natürlich auch Stief-, Adoptiv- oder Pflegekinder (vgl. Statistisches Bundesamt 2006/ BMFSFJ 2007b: 29). Diese alternativen Lebensformen haben in den letzten Jahren in beachtlichem Maße zugenommen; der Anteil an klassischen Familienhaushalten ging seit Anfang der 1970er Jahre um rund ein Drittel zurück, wobei der Anteil an Kindern, welche in Haushalten von Alleinerziehenden leben, von 12 % im Jahr 1996 auf 16 % angestiegen ist (vgl. Mühling et al. 2006: 21/BMAS 2008: 21).
Die Popularität alternativer Familienformen scheint insbesondere im Westen Deutschlands Einzug zu halten, dort ist der Zuwachs fast dreimal so hoch wie in Ostdeutschland (Statistisches Bundesamt 2006).
Ungeachtet der Familienform sind es immer noch im deutlich überwiegenden Maße die Frauen, welche mit der Vereinbarkeitsproblematik konfrontiert werden, da es in den meisten Familien außer Frage steht, dass der Mann weiterhin in Vollzeit der Erwerbstätigkeit nachgeht und gleichbedeutend aus häuslichen Verpflichtungen ausgenommen ist (vgl. Notz 1991: 166 ff). Obgleich der Anteil an Frauen, welche der Ansicht sind, dass Mütter arbeiten gehen sollten, immer mehr zunimmt, so erachtet fast die Hälfte der Deutschen „[...] die berufstätige Mutter als Nachteil für das Kind“ (Mühling et al. 2006: 79). Infolgedessen werden häusliche Pflege-und Erziehungsarbeiten zu 73 % von Frauen übernommen, was Frauen in ihrer Erwerbstätigkeit oftmals so stark einschränkt, dass sie lediglich in Teilzeit arbeiten oder einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen können (vgl. BMFSFJ 2005: 267).
2.3 Verringerung der Unterschiede in den sozialen Rollen von Mann und Frau im Hinblick auf die Erwerbsbeteiligung
Als ausschlaggebende Faktoren hinsichtlich der Verringerung der Unterschiede in den sozialen Geschlechterrollen sind zwei Entwicklungen zu nennen, deren Beginn ca. in der Mitte des vorigen Jahrhunderts einzuordnen sind.
Die erste entscheidende Entwicklung ist der Umbruch in demographischer Hinsicht und die zweite der soziale Wandel der Frau. Neben der Heiratsneigung, der Scheidungsbereitschaft, der Fertilität oder der Arbeitsteilung im Haushalt subsumiert diese Entwicklung als entscheidenden Aspekt bezüglich der veränderten Lebensverläufe von Frauen die steigenden Erwerbs-, Bildungs- und Karrierechancen (vgl. Mühling et al. 2006: 16). Deutlich wird diese Veränderung besonders in den Bereichen schulische Bildung sowie Berufsausbildung, wo [...] seit der Bildungsexpansion in den 50er, 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts eine stetige Angleichung der weiblichen Bildungsverläufe an die männlichen statt[findet] (ebd.: 17).
Folglich gibt es hinsichtlich des Anteils an Frauen, welche höhere Bildungsabschlüsse wie Abitur, Fachhochschulreife oder den Realschulabschluss anstreben, kaum noch Unterschiede gegenüber den Männern, es lässt sich sogar eher eine Tendenz zu einer leichten Überrepräsentanz von Frauen verzeichnen: Laut der 15. Shell-Jugendstudie von 2006 streben 55 % der Schülerinnen das Abitur an, wohingegen lediglich 47 % der Schüler diesen Abschluss anstreben. An deutschen Hochschulen sieht es ähnlich aus; 2004 waren mit 49 % fast die Hälfte der Studienanfänger weiblich (Deutsche Shell 2007/Statistisches Bundesamt 2005b). Trotz der Angleichungstendenzen hinsichtlich des Bildungsniveaus fällt die spätere Berufswahl nach wie vor geschlechtsspezifisch aus (vgl. Mühling et al. 2006: 17).
