Das Thema „Auswirkungen von Medienkonzentration auf die publizistische Vielfalt“, ist ein vieldiskutiertes und meinungsspaltendes zugleich. Neben Bereichen wie Ökonomie und Kommunikationswissenschaft, findet die Frage nach optimaler Vielfalt auch regelmäßig Einzug in medienpolitische Auseinandersetzungen. Im Mittelpunkt dieser Diskussionen steht häufig die Frage nach einem angemessenem Schutz der Meinungsvielfalt – doch wie sich im Laufe dieser Arbeit zeigen wird, besteht bereits bei der Definition des Begriffes „Vielfalt“ Uneinigkeit in den einzelnen Lagern. Im Rahmen des Seminars „Werbung und Massenmedien in Deutschland“, ist es ein wichtiger Aspekt zu untersuchen, wie sich insbesondere bei den privaten Rundfunkanstalten die Abhängigkeit von Werbung und der daraus resultierende Wettbewerb um Marktanteile auf das Angebot und dessen Vielfältigkeit auswirken. Weitergehend stellt sich die Frage, ob eine zunehmende Medienkonzentration tatsächlich eine Gefahr für die Vielfalt des Medienangebots darstellt, oder ob es eventuell andere Einflüsse sind die einen Schutz der Meinungsvielfalt nötig machen. Außerdem gilt es herauszuarbeiten, ob ein so wichtiger und bedeutender Bestandteil eines demokratischen Staates, wie die Meinungsfreiheit aller Bürger, dem ökonomischen Wettbewerb ungeschützt ausgesetzt werden kann, beziehungsweise welche Regelungen unabdingbar sind um Meinungspluralität zu gewährleisten. Das Erkenntnisinteresse dieser Arbeit liegt also hauptsächlich in der Frage, inwiefern der Konzentrationsgrad von Medienunternehmen einen Rückgang, beziehungsweise eine Veränderung der publizistischen Vielfalt bedingt und welche Rolle der Wettbewerb und dessen Gesetze in diesem Zusammenhang spielen. Da der Begriff publizistischer Vielfalt kein klar definierter, sondern ein häufig mit verschiedenen Bedeutungen bedachter Ausdruck ist, wird ein weiterer Schwerpunkt dieser Arbeit darin liegen, die verschiedenen Ansichten und Fakten einander gegenüber zustellen, beziehungsweise die verschiedenen Standpunkte zu erläutern. Eine Ergebnisformel oder eine Antwort auf die aufkommenden Fragen bezüglich des Themas kann und wird es nicht eindeutig geben, denn letztendlich ist es auch von subjektiven Einschätzungen abhängig, was als nötig erachtet wird um von einer vielfältigen Medienlandschaft zu sprechen.
