Die Mären Heinrich Kaufringers thematisieren überwiegend Situationen, in denen Protagonisten Gewaltakte ausüben oder erleiden müssen. Häufig steht diese Gewalt in Verbindung zur Sexualität und zum Geschlecht. Das Märe „Die Rache des Ehemanns“, das Gegenstand dieser Arbeit ist, lässt sich in drei Episoden gliedern. Zwischen diesen drei Episoden besteht eine Beziehung dahingehend, dass in jeder Gewalttaten vollzogen werden.
Bevor das Märe Heinrich Kaufringers näher analysiert wird, wird die Grundlage der Diskussion der Literaturwissenschaftler zum Begriff und zur Gattung mære und die dazugehörigen unterschiedlich vertretenen Standpunkte dargelegt. Im weiteren Verlauf wird thematisiert, wie problematisch eine Gattungszuordnung erscheint und welche Merkmale die Erzählung „Die Rache des Ehemanns“ zum Märe erheben. Im Anschluss werden Themen der schwankhaftenErzählungen benannt und in diesem Kontext eine Zuordnung des Märes „Die Rache des Ehemanns“ vorgenommen. Besonderes Augenmerk wird auf die Thematik sprâche und gewalt gelegt. Hier wird zunächst der Begriff gewalt näher erläutert und ausgehend von der dreiteiligen Konzeption des Textes die Gewaltakte kurz dargelegt. Expliziert wird, wie sprâche und gewalt innerhalb des Handlungsablaufs auftreten können und wie sie von den Protagonisten verwendet werden. Anhand ausgewählter Exempel wird präsentiert, wie Sprache als Sprechakt und ebenso als Handlung agieren kann. Des Weiteren soll deutlich werden, was Sprachgewalt und körperliche Gewalt für Auswirkungen auf die Figuren haben und wie sie sich in Szene setzen.
Im Anschluss wird die Komik im Märe „Die Rache des Ehemanns“ betrachtet, indem der Begriff „Komik“ definiert wird. Anhand von Textbeispielen wird belegt, wo und wie Komik auftritt und welche Funktion sie damals im Mittelalter hatte.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Diskussion des Märenbegriffs
3 Gattungszuordnung des mæres „Die Rache des Ehemanns“
4 sprâche und gewalt im mære „Die Rache des Ehemanns“
5 Komik in „Die Rache des Ehemanns“
6 Schluss
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Die Mären Heinrich Kaufringers thematisieren überwiegend Situationen, in denen Protagonisten Gewaltakte ausüben oder erleiden müssen. Häufig steht diese Gewalt in Verbindung zur Sexualität und zum Geschlecht. Das Märe „Die Rache des Ehemanns“, das Gegenstand dieser Arbeit ist, lässt sich in drei Episoden gliedern. Zwischen diesen drei Episoden besteht eine Beziehung dahingehend, dass in jeder Gewalttaten vollzogen werden.
Bevor das Märe Heinrich Kaufringers näher analysiert wird, wird die Grundlage der Diskussion der Literaturwissenschaftler zum Begriff und zur Gattung mære und die dazugehörigen unterschiedlich vertretenen Standpunkte dargelegt. Im weiteren Verlauf wird thematisiert, wie problematisch eine Gattungszuordnung erscheint und welche Merkmale die Erzählung „Die Rache des Ehemanns“ zum Märe erheben. Im Anschluss werden Themen der schwankhaftenErzählungen benannt und in diesem Kontext eine Zuordnung des Märes „Die Rache des Ehemanns“ vorgenommen.
Besonderes Augenmerk wird auf die Thematik sprâche und gewalt gelegt. Hier wird zunächst der Begriff gewalt näher erläutert und ausgehend von der dreiteiligen Konzeption des Textes die Gewaltakte kurz dargelegt. Expliziert wird, wie sprâche und gewalt innerhalb des Handlungsablaufs auftreten können und wie sie von den Protagonisten verwendet werden. Anhand ausgewählter Exempel wird präsentiert, wie Sprache als Sprechakt und ebenso als Handlung agieren kann. Des Weiteren soll deutlich werden, was Sprachgewalt und körperliche Gewalt für Auswirkungen auf die Figuren haben und wie sie sich in Szene setzen.
Im Anschluss wird die Komik im Märe „Die Rache des Ehemanns“ betrachtet, indem der Begriff „Komik“ definiert wird. Anhand von Textbeispielen wird belegt, wo und wie Komik auftritt und welche Funktion sie damals im Mittelalter hatte.
