Die vorliegende Arbeit fokussiert sich auf die optimierte Übertragung von inländischen Unternehmensvermögen unter Berücksichtigung erbschaftsteuerlicher und schenkungsteuerlicher Aspekte. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Betrachtung von Familienunternehmen, ohne im Detail auf gesellschaftsrechtliche und umwandlungsrechtliche Strategien einzugehen. Die Bewertung des Unternehmensvermögens spielt in diesem Kontext eine untergeordnete Rolle, während die vorweggenommene Erbfolge als bevorzugte Form der Übertragung betrachtet wird. Eine detaillierte Analyse der Erbschaftsteuer bei Todesfällen wird hier nicht durchgeführt und die Betrachtung beschränkt sich ausschließlich auf inländische Angelegenheiten ohne Bezug zum Ausland.
Die Auswertung des Statistischen Bundesamtes zeigt einen Anstieg der veranlagten Erbschaft- und Schenkungsteuer im Jahr 2021 um weitere 14 Prozent. Im Jahr 2020 hat diese bereits um 20 Prozent zugenommen. Rund 9,82 Mrd. Euro hat der Staat mit Erbschaften und Schenkungen im Jahr 2021 eingenommen. Auch im Jahr 2022 wurden rund 9,23 Mrd. Euro vereinnahmt. Dabei steigt nicht nur die Übertragung von Privatvermögen, sondern auch die Zahl der Unternehmensnachfolgen aufgrund des demografischen Wandels kontinuierlich an.
Laut einer KfW-Studie aus dem Jahr 2020 streben über 800.000 Inhaber von mittelständischen Unternehmen innerhalb der nächsten fünf Jahre einen Ausstieg aus dem Betrieb an. Weit mehr als die Hälfte davon wollen ihr Unternehmen an einen Nachfolger übergeben. 53 Prozent bevorzugen als Nachfolger ein Familienmitglied, 29 Prozent planen einen externen Nachfolger und nur noch 18 Prozent suchen für die Nachfolge einen internen Mitarbeiter. Hieraus ergeben sich nicht nur zivilrechtliche, sondern auch umfangreiche steuerliche Beratungsfelder mit enormen Handlungspotenzial.
Um sicherzustellen, dass Familienunternehmen über mehrere Generationen hinweg erfolgreich bleiben, ist die Nachfolgeplanung ein entscheidender Faktor und bestimmt darüber, ob das Unternehmen in Familienbesitz bleibt oder nicht. Sie beginnt nicht erst an Tag X, sondern bildet bereits einen andauernden Prozess, der sorgfältig durchdacht und geplant werden muss. Eine umfassende Begleitung des Führungswechsels erfordert ein Konzept, das strategische, persönliche, rechtliche und vor allem steuerliche Aspekte berücksichtigt.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Hinführung zum Thema
