Braucht Deutschland einen gesetzlichen Mindestlohn?
Diese Frage wird aktuell heftig diskutiert. Einer der Gründe dafür ist, dass der Niedriglohnsektor in Deutschland seit Jahren wächst. Als Niedriglohnempfänger gilt, wer einen Verdienst von weniger als zwei Drittel des Medianlohns, das heißt des mittleren
Verdienstes, in Deutschland erhält.
Laut aktuellen Forschungsergebnissen aus dem “Institut für Arbeit und Qualifikation“ liegt die bundeseinheitliche Niedriglohnschwelle bei 9,13€ pro Stunde und der Niedriglohnanteil
für Deutschland insgesamt bei 22,6 Prozent. Das bedeutet, dass 6,59 Millionen Menschen für Niedriglöhne arbeiten. Es wird damit ein Anstieg des Niedriglohnanteils gegenüber dem Jahr 1995 um 43 Prozent verzeichnet.
Dabei verteilt sich ein zehnprozentiger Anstieg der Niedriglohnbeschäftigung auf den Zeitraum zwischen den Jahren 2004 und 2006. „Nicht nur, dass die Verdienste der Geringverdiener hinter der allgemeinen Lohnentwicklung zurückbleiben: Die durchschnittlichen Stundenlöhne der Niedriglöhner sind während der letzten beiden Jahre des
Untersuchungszeitraums sogar absolut gesunken - in Westdeutschland von 7,25 Euro auf 6,89 Euro und im Osten von 5,48 Euro auf 4,86 Euro.“ Dies ist ein deutliches Zeichen dafür, dass
sich das Lohnspektrum nach unten weiter ausdehnt und immer mehr Menschen unter dem Hartz IV Satz verdienen. Was kann Deutschland dagegen tun? Ist die Einführung von Mindestlöhnen sinnvoll?
In der folgenden Hausarbeit wird in Kapitel 2 zuerst der Begriff des Mindestlohnes geklärt sowie die Möglichkeiten der Ausgestaltung von Mindestlöhnen dargestellt. Kapitel 3 umfasst
die Analyse der Klassischen Theorie. Dabei werden deren mögliche Auswirkungen von Mindestlöhnen beschrieben und diese anhand von zwei Graphiken zum Arbeitsmarkt verdeutlicht. Darüber hinaus erfolgt eine kurze Darstellung von Problemen dieser Theorie.
Kapitel 4 thematisiert die Keynesianische Theorie und geht ebenso auf deren Effekte und Probleme ein. Im letzten Abschnitt werde ich meine eigene Sicht auf die Frage “Braucht Deutschland einen gesetzlichen Mindestlohn“ begründet darlegen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Problemstellung
2. Mindestlöhne
2.1 Definition Mindestlohn
2.2 Mindestlöhne in der Europäischen Union
3. Die Klassische Theorie
3.1 Die Grundsätze der Klassischen Theorie
3.2 Bedeutung von Mindestlöhnen in der Klassischen Theorie
3.3 Kritik an der Klassischen Theorie
4. Die Keynesianische Theorie
4.1 Die Grundsätze der Klassischen Theorie
4.2 Bedeutung von Mindestlöhnen in der Keynesianischen Theorie
4.3. Kritik an der Keynesianischen Theorie
5. Standpunkt des Verfassers
6. Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Freier Arbeitsmarkt
Abbildung 2: Arbeitsmarkt mit wirksamen Mindestlohn
Abbildung 3: Anteil der Beschäftigungen in Tarifgebundenen Betrieben
Abbildung 4: Beschäftigung in Abhängigkeit von der effektiven Güternachfrage bei Keynes
Abbildung 5: Keynesianische Angebotsfunktion
Abbildung 6: Kaufkrafttheorie
1. Problemstellung
Braucht Deutschland einen gesetzlichen Mindestlohn?
Diese Frage wird aktuell heftig diskutiert. Einer der Gründe dafür ist, dass der Niedriglohnsektor in Deutschland seit Jahren wächst. Als Niedriglohnempfänger gilt, wer einen Verdienst von weniger als zwei Drittel des Medianlohns, das heißt des mittleren Verdienstes, in Deutschland erhält.