2 Diskussion des Märenbegriffs
Wer sich mit der Literatur des Mittelalters auseinandersetzt, wird schnell merken, dass die Autoren der damaligen Zeit nicht nur Romane verfasst haben, sondern auch eine enorme Vielzahl von kleineren Erzählformen. Zu dieser kleineren Erzählepik gehören unter anderen das Fabliau, das Exempel, die Bispel und das mære.[1]
Das mittelhochdeutsche Substantiv mære, mâre[2] oder mærelîn [3] wird im Neuhoch-deutschen als Geschichte, Erzählung, Überlieferung, Quelle, Sachverhalt, Kunde, Nachricht oder auch als Gerücht u.ä. übersetzt. Auf Grund der Häufigkeit des Wortes mære in der Märendichtung, erhebt Hanns Fischer dieses zum „[…] üblichen Gat-tungsterminus […], [obwohl es][4] keinen allgemein verbindlichen Bezeichnungsusus für die Gattung „Märe“ [im Mittelalter] gab […]“[5]. Er unternahm 1968 in den „Studien zur deutschen Märendichtung“ den Gliederungsversuch, die Märendichtung nach Gemeinsamkeiten und verwandtschaftlichen Beziehungen zu gruppieren und auf „[…] ihre konstitutiven Merkmale […] zu analysieren [und] ihre Grenzen nach allen Seiten hin abzustecken […]“[6]. Nach der Definition Fischers, „[…] ist das Märe eine in paarweise gereimten Viertaktern versifizierte, selbständige und eigenzweckliche Erzählung […]“[7]. Ein Märe sei eine Erzählung mittleren Umfangs und besäße eine Anzahl von 150 bis zu 2000 Versen. Gegenstand der Mären seien „ […] fiktive, diesseitig-profane und unter weltlichem Aspekt betrachtete [Vorgänge]“[8], die von menschlichen Figuren repräsentiert würden. Fabeln werden demnach ausge-schlossen. Mit Hilfe dieser Definition ordnete Fischer 220 Texte „mittleren Umfangs“ dem mære zu und zielte damit auf einen Textkatalog.
Die Forschung hat den Fischerschen Gattungsbegriff des Märes sehr kritisch aufge-nommen. Es folgte eine kontroverse und stagnierende Gattungsdiskussion, und im Laufe der Zeit entstanden unterschiedliche Begriffsdefinitionen. So hat z. B. Hans-Joachim Ziegeler 1985 den Versuch unternommen, den Fischerschen Märenbegriff neu zu definieren.[9] Er ordnet den Terminus „Märe“ nicht einer Gattung zu, sondern geht von einer „besonderen Organisation des Erzählten“[10] - einer „Erzählform“ aus. Des Weiteren korrigiert er die Mindestanzahl der Verse von 150 auf 40-90 einerseits und ca. 2000 andererseits. Kennzeichen der Mären sind, […] daß sie dem Rezi-pienten Figuren vorführen, die zur Identifikation einladen“[11]. Des Weiteren ist Ziegeler davon überzeugt, dass es „[…] keine gattungskonstitutive Opposition von Lehre und Unterhaltung […]“ gebe, jedoch „[…] eine Opposition von „[…] Gewinn an Erkenntnis einerseits und Gewinn an Erkenntnis durch Identifikation andererseits“[12].
Joachim Heinzle ist weder von der Märendefinition Ziegelers noch von der „Mären-Inventarisierung“[13] Fischers überzeugt. Seiner Meinung nach, sei das von Ziegeler „[…] entwickelte Konzept der ‘Erzählform’ Märe in sich nicht hinlänglich konsistent […], um die erforderlichen Abgrenzungen zu gewährleisten […]“[14]. Heinzle unter-nimmt den Versuch die Märendefinition Fischers zu reformieren, indem er mittels historisch „prägnanter“ Merkmale, die „tatsächlich wirksam gewesene[n] Traditions-zusammenhänge aufzudecken“[15] versucht. Jedoch besteht die Problematik darin, dass einem verhältnismäßig „starren Ordnungssystem“ ein mannigfaches Spektrum von Texteinheiten mit geringen Merkmalsübereinstimmungen gegenübersteht.
Neben den strengen Begriffsbestimmungen Fischers und Ziegelers existieren ebenso weniger enge Definitionen. Vertreter dieser relativ „offenen“ Verwendungen des Märenbegriffs stellen Texte unter der Rubrik paarweis gereimte kleinere Verserzäh-lungen weltlichen Inhalts als Mären zusammen.
