Zwar spielen in Lateinamerika traditionell Städte eine wichtige Rolle, trotzdem handelt es sich aber bei der Bevölkerung um eine bis ins 20. Jahrhundert agrarische geprägte Gesellschaft. Nach dem zweiten Weltkrieg lebten noch zwei Drittel aller Einwohner auf dem Land und dadurch bedingt wirkten sich Konflikte im Agrarsektor auch auf die gesamtgesellschaftliche und politische Ebene aus.
Heute lebt – aufgrund der Verstädterung und Industrialisierung – nur noch ein Drittel der Bevölkerung auf dem Land, trotzdem spielt die Landwirtschaft noch immer eine große Rolle, sowohl im wirtschaftlichen, als auch im sozialen Sektor.
Aufgrund der immer noch vorherrschenden sozialen Disparitäten und auch in Anbetracht des hohen Bevölkerungswachstums sowie den ökologischen Folgen der enormen Tropenwaldvernichtung ist eine Reform, die diesen Problematiken entgegenwirkt, längst nötig geworden, wenn nicht schon als überfällig anzusehen.
1 Einleitung
Zwar spielen in Lateinamerika traditionell Städte eine wichtige Rolle, trotzdem handelt es sich aber bei der Bevölkerung um eine bis ins 20. Jahrhundert agrarische geprägte Gesellschaft. Nach dem zweiten Weltkrieg lebten noch zwei Drittel aller Einwohner auf dem Land und dadurch bedingt wirkten sich Konflikte im Agrarsektor auch auf die gesamtgesellschaftliche und politische Ebene aus. Heute lebt – aufgrund der Verstädterung und Industrialisierung – nur noch ein Drittel der Bevölkerung auf dem Land, trotzdem spielt die Landwirtschaft noch immer eine große Rolle, sowohl im wirtschaftlichen, als auch im sozialen Sektor. Aufgrund der immer noch vorherrschenden sozialen Disparitäten und auch in Anbetracht des hohen Bevölkerungswachstums sowie den ökologischen Folgen der enormen Tropenwaldvernichtung ist eine Reform, die diesen Problematiken entgegenwirkt, längst nötig geworden, wenn nicht schon als überfällig anzusehen (vgl. WALDMANN 1990, S.24ff).
2 Landesüberblick
2.1 Allgemeine Daten und naturräumliche Voraussetzungen
Lateinamerika setzt sich zusammen aus den Staaten Mittel- und Südamerikas und hat einen Flächenanteil an der gesamten Fläche der Welt von 15,1%. Die Bevölkerung betrug 1996 rund 486 Mio., das sind 8,4 % der Weltbevölkerung. Aufgrund der Industrialisierung steigt auch die Verstädterungsquote immer höher, sie lag 1990 bei 64 %, das Bevölkerungswachstum bei 2,7 %. Die naturräumlichen Vorraussetzungen sind natürlich sehr unterschiedlich auf so einer großen Fläche, da sie für die Problematik an sich in differenzierter Form nicht ausschlaggebend sind, werden sie an dieser Stelle auch nicht im Einzelnen aufgezählt. Zu erwähnen ist aber, dass sich die Staaten nicht einfach in Klimazonen gliedern, wie sie von Mexiko im Norden bis nach Argentiniens Kap Hoorn im Süden vorkommen, sondern dass auch hier einige andere Faktoren, wie die Streichrichtung der Kodillieren und der Meeresströme, Einfluss nehmen (vgl. WALDMANN 1990, Tab.1).
Da es sich natürlich um sehr viele verschiedene Staaten mit unterschiedlichen Regierungsformen, naturräumlichen Ausstattungen und sonstigen Merkmalen handelt, fällt es schwer, von Lateinamerika als Ganzem zu sprechen. Nur aufgrund der ähnlich gelagerten Probleme im Agrarsektor und bei der Durchführung von Agrarreformen ist dies überhaupt möglich.
2.2 Geschichtliche Entwicklung des Agrarsektors
Die Geschichte des Agrarsektors in Lateinamerika begann mit der Kolonialisierung und der damit verbundenen Ausbeutung durch die iberischen Völker. Um sich die Einwohner untertan zu machen und gleichzeitig die Ressourcen auszubeuten, erhielten die Einwohner ein Stück Land zur eigenen Bewirtschaftung und mussten zudem auf dem Land der Kolonialherren arbeiten, um die begehrten Exportprodukte wie Kaffee, Kakao, Tabak oder Baumwolle zu produzieren. Zwar änderten sich die Herrscher, nicht aber die Machtverhältnisse, und so entstanden aus den von den Kolonialherren eingeführten Abhängigkeitsverhältnissen die unten genauer beschriebenen Haciendas als Form der Bodenbewirtschaftung in Lateinamerika (vgl. HEIMPEL 1983, S.268).