Die Konsequenzen des sozialen Wandels der Frau sind äußerst ambivalent. Einerseits sind die Perspektiven für die Verwirklichung eines eigenständigen und selbstbestimmten Lebensentwurfes erheblich besser geworden, da sich Frauen heute nicht mehr ausschließlich auf Haushalt und Familie konzentrieren, sondern ihren Fokus darüber hinaus vermehrt auf die Realisierung beruflicher Pläne richten (vgl. ebd.: 37). Auf der anderen Seite eröffnen diese neuen Perspektiven der Vereinbarkeitsproblematik von Familie und Beruf eine neue Dimension:
Die moderne Frau folgt einer doppelten Orientierung, die jedoch schnell zu einer doppelten Belastung wird, wenn sich die Rolle der Männer nicht komplementär mit verändert (Mühling et al. 2006: 38).
Die Veränderung der sozialen Rolle des Mannes vollzieht sich wesentlich langsamer als die der Frau. Trotz aller Angleichungstendenzen in schulischer, universitärer und beruflicher Hinsicht, sind die Auswirkungen, welche die Geburt eines Kindes auf die Lebensplanung der Frauen hat, nach wie vor fundamentaler, als es bei Männern der Fall ist. Derzeit sind nur 16 % der Personen, die Elternzeit in Anspruch nehmen, männlich (vgl. BMFSFJ 2009a: 81).
2.4 Erwerbsleben von Müttern
2.4.1 Erwerbsbeteiligung
Auch wenn die „[...] Erwerbsarbeit von Frauen [...] heute breit akzeptiert und die Gleichstellung [...] als kultureller Wert zumindest stärker als früher verankert“ (Pfau-Effinger 2005: 4) zu sein scheint, so sind es immer noch in der absoluten Mehrheit die Mütter, die mit der Familiengründung vorübergehend ihren Beruf aufgeben und erst mit zunehmendem Alter in das Erwerbsleben zurückkehren, da sie häufig aufgrund „familienunfreundlicher“ Rahmenbedingungen keine großen Wahlmöglichkeiten haben (vgl. Statistisches Bundesamt 2005a: 10).
Unabhängig vom Alter des jüngsten Kindes gehen durchschnittlich neun von zehn Vätern einer Erwerbstätigkeit nach. Bei Frauen steht die Erwerbstätigkeit in Relation zum Alter des Kindes; je jünger das Kind desto niedriger ist die Erwerbsbeteiligung von Müttern. Prozentual verteilt sich die Berufstätigkeit folgendermaßen:
- 33 % aller Mütter mit dem jüngsten Kind im Krippenalter von unter 3 Jahren,
- 56 % aller Mütter mit dem jüngsten Kind im Kleinkindalter von 3 bis 5 Jahren und
- 71 % aller Mütter mit dem jüngsten Kind im Alter von 6 bis 14 Jahren
üben eine Erwerbstätigkeit aus (ebd.).
Diese Verteilung muss man jedoch hinsichtlich der Unterscheidung zwischen Vollzeit- und Teilzeittätigkeit genauer betrachten, da berufstätige Mütter ihre Erwerbsarbeit in Abhängigkeit vom Alter des jüngsten Kindes in der Familie zeitlich einschränken. Die Erwerbstätigkeit von Müttern wurde zwar erheblich ausgeweitet, beschränkt sich jedoch im Wesentlichen auf eine Kombination von Erwerbsunterbrechung und Teilzeit-beschäftigung, welche „keine großartige Flexibilität“ zulässt (Pfau-Effinger, 2005: 4). Infolgedessen liegt in Deutschland der Anteil an Frauen, die in einem Teilzeitbeschäftigungsverhältnis stehen, deutlich über dem europäischen Durchschnitt von 23 %. Damit einher geht auch eine überdurchschnittliche Quote im europäischen Vergleich hinsichtlich des Anteils an Betreuung, die zu Hause durch die Mutter erfolgt (vgl. ebd.).
