Das römische Reich im 2. Jh. n. Chr. – das goldene Jahrhundert?
Unser Seminar im Wintersemester 2008/2009 stand unter der Fragestellung inwieweit man in Hinblick auf die historischen Ereignisse des Römischen Reiches im 2. Jh. n. Chr. von einem „goldenen Jahrhundert“ sprechen kann. Die Referate zu verschiedenen Themen wie z. B. Wirtschaft, Religion und Politik haben gezeigt, dass man insgesamt tatsächlich von einem „goldenen Jahrhundert“ ausgehen kann – und das nicht zuletzt durch den Niedergang des Römischen Reiches, welcher sich ab der Regierung von Commodus am Ende des 2. Jhds. abzeichnete. Das 2. Jh. hat sich aus mehreren Gründen als positiv herausgestellt, auch wenn es zahlreiche Krisen gab, die bewältigt werden mussten. Einen Blickwinkel auf dieses „goldene Jahrhundert“ liefert ein Reiterstandbild von Marc Aurel.
In der vorliegenden Arbeit soll analysiert werden, inwiefern sich die historischen Ereignisse dieses Jahrhunderts in diesem Reiterstandbild widerspiegeln. Hierzu ist es notwendig sich sowohl den historischen Kontext als auch das Standbild genauer anzuschauen. Weiterführend soll die Rolle des Reiterstandbildes als Ehrendenkmal und die Wirkung der Figur des Kaisers behandelt werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Politische Situation in Rom unter Marc Aurel
2.1. Die Krisen des Römischen Reiches
2.2. Ein „goldenes Jahrhundert“?
3. Analyse der Reiterstatue von Marc Aurel
3.1. Beschreibung der Reiterstatue
3.2. Rückschlüsse über das 2. Jh. n. Chr. angesichts des Reiter- standbildes von Marc Aurel
3.3. Rückschlüsse auf die Kunst in Anbetracht des Reiterstand- bildes
3.4. Wirkung des Reiterstandbildes von Marc Aurel
4. Schluss
5. Literatur
6. Abbildungen
1. Einleitung
Unser Seminar im Wintersemester 2008/2009 stand unter der Frage-stellung inwieweit man in Hinblick auf die historischen Ereignisse des Römischen Reiches im 2. Jh. n. Chr. von einem „goldenen Jahrhun-dert“ sprechen kann. Die Referate zu verschiedenen Themen wie z. B. Wirtschaft, Religion und Politik haben gezeigt, dass man insgesamt tatsächlich von einem „goldenen Jahrhundert“ ausgehen kann – und das nicht zuletzt durch den Niedergang des Römischen Reiches, welcher sich ab der Regierung von Commodus am Ende des 2. Jhds. ab-zeichnete. Das 2. Jh. hat sich aus mehreren Gründen als positiv he-rausgestellt, auch wenn es zahlreiche Krisen gab, die bewältigt werden mussten.
Einen Blickwinkel auf dieses „goldene Jahrhundert“ liefert ein Reiter-standbild von Marc Aurel. In der vorliegenden Arbeit soll analysiert werden, inwiefern sich die historischen Ereignisse dieses Jahrhunderts in diesem Reiterstandbild widerspiegeln. Hierzu ist es notwendig sich sowohl den historischen Kontext als auch das Standbild genauer anzu-schauen. Weiterführend soll die Rolle des Reiterstandbildes als Ehren-denkmal und die Wirkung der Figur des Kaisers behandelt werden.