Eine noch offenere Definition beschränkt sich darauf, die Kennzeichen von Mären lediglich im paarweisen Reimschema und anhand des Umfangs zu bestimmen. Hierbei wird deutlich, dass Begrenzungsprobleme reduziert werden. Ziegeler redet in diesem Kontext von einer „[…] synchronisch organisierten Gattung […]“ in Bezug auf den Fischerschen Märenkatalog im Unterschied zu „[…] diachronisch organisierten ’Gruppen’, [die sich durch] […] geringe ‘Kompaktheit’ und vage Unbestimmtheit auszeichnen“[16].
Die Darstellung der unterschiedlichen Verwendungsweisen des Märenbegriffs macht deutlich, wie diffizil eine Zuordnung kleinepischer Erzählungen ist. „Vier Märenbe-griffe, einer problematischer als der andere.“[17]
3 Gattungszuordnung des mære „Die Rache des Ehemanns“
Mittelhochdeutsche Mären sind etwa ab dem zwölften Jahrhundert überliefert, in so genannten Sammelhandschriften, jedoch nie separat, sondern immer mit einer Viel-zahl unterschiedlicher kleinepischer Reimpaardichtungen. Dennoch gibt es Mären-texte, wie die dreizehn Mären Heinrich Kaufringers[18], die der Reihe nach angeordnet sind. Zu diesen dreizehn Mären zählt „Die Rache des Ehemanns“, das in dieser Arbeit näher untersucht werden sollen.
Hanns Fischer unterscheidet stofflich-thematisch drei Grundtypen der Mären-dichtung; das schwankhafte, das höfisch-galante und das moralisch-exemplarische Märe.[19] Die zentralen Motive höfisch-galanter Mären sind Ritterschaft und Minne. Inhalte moralisch-exemplarischer Mären sind Themen, die eine moralische Position veranschaulichen. Nach der Konstellation Fischers sind achtzig Prozent der erhal-tenen Mären dem schwankhaften Charakter zuzuordnen, woraus Fischer schließt, der Schwank sei der „Urtyp der Gattung Märe“[20]. „Schwank-Mären“[21] thematisieren häufig Ehebruchssituationen, besonders die Darstellungen eines Ehebruchs mittels List. Ein weiteres Merkmal schwankhafter Mären ist die Komik, mit der groteske Situationen innerhalb der Geschichten entworfen werden.[22] Innerhalb der Märenforschung werden sieben Typen der Schwankerzählung[23] unterschieden:
1) Liebende, die umeinander werben, messen ihre Klugheit aneinander;
2) Intelligenz- und teilweise auch Kraftproben unter den Eheleuten;
3) Naivität;
4) listig arrangierter Ehebruch;
5) die Aufdeckung oder Verhinderung des Ehebruchs vermittels List;
6) Verhinderung des Ehebruchs und Bemächtigung des Ehebrechers durch den Ehemann
7) sowie die Überlistung und der Betrug ohne erotische Motivierung.
Es ist einerseits wichtig solche Differenzierungen vorzunehmen, um die relativ hohe Anzahl verschiedener Texte gruppieren zu können. Andererseits ist es immer proble-matisch, Texte nach solchen Schemata einzuordnen. Bereits die Kenntnis des Märes „Die Rache des Ehemanns“ macht deutlich, dass eine explizite Zuordnung eines Märes zu einem bestimmten Typ kaum möglich ist. Das Märe „Die Rache des Ehe-manns“ beansprucht einen schwankhaften Charakter und thematisiert das Motiv des listig arrangierten Ehebruchs. Es muss darauf hingewiesen werden, dass das Motiv des listig arrangierten Ehebruchs im Vordergrund der Handlung steht und sie be-stimmt. In der Erzählung werden neben der Ehebruchthematik weitere Schwanktypen angesprochen.
Das Märe „Die Rache des Ehemanns“ besteht aus 516 Versen und ist demnach eine Erzählung „mittleren Umfangs“. Die Verse der Geschichte reimen sich und stehen somit in Verbindung miteinander. Es existiert das Schema eines Paarreims[24], das der Aneinanderreihung von Verspaaren dient.[25] In „Die Rache des Ehemanns“ wird nicht nur der Ehebruch an sich listig arrangiert, sondern auch die Bestrafung des Pfaffen (Ehebrechers) durch den Ritter (Ehemann) mittels Täuschung vorgenommen.
[...]
Beim erstmaligen Zitieren der Primärliteratur wird die vollständige Literaturangabe angegeben. Im weiteren Verlauf werden die zitierten Verse in Klammern vermerkt.