2 Regelungsziele und Bestandsaufnahme des Unternehmens
3 Vorweggenommene Erbfolge als Instrument der Nachlassplanung
3.1 Vorteile der Übertragung zu Lebzeiten
3.2 Nachteile der Übertragung zu Lebzeiten
4 Optionen der Vermögensübergabe
5 Sicherungs- und Rücktrittsklauseln
6 Einkommensteuer
6.1 Unentgeltliche Übertragung
6.1.1 Buchwertfortführung § 6 Abs. 3 EStG
6.1.2 Realteilung § 16 Abs. 3 S. 2 EStG
6.1.3 Übertragung betrieblicher Wirtschaftsgüter nach § 6 Abs. 5 EStG
6.2 Entgeltliche Übertragung
6.2.1 Teilentgeltliche Übertragung
6.2.2 Wiederkehrende Leistungen
7 Erbschaft- und Schenkungsteuer
7.1 Anzeige- und Erklärungspflichten
7.2 Erbschaftsteuerversicherung
7.3 Steuerpflichtiger Erwerb
7.3.1 Erwerb von Todes wegen
7.3.2 Vorweggenommene Erbfolge
7.3.3 Persönliche Steuerpflicht
7.3.4 Freibeträge und Steuerbefreiungen
7.4 Bewertung und Besteuerung
7.5 Sachliche Steuerbefreiungen für Unternehmensvermögen
7.5.1 Verschonungsabschläge
7.5.2 Weitergabeverpflichtung § 13a Abs. 5 ErbStG
7.5.3 Großerwerbe über 26 Mio. Euro
7.6 Begünstigtes Vermögen § 13b Abs.1 ErbStG
7.6.1 Ermittlung des begünstigten Vermögens
7.6.2 Unschädliches Verwaltungsvermögen
7.6.3 Umfang des begünstigten Vermögens - Einzelunternehmen und Personengesellschaften
7.6.4 Umfang des begünstigten Vermögens - Kapitalgesellschaften
7.6.5 Begünstigungsfähiger Grundbesitz im Betriebsvermögen
7.6.6 Entstehung von jungen Verwaltungsvermögen und Finanzmittel
7.6.7 Vorwegabschlag für Familienunternehmen nach § 13a Abs. 9 ErbStG
7.7 Verwaltungsvermögenstest
7.7.1 90-Prozent-Test
7.7.2 Verbundvermögensaufstellung
7.7.3 Verwaltungsvermögensquote
7.7.4 Investitionsklausel
7.8 Lohnsummentest
7.9 Behaltensregelung
7.10 Konsequenzen einer Krise für erbschaftsteuerliche Begünstigungen
8 Körperschaftsteuer
8.1 Zuwendung an Körperschaft durch Dritten als Betriebseinnahme ...
8.2 Zuwendungen an Mitgesellschafter
9 Gewerbesteuer
9.1 Einzelunternehmen und Mitunternehmerschaften
9.2 Gewerbesteuerliche Fehlbeträge
10 Grunderwerbsteuer
11 Umsatzsteuer
12 Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Internetquellen
Gesetzesverzeichnis
Gerichtsurteile und Verwaltungsanweisungen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Hinführung zum Thema
Die Auswertung des Statistischen Bundesamtes zeigt einen Anstieg der veranlagten Erbschaft- und Schenkungsteuer im Jahr 2021 um weitere 14 Prozent. Im Jahr 2020 hat diese bereits um 20 Prozent zugenommen. Rund 9,82 Mrd. Euro hat der Staat mit Erbschaften und Schenkungen im Jahr 2021 eingenommen. Auch im Jahr 2022 wurden rund 9,23 Mrd. Euro vereinnahmt. Dabei steigt nicht nur die Übertragung von Privatvermögen, sondern auch die Zahl der Unternehmensnachfolgen aufgrund des demografischen Wandels kontinuierlich an (vgl. Statista 2021; vgl. Statista 2022).
Laut einer KfW-Studie aus dem Jahr 2020 streben über 800.000 Inhaber von mittelständischen Unternehmen innerhalb der nächsten fünf Jahre einen Ausstieg aus dem Betrieb an. Weit mehr als die Hälfte davon wollen ihr Unternehmen an einen Nachfolger übergeben. 53 Prozent bevorzugen als Nachfolger ein Familienmitglied, 29 Prozent planen einen externen Nachfolger und nur noch 18 Prozent suchen für die Nachfolge einen internen Mitarbeiter. Hieraus ergeben sich nicht nur zivilrechtliche, sondern auch umfangreiche steuerliche Beratungsfelder mit enormen Handlungspotenzial (vgl. Destatis 2021).
Um sicherzustellen, dass Familienunternehmen über mehrere Generationen hinweg erfolgreich bleiben, ist die Nachfolgeplanung ein entscheidender Faktor und bestimmt darüber, ob das Unternehmen in Familienbesitz bleibt oder nicht. Sie beginnt nicht erst an Tag X, sondern bildet bereits einen andauernden Prozess, der sorgfältig durchdacht und geplant werden muss. Eine umfassende Begleitung des Führungswechsels erfordert ein Konzept, das strategische, persönliche, rechtliche und vor allem steuerliche Aspekte berücksichtigt (vgl. Von Quistorp 2023: S. 44).
Fehlerhafte oder sogar fehlende Nachfolgeregelungen können nicht nur zu erheblichen finanziellen Verlusten, sondern sogar zur Zersplitterung oder gar Zerschlagung des Unternehmens führen. Oftmals wird zwar der Entschluss, einen Teil des Vermögens zu Lebzeiten zu übertragen oder den Betrieb zu übergeben, schnell gefasst, die Detailplanung bleibt jedoch aus. Wenn eine Unternehmensnachfolge ansteht, sollte frühzeitig, idealerweise noch vor Beginn der Zweijahresfrist, eine erbschafts- und schenkungssteuerliche Analyse des Betriebsvermögens sowie möglicher gesellschaftsrechtlicher Veränderungen und betrieblicher Maßnahmen erfolgen. Im Vorfeld ergriffene Maßnahmen im Rahmen einer umfassenden Nachfolgeplanung wie zum Beispiel die Schaffung von steueroptimierten Strukturen, die Vermeidung von jungem Verwaltungsvermögen und jungen Finanzmitteln oder die Erstellung eines Investitionsplans können Gefahren reduzieren und die Steuerbelastung vermindern.
Die zentrale Forschungsfrage für die Masterarbeit lautet folgendermaßen:
Welche Aspekte sind bei einer Checkliste für die erbschaft- und schenkungssteuerlichen Optimierung von Unternehmensvermögen zu beachten?
Die vorliegende Arbeit fokussiert sich auf die optimierte Übertragung von inländischen Unternehmensvermögen unter Berücksichtigung erbschaftsteuerlicher und schenkungsteuerlicher Aspekte. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Betrachtung von Familienunternehmen, ohne im Detail auf gesellschaftsrechtliche und umwandlungsrechtliche Strategien einzugehen. Die Bewertung des Unternehmensvermögens spielt in diesem Kontext eine untergeordnete Rolle, während die vorweggenommene Erbfolge als bevorzugte Form der Übertragung betrachtet wird. Eine detaillierte Analyse der Erbschaftsteuer bei Todesfällen wird hier nicht durchgeführt und die Betrachtung beschränkt sich ausschließlich auf inländische Angelegenheiten ohne Bezug zum Ausland.