Gliederung
1. Einleitung
2. Grundlagen der Publizistischen Vielfalt
2.1 Nähere Bestimmung des Begriffs
2.1.1 Konsumtive VielfaltS
2.1.2 Meritorische Vielfalt.
2.1.3 Horizontale und vertikale Vielfalt
3. Möglichkeiten der Messbarkeit publizistischer VielfaltS
4. Häufigste Konzentrationsformen im Rundfunk
4.1 Horizontale Konzentration
4.2 Vertikale Konzentration
4.3 Diagonale Konzentration
5. Auswirkungen von Medienkonzentration auf die Vielfalt des Angebots im Rundfunk
5.1 Auswirkungen von Unternehmenskooperationen
5.2 Auswirkungen horizontaler Konzentration
5.3 Auswirkungen horizontaler Konzentration auf Basis von Verträgen
5.4 Auswirkungen vertikaler Konzentration.
6. Maßnahmen zum Schutz von Vielfalt
6.1 Der Rundfunkstaatsvertrag und die KEK
6.2 Möglichkeiten der Politik
7. Fazit
8. Literatur
1. Einleitung
Das Thema „Auswirkungen von Medienkonzentration auf die publizistische Vielfalt“, ist ein vieldiskutiertes und meinungsspaltendes zugleich. Neben Bereichen wie Ökonomie und Kommunikationswissenschaft, findet die Frage nach optimaler Vielfalt auch regelmäßig Einzug in medienpolitische Auseinandersetzungen. Im Mittelpunkt dieser Diskussionen steht häufig die Frage nach einem angemessenem Schutz der Meinungsvielfalt – doch wie sich im Laufe dieser Arbeit zeigen wird, besteht bereits bei der Definition des Begriffes „Vielfalt“ Uneinigkeit in den einzelnen Lagern. Im Rahmen des Seminars „Werbung und Massenmedien in Deutschland“, ist es ein wichtiger Aspekt zu untersuchen, wie sich insbesondere bei den privaten Rundfunkanstalten die Abhängigkeit von Werbung und der daraus resultierende Wettbewerb um Marktanteile auf das Angebot und dessen Vielfältigkeit auswirken. Weitergehend stellt sich die Frage, ob eine zunehmende Medienkonzentration tatsächlich eine Gefahr für die Vielfalt des Medienangebots darstellt, oder ob es eventuell andere Einflüsse sind die einen Schutz der Meinungsvielfalt nötig machen. Außerdem gilt es herauszuarbeiten, ob ein so wichtiger und bedeutender Bestandteil eines demokratischen Staates, wie die Meinungsfreiheit aller Bürger, dem ökonomischen Wettbewerb ungeschützt ausgesetzt werden kann, beziehungsweise welche Regelungen unabdingbar sind um Meinungspluralität zu gewährleisten. Das Erkenntnisinteresse dieser Arbeit liegt also hauptsächlich in der Frage, inwiefern der Konzentrationsgrad von Medienunternehmen einen Rückgang, beziehungsweise eine Veränderung der publizistischen Vielfalt bedingt und welche Rolle der Wettbewerb und dessen Gesetze in diesem Zusammenhang spielen. Um das Thema einzugrenzen, wird im Folgenden das Augenmerk auf den Rundfunkbereich gelegt, der nicht nur aufgrund einiger Besonderheiten im Bezug auf Lizenzvergabe und Markteintrittschancen vom Bereich der Presse abzugrenzen ist. Da der Begriff publizistischer Vielfalt kein klar definierter, sondern ein häufig mit verschiedenen Bedeutungen bedachter Ausdruck ist, wird ein weiterer Schwerpunkt dieser Arbeit darin liegen, die verschiedenen Ansichten und Fakten einander gegenüber zustellen, beziehungsweise die verschiedenen Standpunkte zu erläutern. Eine Ergebnisformel oder eine Antwort auf die aufkommenden Fragen bezüglich des Themas kann und wird es nicht eindeutig geben, denn letztendlich ist es auch von subjektiven Einschätzungen abhängig, was als nötig erachtet wird um von einer vielfältigen Medienlandschaft zu sprechen.
2. Grundlagen der Publizistischen Vielfalt
Um den Begriff der Publizistischen Vielfalt näher zu bestimmen ist es hilfreich, die dem Begriff anhaftenden und unumgänglichen Grundvoraussetzungen zu nennen. Ohne gewisse, notwendige Regelungen, die eine Vielfalt an Meinungen und Ansichten an sich gewähren, wäre der Begriff der publizistischen Vielfalt ohnehin hinfällig. Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, ist die Meinungsfreiheit für Jedermann fest verankert (Art. 5 Abs. 1 GG). Das bedeutet, dass jeder Bürger das Recht hat seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Als Voraussetzung für eine freie Meinung, wird also die grundsätzliche Möglichkeit angesehen, sich aus verschiedenen öffentlich zugänglichen Quellen Informationen beschaffen zu können, um sich auf deren Basis eine persönliche Meinung zu bilden. „Das Ziel, Meinungsvielfalt zu gewährleisten, kann nur verfolgt werden, indem die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass verschiedene Stimmen die Chance erhalten und behalten, möglichst gleichgewichtig gehört zu werden.“ (KEK 2005a, 35). Meinungsvielfalt kann also als eine notwendige Voraussetzung für die Existenz mündiger Bürger bezeichnet werden und in jedem Fall als „Basis des freiheitlich-demokratischen Willensbildungsprozesses jeder Gesellschaft“ (Clement 2005, 13). Die Plausibilität dieser Annahme ist unbestritten, eine kommunikationswissenschaftliche Untersuchung die sich mit dem Zusammenhang zwischen der Rezeption unterschiedlicher Meinungen und der Meinungsbildung befasst, liegt jedoch nicht vor (vgl. Rager 1982, 5). Es existieren zwar unterschiedliche Theorien die sich mit der Wirkung der Medien auseinandersetzen, jedoch kann im Kontext der Meinungsbildung auf keine dieser Annahmen zurückgegriffen werden, da es sich empirisch schwer belegen lässt, ob der Meinungsbildungsprozess mit der Darstellung von Informationen und Meinungen in den Medien zusammenhängt.