Laut aktuellen Forschungsergebnissen aus dem “Institut für Arbeit und Qualifikation“ liegt die bundeseinheitliche Niedriglohnschwelle bei 9,13€ pro Stunde und der Niedriglohnanteil für Deutschland insgesamt bei 22,6 Prozent. Das bedeutet, dass 6,59 Millionen Menschen für Niedriglöhne arbeiten. Es wird damit ein Anstieg des Niedriglohnanteils gegenüber dem Jahr 1995 um 43 Prozent verzeichnet.1
Dabei verteilt sich ein zehnprozentiger Anstieg der Niedriglohnbeschäftigung auf den Zeitraum zwischen den Jahren 2004 und 2006 . „Nicht nur, dass die Verdienste der Geringverdiener hinter der allgemeinen Lohnentwicklung zurückbleiben: Die durchschnittlichen Stundenlöhne der Niedriglöhner sind während der letzten beiden Jahre des Untersuchungszeitraums sogar absolut gesunken - in Westdeutschland von 7,25 Euro auf 6,89 Euro und im Osten von 5,48 Euro auf 4,86 Euro.“2 Dies ist ein deutliches Zeichen dafür, dass sich das Lohnspektrum nach unten weiter ausdehnt und immer mehr Menschen unter dem Hartz IV Satz verdienen. Was kann Deutschland dagegen tun? Ist die Einführung von Mindestlöhnen sinnvoll?
In der folgenden Hausarbeit wird in Kapitel 2 zuerst der Begriff des Mindestlohnes geklärt sowie die Möglichkeiten der Ausgestaltung von Mindestlöhnen dargestellt. Kapitel 3 umfasst die Analyse der Klassischen Theorie. Dabei werden deren mögliche Auswirkungen von Mindestlöhnen beschrieben und diese anhand von zwei Graphiken zum Arbeitsmarkt verdeutlicht. Darüber hinaus erfolgt eine kurze Darstellung von Problemen dieser Theorie. Kapitel 4 thematisiert die Keynesianische Theorie und geht ebenso auf deren Effekte und Probleme ein. Im letzten Abschnitt werde ich meine eigene Sicht auf die Frage “Braucht Deutschland einen gesetzlichen Mindestlohn“ begründet darlegen.
2. Grundlagen zum Mindestlohn
2.1. Definition Mindestlöhne
Der Mindestlohn ist ein gesetzlich oder durch Tarifvertrag verbindlich festgelegtes Arbeitsentgelt, das den Beschäftigten als Minimum zusteht, um Ihre Grundbedürfnisse zu sichern.3
Durch einen vorgeschriebenen Mindestlohn soll verhindert werden, dass Menschen trotz Ihrer täglichen Arbeit am beziehungsweise sogar unter dem Existenzminimum leben. Mindestlöhne können in Ihrer Umsetzung und Struktur variieren und sich zum Beispiel auf einen bestimmten Monatslohn oder auf einen Stundensatz beziehen. Es kann einen für alle Arbeitnehmer festgelegten oder für bestimmte Branchen vorgeschriebenen Mindestlohn geben. Weiterhin kann man die Höhe eines Mindestlohns auch nach Alter, Qualifikation, Berufserfahrung oder Region festlegen.4
2.2 Mindestlöhne in der Europäischen Union
Nicht nur in Deutschland ist der Mindestlohn ein brisantes Thema, auch unsere Nachbarstaaten haben sich damit ausgiebig beschäftigt. In der Europäischen Union haben mittlerweile 20 von 27 Mitgliedsstaaten einen gesetzlichen Mindestlohn.5 Dabei kann man die unterschiedlichen Umsetzungen und Strukturen von Mindestlöhnen erkennen, da für jedes Land eigene Modelle beziehungsweise Regelungen gelten.
Im Folgenden soll ein kurzer Einblick in das System von Großbritannien gewährt werden.
Dort wurde im Jahr 1999, durch die Labour Regierung ein Mindestlohnmodell eingeführt, welches eine steigende Lohnuntergrenze vorsieht. Der Mindestlohn für Erwachsene lag vor sechs Jahren bei 3,60 Pfund die Stunde und ist bis heute auf 5,40 Pfund, also knapp acht Euro, gestiegen. Wichtig war hier, dass diese Steigerung immer frühzeitig angekündigt wurde und Unternehmen die Möglichkeit hatten, sich darauf einzustellen. Auch wurde ein extra Einstiegs- und Jugendlohnsatz eingeführt und eine Kommission mit Vertretern aus Wirtschaft, Gewerkschaften sowie Experten geschaffen, welche die Lohnhöhe festsetzt und Verstöße gegen das Gesetz aufdeckt. Dieses Modell stellt eines der erfolgreichsten der
Industrienationen dar.6 Es ist jedoch zu beachten, dass gerade einmal rund ca. 1,9 % der britischen Arbeitnehmer den Mindestlohn beziehen.7
Nichtsdestotrotz spiegelt die Tatsache, dass in Großbritannien ein Mindestlohn besteht, ein interessantes Bild wider, weiß man um die Abschaffung erst Anfang der 90iger Jahre eines bereits existenten Mindestlohnes.
