Die heutige parlamentarisch-demokratische Republik Portugal ist ein Land, welches trotz
der großen Bedeutung, die es seit dem Beginn der Neuzeit, vor allem in seiner Rolle als Kolonialmacht,
im Weltgeschehen inne hatte, heute eher am Rande unseres politischen Bewusstseins
steht. Eines der wenigen politischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts, das internationale
Aufmerksamkeit auf sich lenken konnte, war die unblutige Machtübernahme durch die portugiesischen
Streitkräfte im April 1974, welche ein fast fünfzig Jahre andauerndes totalitäres
Regime beendete. Aufgrund der roten und weißen Nelken, die Zivilisten den Soldaten am Tag
der Machtergreifung in die Gewehrläufe steckten, wird die portugiesische Revolution auch als
„Nelkenrevolution“ bezeichnet.
Die Nelkenrevolution mit ihren Ursachen und Folgen ist Hauptgegenstand dieser Arbeit.
Da für die hier dargestellten Ereignisse in erster Linie die Entwicklungen seit Beginn des 20.
Jahrhunderts von Belang sind, beschränkt sich Kapitel II, welches die Vorgeschichte der Nelkenrevolution
und ihre Ursachen thematisiert, auf die Betrachtung dieser Episode. Besondere
Aufmerksamkeit erfährt dabei die Phase des sogenannten Estado Novo unter Ministerpräsident
António de Oliveira Salazar, dessen Amtszeit den Zeitraum von 1932 bis 1968 umfasst.
Das Verhältnis der Regierung zum Militär spielte beim Zustandekommen der Nelkenrevolution
eine entscheidende Rolle und wird daher im Rahmen dieses Kapitels genauer betrachtet.
Kapitel III beschäftigt sich mit den eigentlichen Geschehnissen der Revolution und dem Zeitraum
zwischen Anfang 1974 und November 1975, in dessen Verlauf der revolutionäre Prozess
stattgefunden hat. Es soll zunächst ein Blick auf die unterschiedlichen, am Revolutionsprozess
beteiligten Kräfte geworfen und sodann in 3.2 und 3.3 ein Überblick über die Geschehnisse
des 25. April 1974 und den weiteren Verlauf der Revolution gegeben werden. Das
vierte Kapitel beschäftigt sich schließlich mit den Folgen der Nelkenrevolution und den politischen
Entwicklungen Portugals in den Jahren nach 1975. Dabei wird zum Einen die Weiterentwicklung
der an der Revolution beteiligten Kräfte, zum Anderen die Verschiebung der
Machtverhältnisse im Prozess der Konsolidierung der Demokratie untersucht. Die Arbeit
schließt mit einem Fazit.
INHALT
1. Einführung
2. Vorgeschichte und Ursachen der Nelkenrevolution
2.1 Von der Ersten Republik zum Estado Novo
2.2 Die Regierung Salazar
2.2.1 Die Opposition im Estado Novo
2.2.2 Regierung und Militär
2.3 Liberalisierungsansätze unter Caetano
3. Die Nelkenrevolution
3.1 Die tragenden Kräfte der Revolution
3.1.1 Die Rolle General Spinolas
3.1.2 Die Bewegung der Streitkräfte MFA
3.2 Der 25. April 1974 und seine unmittelbaren Folgen
3.3 Der Verlauf des Revolutionsprozesses bis 1975
4. Die Folgen der Revolution
4.1 Politische Entwicklung Portugals seit nach 1975
4.2 Die Rolle der Parteien im Prozess der Konsolidierung der Demokratie
5. Fazit
Bibliographie
1. Einführung
Die heutige parlamentarisch-demokratische Republik Portugal ist ein Land, welches trotz der großen Bedeutung, die es seit dem Beginn der Neuzeit, vor allem in seiner Rolle als Ko-lonialmacht, im Weltgeschehen inne hatte, heute eher am Rande unseres politischen Bewusst-seins steht. Eines der wenigen politischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts, das internationale Aufmerksamkeit auf sich lenken konnte, war die unblutige Machtübernahme durch die portu-giesischen Streitkräfte im April 1974, welche ein fast fünfzig Jahre andauerndes totalitäres Regime beendete. Aufgrund der roten und weißen Nelken, die Zivilisten den Soldaten am Tag der Machtergreifung in die Gewehrläufe steckten, wird die portugiesische Revolution auch als „Nelkenrevolution“ bezeichnet.
