Für Schelsky ist die wichtigste politische Grundentscheidung immer jene, ob der selbständige Mensch oder der betreute Mensch zum Ziel der staatlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Ordnungspolitik gemacht werden soll. Schelsky fordert also dazu auf, dass bei jeder politischen Entscheidung wie z. B. Berufsausbildung, Bildungspolitik, Mitbestimmung, Vermögensbildung, Umweltschutz über die Grundsatzfrage nachgedacht werden muss, ob man die Selbständigkeit und somit die Selbstbestimmung über das eigene Lebensschicksal fördert oder ob man eine höhere soziale Wohlfahrt und Sicherheit durch Einsetzung betreuender Herrschaftsgruppen erreichen kann und will.
Er möchte damit jedoch nicht vergleichend Kapitalismus (der selbständige Mensch) und Kommunismus (der betreute Mensch) gegenüberstellen. Er sieht in der Auseinandersetzung dieser Frage
„[…] eine Strukturauseinandersetzung und -entscheidung […], die von weltgeschichtlichem Einfluss und von weittragender Modellwirkung sein wird.“
Schelsky betont, dass es bei der Beantwortung der Frage jedoch um keine Entweder-Oder-Antwort gehen kann, sondern um das situations- und geschichtsbezogene Vorziehen des einen Wertes. Grundlegend geht es um eine politische Entscheidung für/gegen die Bewahrung der Freiheit der Person oder die Vervollkommnung der sozialen Gerechtigkeit, wobei die Politik sicherlich bestrebt ist, stets beides zu wollen. Schelsky greift die Frage auf, was nun gerade in Deutschland gefährdeter ist, wohin sich also gerade die Balance verschoben hat. „Ist mehr Selbständigkeit oder mehr Betreuung erforderlich, wobei das Erstere mehr persönliches Risiko, das Zweite mehr obrigkeitliche oder vorgesetzte Reglementierung als Nachteile mit sich bringt“.
Was aber genau versteht Schelsky unter dem selbständigen und dem betreuten Menschen?
Er bezieht sich bei seiner Unterscheidung auf den Soziologen Karlheinz Messelkern, der in einer Abhandlung die Produktionsstrukturen der modernen Industriegesellschaft in zwei Interessenshälften teilt:
Dabei stehen sich die „Dispositiven“ (=die Selbständigen nach Schelsky) und die „Exekutiven“ (=die Betreuten nach Schelsky) unversöhnlich gegenüber.
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Inhaltsverzeichnis
- Zur Person
- Der selbständige und der betreute Mensch
- Hintergrund und Beweggründe für seine Gedanken
- Der selbständige und der betreute Mensch
- Kennzeichen moderner Selbständigkeit
- Die Kritik Albert Osswalds an Schelskys Unterteilung (Frankfurter Rundschau vom 05.11.1973)
- "Freiheit und Verantwortung - Mehr Mut zur Selbständigkeit"
- Quellen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Das Hauptziel von Schelskys Werk „Der selbständige und der betreute Mensch“ ist die Auseinandersetzung mit der grundlegenden politischen Entscheidung zwischen der Förderung des selbständigen und des betreuten Menschen in der modernen Gesellschaft. Schelsky analysiert die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen der 1970er Jahre in der Bundesrepublik Deutschland und hinterfragt die Auswirkungen der sozialliberalen Politik auf die individuelle Freiheit und Selbstbestimmung.
- Die Abwägung zwischen Selbständigkeit und Betreuung als zentrale politische Frage
- Die Analyse der gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen der 1970er Jahre in der Bundesrepublik
- Die Kritik an sozialstaatlichen Tendenzen und deren potenzielle Auswirkungen auf die individuelle Freiheit
- Die Unterscheidung zwischen „Dispositiven“ (Selbständige) und „Exekutiven“ (Betreute) im Kontext der modernen Industriegesellschaft
- Die Rolle des Staates bei der Förderung von Selbständigkeit oder Betreuung
Zusammenfassung der Kapitel
Zur Person: Dieses Kapitel bietet eine umfassende Biografie von Helmut Schelsky, einem der führenden deutschen Soziologen. Es beschreibt seinen Werdegang, seine akademische Karriere, seine Mitgliedschaft in der NSDAP und seine späteren Arbeiten, die sich mit zentralen soziologischen und politischen Fragen auseinandersetzen. Die Darstellung seines Lebensverlaufs ist essentiell, um seine Schriften und seine Positionen im Kontext der Zeit zu verstehen. Seine vielseitigen Tätigkeiten und seine Positionen zeigen die Komplexität seiner Persönlichkeit und den Hintergrund seiner späteren soziologischen Arbeiten.