2 Regelungsziele und Bestandsaufnahme des Unternehmens
Wird die Vermögensübergabe nicht zu Lebzeiten des Unternehmers entschieden, so tritt die Nachfolge mit dem Tod ein. Um steuerliche Gefahren zu vermeiden, sollte der Übergang im Wege der Erbfolge bereits im Vorhinein eingehend geprüft und berechnet werden, damit ungewollte Ergebnisse für die Notfallvorsorge oder Nachfolgeplanung vermieden werden. Nicht nur die Abstimmung der erbrechtlichen und der gesellschaftsrechtlichen Nachfolgeregelungen, sondern vor allen Dingen auch die steuerlichen Folgen der Übergabe müssen genau durchdacht werden. Insbesondere sind auch ertragssteuerliche Probleme zu beachten. Existiert bis zum Todesfall keine Nachfolgeregelung, können negative Konsequenzen wie Handlungsunfähigkeit durch fehlenden Zugriff auf finanzielle Mittel oder auch durch fehlende Vollmachten meist nicht mehr verhindert werden (vgl. Tölle 2019: S. 314).
Wenn etwa der Unternehmer geschäftsunfähig wird und keine Notfall- und Vorsorgepläne existieren, kann dies das gesamte Unternehmen beeinträchtigen. Wirksame Rechtshandlungen können nur von geschäftsfähigen Personen vorgenommen werden (vgl. Mansel 2021: Rz. 7). Nach §§ 104 ff. BGB wird etwa bei Minderjährigen die Geschäftsfähigkeit ausgeschlossen. Ebenso sollen klare Mehrheitsverhältnisse in der Gesellschafterversammlung dazu führen, dass die Gesellschafterrechte einheitlich ausgeführt werden können (vgl. Offerhaus/Heide 2023: S. 70).
Ein weiterer Punkt wäre die Vorsorgevollmacht gem. §§ 164 ff. BGB. Im Bereich der privaten Nachfolgeplanung wird die Vorsorgevollmacht genutzt, um die privaten Vermögensangelegenheiten des Vollmachtgebers nach dessen Willen abzuwickeln. Die unternehmensbezogene Vorsorgevollmacht geht jedoch darüber hinaus. Sie ermöglicht, die Rechte und Pflichten des Unternehmers einzunehmen, dessen Gesellschaftsrechte wahrzunehmen und somit das Unternehmen fortzuführen oder sogar weiterzuentwickeln (vgl. Reymann 2005, S. 457 f.).
Wird bereits bei der Planung ein Bevollmächtigter bestimmt, entfällt die gesetzliche Bestellung eines Betreuers. Dies hat den Vorteil, dass der Unternehmer seine vertrauten Personen selbst benennen und auch verschiedene Aufgabengebiete an mehrere Bevollmächtigte verteilen kann. Zudem ist der Bevollmächtigte im Vergleich zum Betreuer in seiner Entscheidungsbefugnis im Rahmen des Gesetzes bis auf vom Unternehmer gewählte Begrenzungen nicht beschränkt (vgl. Holtwiesche 2022: S. 118). In Betracht zu ziehende Bevollmächtigte sind unter anderem Familienangehörige, Mitgesellschafter, führende Angestellte, aber auch externe Betreuer wie Anwälte oder Steuerberater (vgl. Offerhaus/Heide 2023: S. 75).
3 Vorweggenommene Erbfolge als Instrument der Nachlassplanung
Die Übertragung von Vermögen zu Lebzeiten des Erblassers wird im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge behandelt und unterscheidet sich von Verfügungen von Todes wegen durch die Notwendigkeit der Zustimmung sowohl des Erblassers als auch des vorgesehenen Nachfolgers. Aufgrund der zunehmenden Lebenserwartung in der Bevölkerung hat die Bedeutung der vorweggenommenen Erbfolge seit der Entstehung des BGB erheblich zugenommen. Diese Art der Erbfolge ermöglicht dem Erblasser, die nächste Generation bereits zu Lebzeiten am Familienvermögen teilhaben zu lassen (vgl. Grötsch 2019: S. 62). Diese Generationennachfolgeregelung enthält typischerweise Einigungen einer Schenkung oder einer gemischten Schenkung mit diversen Gestaltungsmöglichkeiten wie Nießbrauch, Erbverzicht oder auch Pflichtteilsverzicht (vgl. Stenger 2020: S. 27). Um die Entscheidung für eine vorweggenommene Erbfolge zu erleichtern, wurden zahlreiche Absicherungsmechanismen entwickelt, darunter insbesondere Nutzungs- und Rückforderungsvorbehalte zugunsten der Übergebergeneration (vgl. Kössinger 2020: S. 253).
3.1 Vorteile der Übertragung zu Lebzeiten
Die Entscheidung zur vorzeitigen Übertragung von Vermögen erfordert eine sorgfältige Einzelfallprüfung, bei der die Vor- und Nachteile gegenübergestellt werden müssen. Regelmäßig wird jedoch beobachtet, dass nur steuerliche Aspekte abgewogen werden. Die vorweggenommene Erbfolge sollte nicht als isolierte steuerliche Entscheidung betrachtet werden, sondern Teil eines ganzheitlichen Konzepts sein, das die individuellen Bedürfnisse und Wünsche der Familie sowie die wirtschaftliche Situation des Unternehmens berücksichtigt.