Die Nelkenrevolution mit ihren Ursachen und Folgen ist Hauptgegenstand dieser Arbeit. Da für die hier dargestellten Ereignisse in erster Linie die Entwicklungen seit Beginn des 20. Jahrhunderts von Belang sind, beschränkt sich Kapitel II, welches die Vorgeschichte der Nel-kenrevolution und ihre Ursachen thematisiert, auf die Betrachtung dieser Episode. Besondere Aufmerksamkeit erfährt dabei die Phase des sogenannten Estado Novo unter Ministerpräsi-dent António de Oliveira Salazar, dessen Amtszeit den Zeitraum von 1932 bis 1968 umfasst. Das Verhältnis der Regierung zum Militär spielte beim Zustandekommen der Nelkenrevoluti-on eine entscheidende Rolle und wird daher im Rahmen dieses Kapitels genauer betrachtet. Kapitel III beschäftigt sich mit den eigentlichen Geschehnissen der Revolution und dem Zeit-raum zwischen Anfang 1974 und November 1975, in dessen Verlauf der revolutionäre Pro-zess stattgefunden hat. Es soll zunächst ein Blick auf die unterschiedlichen, am Revolutions-prozess beteiligten Kräfte geworfen und sodann in 3.2 und 3.3 ein Überblick über die Ge-schehnisse des 25. April 1974 und den weiteren Verlauf der Revolution gegeben werden. Das vierte Kapitel beschäftigt sich schließlich mit den Folgen der Nelkenrevolution und den poli-tischen Entwicklungen Portugals in den Jahren nach 1975. Dabei wird zum Einen die Weiter-entwicklung der an der Revolution beteiligten Kräfte, zum Anderen die Verschiebung der Machtverhältnisse im Prozess der Konsolidierung der Demokratie untersucht. Die Arbeit schließt mit einem Fazit.
2. Die Vorgeschichte der Nelkenrevolution
Um die Ereignisse um den 25. April 1974 richtig verstehen und bewerten zu können, be-darf es eines kurzen historischen Überblicks über die politischen und gesellschaftlichen Ent- wicklungen, die seit Beginn des 20. Jahrhunderts in Portugal stattgefunden haben. Eine ent-scheidende Rolle kommt dabei der Armee und den Kolonialkriegen zu.
2.1 Von der Ersten Republik zum Estado Novo
Nachdem in Brasilien bereits 1889 die Monarchie gestürzt und die Republik ausgerufen worden war, kam es auch in Portugal zu Versuchen der Beseitigung der Monarchie, welche zunächst scheiterten. Erst nachdem 1908 der amtierende König Karl I. ermordet wurde, konn-te am 4.10.1910 die Erste Republik ausgerufen werden. Sie war, so Schönberger (1997: 149), von politischer Instabilität und häufigen Regierungswechseln geprägt. Zwischen 1910 und 1926 regierten acht verschiedene Präsidenten mit 34 unterschiedlichen Regierungen. Neben einer schwierigen wirtschaftlichen Lage und der Belastung durch die Beteiligung Portugals am Ersten Weltkrieg verhinderten zahlreiche Staatsstreiche, Aufstände, Streiks und Bomben-anschläge eine politische und gesellschaftliche Beruhigung innerhalb des Landes. Die Staats-form der Republik konnte sich nicht durchsetzen und so wurde im Mai 1926 die erste Phase der portugiesischen Demokratie durch einen unblutigen Militärputsch beendet.
Das Amt des Staatspräsidenten übernahm General Òscar Carmona, der zwei Jahre später den jungen Professor für Volkswirtschaft António de Oliveira Salazar zum Finanzminister berief (Briesemeister 1997: 159). Unter Salazar kam es zu einer rigorosen Konsolidierung des maroden Staatshaushalts und der portugiesischen Währung. Seine Methoden stießen laut Ptak (1978: 107) bereits zu diesem Zeitpunkt bei großen Teilen der Streitkräfte auf Widerspruch, da er auch um eine Einschränkung des Machteinflusses von Militärs in der Politik bemüht war. Die großen wirtschaftlichen Erfolge Salazars und seine herausragende Rolle im Kabinett veranlassten Carmona dazu, ihn 1932 zum Ministerpräsidenten zu ernennen. So wurde 1933 eine neue, von Salazar entworfene Verfassung eingeführt. Schönberger (1997: 150) bezeich-net dies als den eigentlichen Beginn des Estado Novo.