2. Politische Situation in Rom unter Marc Aurel
2.1. Die Krisen des Römischen Reiches
Als Marc Aurel 161 n. Chr. die Regierung des Römischen Imperiums übernahm, erstreckte sich dieses bereits über drei Kontinente: Europa, Afrika und Asien.1 Die Person Marc Aurel und sein politisches Handeln wird von Forschern differenziert bewertet. KARL CHRIST hat ein eher nüchternes Bild von Marc Aurel und betont das Fehlen einiger Aspekte, die einen erfolgreichen Kaiser ausmachen:
„Doch gerade iiz dem Augeizblick, iiz dem sie viruleizt wurdeiz [die ausseiz-politischeiz Gefahreiz (Aizm. d. Autors)], im Jahr 161 iz.Chr., trat der
vierzigjährige M.Aurel an die Spitze des Imperiums, ein feinsinniger, zar-ter asketischer Philosoph, dem bei allem Pflichteifer und persönlichem Be-mühen doch die unbeschwerte Soldatennatur eines Trajan ebenso fehlte wie die rigorose Vitalität eines Septimius Se'erus."2
Ein völlig anderes Bild des Kaisers hat ULRICH HOMMES vor Augen. Für ihn war Marc Aurel durch seinen Vorgänger und Adoptivvater An-tonius Pius ausreichend auf sein Amt vorbereitet worden:
„So war Marc Aurel insgesamt für das hohe Amt sehr wohl gerüstet, (...) Und Marc Aurel selbst fehlte es weder an Einsicht in die militärischen Notwendigkeiten noch an Verständnis für das politische Selbstbewußtsein [sic!] der römischen Senatsaristokratie."3
Beide Wissenschaftler sind sich jedoch in dem Punkt einig, dass Marc Aurel nach seinem Amtseintritt mit sehr vielen Krisen zu kämpfen hatte.4 Bereits 162 n. Chr. brach der erste Partherkrieg aus und zog sich über einen langen Zeitraum bis 165 n. Chr. hin. Kaum über diese Aufstände im Osten gesiegt, brach im Herbst 165 n. Chr. die Pest aus, die sich zu einer regelrechten Epidemie ausweitete und in mehreren Schüben bis 189 n. Chr. nachwirkte.
Auch die Folgen des Beginns der Völkerwanderungen gingen an Rom nicht spurlos vorbei. Gleich an mehreren Fronten gab es 166 n. Chr. von verschiedenen Völkerschaften große und kleine Aufstände, die man heute als den ersten Markomannenkrieg zusammenfasst. Durch mehrere Friedensbeschlüsse versuchte Marc Aurel den Krieg zu been-den. Doch herrschte der Frieden nur kurzweilig, da bereits 178 n. Chr. der zweite Markomannenkrieg ausbrach. Der Krieg gegen die Parther und die Markomannenkriege waren zwar die größten, jedoch nicht die einzigen Kriegsschauplätze. Auch in Spanien, Obergermanien und in Britannien gab es zeitgleich Aufstände, mit denen Rom zu kämpfen hatte. Die Kriegszüge und die Pestepidemie bescherten hohe mensch-liche und materielle Verluste.5
Nur von diesen Krisen zur Zeit von Marc Aurel ausgehend, fällt es schwer sich ein „goldenes J]ahrhundert” vorzustellen. Man muss je-doch bedenken, dass die außenpolitischen Probleme nur einen Teil des Lebens im 2. Jh. n. Chr. ausmachten und dass es noch weitere Berei-che gibt, die Hinweise auf ein „goldenes Jahrhundert“ geben.
2.2. Ein „goldenes Jahrhundert“?
Trotz der zahlreichen aussenpolitischen Aufstände und Kriege, die im vorhergehenden Kapitel skizziert wurden, spricht man auch von einem „goldenen Jahrhundert“ im Zusammenhang mit Marc Aurel und seinen Vorgängern. Dieses hängt sicherlich damit zusammen, dass jede aus-senpolitische Krise bewältigt wurde und zeitgleich die kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung Roms nicht abbrach.6 Zeugnisse dieser kulturellen Entwicklung sind Überreste von monumentaler Architek-tur und einer Vielfalt von Denkmälern in verschiedensten Formen. Feldzüge waren während des zweiten Jahrhunderts nicht selten, wirk-ten sich aber oft positiv auf den kulturellen und wirtschaftlichen Aus-tausch aus. Auch die kostbare Kriegsbeute, wie z. B. das Gold aus den Dakierkriegen (101–105 n. Chr.), trugen dazu bei, dass Rom kulturell und wirtschaftlich aufblühte.