Neben dem Alter des jüngsten Kindes scheint auch die Familienform, in welcher die Mütter leben, ausschlaggebend zu sein, ob einer Vollzeit- oder Teilzeittätigkeit nachgegangen wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dar. 1: Vollzeit- und Teilzeitquote von Müttern nach Familienform und Alter des jüngsten Kindes 2005
Quelle: Statistisches Bundesamt 2005a: 14
Das vorangehende Schaubild zeigt die Bedeutung der Familienform für die Aufteilung aller erwerbstätigen Mütter in Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte. Lebenspartnerinnen sind die führende Gruppe der Erwerbstätigen und übten diese auch mit 44 % gleichzeitig am häufigsten als Vollzeittätigkeit aus. Allein erziehende erwerbstätige Mütter stehen zu 40 % in einem Vollzeitbeschäftigungsverhältnis, während von den Ehefrauen lediglich 26 % in Vollzeit arbeiten gehen.
Ist das jüngste Kind in der Familie noch unter drei Jahren alt, also im Krippenalter, ist die Vollzeitquote -insbesondere bei den erwerbstätigen Ehefrauen- etwas höher. Diese Quote steigt von 26 % auf 34 % an. Dass 8 % der Frauen mit einem Kind im Krippenalter noch erwerbstätig sind, dies aber mit zunehmendem Alter des Kindes einschränken, deckt sich nicht mit der erwähnten Relation des Alters und der Erwerbstätigkeit. Diese Quote stellt der Teil der Frauen, welcher noch ein weiteres Kind bekommt und die gewahrte Berufstätigkeit mit dem zusätzlichen Kind einschränken muss.
Bei den anderen beiden Familienformen weicht die Quote weniger stark ab; jeweils 45 % der Lebenspartnerinnen sowie der allein erziehenden Mütter mit Kindern im Krippenalter gehen einer Vollzeitbeschäftigung nach (vgl. Statistisches Bundesamt 2005a: 13f).
2.4.2 Die subjektive Lebenszufriedenheit
Im Hinblick auf die subjektive Lebenszufriedenheit von Müttern bilden die Teilzeiterwerbstätigen die zufriedene Spitze (vgl. Mühling et al. 2006: 75). Sie glauben, dass sie die Zeit mit ihren Kindern bewusster verbringen und durch ihre persönliche Ausgeglichenheit eine positivere Wirkung auf ihr Kind haben. Kinder können sogar nachweislich von ihren berufstätigen Müttern profitieren, da Untersuchungen ergaben, dass diese aufgeschlossener, neugieriger und in Schul- sowie Ausbildungsabschlüssen erfolgreicher sind (vgl. Schneider 1995: 112 ff).
Die Nicht-Erwerbstätigen geben an, mit ihrer Situation unzufrieden zu sein, da die Erwerbsarbeit eine zentrale Bedeutung für die personale Identität, den Selbstwert und die Selbsteinschätzung, hat (vgl. Mühling et al. 2006: 75/Notz 1991: 179). Darüber hinaus fürchten einige dieser Mütter sogar die „[...] Infantilisierung [...] durch den alleinigen Umgang mit ihren Kindern.“ (Schneider 1995: 98). Außerdem ringen diese Frauen mit der Gewissheit, dass sich der berufliche Widereinstieg umso problematischer gestaltet, je länger die Familienpause dauert. Auch wenn sie nach der Elternzeit einen rechtlichen Anspruch auf ihren alten Arbeitsplatz haben, so können beispielsweise betriebsinterne Veränderungen stattgefunden haben, welche eine Wiedereingliederung deutlich erschweren würden. Auch könnte vor dem Hintergrund der Schnelllebigkeit unserer Gegenwart das Fachwissen der Frau zum Teil überholt sein, wodurch sie erhebliche Einbußen hinsichtlich ihrer beruflichen Qualifikation machen müsste und gegebenenfalls die Versetzung in eine andere Abteilung zu befürchten hätte.
Am allerwenigsten zufrieden sind die vollzeiterwerbstätigen Mütter, da sie in vielerlei Hinsicht überfordert sind. Zum einen bemängeln sie die dürftige Beteiligung der Männer in puncto Haushalt und zum anderen fordern insbesondere die Alleinerziehenden „[...] Entlastungen in Form von besseren Betreuungsangeboten und betrieblichen Maßnahmen [...]“ (Mühling et al.: 75).