Die zeitlich optimierte Vermögensübertragung auf die Nachfolgegeneration stellt sicher, dass diese genau dann unterstützt wird, wenn sie es am meisten benötigt. In Anbetracht der demografischen Entwicklungen, die eine immer älter werdende Erblasser- und Erbengeneration mit sich bringt, hat dieser Aspekt in den letzten Jahrzehnten erheblich an Relevanz gewonnen. Eine lebzeitige Vermögensübertragung kann im Unternehmensbereich ein wirksames Mittel gegen das „Prinz-Charles-Syndrom“ sein und die Motivation sowie das Verantwortungsgefühl der nachfolgenden Generation erheblich steigern (vgl. Grötsch 2019: S. 70). Ein Leben in der Warteschleife des endlosen Erbens kann unerträglich werden und krank machen (Arnhold 2007: S. 3). Die vorweggenommene Erbfolge eröffnet dem Übergeber die Freiheit, genau zu entscheiden, wann er die nachfolgende Generation in die Verantwortung nimmt und somit an das Unternehmen bindet. Er ist auch nicht gezwungen, das Vermögen auf einmal zu übertragen, wie es im Erbfall größtenteils ist der Fall ist. Die Übertragung kann vielmehr schrittweise erfolgen, sodass sich der Nachfolger als Art Test in verantwortungsvoller Verwaltung bewähren kann. Auf diese Weise kann nach und nach die ältere Generation entlastet werden, da vor allem die Vermögensverwaltung, speziell die Verwaltung von Grundbesitz und Unternehmen, eine schwere Last sein kann. Die Übergabe an die nächste Generation ermöglicht dem Übergeber zudem eine würdevolle Fortführung seines Lebenswerks und kann einen entscheidenden Beitrag zur Sicherung des Lebensunterhalts leisten. Anstatt das Unternehmen zu liquidieren und damit auch die Früchte jahrelanger Arbeit zu vernichten, kann die Übertragung gegen Versorgungsleistungen dem Übergeber eine kontinuierliche Einkommensquelle in der Zukunft bieten (vgl. Grötsch 2019: S. 70).
Entscheidet sich der Erblasser für eine zeitige Übertragung, kann die Abschmelzungsregelung des § 2325 Abs. 3 BGB zur uneingeschränkten oder teilweisen Minderung des Pflichtteils führen. Hierfür wird vorausgesetzt, dass bereits eine wirtschaftliche Ausgliederung des zu übertragenen Vermögens stattgefunden hat. So sollen erhebliche Einschränkungen durch Nutzungsund Rückforderungsvorbehalte vermieden werden (vgl. Walter 2015: S. 373). Im Unternehmensbereich bietet die Vereinbarung einer Fortsetzungsklausel im Gesellschaftsvertrag eine Möglichkeit, das Risiko von Pflichtteilsansprüchen zu mindern. Die damit verbundene Unsicherheit, wer zuerst stirbt, verleiht dem Vertrag jedoch Risikocharakter und führt zu einer umstrittenen Rechtslage, die in der Kommentarliteratur kontrovers diskutiert wird (vgl. Lange 2022: Rn. 32 ff.). Durch das Niederstwertprinzip gem. § 2325 Abs. 2 BGB wird der Übernehmer vor Pflichtteilsergänzungsansprüchen für Wertzuwächse des Unternehmens bewahrt. Zudem sind Gewinne, die sich beim Übergeber akkumuliert hätten und pflichtteilserhöhend wirken, von Pflichtteilsergänzungsansprüchen freigestellt (vgl. Grötsch 2019: S. 71).
Eine Möglichkeit der Steueroptimierung bei vorweggenommener Erbfolge besteht in der Nutzung der persönlichen Freibeträge und Abzugsbeträge nach § 13a Abs. 2 ErbStG, die im Zehnjahresrhythmus ausgeschöpft werden können. Durch die Stichtagsbesteuerung entfallen zudem Erbschaftssteuern auf Wertzuwächse und Gewinne, die der Übernehmer nach Übertragung erzielt. Auch können Belastungen wie beispielsweise Nießbrauchsvorbehalte den schenkungssteuerlichen Wert der Schenkung mindern, indem der nach §§ 12 bis 16 BewG zu bestimmende Kapitalwert der Belastung abgezogen wird (vgl. Felten 2015: S. 210). Häufig können bei der vorweggenommenen Erbfolge auch Einsparungen in der Einkommensteuer erzielt werden. Zum einen kann die Übertragung auf die nächste Generation und möglichweise sogar auf Minderjährige erfolgen, um den Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 EStG und den Sparer-Pauschbetrag bei Kapitalerträgen nach § 20 Abs. 9 EStG zu nutzen und weitere Erträge einer geringeren Steuerprogression zu unterwerfen. Zum anderen ist es - gegensätzlich zu den Unsicherheiten bei einer Erbauseinandersetzung - im Wege der vorweggenommenen Erbfolge wesentlich einfacher die Aufdeckung stiller Reserven zu vermeiden (vgl. Grötsch 2019: S. 71).