Eigens auf Marc Aurel bezogen, ist noch ein Aspekt wichtig in Bezug auf das „goldene Jahrhundert“. Nicht ganz unwesentlich zum positi-ven Bild des princeps und des zweiten Jahrhunderts trug die Tatsache bei, dass Marc Aurel sich nicht nur theoretisch mit der Stoa auseinan-dersetzte, sondern danach lebte. Die Beschäftigung mit der Philoso-phie zeigte sich sowohl im äußeren Erscheinen und im Handeln des princeps, als auch in den Selbstbetrachtungen, die uns heute in seinen Büchern „eis heautòn“ als Quellen erhalten sind.7
3. Analyse der Reiterstatue von Marc Aurel
3.1. Beschreibung der Reiterstatue
Das Reiterstandbild des Kaisers Marc Aurel, welches wir heute in Rom auf der Piazza del Campidoglio in Rom sehen, ist zwar nur eine Ko-pie der Reiterstatue des 2. Jh. n. Chr., jedoch steht diese Kopie in ihrer Wirkung kaum dem Original nach.8 In den 80er Jahren des 20. Jahr-hunderts wurde das Reiterstandbild des Kaisers in aufwendiger Pro-zedur restauriert.9 Aus konservatorischen Gründen wurde das Bron-zebild jedoch nicht mehr auf der Piazza del Campidoglio aufgestellt, sondern in den nahegelegenen Räumlichkeiten des Kapitolischen Museums untergebracht. Das Monument wurde einige Jahre später durch eine Kopie ersetzt, deren Herstellung ebenso aufwendig war, wie die Restauration des Originals.10
Das überlebensgroße Reiterstandbild (424 cm " 384 cm) zeigt Marc Aurel in einer lockeren Sitzposition (Abb. 1). Den Rücken gerade aus-gestreckt, beugt sich der Reiter leicht nach vorne. Die kurze Tunika und der lange Mantel umschmeicheln den schlanken Körper des Rei-ters in zahlreichen Faltenwürfen. Den Kopf leicht zur rechten Seite gedreht, schaut der Kaiser mit einem ruhigen, fast schon abwesenden Gesichtsausdruck gerade aus. Die Mundwinkel sind leicht nach unten gezogen und werden durch verspielte Lockenpracht des Bartes leicht kaschiert (Abb. 2). Seinen rechten Arm streckt Marc Aurel gerade nach vorne und hält seine Handfläche nach unten geöffnet. Der linke Arm ist angewinkelt und schwebt über das linke Bein des Reiters. Die Art und Weise wie die Finger dieser Hand gestaltet sind, lässt die Vermu-tung zu, dass ein Gegenstand in dieser Hand gehalten wurde. Die muskulösen Beine sind, bis auf das fein ausgearbeitete Schuhwerk, vollständig nackt geblieben (Abb. 3). Zu der lockeren Sitzstellung der Reiters trägt sicherlich die Tatsache bei, dass Marc Aurel auf keinem Sattel sitzt, sondern nur auf einem relativ dünnen und reich verzierten Überwurf. Die Füße befinden sich auch nicht in einem Steigbügel, sondern hängen locker herunter.11
Wirkt der Reiter aufgrund zahlreicher gestalterischer Merkmale sehr entspannt und bewegungslos, so erscheint das Pferd in einer konträren Haltung. Das Tier ist sehr kräftig und der gesamte Körper ist von Muskeln und Sehnen durchzogen. Die Schrittstellung der Hinterbei-ne, sowie das stark angewinkelte und nach vorne gezogene rechte Vorderbein des Pferdes, zeigt deutlich, dass die Figurenkonstellation sich in einem Moment der Bewegung befindet. Weiterhin auffällig ist die detaillierte Ausarbeitung des Kopfes, bei der insbesondere die Ge-staltung der aufgerissenen Augen und des Tiermauls ins Auge fällt. Ähnlich wie der Kopf des Reiters wurde auch der Kopf des Pferdes leicht zur rechten Körperseite gezogen, sodass sich feine Hautfalten am Hals bilden und den Effekt vom lebendigen Körper verstärken (Abb. 4).