Der Begriff „Vielfalt“ besagt an sich nicht, was im Kontext der Medien darunter verstanden wird. Im Folgenden wird versucht sich dem Begriff von mehreren Seiten anzunähern und untersucht ob es eine allgemein akzeptierte Auslegung gibt.
2.1 Nähere Bestimmung des Begriffs
Eine einheitliche Definition für den Begriff der publizistischen Vielfalt zu finden, erweist sich als ein kompliziertes Vorhaben. Im Gegensatz zu anderen Sachverhalten kann der Begriff, je nach Sichtweise, anders bestimmt werden. Abhängig von einer entweder medienpolitischen oder ökonomischen Einstellung, gibt es jeweils verschiedene Präferenzen auf Seiten der einzelnen Vertreter; dies ist vor allem häufig der Fall, wenn sich Vertreter aus Wirtschaft und Politik gegenüber stehen.
Ohne die Absicht eine verbindliche Definition für den Begriff zu finden, ist jedoch der Versuch möglich eben diesen durch Kategorisierung und Differenzierung zu klären oder zumindest dessen Wirkungsbereich einzuschränken. Fahr beschreibt publizistische Vielfalt zum Beispiel als ein Kriterium der publizistischen Qualität eines Produktes. Dieser Ansicht nach bezieht sich Vielfalt in diesem Zusammenhang auf die Tatsache, inwieweit die Medien Vielfalt im Bereich von Information und Meinung in Politik und Gesellschaft wahrnehmbar machen (vgl. Fahr 2006, 304). Ein qualitativ hochwertiger Beitrag müsste also nach Fahr, vielfältige Meinungen und Informationen beinhalten, um als solcher bezeichnet zu werden. Fahr unterscheidet prinzipiell Funktions-, formale und inhaltliche Vielfalt voneinander und beschreibt Vielfalt auch als „Präsentation möglichst vieler unterschiedlicher, nützlicher, relevanter und verständlicher Informationen.“ (Fahr 2006, 304). Fahr setzt seinen Schwerpunkt also auf eine Vielfalt der einzelnen Programmeinheiten an sich. Im Gegensatz dazu, steht die Auffassung von Noelle-Neumann, der Vielfalt als „effektive Auswahlmöglichkeit aus einem publizistischen Angebot aus möglichst vielen voneinander unabhängigen Quellen„ beschreibt (Noelle-Neumann 1972, zitiert nach Rager 1982, 6). Noelle-Neumann betont nicht die Wichtigkeit relevanter und verständlicher Informationen, wie Fahr, sondern legt sein Augenmerk eher auf die Quantität der Auswahlmöglichkeiten und die Unterschiedlichkeit der Quellen. Er geht vielmehr auf die Breite des Angebots ein, befindet sich also sozusagen auf einer abstrakteren Ebene als Fahr. Als ein Mittelweg zwischen diesen Ansichten, differenziert Kruse den Begriff der publizistischen Vielfalt mit Hilfe verschiedener inhaltlicher Dimensionen von Medienangeboten und relevanter Kriterien. Er nennt verschiedene Arten von Vielfalt, indem er nach inhaltlichen Kriterien, konsumtive und meritorische Vielfalt unterscheidet und nach zeitlicher Nutzungsstruktur, horizontale und vertikale Vielfalt differenziert (vgl. Kruse 1995, 5-7).
2.1.1 Konsumtive Vielfalt
Konsumtive Vielfalt steht nach Kruse im Bezug zu den Merkmalen, die für die Präferenz der Konsumenten relevant und Gegenstand der individuellen Konsumentscheidungen sind. Konsumtive Vielfalt liegt dann vor, wenn die Konsumenten eine große Auswahl beim Konsum haben, also beispielsweise zwischen verschiedenen Fernsehprogrammen wählen können]. Eine optimale konsumtive Vielfalt wäre dann gegeben, wenn sich die Medienangebote untereinander unterscheiden und sich außerdem über den Kriterienraum so verteilen, wie es den aktuellen Präferenzen der Konsumenten entspricht. Demnach müsste für die maximale Vielfalt der gesamte Präferenzraum von den Angeboten abgedeckt werden, sodass die größtmögliche Auswahl für den Konsumenten vorliegt.