Trotz der auf dem Globus bereits bestehenden Mindestlohnmodelle kann man hier keinen Rückschluss auf Deutschland ziehen, da überall verschiedene Wirtschafts-, Gesellschafts- und Politiksysteme vorhanden sind. Daher werden nachfolgend Mindestlöhne aus dem Blickwinkel zweier wichtiger Wirtschaftstheorien betrachtet.
3. Die Klassische Theorie
3.1 Die Grundsätze der Klassischen Theorie
Die klassische Theorie, später auch klassischer Liberalismus genannt, wurde im 18. und 19. Jahrhundert hauptsächlich von britischen Volkswirtschaftlern, wie zum Beispiel Adam Smith und David Ricardo, begründet.
Die Hauptthese dieser Theorie ist, dass nur durch freie Konkurrenz sowohl Preise, Beschäftigung, Einkommen als auch Produktion und Verteilung sowie Konsum, Sparen und Investition wie von einer ‚unsichtbaren Hand’ in ein natürliches Gleichgewicht gebracht werden. Der Markt reguliert sich selbst und ist nicht auf das Eingreifen des Staates angewiesen.8
Der Staat nimmt eine untergeordnete und vor allem passive Rolle hinsichtlich des Wirtschaftsgeschehens ein. Seine aktiven Aufgaben beschränken sich auf Ordnungs- und Schutzfunktionen. Darüber hinaus trägt er die Verantwortung für die Bereitstellung von Infrastruktur, Sicherheit, Rechtsordnung und Ausbildung, welches die Möglichkeiten des Einzelnen übersteigen. Auf Grund dessen wird hier auch von einem “Nachtwächterstaat“ gesprochen, der Rahmenbedingungen schafft aber „alles dem freien Spiel der wirtschaftlichen Kräfte überlässt.“9
Die menschliche Freiheit steht im Vordergrund, damit jedes Individuum seine eigenen Interessen verfolgen kann, um insgesamt das Gemeinwohl zu steigern.
Die klassische Nationalökonomie nimmt hier also eine Position des Wirtschaftsliberalismus ein. Für die Wirtschaftssubjekte, wie Haushalte und Unternehmen, bedeutet es, dass sie selbstständig ihr Handeln festlegen und ihre Pläne nicht aufeinander abstimmen. Der Preis wird durch Angebot und Nachfrage auf dem Markt gebildet. Mit der klassischen Theorie wird die kapitalistische Wirtschaftsordnung als automatisch funktionierendes System dargestellt, das immer zu einem gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht mit Vollbeschäftigung tendiert.10
[...]
1 Vgl. IAQ Report 01/2008, S. 1-3
2 Böckler Impuls, Ausgabe 03/2008, S. 6-7
3 Vgl. IAB (27.April 2008) http://www.iab.de/asp/Xinfo/dokSelect.asp?show=For
4 Vgl. Förderland (27.April 2008) http://www.foerderland.de/1228.0.html
5 Vgl. Stuttgarter Zeitung (19. April 2008) Seite 16
6 Vgl. Tagesschau (18.April.2008), http://www.tagesschau.de/wirtschaft/meldung46678.html
7 Vgl. Sinn, H.W. : ifo Schnelldienst, 2008, S. 60
8 Vgl. Schenk, H.: Mikroökonomie, 2007, Seite 20f.
9 Bundeszentrale für politische Bildung (27.April 2008),
http://www.bpb.de/popup/popuplemmata.html?guid=GU87C
10 Vgl. Schenk, H.: Mikroökonomie, 2007, Seite 21f und Seite 32 f
- Quote paper
- Anne Wittig (Author), 2008, Auswirkungen von Mindestlöhnen mittels der klassischen und keynesianischen Theorie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135814
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