Diese kunstvoll ausgearbeitete Großplastik erscheint sehr majestätisch und repräsentativ. Der Kaiser wirkt weise und belehrend, jedoch nicht herablassend. Nach der Reinigung des Reiterstandbildes während der Restaurationsphase hat man zahlreiche Spuren von einem Goldüber-zug entdecken können, welche nun mit bloßem Auge zu erkennen sind. Diese Kenntnis über die Vergoldung des Monuments intensiviert die majestätische Erscheinung der „nackten“ Bronzefigur.12
[...]
1 vgl.: Christ, Karl: Geschichte der Römischen Kaiserzeit: von Augustus bis zu Konstantin, München 1995, S.332. / vgl.: Hom-mes, Ulrich: Der Philosoph auf dem Caesarenthron, In: Allianz AG (Hrsg.), Von der Burg, Detlev (Konzeption): Marc Aurel, Der Reiter auf dem Kapitol, München 1999, S.15.
2 Christ, Karl (1995) S.332.
3 Hommes, Ulrich (1999) S.13.
4 vgl.: Hommes, Ulrich (1999) S.15. / Christ, Karl (1995) S.332.
5 vgl.: Christ, Karl (1995) S.334-340.
6 vgl.: Hommes, Ulrich (1999) S.13.
7 vgl.: Christ, Karl (1995) S.343.
8 Für die genauere Datierung des Objektes gibt es keine schriftlichen Belege. Man geht jedoch von einer Fertigstellung des Ob-jektes zwischen 169-179 n.Chr. aus. vgl. hierzu: Allianz AG (Hrsg.), Von der Burg, Detlev (Koneption): Marc Aurel, Der Reiter auf dem Kapitol, München 1999, S. 59 und ausführlicher zu diesem Thema gibt es Ausführungen auf den S. 141.
9 Eine sehr ausführliche Darstellung der Restaurierung dieses Objektes findet man in Vaccaro, Alessandra Melucco (Hrsg.): Marco Aurelio, Storia di un monumento e del suo restauro, Mailand 1989, bisher leider nur auf italienisch.
10 vgl.: Allianz AG (Hrsg.), Von der Burg, Detlev (Konzeption): Marc Aurel, Der Reiter auf dem Kapitol, München 1999, S. 59 und ausführlicher zu der Erstellung der Kopie finden sich weiterführende Ausführungen auf den S. 141-172.
11 Diese Darstellung ohne Sattel und Steigbügel ist für diese Zeit nicht ungewöhnlich, da der Pferdesattel, wie er uns heute be-kannt ist, erst im Mittelalter erfunden wurde. vgl.: Wünsche, Raimund (1999) S.61.
12 Sichere Angaben zur farbigen Gestaltung von antiker Bronzeplastik sind noch kompliziert zu ermitteln als bei der antiken Marmorskulptur. Da Bronze anders auf Umwelteinflüsse reagiert als Marmor, konnten bisher kaum Farbspuren mit Hilfe vielfäl-tiger wissenschaftlicher Untersuchungsmethoden auf Bronzeplastiken nachgewiesen werden, wie es bei Marmorstatuen möglich ist. Es gibt jedoch auch Hinweise auf die farbige Gestaltung von Bronzefiguren. Das Reiterstandbild von Marc Aurel ist, unter diesem Aspekt betrachtet, ein ausschlaggebender Hinweis auf die Polychromie der antiken Bronzeplastik. Ausführlicher und weiterführender zur Polychromie der antiken Bronzen siehe: Bunte Götter, Die Farbigkeit antiker Skulptur hrsg. von V. Brink-mann, Kat. Ausst., München (Staatliche Antikensammlung und Glyptothek München) 2003-2004, München 2004, S.127-147.
- Arbeit zitieren
- Olessja Bojko (Autor:in), 2009, Das goldene Jahrhundert und das bronzene Reiterstandbild von Marc Aurel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/136289
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