3.2 Nachteile der Übertragung zu Lebzeiten
Jede Vermögensübertragung bedeutet für den Übergeber einen Verlust an Macht und Einfluss, was besonders bei Unternehmen ein psychologisches Problem darstellt. Grund hierfür ist, dass der Übergeber oft Schwierigkeiten hat, seinen Platz als Entscheidungsträger aufzugeben und mit einer wenigen zentralen Rolle zufrieden zu sein. Um diesem Problem zumindest teilweise entgegenzuwirken, kann die Erfahrung des Übergebers weiterhin mittels einer Berater- oder Beiratsposition in die Unternehmensführung einfließen. Eine kluge Nachfolgeregelung berücksichtigt daher nicht nur die wirtschaftlichen, sondern auch die emotionalen Aspekte des Übergangs, um eine langfristige und harmonische Fortführung des Vermögens zu gewährleisten und Familientragödien oder Rückgaben zu vermeiden (vgl. Grötsch 2019: S. 72).
Die Absicherung der Versorgung der übergebenden Generation, typischerweise des Unternehmensinhabers und dessen Partner, durch Nutzungsvorbehalte oder Versorgungsleistungen kann juristisch problemlos gewährleistet werden. Jedoch ist dies nicht ausreichend, wenn der Nachfolger das Unternehmen in eine wirtschaftliche Schieflage führt und somit die Grundlage der Versorgung gefährdet. In Branchen mit geringer Eigenkapitalausstattung wird oft geraten, dass Unternehmer auch ein ausreichendes Privatvermögen aufbauen sollten, um dieses Risiko abzumildern. Allerdings ist dieser Ratschlag zwar in der Praxis theoretisch korrekt, jedoch praktisch nutzlos. Eine gestufte Übergabe des Unternehmens mit einer angemessenen Testphase stellt die effektivste Maßnahme zur Verringerung dieses Risikos dar (vgl. Grötsch 2019: S. 72).
Der erwähnte Aspekt ist Bestandteil des Prognoserisikos, das im Kontext der vorzeitigen Nachfolgeregelung auf den Übergeber übertragen wird. Bei der Gestaltung einer Erbfolge durch ein Testament trägt die nachfolgende Generation das Risiko, dass die zugrunde liegenden Prognosen im Erbfall nicht eintreffen. Im Gegensatz dazu geht der Übergeber bei einer vorweggenommenen Erbfolge das Risiko ein, dass sich die Dinge in wirtschaftlicher und/oder menschlicher Hinsicht nicht seinen Erwartungen entsprechend entwickeln. Durch Rückforderungsvorbehalte kann dieses Risiko zwar minimiert, aber nicht gänzlich ausgeschlossen werden (vgl. Lange 2022: Rn. 35).
Ungeachtet der Vereinbarung von Nutzungsvorbehalten oder Versorgungsleistungen bleibt festzuhalten, dass der Übergeber durch die Übergabe seiner Vermögenssubstanz faktisch enteignet wird. Daher stellt sich die Frage nach der Geeignetheit einer Vermögensübergabe nur dann, wenn der Übergeber eine ausreichend sichere Gewissheit hat, dass weder er noch sein Ehegatte die übertragene Vermögenssubstanz bei unvorhergesehenen Ereignissen wie etwa einer langen Pflegebedürftigkeit benötigen werden. Demnach sind Widerrufsvorbehalte als Absicherungsinstrument nicht empfehlenswert. Im Unternehmensbereich stellen enumerativ gestaltete Widerrufsklauseln sogar ein Risiko für die Kreditfähigkeit des Übernehmers dar. Ein freier Widerrufsvorbehalt führt dazu, dass der Übergeber weiterhin als wirtschaftlicher Eigentümer im Sinne des Einkommensteuerrechts angesehen wird. Daher ist es ratsam, alternative Absicherungsinstrumente zu suchen, um das Risiko einer Übergabe zu minimieren (vgl. Jülicher 1998: S. 1977).
4 Optionen der Vermögensübergabe
Im Zusammenhang mit Unternehmen und Familiengesellschaften stehen bei der Übertragung des Vermögens auf die Nachfolger drei Möglichkeiten zur Verfügung. Die erste Option besteht darin, das gesamte Vermögen auf den Nachfolger zu übertragen. Die zweite Möglichkeit ist die Übertragung von Anteilen des Familienunternehmens etwa in Form einer Kommanditgesellschaft. Die letzte Alternative besteht darin, ein Stiftungsunternehmen in Form einer Doppelstiftung zu gründen, die in eine Familien- und eine gemeinnützige Stiftung aufgeteilt wird (vgl. Reuter 1991: S. 468).
Grundsätzlich sind alle Gesellschaftsformen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge relevant. Die Gründung einer typisch stillen Gesellschaft zum Vorteil von Nachkommen erfolgt üblicherweise aus steuerrechtlichen Motiven. Dabei wird die Besteuerung der erzielten Kapitaleinkünfte gem. § 20 Abs. 4 EStG durch das sog. Familiensplitting vollständig ausgeschöpft. Die einkommensteuerrechtlichen Grundfreibeträge und Sparerfreibeträge können hiermit vollständig in Anspruch genommen werden. Daher werden oft schon Minderjährige als stille Gesellschafter eingesetzt, ohne dass hierbei zwingend zusätzliches Kapital eingebracht werden muss. Bei Verlustbeteiligung bedeutet dies allerdings die Notwendigkeit einer Pflegerbestellung sowie einer gerichtlichen Genehmigung. Für eine einkommensteuerliche Anerkennung des Modells darf der Gewinn höchstens 15 Prozent des tatsächlichen Wertes des übertragenen Anteils betragen (vgl. Wacker 2023: Rn. 776).