Autoren der Sekundärliteratur werden bei der ersten Zitatangabe mit der vollständigen Literaturangabe registriert. Bei weiteren Zitatangaben werden nur noch die Nachnamen angegeben.
[1] In dieser Arbeit werden die Begriffe Fabliau, Exempel und Bispel nicht näher erläutert, da das mære Gegenstand dieser Arbeit ist.
[2] Hennig, Beate: Kleines Mittelhochdeutsches Wörterbuch. 4., verbesserte Auflage. Tübingen 2001,
S. 217.
[3] Lexer, Matthias: Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch. 38. Auflage. Stuttgart 1992, S. 134.
mærelîn bedeutet ebenfalls „geschichtchen, märchen, erdichtetes“.
[4] Eckige Klammern und deren Inhalt werden zur besseren Verständlichkeit hinzugefügt.
[5] Fischer, Hanns: Studien zur deutschen Märendichtung. Tübingen 1968. S. 80 und S. 88.
(Hanns Fischer ist der Ansicht, dass „[…] ein deutlich ausgeprägtes individuelles Gattungsbewusstsein bei einzelnen sachverständigen Literaturkennern existiert haben muss.“.), S. 92.
[6] Ebd.: S. 29.
[7] Ebd.: S. 62-63.
[8] Ebd.: S. 63.
[9] Ziegeler, Hans-Joachim: Erzählen im Spätmittelalter. Mären im Kontext von Minnereden, Bispeln und Romanen. München/Zürich 1985, S. 20-25.
[10] Heinzle, Joachim: Kleine Anleitung zum Gebrauch des Märenbegriffs. In: Kleinere Erzählformen im Mittelalter. Hg. v. Klaus Grubmüller, L. Peter Johnson und Hans-Hugo Steinhoff. Paderborn 1987,
S. 46.
[11] Ziegeler: S. 237 Ziegeler nimmt in diesem Kontext auch eine Unterscheidung von Mären und Bispeln vor.
[12] Ebd.: S. 237.
[13] Fischer: S. 63.
[14] Heinzle: S. 47.
[15] Heinzle, Joachim: Vom Mittelalter zum Humanismus. In: Handbuch der deutschen Erzählung. Hg. v. Karl Konrad Polheim. Düsseldorf 1981, S. 17-27.
[16] Ziegeler: S. 27.
[17] Heinzle (1987): S. 48.
[18] Heinrich Kaufringer ist einer der wichtigsten Märenautoren des Mittelalters und seine Mären im Cgm. 270 (Bl. 234-388) werden von der Forschung um die Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert datiert.
[19] Fischer: S. 101. Fischer weist darauf hin, dass „Mischbildungen“ existieren.
[20] Ebd.: S. 115.
[21] Ebd.: S. 101 Fischer betont mit Bezug auf M. Lüthi, dass der Begriff „‘Schwank’ kein Gattungsterminus sein kann, weil das Wort […] eine ‘Möglichkeit jeder Gattung’ bezeichnet […].“.
[22] Auf den Bereich der Komik innerhalb des Märes werde ich im Kapitel 5 näher eingehen.
[23] Diese Darstellung wurde aus dem Text Beutin, Wolfgang: Sexualität und Obszönität: Eine literatur-psychologische Studie über epische Dichtungen des Mittelalters und der Renaissance. Würzburg 1990, S. 175 übernommen. Gerhard Köpf untersuchte bereits 1978 die Gattung Märe und unternahm den Versuch Themen der Mären einzugrenzen. Köpf, Gerhard: Märendichtung. Stuttgart 1978.
[24] Grubmüller, Klaus: Das Groteske im Märe als Element seiner Geschichte. Skizzen zu einer historischen Gattungspoetik. In: Kleinere Erzählformen des 15. und 16. Jahrhunderts. Hg. v. Walter Haug und Burghart Wachinger. Tübingen 1993, S. 37. Grubmüller erkennt in diesem Reimschema des Märes ein destruktives Signal.
[25] Burdorf, Dieter: Einführung in die Gedichtanalyse. 2., überarbeitete u. aktualisierte Auflage. Stuttgart 1997, S. 33. Eine schematische Darstellung eines Paarreims mit Hilfe von kleinen Buchstaben, die reimende Verse mit demselben kleinen Buchstaben bezeichnen, ist: aa/bb/cc.
- Quote paper
- Peggy Bobermin (Author), 2007, Sprâche, Gewalt und Komik im Mære Heinrich Kaufringers, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135692
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