Die Logistikbranche befindet sich seit Jahren in einer Umbruchsituation. Getrieben durch die strukturellen Veränderungen auf Seiten der Logistik-Nachfrager verändert sich ihr Marktumfeld massiv und führt zu erhöhten Anforderungen hinsichtlich Flexibilität und Termintreue gegenüber ihren Kunden. Dabei wirkt sich die weiter anhaltende Tendenz zur Arbeitsteilung positiv auf die Nachfrage nach Transportdienstleistungen aus, denn die Zwischenprodukte müssen in der Regel zwischen den einzelnen Wertschöpfungspartnern transportiert werden. Gleichzeitig steigen die Transportfrequenzen und die durchschnittlichen Sendungsgrößen nehmen ab.
Für einen Logistikdienstleister geht es darüber hinaus oftmals nicht mehr nur um das Anbieten sowie die zuverlässige Abwicklung einer einfachen Transportleistung sondern um das Management sowie die operative Steuerung von mehrstufigen Supply-Chains. Dazu stehen ihnen zunehmend effiziente Instrumente zur Ortung, Steuerung oder Automatisierung von Waren- und Informationsflüssen zur Verfügung. Erschwerend wirkt die zurückliegende Deregulierung der 1990er Jahre , die zu einem deutlich stärkeren Konkurrenzdruck in Form einer größeren Anbieterzahl und sinkenden Preisen geführt hat.
Vor diesem Hintergrund soll unter Berücksichtigung der Marktstruktur und der Pro-zesseigenschaften des speziellen Logistikteilmarktes „LKW-Ladungsverkehr“ nach-folgend untersucht werden, wie genau sich die Herausforderungen darstellen, denen sich die Anbieter von LKW-Ladungsverkehren gegenwärtig gegenübersehen – ohnehin haben diese derzeit mit schwierigsten Rahmenbedingungen zu kämpfen. Darauf aufbauend soll der Frage nachgegangen werden, ob die Unternehmen durch eine stärkere Industrialisierung ihres Geschäftsmodells in Form der Umsetzung des aus den USA stammenden Modells der Advanced-Truckload-Firms (ATLF) in die Lage versetzt werden können, Antworten auf die zu analysierenden Herausforderungen zu finden. Das Ergebnis soll abschließend unter Einbezug der Anbieterstruktur auf dem Markt von LKW-Ladungsverkehren bewertet werden.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Die Logistikwirtschaft im Wandel