3 Landaufteilung und ländliche Bevölkerung
3.1 Minifundien
Die Minifundien stellen Kleinstbesitze in der Grö?e von 0 bis 10 ha dar, wobei allerdings die meisten der lateinamerikanischen Minifundien über eine Grö?e von 2 ha nicht hinauswachsen. Zwar überwiegt die Anzahl der Minifundien ganz eindeutig über die der Latifundien, haben aber an der gesamtbewirtschafteten Fläche nur einen geringen Anteil. So stellen die Minifundien zwar 2/3 aller bäuerlichen Grundbesitze dar, ihr Anteil an der gesamten bewirtschafteten Fläche jedoch beträgt nur mehr 15 %. Dieser enorme Gegensatz der Eigentumskonzentration wird weiter gefördert durch die auch heutzutage meist noch gültige Realteilung. So wird die Minifundie gleichmäßig unter den Erben aufgeteilt und somit weiter verkleinert. Wirtschaftlich kennzeichnen sich Minifundien dadurch, dass sie wenig Eigenkapital aufweisen und die Bauern meist auch nur unzureichende landwirtschaftliche Kenntnisse besitzen. Zudem besteht auch noch eine ablehnende Haltung gegenüber moderner Technologien zur Landbewirtschaftung. Der Hauptteil der Produktion dient der Selbstversorgung, Überschüsse werden auf dem lokalen Markt verkauft. Da jedoch die Parzellen meist zu klein und die Erträge zu niedrig sind, arbeiten viele Kleinbauern nebenbei noch zusätzlich als Landarbeiter auf Haciendas oder Plantagen, was eine hohe Mobilität voraussetzt (vgl. WALDMANN 1990, S.27).
3.2 Latifundien
In Lateinamerika findet man drei Arten des Großgrundbesitzes: die traditionelle Hacienda, die exportorientierten Plantagen und einige Mischformen, die Viehestancias.
Die Latifundien nehmen ca. 85 % der gesamtbewirtschafteten Fläche ein, gehören aber lediglich einem Drittel der Landbesitzer. Von Latifundien spricht man ab einer Flächengröße von mehr als 100 ha, meist sind es wesentlich größere Grundstücke, Flächen mit über 1 Mio. ha sind keine Seltenheit. Zudem haben diese mittleren und großen Betriebe nicht nur die besten Böden, sondern auch einen leichteren Zugang zu Krediten und meist erheblichen politischen Einfluss. Sie sind zumeist eng verbunden mit der Industrie und dem Handel, da sie durchaus Einfluss auch auf die Absatzmärkte und -möglichkeiten ihrer Waren haben. Aus sozialer Sicht sind Latifundien ungerecht und unter Produktivitätsgesichtspunkten unbefriedigend, da die Besitzer wirtschaftlich nicht von einer Produktivitätssteigerung abhängig sind (vgl. WALDMANN 1990, S.26).
3.2.1 Haciendas
Die traditionellen Haciendas haben ihre Wurzeln in der Kolonialzeit, sie stellen eine autarke Einheit dar, in der alles und jeder vom Großgrundbesitzer, dem Patrón, abhängig ist. Den Besitzern dienen die Haciendas in erster Linie als System zur Sicherung des Monopols an Boden, Prestige und politischer Macht, die Produktivität ist zweitrangig. Nur bei geringer Bodenfruchtbarkeit oder bei bestimmter Intensivkultur (z.B. Schafzucht im Hochland Boliviens) ist diese Art der Bodenbewirtschaftung ökonomisch. Oft stellt die Hacienda auch das soziale Zentrum, da viele Patróns Kirchen und Kaufläden auf ihrem Grundstück bauen. Der Patrón selbst lebt meist nicht hier, sondern in der Stadt, sämtliche Aufgaben vor Ort übernimmt der von ihm eingesetzte Verwalter. Die abhängigen Bauern, Colonos genannt, erhalten von ihm eine Parzelle, die sie zur Subsistenzwirtschaft nutzen, als Gegenleistung arbeiten sie 3 bis 5 Tage in der Woche auf den Ländern des Patrón. Die Haciendas dienen so meist der Selbstversorgung und beliefern den lokalen Markt, sind aber nicht auf den internationalen Export ausgerichtet. Solche traditionellen Haciendas findet man meist in Mexiko, Chile und Peru (vgl. HEIMPEL 1983, S.268f); Zweitbeleg: (vgl. WALDMANN 1990, S. 26f ).
