Diese Arbeit handelt von der Entwicklung der Wirklichkeitsbegriffe zum Nihilismus mit Bezug auf Hans Blumenberg.
Hans Blumenberg ist ein Philosoph, der sich zulieben im Hintergrund hielt. An seinen Texten besteht lebhaftes Interesse und vieles wird im Nachlass entdeckt, das uns ein Philosophenleben verstehen lässt. Dennoch werden seine frühen Jahre oft übersehen, wie schon Kurt Flasch im Vorwort seiner Monographie über diesen Lebensabschnitt des Philosophen anmerkt: „Die Forschungsliteratur wächst ständig an, behandelt aber seine zwanzig ersten Autorenjahre meist gar nicht oder mit kalt-staunendem kurzen Blick.“
Diese anfängliche Zeit ist dabei durchaus faszinierend, auch aufgrund der Lebenslage, in der sich Blumenberg befand. Ein Modethema der Nachkriegszeit war der Nihilismus. Für Blumenberg macht den Nihilismus aus, eine Krise des eigenen Wirklichkeitsbezuges zu sein. Ersichtlich wird das anhand von Franz Kafka. Blumenberg widmete Kafka eine Menge Aufmerksamkeit in seinen frühen Jahren und schrieb ihm hohe Bedeutung zu. Er bietet uns den Rahmen, um zu verstehen, was Nihilismus nach Blumenberg bedeutet. Aber auch Blumenberg versteht den Nihilismus wie schon Friedrich Nietzsche als philosophisches Problem.
Es wird zum Thema, dieses Problem des Nihilismus herauszuarbeiten und so gut wie möglich mit dem zu lösen, was Blumenberg hergibt. Im Zentrum der Untersuchung der Wirklichkeitsbegriffe stehen daher dessen Habilitationsschrift "Die ontologische Distanz" von 1949/50 und "Realität und Realismus", das diverse unveröffentlichte Texte zum Thema Wirklichkeit vereint und sich inhaltlich mit den Texten „Wirklichkeitsbegriff und Möglichkeit des Romans“ von 1964 sowie „Wirklichkeitsbegriff und Wirkungspotenzial“ des Mythos von 1971, beide veröffentlicht in Ästhetische und metaphorologische Schriften, deckt. In Bezug auf den Nihilismus bei Kafka sind besonders Blumenbergs Vortrag „Das Problem des Nihilismus in der deutschen Literatur der Gegenwart“ von 1950 und frühe Texte wie „Der absolute Vater“, 1952 als Zeitungsartikel und 1953 als Aufsatz erschienen, „Die Krise des Faustischen im Werk Franz Kafkas“ von 1951 und „Der Antipode des Faust“ von 1953 zentral. Eine Sonderstellung als dessen wohl am nahesten „ethische“ Schrift nimmt sein Zeitungsartikel „Ist eine philosophische Ethik gegenwärtig möglich?“ von 1953 ein, der vor allem für einen sauberen Abschluss des sich aufzeigenden Problemhorizonts wichtig wird.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Von den Wirklichkeitsbegriffen zum Nihilismus
- Epochale Wirklichkeitsbegriffe
- Antikes Wirklichkeitsverständnis
- Mittelalterliches Wirklichkeitsverständnis
- Neuzeitliches Wirklichkeitsverständnis
- Geschichtliche Kritik: Die Krisis der Neuzeit
- Blumenbergs Nihilismusdefinition: Nihilismus als Metakinese
- Kafka als nihilistische Gegenwartsanalyse
- Modernes Wirklichkeitsverständnis
- Der moderne Wirklichkeitsbegriff über die Funktion von Wirklichkeitsbegriffen
- Epochale Wirklichkeitsbegriffe
- Der moralische Aspekt des Nihilismus
- Der Bruch der Verbindlichkeit von Ethik
- Ethik nach kantischer Freiheit und ihre gegenwärtige Möglichkeit
- Gegenwärtige Daseinsformen und der absolute Freiheitsbegriff
- Die Lösbarkeit des moralischen Nihilismus
- Kafkas Selbstbehauptung
- Freiheit als Selbstbegründung und Moral als Selbstwahrung des Daseins
- Der Bruch der Verbindlichkeit von Ethik
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit dem Nihilismusbegriff von Hans Blumenberg, insbesondere in Bezug auf seine Frühphase, und analysiert dessen Bedeutung im Kontext der modernen Wirklichkeitskrise.
- Blumenbergs Definition des Nihilismus als Metakinese
- Die Rolle von Franz Kafka als exemplarisches Beispiel für den Nihilismus in der Gegenwartsliteratur
- Die Auseinandersetzung mit Blumenbergs Kritik an der traditionellen Seinsmetaphysik und seine Fokussierung auf den Wirklichkeitsbegriff
- Die moralischen Aspekte des Nihilismus und die Frage nach der Möglichkeit einer philosophischen Ethik in der Moderne
- Blumenbergs phänomenologische Methode und sein anthropologischer Ansatz zur Analyse der Wirklichkeit
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt Hans Blumenberg und seine philosophische Arbeit im Kontext der Nachkriegszeit vor, wobei insbesondere seine Auseinandersetzung mit dem Nihilismus im Fokus steht.
- Kapitel 2 analysiert Blumenbergs Verständnis von Wirklichkeitsbegriffen und dessen Beziehung zum Nihilismus. Es beleuchtet die verschiedenen epochalen Wirklichkeitsbegriffe und ihre Krisen sowie Blumenbergs Kritik an der traditionellen Seinsmetaphysik. Des Weiteren wird die Rolle von Franz Kafka als exemplarische Figur für den Nihilismus in der Gegenwartsliteratur untersucht.
- Kapitel 3 befasst sich mit den moralischen Implikationen des Nihilismus. Es analysiert den Bruch der Verbindlichkeit traditioneller ethischer Konzepte in der Moderne und die Frage nach der Möglichkeit einer philosophischen Ethik angesichts des Nihilismus. Darüber hinaus wird Kafkas Werk im Hinblick auf die Selbstbehauptung und die Suche nach einer neuen Moral in der Krise des Wirklichkeitsbezuges betrachtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Themen wie Nihilismus, Wirklichkeitsbegriff, Metakinese, Franz Kafka, Hans Blumenberg, Anthropologie, Phänomenologie, Ethik, Moderne, Selbstbehauptung und Selbstwahrung.
- Quote paper
- Amon Raun (Author), 2021, Nihilismus mit Kafka. Blumenberg über die Krise im Wirklichkeitsbezug und ethisches Handeln, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1370018