2. LKW-Ladungsverkehr
2.1 Marktüberblick
2.2 Einordnung in die Logistikteilmärkte und Prozesseigenschaften
3. Herausforderungen auf dem Markt für LKW-Ladungsverkehre
4. Das Konzept der Advanced-Truckload-Firms
4.1 Kernaspekte des Advanced-Truckload Ansatzes
4.2 Advanced-Truckload und die Herausforderungen im LKW-Ladungsverkehr11
5. Advanced-Truckload-Firms – ein Konzept für die Zukunft?
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Die Logistikwirtschaft im Wandel
Die Logistikbranche befindet sic h seit J ahren in einer Umbruchs ituation. G etrieben durch die s trukturellen Ve ränderungen auf Seiten der Logi stik-Nachfrager verändert sich ihr Marktumfeld massiv und führt zu erhöhten Anforderungen hinsichtlich Flexibi- lität und Termintreue gegenüber ihren Kunden.1 Dabei wirkt sich die weiter anhalten- de Tendenz zur Arbeitsteilung positiv auf di e Nachfrage nach Transportdienstleistun- gen aus, denn die Z wischenprodukte müssen in der Regel zwis chen den einze lnen Wertschöpfungspartnern transportiert werden. 2 Gleichzeitig steigen die Trans portfre- quenzen und die durchschnittlichen Sendungsgrößen nehmen ab.3
Für einen Logistikdienstleister geht es darüber hinaus oftm als nicht mehr nur um das Anbieten sowie die z uverlässige Abwick lung einer einfachen Transportleistung son- dern um das Management so wie die oper ative Steuerung von mehrstufigen Supply- Chains. Dazu stehen ihnen zunehmend effizi ente Instrumente zur Ortung, Steuerung oder Automatisierung von War en- und In formationsflüssen zur Verfügung. Erschwe- rend wirkt die zurückliegende Deregulierung der 1990er Jahre4, die zu einem deutlich stärkeren Konkurrenzdruck in Form einer größeren Anbi eterzahl und sinkenden Prei- sen geführt hat.5
Vor dies em Hintergrund soll unter Berücksi chtigung der Marktstruktur und der Pro- zesseigenschaften des speziellen Logistikt eilmarktes „LKW-Ladungsverkehr“ nach- folgend untersucht werden, wie genau sic h die Heraus forderungen darstellen, denen sich die Anbieter von LKW-Ladungsve rkehren gegenwärtig gegenübersehen – ohne- hin haben diese derzeit mit schwierigsten Rahmenbedingungen6 zu kämpfen. Darauf aufbauend soll der F rage nach gegangen werden, ob die Un ternehmen durch eine stärkere Industrialis ierung ihres Geschä ftsmodells in Form der Umsetzung des aus den USA s tammenden Modells der Advanced- Truckload-Firms (ATLF) in die Lage versetzt werden können, Antworten auf die zu analysierenden Herausforderungen zu finden. Das Ergebnis soll abschließend unter Ei nbezug der Anbiet erstruktur auf dem Markt von LKW-Ladungsverkehren bewertet werden.
2. LKW-Ladungsverkehr
2.1 Marktüberblick
Die Logistikbranche insgesamt hat sich bez üglich des Marktvolumens in den letzt en Jahren deutlich positiv entwickelt. So betrug dieses in Europa7 im Jahre 2007 ca. 900 Mrd. €. Davon entfielen 205 Mrd. € alleine auf Deutschland, wobei dort ein Anteil von 44% wiederum dem Bereich Transport zu gerechnet werden kann . Gegenüber 2004 entspricht dies einer kost enbereinigten Stei gerung von 8%. 8 Der Ladungsv erkehrs- markt nimmt dabei eine bedeutende Stellung ei n. Von den ca. 90 Mrd. € Umsatz im Transportbereich in Deutschland wur den 2007 alleine 29,5 Mrd. € durch die La- dungsverkehrsbranche erwirtschaftet.9 Der LKW-Ladungsverkehr hat an dies em Vo- lumen mit über 93% oder 27,5 Mrd. € den weitaus größten Anteil.10 Insbesondere der allgemeine Ladungsv erkehr für Transporte ohne spezialisiertes Equipment trägt zu diesen Umsätzen bei. Allerdings ist eine exakte Zuordnung der Umsätze schwierig, da viele Ladungstrans porte, bzw. die dafür einges etzten Fahrze uge und Auf bauten, für einen Teil der Transporte in anderen Teilmärkten verwendet werden.11 Die hohen Umsätze werden überwiegend von kleinen und mittleren Unternehmen erwirtschaftet, die zu z wei Dritteln aus ma ximal fünf Anges tellten bestehen.12 Die jeweils zehn um- satzstärksten Unternehmen auf den zwei größten Ladungsverkehrsteilmärkten gene- rieren dort aggregiert lediglich 18% des Gesamtumsatzes. Die übrigen ca. 10.000 Anbieter teilen sich die verbleibenden 82% des Marktvolumens.13
2.2 Einordnung in die Logistikteilmärkte und Prozesseigenschaften
Die Ladungsverkehrsmärkte sind nach K LAUS]/KILLE Teilmärkte des Güterverkehrs- marktes, der in insgesamt sechszehn Segm ente unterteilt ist, die sich hinsichtlic h Kriterien wie z.B. Ei genschaften der Transportgüter, Art des Verkehrsmittels oder Art des Ladeequipments unt erscheiden. Der LKW-Ladungsverk ehr wiederum stellt sich als Subsegment der Märk te für Ladungsv erkehre dar. 14 Ladungsv erkehrstransporte können dabei grunds ätzlich unt er Verwen dung von verschiedenen Verkehrsmitteln durchgeführt werden. Neben den hier relevanten LK W-Ladungstransporten sind Transporte ebenfalls per Bahn, Schiff oder Flugzeug möglich.15