2.2 Die Regierung Salazar
Der portugiesischen Diktatur lag laut Bracher (1979: 196) ein ständisch-korporatives System zugrunde, welches eng mit der Person Salazars verknüpft war. Ideologisch sympathisierte Salazar zwar mit dem europäischen Faschismus, hielt aber doch Distanz zu den Methoden des deutschen Nationalsozialismus und des italienischen Faschismus, weshalb Portugal in der Literatur nicht als faschistisches System eingestuft wird. So nennt beispielsweise Schönberger (1997: 150) den Estado Novo eine „konservative Diktatur“. Anliegen des portugiesischen Diktators war es in erster Linie, das Land auf traditionelle christliche Werte wie Religion, Familie und Vaterland einzuschwören sowie das Kolonialreich aufrecht zu erhalten. Kontinui-tät kann als dominierendes Charakteristikum seiner Herrschaft angesehen werden, was neben der Aufrechterhaltung traditioneller Strukturen vor allem ökonomische und gesellschaftliche Rückständigkeit im Vergleich zum übrigen Europa bedeutete, das von Bewegung und Ent-wicklung gekennzeichnet war (Bracher 1979: 196).
Nach der am 11. April 1933 in Kraft getretenen Verfassung definierte sich der portugiesi-sche Staat als „uma república unitaria-corporativa“. Die außerhalb des portugiesischen Fest-lands liegenden Territorien Portugals wurden zu Überseeprovinzen erklärt, die integrierender Bestandteil des portugiesischen Staates waren (Briesemeister 1997: 181). In Artikel 4 wird Portugal zu einem unabhängigen Staat erklärt, in dem die Souveränität beim Volk liegt und dessen Staatsoberhaupt der von der Nation für sieben Jahre gewählte Präsident ist. Als weitere Exekutivorgane neben dem Staatspräsidenten nennt Briesemeister (1997: 182) die National-versammlung, welche mangels Opposition und Parteien nicht mit der einer parlamentarisch-demokratischen Republik vergleichbar war, und die Gerichte.
Laut Sperling (1987: 39) basierten Ideologie und Struktur der Verfassung auf dem Prinzip des Korporativismus, der in Anlehnung an den italienischen und spanischen Faschismus um-gesetzt werden sollte. So existierte eine Korporativkammer, die die Funktion einer beratenden Volksvertretung haben sollte (Briesemeister 1997: 183). Ein wichtiger Bestandteil des Korpo-rativsystems war das 1934 erlassene Nationale Arbeitsstatut Estatuto de Trabalho., nach dem die portugiesische Nation eine moralische, politische und wirtschaftliche Einheit darstellen soll, „deren Ziele und Interessen über denen der Individuen und Gruppen stehen, aus denen sie sich zusammensetzt“ (Briesemesiter 1997: 185). Das Recht auf Privateigentum blieb nur insofern bestehen, wie es mit dem Gemeinwohl vereinbar war. Pluralismus existierte lediglich in Form funktioneller Vereinigungen, durch welche Salazar versuchte, das Land in Tätig-keitsbereiche aufzugliedern und die bisherige Aufspaltung in unterschiedliche Parteien und Interessengruppen zu überwinden.
Trotz der in der Verfassung garantierten Freiheit der Meinungsäußerung herrschte im Estado Novo ein strenges Zensursystem. Briesemeister (1997: 172-173) verweist in diesem Zusammenhang auf Artikel 21 § 1 der Verfassung, durch den die Ausübung der freien Mei-nungsäußerung und der Lehre drastisch eingeschränkt werden konnte. Es kam zur Einführung einer strengen Pressezensur und der Einschränkung der Versammlungsfreiheit. Solche entpo-litisi]erenden Maßnahmen führten laut Briesemeister (1997: 173) innerhalb kürzester Zeit zum Verschwinden jeglicher oppositioneller Medien und zu einem erheblichen Niveauverlust der Tagespresse. Das Secretariado Nacional de Informação war als staatliche Institution für Kon-trolle und Lenkung der Informationsübermittlung verantwortlich und arbeitete im ganzen Land eng mit der Geheimpolizei PIDE (siehe 2.2.2) zusammen (Briesemeister 1997: 174).
2.2.1 Die Opposition im Estado Novo
Mit der neuen Verfassung war es 1933 zur Einführung eines Einparteiensystems gekom-men, innerhalb dessen die einzig zugelassene politische Massengruppierung die União Naci-onal (UN) war, welche dem salazaristischen politischen und rechtlichen Apparat als Machtin-strument diente (Briesemeister 1997: 166, 172). Schon vor 1933 besaßen sowohl linke Partei-en als auch die Arbeitergewerkschaft Confederação Geral de Trabalhadores (CGT) keine durchsetzungsfähigen Strukturen mehr und so wurden PCP[1] und CGT mit der Einführung des Korporativsystems und den damit einhergehenden Repressionen praktisch handlungsunfähig gemacht. Das verhängte Streikverbot und die Einführung nationaler Syndikate, sindicatos nacionais, für welche Zwangsmitgliedschaft bestand, beschreibt Sperling (1987: 40) als repressive Instrumente, die der Unterdrückung von Klassenkämpfen dienten.