Der selbständige und der betreute Mensch: Dieses Kapitel stellt die zentrale These von Schelskys Arbeit dar: die grundlegende politische Entscheidung zwischen der Förderung des selbständigen und des betreuten Menschen. Schelsky analysiert die sozioökonomischen Strukturen der Gesellschaft und differenziert zwischen "Dispositiven" (selbständig entscheidende Individuen) und "Exekutiven" (abhängig Beschäftigte), wobei er die potenziellen Gefahren einer Überbetonung des sozialen Sicherungssystems und die Bedrohung der individuellen Freiheit durch staatliche Bevormundung hervorhebt. Er argumentiert, dass politische Entscheidungen stets die Frage der individuellen Selbstbestimmung berücksichtigen müssen, ohne jedoch einen einfachen Gegensatz zwischen Kapitalismus und Kommunismus zu konstruieren.
Schlüsselwörter
Selbständiger Mensch, Betreuter Mensch, Soziale Gerechtigkeit, Wohlfahrtsstaat, Freiheit, Verantwortung, Individuum, Gesellschaft, Politik, Sozialstaat, Moderne, Industriegesellschaft, Selbstbestimmung, Bevormundung, Dispositiv, Exekutive, Helmut Schelsky.
Häufig gestellte Fragen zu Helmut Schelskys "Der selbständige und der betreute Mensch"
Was ist der Inhalt des Buches "Der selbständige und der betreute Mensch"?
Das Buch von Helmut Schelsky befasst sich mit der zentralen politischen Frage der modernen Gesellschaft: die Abwägung zwischen der Förderung selbständiger und betreuter Menschen. Schelsky analysiert die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen der 1970er Jahre in der Bundesrepublik Deutschland und untersucht die Auswirkungen der sozialliberalen Politik auf die individuelle Freiheit und Selbstbestimmung. Er unterscheidet dabei zwischen "Dispositiven" (selbständig entscheidende Individuen) und "Exekutiven" (abhängig Beschäftigte) und diskutiert die potenziellen Gefahren einer zu starken staatlichen Bevormundung.
Welche Themenschwerpunkte behandelt das Buch?
Die zentralen Themen sind die Abwägung zwischen Selbständigkeit und Betreuung als politische Frage, die Analyse der gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen der 1970er Jahre in der Bundesrepublik, die Kritik an sozialstaatlichen Tendenzen und deren Auswirkungen auf die individuelle Freiheit, die Unterscheidung zwischen "Dispositiven" und "Exekutiven" und die Rolle des Staates bei der Förderung von Selbständigkeit oder Betreuung.
Wer war Helmut Schelsky?
Das Buch enthält ein Kapitel zur Person Helmut Schelsky, welches eine umfassende Biografie des führenden deutschen Soziologen bietet. Es beschreibt seinen Werdegang, seine akademische Karriere, seine Mitgliedschaft in der NSDAP und seine späteren Arbeiten. Die Darstellung seines Lebens soll seine Schriften und Positionen im Kontext der Zeit verständlicher machen.
Wie ist das Buch strukturiert?
Das Buch umfasst Kapitel zu Helmut Schelskys Biografie ("Zur Person"), eine ausführliche Betrachtung des Verhältnisses von selbständigen und betreuten Menschen ("Der selbständige und der betreute Mensch"), und abschließend eine Liste der Quellen. Zusätzlich enthält die Vorschau eine Zusammenfassung der Kapitel, die Zielsetzung und die wichtigsten Themenschwerpunkte sowie Schlüsselbegriffe.
Welche Schlüsselbegriffe sind im Buch relevant?
Wichtige Schlüsselbegriffe sind Selbständiger Mensch, Betreuter Mensch, Soziale Gerechtigkeit, Wohlfahrtsstaat, Freiheit, Verantwortung, Individuum, Gesellschaft, Politik, Sozialstaat, Moderne, Industriegesellschaft, Selbstbestimmung, Bevormundung, Dispositiv, Exekutive und Helmut Schelsky.
Welche Kritikpunkte werden im Buch angesprochen?
Schelsky übt Kritik an sozialstaatlichen Tendenzen und deren potenziellen Auswirkungen auf die individuelle Freiheit. Er warnt vor den Gefahren einer Überbetonung des sozialen Sicherungssystems und der Bedrohung der individuellen Freiheit durch staatliche Bevormundung.
Welche Schlussfolgerungen zieht Schelsky?
Schelsky argumentiert, dass politische Entscheidungen stets die Frage der individuellen Selbstbestimmung berücksichtigen müssen. Er vermeidet jedoch eine einfache Gegenüberstellung von Kapitalismus und Kommunismus.
- Quote paper
- Master of Arts Janet Beier (Author), 2008, Der selbständige und der betreute Mensch nach Helmut Schelsky, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/136962