Ein wic htiges Untersc heidungsmerkmal von Ladungs verkehren li egt in den phys i- schen Eigenschaften der Tr ansportgüter. Deren Gewicht liegt üblicherweise zwi- schen 3t und 25t, während das Gewicht von Stückgüt ern sich im Rahmen v on 30kg bis 2.500kg16 bewegt und Bulk-Transporte mit über 25t deutlich sc hwerer sind. Darü- ber hinaus werden bei letzteren vornehmlich industrielle Grundstoffe oder land wirt- schaftliche Produkte in großen Mengen be fördert. Im Ladungsv erkehr sind es dage- gen vor allem Güter aus dem Bereich der industriellen Zwischen- und Fertigprodukte, die zwischen den Standorten der Wertschöpfungspartner mi t oder ohne spezialisier- tes Equipment transportiert werden. Daneben steht der Stückgutverkehr zum Trans- port von trockenen und stapelfähigen Gütern , die „einzeln gehandhabt werden und deren Bestand stückweise oder als Gebinde (…) geführt wird.“17 18 Stückgüter werden dabei in der Regel zu Sammelgut zusammengefasst und über weitverzweigte Trans- portnetzwerke bis zu einem Empfangsdepot weiter geleitet, wo diese der Endvertei- lung mit speziellen Nahverkehrsfahrzeugen zugeführt werden.19
LKW-Ladungsverkehre werden sowohl in Fo rm von Komplett- als auch v on Teilla- dungsverkehren abgewickelt. Komplettladungen lasten ein F ahrzeug vollständig aus sodass diese im Direktverkehr „ohne Fahr zeugwechsel und ohne den Einb ezug von Umschlagpunkten“20 („Punkt-zu-Punkt-Transporte“21 )vom Versender zum Empfänger befördert werden können. 22 Vor- und Nachläuf e zur Kons olidierung bzw. Entkonsoli- dierung v on Ladungen, die, wi e gerade dargestellt, bei St ückguttransporten üblich sind, sind beim Transport von Komplettlad ungen daher nicht erforderlich. Im Gegen- satz dazu stehen die Teilladungsverkehre, deren einz elne Teilladungen das Trans- portfahrzeug nic ht vollständig auslasten und somit Vor- und Nachläufe u nter be- stimmten Bedingungen 23 wirtschaftlich sinn voll erscheinen lassen. 24 Aufgrund der größeren Volumina und Gewichte von Teil ladungen halten sich die dafür benötigten Fahrten jedoch in engen Grenzen 25. Es wer den d ieselben Fahrz euge (sogenannt e Ansatzfahrzeuge) eingesetzt, die auch den eigentlic hen Haupttransport zum Emp- fänger bzw. Empfangsdepot leis ten. Die Prozesse zur K onsolidierung und Entkonso- lidierung s ind darüber hinaus aufgrund der geri ngen Stückzahlen deutlich weniger komplex, vor allem da nn, wenn eine bestimmte Teilladung einen der LKW-Aufbauten (z.B. eine Wechselbrücke) vollständig auslastet.26
Anders als im Stückgutverkehr üblic h, si nd Linienv erkehre, bei denen Strecken in festgelegten Takten (z.B. einmal täglic h zwischen zwei Hubs) bedient werden, 27 im LKW-Ladungsverkehr weniger weit verbreitet, da sowohl das Ladungsaufkommen als auch Start- und Zielort e häufig sehr wechselhaft sind. Die T ouren müssen daher, vor allem im gr enzüberschreitenden Komplettladungsverkehr, regelmäßig als Trampver- kehr durchgeführt werden.28 Dabei werden dem Fahrzeug Touren zugewiesen, deren Startpunkte sich möglichst in der Nähe der vorherigen Zielpunk te befinden, um die Zahl der Leerkilometer gering zu halten. Dies kann jedoch dazu führen, dass die Fah- rer mehrere Wochen unterwegs sind, bis sie ihren Heimatstandort wied er erreicht haben. Alternativ daz u müssen geeignete Aufträge für Rückladu ngen in die Nähe des Ausgangspunktes gefunden oder Leerfahrten in Kauf genommen werden.29
3. Herausforderungen auf dem Markt für LKW-Ladungsverkehre
Die Herausforderungen, denen sich di e Anbieter LKW- Ladungsverkehren gegen- übersehen, lassen sic h in vier größere Gr uppen einteilen, wobei sich deren Auswir- kungen auf die Unternehmen zu m Teil gegenseitig bedingen. Zu diesen gehören ne- ben Problematiken sowohl auf der Einnahmen- als auch der Kostenseite, die Ar- beitsbedingungen der Fahrer sowie insbesondere auch die im vorangegangenen Ab- schnitt angesprochene Thematik der Flottensteuerung und Kapazitätsauslastung. Ein ganz wes entlicher Treiber für die im Folgenden dargestellten Herausforderungen sind dabei die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die von Seiten der Europäischen Union in den letzten zwei Jahrzehnten substantiell verändert wurden.