Aufgrund des Parteienverbots, eines übermächtigen Überwachungsapparates, fehlender Basisstrukturen und innerer Zersplitterung hatte die Opposition es schwer, sich im Untergrund zu organisieren und Unterstützung in der Bevölkerung zu finden (Briesemeister 1997: 168). Am Spanischen Bürgerkriegs beteiligten sich portugiesische Kommunisten, Sozialisten, Re-publikaner und Anarchisten auf Seiten der Republik, während die Salazar-Regierung Franco unterstütze Dessen Sieg hatte laut Sperling (1987: 42) eine hemmende Wirkung auf die por-tugiesische Widerstandsbewegung und alle Parteien stellten ihre politische Tätigkeit nahezu komplett ein. Lediglich dem PCP gelang der Aufbau einer illegalen Organisation im Land.
Neuen Aufschwung erhielt die Opposition erst durch die sich abzeichnende Niederlage der Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg. Mit dem Movi mento de Unidade Democrática (MUD) entstand zu Beginn der vierziger Jahre ein Sammelbecken für Regimegegner jeglicher Art (Briesemeister 1997: 67). Aufgrund der zahlreichen Demonstrationen, die 1945 die end-gültige Niederlage Hitlers begleiteten, wurde bei den nächsten Wahlen zur Nationalversamm-lung das von Kommunisten und Republikanern unterstütze MUD als Liste der Opposition zugelassen, trat nach einer drastischen Einschränkung seiner Wahlkampfmöglichkeiten jedoch von der Wahl zurück und wurde 1948 schließlich ganz verboten (Sperling 1987: 42). Zur Prä-sidentschaftswahl 1949 stellte die Opposition General Norton de Matos als eigenen Kandida-ten auf, der gegen den von Salazar unterstützen Carmona allerdings chancenlos blieb.
Fast während der gesamten fünfziger Jahre verhielt sich die Opposition relativ ruhig, da alle Aktivitäten, die gegen das Regime gerichtet waren, harte Repressionen zur Folge hatten (Sperling 1987: 49). Erst bei den Präsidentschaftswahlen 1958 gelang es ihr, sich auf die Un-terstützung eines gemeinsamen Kandidaten in Person des ehemaligen NATO-Militärattachés General Humberto Delgado zu einigen. Seine Kandidatur sieht Sperling (1987: 50) als offen-kundiges Zeichen der Widersprüche, die zwischen militärischem Oberkommando und Dikta-tur herrschten. Trotz eines in Anbetracht der Wahlbedingungen erstaunlich guten Ergebnisses von 25 % konnte sich Delgado nicht gegen Salazars Kandidaten Admiral Américo Tomás durchsetzen, der auch von der União Nacional unterstützt wurde.
Die Umstände von Delgados Kandidatur hatten Konsequenzen für das politische Klima in Portugal. In Opposition und Militär regten sich neue Unruhen und beendeten laut Sperling (11987: 51) die Phase der politischen Stagnation. Die sechziger Jahre waren, vor allem durch die zunehmende Brisanz des Kolonialkonflikts, geprägt von einer wachsenden politischen Destabilisierung. Es entwickelten sich Widerstandsbewegungen innerhalb verschiedener Be-völkerungsgruppen, u. a. unter Studenten und Arbeitern und auch innerhalb der katholischen Kirche häuften sich Proteste gegen die Machenschaften der PIDE (Sperling 1987: 51-52). 1968 entließ Staatspräsident Tomás den schwerkranken Salazar und ersetzte ihn durch den bereits festgelegten Nachfolger Marcelo Caetano (Briesemeister 1997: 171).
Laut Sperling (1987: 40) ist es dem salazaristischen Regime zu keiner Zeit gelungen, in der Bevölkerung eine aktive Massenbasis für die Diktatur zu mobilisieren. Alle Versuche, ob in Form der União Nacional, der Legião Portuguesa oder Jugend- und Frauenorganisationen führten nicht zum gewünschten Erfolg. Ideologische Hauptstütze des Regimes war demnach die Katholische Kirche, die aufgrund eines Katholikenanteils von über 85 % wesentlich mit zur Stabilität der Diktatur beigetragen hat.