Die schenkungssteuerliche Bemessungsgrundlage wird durch den Nominalbetrag der stillen Einlage bestimmt. Da die stille Gesellschaft lediglich eine Forderung gegen das Unternehmen, aber keine Unternehmensbeteiligung begründet, können die steuerlichen Ermäßigungen der §§ 13a und 19a ErbStG nicht in Anspruch genommen werden (vgl. Grötsch 2019: S. 68).
Eine atypisch stille Beteiligung führt im Gegensatz zur stillen Beteiligung zu einer Mitunternehmerschaft, die auch die stillen Reserven und den Firmenwert umfasst. Einkommensteuerlich sind hier Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu erklären. Für die schenkungssteuerliche Bemessungsgrundlage wird der gesamte geschenkte Unternehmensanteil herangezogen, wobei die Vergünstigungen der §§ 13a und 19a ErbStG hier greifen (vgl. Wacker 2023: Rn. 343).
Die Übertragung einer Gesellschaftsbeteiligung eines OHG-Gesellschafters auf eine andere Person führt gem. § 12 Abs. 5 i. V. m. § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG dazu, dass der Anteil am Betriebsvermögen, der dem Kapitalanteil entspricht, als Schenkung gilt. Auch im Fall der Auflösung der Gesellschaft oder des Ausscheidens des Erwerbers unter Annahme des Buchwertes, bleibt die Übertragung der Gesellschaftsbeteiligung gem. § 7 Abs. 5 ErbStG als Schenkung bestehen (vgl. Grötsch 2019: S. 69 f.).
Die Rechtsform der Kommanditgesellschaft, insbesondere in der Form einer GmbH & Co. KG, eröffnet Unternehmerfamilien eine geschickte Möglichkeit, die jüngeren Nachfolger als Kommanditisten mit beschränkter Haftung zu beteiligen, während die älteren Nachfolger in ihrer Stellung als Komplementäre die Führungsposition innehaben. Für die Kommanditisten besteht lediglich ein Widerspruchsrecht für außerordentliche Geschäfte welches zu wenigen Blockaden führt und somit für eine kontinuierliche Unternehmensstrategie sorgt (vgl. Stenger 2020: S. 29).
5 Sicherungs- und Rücktrittsklauseln
Ändern sich die Verhältnisse, die im Rahmen der Planung der vorweggenommenen Erbfolge aktuell waren, beispielsweise durch den unerwarteten Tod des Beschenkten oder eine dramatische Veränderung seiner Lebenssituation, können vorher vereinbarte Bedingungen sowie Rückforderungs- oder Widerrufsrechte dazu beitragen, die Interessen des Schenkers auf nachhaltige und langfristige Weise zu schützen. Von essenzieller Bedeutung ist dabei, dass diese Möglichkeiten nicht lediglich formal im Vertrag festgehalten, sondern präzise voneinander abgegrenzt werden, um ihre rechtlichen Folgen zu verdeutlichen und sie an die individuellen Bedürfnisse aller beteiligten Parteien anzupassen. Selbst ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarungen können Rückforderungsrechte bereits aufgrund zivilrechtlicher Bestimmungen entstehen. Juristisch ergibt sich ein Rückforderungsrecht in bestimmten Fallkonstellationen schon aufgrund der gesetzlichen Regelungen. Das BGB erkennt in einigen Fällen ein solches Recht auch ohne eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung an. Besonders bei Übertragungen zur vorweggenommenen Erbfolge sind folgende Konstellationen relevant: die Nichterfüllung einer Auflage gem. § 527 BGB, die Verarmung des Schenkers gem. § 528 BGB, schwere Verfehlungen gegen den Schenker oder grober Undank gem. § 530 BGB, das Rücktrittsrecht aufgrund von Störungen der Geschäftsgrundlage gem. § 313 Abs. 3 S. 1 BGB sowie das Rückforderungsrecht wegen Geschäftsunfähigkeit des Schenkers (vgl. Bisle 2020: S. 24).
Die steuerrechtlichen Folgen einer auflösenden Bedingung sind nicht zu unterschätzen. Laut § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG entfällt die Schenkungsteuer mit Wirkung für die Vergangenheit, wenn das Geschenk zurückgefordert wird. Dies gilt auch dann, wenn die Herausgabe des Geschenks gem. § 528 Abs. 1 S. 2 BGB abgewendet wird. Darüber hinaus wird der Erwerber gem. § 29 Abs. 2 ErbStG für den Zeitraum, in dem er Nutzungen des zugewendeten Vermögens hatte, wie ein Nießbraucher behandelt. Tritt die auflösende Bedingung nach § 5 BewG ein, ist auf Antrag der Wert des Erwerbs zu berichtigen. Die Herausgabe einer Schenkung wird nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO als rückwirkendes Ereignis angesehen, sofern es zu einer eindeutigen Rückabwicklung des Vertrages kommt. Jedoch ist nicht allein die Unwirksamkeit des Schenkungsvertrages, sondern vielmehr die tatsächliche Herausgabe oder Erstattung für den Eintritt des Ereignisses entscheidend (vgl. Brüggemann 2022, S. 260).