2.1.2 Meritorische Vielfalt
Meritorische Vielfalt hingegen, bezieht sich nach Kruse auf die Eigenschaften und Wirkungen der Medien, also nicht nur auf Medien als individuelles Konsumgut. Angenommen wird eine Wirkung der Medien auf Meinungsbildung, Entstehung von gesellschaftlichen Wertvorstellungen, der Erziehung von Jugendlichen, etc. Es ist also davon auszugehen, dass Medien einen größeren Nutzen für die Gesellschaft stiften, als es sich in der Nachfrage in einer freien Marktwirtschaft wiederspiegelt. Kruse formuliert weiter, dass sich meritorische Vielfalt insbesondere auf politische, gesellschaftliche, kulturelle und moralische Werte, Meinungen und Argumente bezieht. Optimale meritorische Vielfalt ist dann gegeben, wenn alle relevanten Argumente genannt werden, verschiedene Meinungen zu Wort kommen und im jeweiligen Angebot so enthalten sind wie es ihrer quantitativen Bedeutung in der Bevölkerung entspricht. Meritorische Vielfalt ist also dann von Bedeutung, wenn es darum geht zu untersuchen, ob neben dem Konsumaspekt noch weitere gesellschaftliche Funktionen von den Medien erfüllt werden.
2.1.3 Horizontale und vertikale Vielfalt
Die Unterscheidung von Kruse in horizontale und vertikale Vielfalt bezieht sich auf die zeitliche Dimension des Medienkonsums. Horizontale Vielfalt wird an einem beliebigen Konsumzeitpunkt untersucht, also gewissermaßen als „Querschnitt“ des Programms zu einem bestimmten Zeitpunkt.[1] Dementgegen kann die vertikale Konzentration als ein „Längsschnitt“ bezeichnet werden, da sie die Vielfalt beschreibt, die im Laufe der Zeit entsteht.[2]
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Beurteilung von Vielfalt zu einem großen Teil auch von subjektiver Wahrnehmung abhängig ist, wodurch die Präzisierung des Begriffs weiter erschwert wird (vgl. Kruse 1995, 8). Publizistische Vielfalt sollte sich nicht ausschließlich auf das Vorhandensein äußerlich verschiedener Programme bzw. Sendungen beziehen, sondern zudem auch auf die Existenz verschiedener Meinungen, Stellungnahmen und Informationen in den Programmen. Dies ist wichtig um festzustellen, ob tatsächlich Meinungspluralität vorliegt oder nur mehrere ähnliche Angebote getarnt durch unterschiedliche Senderlogos. Insgesamt zeigt sich, dass grundsätzlich zwei Arten von Vielfalt bestehen: einerseits ökonomische Vielfalt (vgl. konsumtive Vielfalt) und andererseits publizistische Vielfalt (vgl. Beyer/Carl 2004, 88). Die ökonomische Vielfalt bezieht sich nach Beyer auf beispielsweise die Anzahl der Anbieter und die Auswahlmöglichkeiten der Konsumenten, wobei sich die publizistische Vielfalt auf die Pluralität der Meinungen, also das Vorhandensein unterschiedlicher und konträrer Meinungen bezieht. Es erscheint in jedem Fall sinnvoll, den Begriff der publizistischen Vielfalt mehrdimensional zu verwenden und somit neben den quantitativen Merkmalen des Medienangebots, auch die qualitativen Aspekte im Auge zu behalten, denn „Medienvielfalt ist [...] mehr als nur Produkt- und Angebotsvielfalt auf dem Markt. Gerade unter dem Aspekt der Meinungsvielfalt hat sie eine gesamtgesellschaftliche Dimension.“ (Clement 2005, 13).
[...]
[1] Hier wären zum Beispiel alle Sendungen und deren Inhalte von Interesse, die um 18:00 Uhr ausgestrahlt werden, beziehungsweise für den Konsumenten empfangbar sind.
[2] Untersucht man zum Beispiel das Programm eines beliebigen Senders über 24 Stunden ist die Möglichkeit eine eventuelle Vielfalt im Programm zu entdecken höher als bei einem horizontalen „Querschnitt“.
- Quote paper
- Anne-Kristin Müller (Author), 2008, Auswirkungen der Medienkonzentration auf die publizistische Vielfalt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137126
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