2.2.2 Regierung und Militär
Laut Briesemeister (1997: 160) war das Verhältnis zwischen Salazar und Militär bereits von Beginn an von Konflikten und Spannungen geprägt. Salazar hatte als Akademiker und Nicht-Militär nur bedingt Verständnis für die Belange der Armee und war, so Gutbrod (1978: 49), nicht sonderlich darum bemüht, ein gutes Verhältnis zu den höheren Offizieren zu pflegen. So kam es zwischen 1928 und 1935 immer wieder zu Versuchen führender Offiziere, die Umwandlung der Militärdiktatur in eine „Polizeidiktatur nach klerikal-faschistischem Zu-schnitt“ gemäß den Vorstellungen Salazars zu unterbinden (Sperling 1987: 41).
Nach seinem Amtsantritt führte Salazar die Sanierung des Staatshaushalts konsequent weiter. Die Reform- und Sparmaßnahmen betrafen auch die Streitkräfte (Ptak 1978: 108). Kürzungen bei den Militärausgaben und die Zusammenlegung verschiedener Ministerien zum Verteidigungsministerium sorgten für Unmut in den Reihen des Militärs. Ein weiterer Kon-fliktpunkt lag in der Einrichtung eines Geheimdienstes, der Polícia de Vigilância e de Defesa do Estado (PVDE[2] ), welche nach dem Vorbild der nationalsozialistischen Gestapo organisiert war (Briesemeister 1997: 160, 174). Neben der União Nacional bildete sie die wichtigste Stütze des Estado Novo und sorgte durch ein umfangreiches Spitzelnetz in allen Bevölke-rungsschichten in Zusammenarbeit mit der Zensur für eine umfassende polizeistaatliche Über-wachung. Die Methoden der PIDE reichten laut Sperling (1987: 41) von Folter über Deporta-tionen bis hin zu Zuchthaus- und Gefängnisstrafen. In Bezug auf das Militär hatte sie u. a. die frühzeitige Aufdeckung geplanter Aufständen unter den Soldaten zur Aufgabe. Der Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs bot Salazar einen geeigneten Vorwand für den Aufbau einer paramilitärischen Organisation, der Legião Portuguesa, die vom Militär als Provokation und Konkurrenz zum Gewaltmonopol der Streitkräfte empfunden wurde (Briesemeister 1997: 160, 172). Erst nach dem Sieg Francos, der von Seiten Portugals unterstützt worden war, voll-zog sich eine gewissen Annäherung zwischen Regierung und Militär.
Im Zweiten Weltkrieg blieb Portugal neutral, was laut Briesemeister (1997: 161) auf seine traditionellen Bindungen zu Großbritannien zurückzuführen ist. 1943 wurden allerdings die Azoren den Alliierten als Luftwaffen- und Marinebasen zur Verfügung gestellt (Ptak 1978: 109). 1949 trat Portugal als eines seiner Gründungsmitglieder dem Nordatlantik Pakt bei. Mit dem NATO-Beitritt ging eine Umstrukturierung und Modernisierung der Truppen einher. Trotzdem kam es, so Briesemeister (1997: 162), nach dem Tode Carmonas 1951 zu einer er-neuten Anspannung des Verhältnisses zwischen Salazar und den Streitkräften. Nachfolger von Carmona wurde mit Craveiro Lopes ebenfalls ein Militär, welcher sich wie oben erwähnt jedoch nur eine Amtsperiode halten konnte. Die Begleitumstände der folgenden Präsident-schaftswahlen 1958, insbesondere die Unruhen um die Kandidatur Delgados, verschärften den Unmut der Generäle aufs Neue. Nach einer 1961 aufgedeckten Militärverschwörung, an welcher der damalige Verteidigungsminister Botelho Moniz beteiligt war, übernahm Salazar die-ses Amt selbst (Sperling 1987: 51).
Besondere Spannung erhielt das Verhältnis zwischen Premierminister und Streitkräften durch den in den sechziger Jahren zunehmend brisanter werdenden Kolonialkonflikt. Auf-grund Salazars sparsamer Politik in den vorangegangenen Jahrzehnten war die Armee bei Ausbruch des Krieges 1961 verhältnismäßig schlecht ausgestattet (Gutbrod 1978: 49). Um den wachsenden Herausforderungen in den Kolonien Folge leisten zu können, wurde die Mi-litärdienstzeit heraufgesetzt. Da gleichzeitig die Zahl der Kriegsopfer stetig anstieg, kam es laut Sperling (1987: 52) zu einer Häufung militärischer Sabotageakte und gezielter Aktionen gegen den Krieg.
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[1] PCP: Partido Comunista Português (Kommunistische Partei)
[2] ab 1945: Policia Internacional e de Defesa do Estado, PIDE
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