2.5 Kinderbetreuungsangebote
2.5.1 Die gegenwärtige Ost- West Diskrepanz
Die Tatsache, dass lediglich rund sechs von zehn Müttern erwerbstätig sind, hat verschiedene Gründe. Neben dem Mangel an Väterbeteiligung, flexiblen Arbeitszeiten sowie anderen betrieblichen Maßnahmen ist einer der ausschlaggebendsten Faktoren das defizitäre Angebot an öffentlichen Kinderbetreuungsdiensten. Insbesondere in Westdeutschland ist eine große Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage von Kinderbetreuungs-angeboten zu verzeichnen.
Führend unter den neuen Bundesländern ist Sachsen-Anhalt mit einer Betreuungsquote von 52 %, wohingegen in Westdeutschland die höchste Betreuungsquote bei rund 12 % in Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland liegt. Während somit in Ostdeutschland für durchschnittlich 41 % aller Kinder unter drei Jahren ein Krippenplatz zur Verfügung steht, versorgt der Westen im Durchschnitt lediglich 10 % (vgl. Statistisches Bundesamt 2008a: 43).
Diese Unterversorgung mit Krippenplätzen in Westdeutschland verdeutlicht die Forschung zur Kinderbetreuung mit der Verwendung des Terminus „Betreuungskrise“ (vgl. BMFSFJ 2005: 321). Dieser Begriff soll unterstreichen, dass [...]angebotene[n] Betreuungsformen den veränderten Anforderungen von Arbeitnehmerinnen [...], dem gewandelten Rollenverständnis vieler Frauen und den Bedürfnissen von Kindern kaum noch gerecht werden (BMFSFJ 2005: 321).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dar. 2: Kinder unter drei Jahren in Kindertagesbetreuung, Anteil an der entsprechenden Altersgruppe in %
Quelle: Statistisches Bundesamt 2008a: 41
Hauptsächlich ist es die Knappheit an Ganztagsbetreuungsangeboten für Kinder unter drei Jahren sowie der außerschulischen Betreuung von Grundschulkindern, welche Mütter daran hindert, ihre Erwerbstätigkeit auszudehnen, obgleich 36 % aller Mütter dies gern würden (vgl. ebd.). Die Verfügbarkeit von Betreuungsangeboten erleichtert nicht nur -speziell den Frauen- die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sondern trägt darüber hinaus auch dazu bei, dass Männer sowie Frauen auch als Eltern ihre individuellen Lebensentwürfe bzw. beruflichen Zielsetzungen verwirklichen können und somit nicht Gefahr laufen, der traditionellen Aufgaben- und Rollenverteilung ausgesetzt zu sein, was sich in wissenschaftlichen Studien als äußerst negativer Parameter hinsichtlich der langfristigen Partnerschaftsentwicklung erwiesen hat (vgl. Peitz 2003b: 29).
Insbesondere Familien mit allein erziehenden Elternteilen sind auf eine qualifizierte Kinderbetreuung angewiesen. Ein Viertel dieser Familienform lebt unter der Armutsgrenze, da sie Schwierigkeiten haben, einen Arbeitsplatz zu finden, der ihnen die Möglichkeit eröffnet, die Erwerbstätigkeit und die Kinderbetreuung miteinander zu vereinbaren. Infolgedessen beziehen 40 % dieser Familienform Arbeitslosengeld II (vgl. VBM, 2009).
Bei Müttern mit Kindern im Alter von drei bis sechs Jahren sieht die Situation -zumindest quantitativ- völlig anders aus. Mit einer Versorgungs-lage von 90 % stellt der Kindergarten den größten Anteil an außerfamiliären Betreuungsmöglichkeiten, zumal Eltern nach §24 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes seit dem 1.1.1996 einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz haben. Tageszeitlich sind die Plätze in dem Großteil der Kindergärten Westdeutschlands jedoch so begrenzt, dass sie berufstätigen Müttern im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine äußerst fragmentarische Hilfe sind und oftmals lediglich die Aufnahme einer Teilzeittätigkeit ermöglichen (vgl. BMFSFJ 2005: 323).
Bei den Schulkindern sind die Mütter in ihrer Erwerbstätigkeit zum Großteil weiterhin stark eingeschränkt. Plätze in Kinderhorten, welche die tägliche Betreuung der Kinder nach der Schule übernehmen sind nämlich vor allem in Westdeutschland keinesfalls bedarfsdeckend. Hier kommen auf 100 Kinder statistisch gesehen 7,3 Plätze, in Ostdeutschland hingegen 68,5. Auch die Aufnahme von Nachmittagsbetreuungsangeboten hat dort in den meisten Schulen Einzug gehalten, während der Westen bezüglich dieses Ausbaus noch stark hinterher hinkt (vgl. Richter 2005: 82).