3.2.2 Plantagen
Die Plantagenwirtschaft stellt eine exportorientierte, landwirtschaftliche Unternehmensform dar, man findet sie meist in den feuchtheißen Küstenzonen in Brasilien, Ecuador und Peru, sowie in allen mittelamerikanischen Staaten. Aufgrund der Ausrichtung auf den Export und der damit verbundenen technologischen Entwicklung bedarf eine Plantage beträchtlicher Investitionen, die nicht selten mit ausländischem Kapital vorgenommen werden. Hier spielen die multinationalen Konzerne (z. B. der weltweit größte Obstexporteur `United Brands´) eine große Rolle, sie vereinigen wirtschaftliches Machtpotential, da sie länderübergreifend agieren und in der Forschung den anderen Betrieben voraus sind, in einigen Ländern halten sie eine Monopolstellung. Die häufigsten Anbauprodukte sind Zuckerrohr, Baumwolle, Kakao, Kaffee und Bananen, einige Länder – insbesondere in Mittelamerika- sind heute durch diese Großkonzerne und deren Auswirkungen (Infrastruktur etc.) deutlich geprägt. Auf der Plantage findet man keine Colonos, hier werden nur Tagelöhner beschäftigt, die morgens per LKW abgeholt und meist am gleichen Abend bezahlt werden. Außerdem herrscht eine wesentlich rigorosere Arbeitsdisziplin vor, bis ins 19. Jhdt. wurden noch Sklaven beschäftigt (vgl. WALDMANN 1990, S. 27).
3.2.3 Viehestancias
Die Viehestancias sind eine Mischform aus Plantage und Hacienda und – wie aus dem Namen bereits erkennbar- auf Viehhaltung spezialisiert. Hier wird entweder Rinderhaltung in extensiver Form auf natürlichem Grasland betrieben, oder man findet hochspezialisierte Mastbetriebe auf Kunstweiden in der Nähe einer Stadt, wobei sich dann auch gleich milchverarbeitende Industrie ansiedelt (vgl. WALDMANN 1990, S. 27).
3.3 Mittelgrosse Betriebe
Betriebe mit einer Fläche von 10 bis 100 ha werden als mittelgroß bezeichnet, sie spielen allerdings in Lateinamerika keine große Rolle. Meist findet man sie in Argentinien, Chile und Brasilien, wo sie ab der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts von europäischen Einwanderern gegründet wurden. Diese Betriebe sollten besonders gestärkt und unterstützt werden, sind sie doch nachgewiesenermaßen – meist als Familienbetrieb geführt- überdurchschnittlich produktiv, was daraus resultiert, dass der Erfolg alleine von Tüchtigkeit abhängt. Man muss aber auch hier noch zwei Typen von Betrieben unterscheiden, da es einige gibt, die neuen Technologien gegenüber sehr aufgeschlossen sind und heute gefestigte Unternehmen darstellen, während andere den Anschluss an die Technologie verpasst haben und nun vom sozialen Abstieg bedroht sind (vgl. WALDMANN 1990, S.26f).
3.4 Pachtverhältnisse
So wie auf den Haciendas, sind in Lateinamerika Pachtverhältnisse weit verbreitet, allerdings dienen sie anderen Zwecken als Pachtverhältnisse in europäischen Regionen. In erster Linie ist die Pacht in Entwicklungsländern ein Weg, auf dem der Grundeigentümer unter Ausnutzung der sozialökonomischen Gegebenheiten ein arbeitsloses Einkommen erzielt. Meist gelten die – überwiegend mündlich geregelten- Pachtverträge nur für ein Jahr, was sich für den Pächter als sehr unvorteilhaft erweist, ist er doch in dieser kurzen Zeit nicht in der Lage, den Boden zu regenerieren. Als Folge daraus werden die Böden möglichst extensiv ausgebeutet, da der Pächter jederzeit befürchten muss, von dem Land vertrieben zu werden (vgl. WALDMANN 1990, S. 26f).
Es gibt drei vorrangige Arten des Pachtverhältnisses in Lateinamerika:
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- Quote paper
- Meike Knop (Author), 2003, Agrarreformen in Lateinamerika, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/136283
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