Im Zivilrecht wird zwischen verschiedenen Formen von Rückforderungsrechten, Rückfallklauseln, Rücktrittsrechten oder Widerrufsvorbehalten differenziert. Die zivilrechtliche Bedeutung ist allerdings nicht entscheidend. Vielmehr kommt es darauf an, wie die jeweilige Vereinbarung inhaltlich gestaltet ist. Das Ziel solcher Vereinbarungen ist, die Voraussetzungen, Abwicklung und Rechtsfolgen des Rückerwerbs klar im Schenkungsvertrag festzulegen und die Anwendung der gesetzlichen Regelungen nur als Ersatzlösung vorzusehen. Zu den wichtigen Bestandteilen von Rücktrittsrechten und Widerrufsvorbehalten zählen neben dem Vorliegen des jeweiligen Rücktrittsgrundes als Entstehungsgrund für das Rückforderungsrecht insbesondere auch spezifische Regelungen. Etwa die Forderung nach einer form- und fristgerechten Rücktrittserklärung, die Nichterstattung bereits empfangener Leistungen sowie die Rückdatierung des Rücktritts auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (vgl. Welzer 2018: S. 3109).
6 Einkommensteuer
Eine adäquate Vorbereitung und Planung der Unternehmensnachfolge beschränkt sich keineswegs auf die erbschaftssteuerlichen Überlegungen, sondern erfordert ebenso eine umfassende ertragsteuerliche Analyse und Planung. Hierbei steht die Frage im Vordergrund, ob unternehmerisches Vermögen zu Buchwerten übertragen werden kann oder eine Hebung der stillen Reserven notwendig ist. Es kann sogar sinnvoll sein, gezielt stille Reserven zu heben, um sie mit vorhandenen Verlustvorträgen zu verrechnen. Die Auswirkungen des Übertragungsvorgangs auf die laufende ertragsteuerliche Position des übertragenen Unternehmens und dessen Inhaber oder Gesellschafter sind ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil einer ertragsteuerlichen Nachfolgeplanung (vgl. Wiese/Lukas 2021: S. 361).
Die entscheidende Voraussetzung für die einkommensteuerliche Untersuchung ist die klare Abgrenzung zwischen steuerlichem Betriebsvermögen und steuerlichem Privatvermögen.
6.1 Unentgeltliche Übertragung
Eine Übertragung wird als unentgeltlich angesehen, wenn der Erwerber für die Übernahme des Vermögens keine Gegenleistung erbringt. Von einer Gegenleistung ausgenommen sind hierbei Versorgungs- und Unterhaltsleistungen gem. § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG und § 12 Nr. 2 EStG. Bei der Übernahme von Verbindlichkeiten ist eine differenzierte Betrachtung notwendig: Obwohl die Übernahme von Verbindlichkeiten des Übertragenden durch den Erwerber im Allgemeinen als Gegenleistung für die Übertragung des betrieblichen Vermögens angesehen wird, kann dennoch ein unentgeltliches Geschäft vorliegen, wenn die Übertragung eines Gewerbebetriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils auch diejenige der betrieblichen Verbindlichkeiten einschließt. Dies beruht auf der Bewertung, dass die übernommenen betrieblichen Verbindlichkeiten als Teil des übertragenen Vermögens selbst Gegenstand der Übertragung sind (vgl. Wiese/Lukas 2021: S. 376).
6.1.1 Buchwertfortführung § 6 Abs. 3 EStG
Eine Übertragung auf einen oder mehrere Erwerber beinhaltet eine steuerlich wirksame Aufdeckung der stillen Reserven im übertragenen Vermögen. Speziell bei unentgeltlichen Übertragungen stellt dies eine Herausforderung dar. Werden die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 EStG erfüllt, führt eine steuerliche Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils zu einer Übertragung stiller Reserven auf den Erwerber bei gleichzeitiger Buchwertfortführung (vgl. Wiese/Lukas 2021: S. 362). Hierfür begünstigt ist die unentgeltliche Übertragung der funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen auf einen Erwerber in einem Vorgang. Besteht zwischen mehreren Vorgängen ein kausaler Zusammenhang, gilt dies auch als begünstigt (vgl. Kulosa 2023: Rn. 706). Die Bedeutung dieser Regelung für eine vorweggenommene Erbfolge sollte nicht unterschätzt werden, da sie die Fortführung und den Erhalt von betrieblichen Einheiten ermöglicht und die Generationennachfolge wesentlich erleichtert, indem sie weder einen Veräußerungsgewinn noch eine Betriebsaufgabe nach § 16 EStG auslöst. Die Übertragung erfolgt bilanztechnisch zu Buchwerten, wobei der Erwerber an die Buchwerte des Rechtsvorgängers gebunden ist, und bildet somit kein Abschreibungspotenzial. Die Buchwertfortführung gewährleistet eine spätere Versteuerung der stillen Reserven beim Empfänger (vgl. Hänsch 2022: Rn. 1 ff.). Ist eine Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG nicht möglich, da etwa ein Teil der wesentlichen Betriebsgrundlagen nicht übergeben wurde oder eine zeitgleiche Entnahme oder Veräußerung stattfindet, kann dem Übergeber ein begünstigter Aufgabegewinn gem. §§ 16 Abs. 3, 34 EStG gewährt werden (vgl. Hoheisel 2021: S. 237).