Obgleich die Hälfte der Gesamtbevölkerung der Ansicht ist, dass sich die Bedingungen für Familien in Deutschland seit 2005 gebessert haben, so plädieren gleichzeitig 71 % für eine zügige Umsetzung des geplanten Ausbaus der Kinderbetreuung, um durch die mögliche Erwerbstätigkeit beider Elternteile Familien- und Kinderarmut verhindern zu können (VBM 2009/Schmidt 2003: 8). Darüber hinaus erhöht der Zugang zu Kinder-tageseinrichtungen die Chancen von Kindern auf eine umfassende Bildung und Erziehung und fördert außerdem die Qualität der Familienzeit, da Eltern, die bei der Kindererziehung durch institutionelle sowie semiformelle Betreuungsangebote entlastet und unterstützt werden, die gemeinsame Zeit mit den Kindern besonders intensiv gestalten (vgl. Peitz, 2003b: 29).
2.5.2 Ausbau der gesetzlichen Bestimmungen
Um dieser „Betreuungskrise“ Abhilfe zu schaffen, werden seit Jahren Untersuchungen durchgeführt, welche der Situationsanalyse dienen und die Bedarfe von Müttern mit Kindern in allen Altersgruppen ermitteln sollen. Obgleich entsprechende Daten, Statistiken und Erhebungen deutlich machen, dass in der Praxis noch keine befriedigenden Maßnahmen ergriffen wurden, so wurden die verbesserten Rahmenbedingungen, welche für eine gelingende Vereinbarkeitspolitik geschaffen werden müssen, bereits durch das am 1.1.2005 in Kraft getretene Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG) explizit geregelt. Anhand dieses Gesetzes wurden in §22 - §25 des Sozialgesetzbuches der seit 1996 bestehende Rechtanspruch auf einen Kindergartenplatz dahingehend ergänzt, dass Für Kinder im Alter unter drei Jahren und für Kinder im schulpflichtigen Alter [...] ein bedarfsgerechtes Angebot an Plätzen in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege vorzuhalten [ist]. (§24, Abs.2) (BMFSFJ 2007a: 80).
Erweitert wird das TAG durch die Verabschiedung des Kinderförderungsgesetzes (KiföG) im Dezember 2008, welches der Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch bessere Zukunftsperspektiven eröffnen soll. Durch das KiföG soll bis 2013 bundesweit durchschnittlich für jedes dritte Kind unter drei Jahren ein Betreuungsplatz zur Verfügung stehen, wobei durch §24 weiterhin geregelt wird, dass bei der Vergabe der Plätze Kinder von erwerbstätigen sowie in Ausbildung befindlichen Eltern bzw. Alleinerziehenden besonders berücksichtigt werden sollen. Rund ein Drittel der neuen Betreuungsplätze sollen in der Kindertagespflege geschaffen werden; einer „[...] gesetzlich anerkannte Betreuungsform im familiennahen Umfeld“ (BMFSFJ 2008c: 9). Diese Betreuungsform ist im Hinblick auf die qualitativen Voraussetzungen und Maßstäbe gleichrangig mit einer Kindertagestätte oder einer Kindertageseinrichtung, eröffnet jedoch außerdem die Möglichkeit der Betreuung an Wochenende, Feiertagen, frühmorgens oder spätabends und kann somit der Flexibilität der modernen Arbeitswelt eher gerecht werden (vgl. ebd.: 10). Außerdem ist die Einführung eines Rechtsanspruches auf einen Betreuungsplatz für Kinder vom vollendeten ersten bis zum vollendeten dritten Lebensjahr, nach dem anvisierten Abschluss der Ausbauphase im August 2013, vorgesehen. Gleichzeitig soll für Eltern, die ihr Kind nicht in einer Tageseinrichtung betreuen lassen wollen, eine monatliche Zahlung –eine Art Betreuungsgeld-eingeführt werden. (vgl. BMFSFJ 2008e) Des Weiteren werden Jugendämter dazu verpflichtet, Eltern oder Elternteile über das Platzangebot und die pädagogischen Konzepte der umliegenden Betreuungsmöglichkeiten zu unterrichten. Diese Betreuungsmöglichkeiten umfassen nicht nur Kinderkrippen und –horte, sondern auch Tagesmütter, wobei sich der Umfang der täglichen Betreuungszeit nach dem individuellen Bedarf der Elternteile oder des allein erziehenden Elternteils richten soll, damit für Eltern echte Auswahlmöglichkeiten geschaffen werden (vgl. ebd./BMFSFJ 2007a: 80).