[...]
1 vgl. Klaus und Kille (2008), S. 23
2 vgl. Gleißner und Femerling (2008), S. 41
3 vgl. Stumpf (1998), S. 2
4 vgl. Aberle (2003), S. 123f. sowie ergänzend Plehwe, D. (2007), S. 353
5 vgl. Klaus und Kille (2008), S. 26ff.
6 das BIP in der Europäischen Union ist im 1. Quartal 2009 um 4, 4% i.V. zum 1. Quartal 2008 um 4,4% zurückgegangen, in Deutschland um 6,9%. Vgl. dazu Eurostat (2009), S.2, URL siehe Literaturverzeichnis
7 bezogen auf die Länder der Europäischen Union (EU-27) plus Norwegen und die Schweiz
8 vgl. Klaus und Kille (2008), S. 45 und S. 76
9 vgl. ebenda, S. 90ff.
10 vgl. ebenda, S. 108
11 vgl. ebenda, S. 95
12 vgl. Aberle (2003), S. 65 und Kubenz (2008), S. 242
13 vgl. Klaus und Kille (2008), S. 95ff.
14 vgl. ebenda, S. 87 und S. 107
15 vgl. Stumpf (1998), S. 49
16 die Gewichtsgrenze zwischen Teilladungen und Stückgut kann flexibel zw. 1t und 4t liegen. Vgl. dazu Stumpf (1998), S. 32
17 ten Hompel und Heidenblut (2008), S. 280
18 vgl. Klaus und Kille (2008), S. 90ff.
19 vgl. ebenda, S. 111
20 Krause (2007), S. 23
21 Klaus und Kille (2008), S. 96
22 vgl. Krause (2007), S. 23 sowie Üster und Maheshwari (2007), S. 177
23 für eine Darstellung möglicher Beweggründe vgl. Stumpf (1998), S. 58
24 vgl. Fleischmann und Gietz (2008), S. 137 sowie Stumpf (1998), S. 50 und S. 55ff.
25 da i.d.R. pro LKW maximal sech s Teilladungen befördert werden, führt dies in Ab hängigkeit der Verlader- bz w. Empfänger- zahl zu einer entsprechenden Anzahl von Fahrten im Vor- und Nachlauf. Vgl. dazu Stumpf (1998), S. 55
26 vgl. Stumpf (1998), S. 55ff.
27 vgl. Fleischmann und Gietz (2008), S. 141 in Verbindung mit Stumpf (1998), S. 9 und S. 64f.
28 vgl. Klaus und Kille (2008), S. 96 sowie Stumpf (1998), S. 9
29 vgl. Üster und Maheshwari (2007), S. 177 sowie Klaus und Kille (2008), S. 98f.
- Arbeit zitieren
- Nico Kasang (Autor:in), 2009, LKW-Ladungsverkehr und das Konzept der Advanced-Truckload-Firms, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/136285