Im Falle von Mitunternehmeranteilen umfasst die Übertragung von Betriebsvermögen nicht nur die Wirtschaftsgüter des gemeinschaftlichen Gesamthandsvermögens, sondern auch jene bedeutenden Betriebsgrundlagen, die sich im Sonderbetriebsvermögen des übertragenden Gesellschafters befinden und steuerlich als Teil des Mitunternehmeranteils behandelt werden. Eine zwingende Voraussetzung für die Buchwertfortführung ist die Übertragung aller funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen beider Vermögensgruppen. Andernfalls würde eine gewinnrealisierende Betriebsaufgabe vorliegen. Wird jedoch nur ein Teil des Mitunternehmeranteils übertragen, kann die Übertragung funktional wesentlicher Betriebsgrundlagen des Sonderbetriebsvermögens gem. § 6 Abs. 3 S. 2 EStG entfallen. In diesem Fall gilt die Buchwertfortführung auch dann, wenn der übertragende Mitunternehmer Wirtschaftsgüter, die weiterhin zum Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft gehören, nicht mit überträgt und der Erwerber den übernommenen Mitunternehmeranteil für mindestens fünf Jahre behält und nicht veräußert oder aufgibt (vgl. Kraft 2021: S. 2264).
Der jüngsten Rechtsprechung des BFH v. 10.09.2020 zufolge findet eine Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 S. 1 HS 1 EStG im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge nur dann keine Anwendung, wenn eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage des Sonderbetriebsvermögens zeitgleich mit einer Veräußerung auf eine andere Person unentgeltlich übertragen wird. Wohingegen bei einer lediglich juristischen vorgelagerten Veräußerung oder Entnahme die Buchwertfortführung zwingend greift (vgl. BFH-Urteil 10.9.2020: S. 367 ff.).
Der BFH schließt sich im Wesentlichen der Auffassung des BMF an, konkretisiert jedoch den entscheidenden Zeitpunkt für die Übertragung wesentlicher Betriebsgrundlagen. Zur Beurteilung, ob alle wesentlichen Betriebsgrundlagen übertragen wurden, ist ausschließlich das Betriebsvermögen zum Zeitpunkt der unentgeltlichen Übertragung und nicht das zum Zeitpunkt der Übertragung selbst vorhandene Betriebsvermögen von Belang. Die Prüfung hat demnach einen zeitpunktbezogenen, jedoch keinen zeitraumbezogenen Charakter (vgl. Hoheisel 2021: S. 237; BMF v. 20.11.2019: S. 1291).
6.1.2 Realteilung § 16 Abs. 3 S. 2 EStG
Die in § 16 Abs. 3 S. 2 EStG verankerte Realteilung gilt als bedeutsames Mittel der Steuergestaltung. Sie erlaubt die Neustrukturierung von Unternehmen sowie die Aufteilung von Gesellschafteranteilen mit Blick auf die Unternehmensnachfolge und kann im Rahmen von Erbauseinandersetzungen dazu genutzt werden, eine steuerneutrale Übertragung des Unternehmens auf die Nachfolger zu gewährleisten. Neben den bereits bekannten Möglichkeiten der steuerneutralen Umstrukturierung, wie sie in § 6 Abs. 3 und § 6 Abs. 5 EStG sowie im Umwandlungssteuergesetz verankert sind, stellt die Realteilung eine weitere Option dar (vgl. Graw 2017: S. 1498). Die jüngste Rechtsprechung des BFH und die Vorgaben der Finanzverwaltung haben den Begriff der Realteilung weiterentwickelt, wodurch ihre praktische Relevanz voraussichtlich weiter an Bedeutung gewinnen wird.
Eine steuerneutrale Umstrukturierung von Unternehmen und die Trennung von Gesellschafterstämmen zur Vorbereitung oder Durchführung der Unternehmensnachfolge können mittels einer Realteilung gem. § 16 Abs. 3 S. 2 EStG erreicht werden. Dabei sind die Buchwerte fortzuführen, sofern die Besteuerung der stillen Reserven gewährleistet ist (vgl. Schallmoser 2023: Rz. 390). Der übernehmende Mitunternehmer ist an diese Werte gebunden, was § 16 Abs. 3 EStG als speziellere Vorschrift gegenüber § 6 Abs. 5 S. 3 EStG hervorhebt (vgl. BMF v. 19.12.2018: S. 6). Zur Vermeidung einer rückwirkenden Gewinnrealisierung ist die Einhaltung der Sperrfrist von drei Jahren des § 16 Abs. 3 S. 3 EStG unabdingbar.
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- Julia Zandtner (Author), 2023, Erbschaft- und schenkungsteuerliche Optimierung bei Unternehmensvermögen. Eine Checkliste, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1369176
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