An den Ausbaukosten von insgesamt 12 Milliarden Euro beteiligt sich der Bund mit 4 Milliarden. Mithilfe der Einrichtung eines Sondervermögens stellt der Bund bereits seit Ende 2007 2,15 Milliarden Euro für Investitionen zur Schaffung von Betreuungsplätzen zur Verfügung. Durch das KiföG wird die rechtliche Grundlage für den Ausbau geschaffen und die Beteiligung des Bundes an den laufenden Betriebskosten ab 2014 in Höhe von 770 Millionen Euro jährlich festgehalten (vgl. BMFSFJ 2008e).
2.5.3 Die Qualität der Einrichtungen
Um die Situation der Kinderbetreuung nachhaltig zu verbessern, ist es nicht nur wichtig, einen quantitativen Ausbau voranzutreiben, sondern auch die Qualität der Betreuung zu optimieren. Aufgrund dessen arbeiten Bund, Länder und Kommunen mit dem Aktionsprogramm „Kindertagespflege“ gemeinsam daran, das Personalangebot zu erweitern, die Qualität der Kindertagespflege zu verbessern und die Kooperation mit den Eltern zu stärken (vgl. BMFSFJ 2009c).
Die Pisa-Studie belegte deutlich, dass die Bildungsförderung nicht erst im Schulalter ansetzen darf, weshalb der Fokus immer mehr auf den Elementarbereich gerichtet wird (vgl. Fthenakis 2003: 66). Darüber hinaus rückt auch die Forderung nach pädagogischer Qualität und deren Überprüfung sowie Gewährleistung immer mehr in das Zentrum des Interesses. Qualität in diesem Sinne subsumiert unter anderem [...] die Sicherheit und Gesundheit der Kinder, normative Prinzipien der Gleichberechtigung und Gleichbehandlung aller Kinder, die Erzieher-Kind-Relation, die Gruppengröße sowie Aspekte der Erzieher-Kind-Interaktion und der Interaktionen unter den Kindern (ebd.: 82).
Das Bundesfamilienministerium hat deshalb das Deutsche Jugendinstitut mit der Überarbeitung und Aktualisierung des Curriculums zur Kindertagespflege beauftragt, um erweiterte Informationen zur Qualifizierung des Betreuungspersonals zu geben (vgl. BMFSFJ 2009c). Die im Juni 2008 erschienene Neuauflage legt den Schwerpunkt auf die Themen „Sensibler Umgang mit Säuglingen und sehr kleinen Kindern in der Übergangsphase“, „Elternarbeit in der Kindertagespflege“ und „Rechtliche Rahmenbedingungen der Kindertagespflege“ und soll künftig als Standard-Werk zur Ausbildung von Tagespflegepersonal etabliert werden (vgl. ebd.). Dieses fundierte Wissen soll nicht nur Erziehern und Erzieherinnen in Kindergärten oder Kitas vermittelt werden, sondern insbesondere auch Tagesmüttern und Tagesvätern in der Kindertagespflege. Im KiföG wird über die genannten Aspekte hinaus auch festgehalten, die fachliche Qualifikation der Kindertagespflege zu stärken und diese gleichzeitig leistungsgerecht zu vergüten. Um diesen Beruf attraktiver zu gestalten, haben Bund und Länder ein Maßnahmenpaket zur steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Behandlung der Geldleistungen für Kinder in der Kindertagespflege vereinbart (vgl. BMFSFJ 2009c).
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- Quote paper
- Anna-Lisa Daum (Author), 2009, Vereinbarkeit von Familie und Beruf - Am Beispiel junger Mütter, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137278
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