In den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde erkannt, dass freie Märkte nach klassischen ökonomischen Modellen nur dann funktionieren, wenn Informationen symmetrisch verteilt, also für alle Beteiligten vollständig bekannt sind. Diese Arbeit befasst sich mit dieser Analyse von Märkten mit asymmetrischer Information und geht insbesondere den Fragen auf den Grund, welche marktbeeinflussende Bedeutung Informationen für ökonomische Märkte haben, welche Probleme in Bezug auf Informationen auftreten können, wo diese auftreten und wie man sie beheben kann.
Dabei widmet sich der erste Teil dieser Arbeit der Erklärung und Analyse des „Market for Lemons“, einem bedeutenden Modell zur Veranschaulichung von Informationsasymmetrien. Im zweiten Teil werden Anwendungen des Modells auf weitere Märkte mit asymmetrischer Information vorgestellt. Im abschließenden Teil der Arbeit wird erläutert, welche Lösungskonzepte sich für die auftretenden Informationsprobleme in den letzten Jahren etabliert haben, wie diese sich voneinander unterscheiden und welche Folgen daraus resultieren.
In der Realität ist dies aber oft nicht der Fall, weshalb die Analyse von Situationen mit ungleichmäßig verteilten, also asymmetrisch verteilten Informationen in den letzten Jahrzehnten immer wichtiger geworden ist. Nicht zuletzt wurde die Wichtigkeit und Relevanz des daraus entstandenen Fachgebiets der Informationsökonomik durch die Verleihung des Wirtschaftsnobelpreises im Jahr 2001 an die Wissenschaftler George A. Akerlof, Michael Spence und Joseph Stiglitz unterstrichen. Sie zeigten in ihren Arbeiten, dass Wirtschaftsmodelle, die auf symmetrischen Informationsverteilungen basieren, oft fehlgeleitet sind, weil in Wirklichkeit oft eine Partei einer Transaktion über bessere Informationen als die andere verfügt, ein Phänomen, das als "Informationsasymmetrie" bekannt ist. Zudem schilderten sie, welche weitreichenden Probleme deshalb auf Märkten entstehen. Darüber hinaus entwickelten sie ihrerseits Konzepte und Theorien, wie diese Probleme behoben werden können. Ihre Analysen von durch asymmetrische Informationsverteilungen gekennzeichneten Märkten stellen bis heute den Kern moderner Informationsökonomik dar.
Inhalt
1. Einleitung
2. Der „Market for Lemons“
2.1 Einführung in das Modell
2.2 Symmetrische Information
2.3 Asymmetrische Information
2.4 Adverse Selection
2.5 Endsituation am Markt
3. Anwendungen des Modells außerhalb des Gebrauchtwagenmarktes
3.1 Der Arbeitsmarkt
3.2 Der Versicherungsmarkt
4. Lösungskonzepte für Informationsdefizite
4.1 Grundlegende Vorgehensweisen
4.2 Screening
4.3 Signaling
4.4 Folgen der Lösungskonzepte
5. Schluss
Literaturverzeichnis:
1. Einleitung
In den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde erkannt, dass freie Märkte nach klassischen ökonomischen Modellen nur dann funktionieren, wenn Informationen symmetrisch verteilt, also wenn sie für alle Beteiligten vollständig bekannt sind.
In der Realität ist dies aber oft nicht der Fall, weshalb die Analyse von Situationen mit ungleichmäßig verteilten, also asymmetrisch verteilten Informationen in den letzten Jahrzehnten immer wichtiger geworden ist. Nicht zuletzt wurde die Wichtigkeit und Relevanz des daraus entstandenen Fachgebiets der Informationsökonomik durch die Verleihung des Wirtschaftsnobelpreises im Jahr 2001 an die Wissenschaftler George A. Akerlof, Michael Spence und Joseph Stiglitz unterstrichen. Sie zeigten in ihren Arbeiten, dass Wirtschaftsmodelle, die auf symmetrischen Informationsverteilungen basieren, oft fehlgeleitet sind, weil in Wirklichkeit oft eine Partei einer Transaktion über bessere Informationen als die andere verfügt, ein Phänomen, das als "Informationsasymmetrie" bekannt ist. Zudem schilderten sie, welche weitreichenden Probleme deshalb auf Märkten entstehen. Darüber hinaus entwickelten sie ihrerseits Konzepte und Theorien, wie diese Probleme behoben werden können. Ihre Analysen von durch asymmetrische Informationsverteilungen gekennzeichneten Märkten stellen bis heute den Kern moderner Informationsökonomik dar.
Diese Arbeit befasst sich mit dieser Analyse von Märkten mit asymmetrischer Information und geht insbesondere den Fragen auf den Grund, welche marktbeeinflussende Bedeutung Informationen für ökonomische Märkte haben, welche Probleme in Bezug auf Informationen auftreten können, wo diese auftreten und wie man sie beheben kann.
Dabei widmet sich der erste Teil der Arbeit der Erklärung und Analyse des „Market for Lemons“ (Akerlof, 1970), einem bedeutenden Modell zur Veranschaulichung von Informationsasymmetrien. Im zweiten Teil werden Anwendungen des Modells auf weitere Märkte mit asymmetrischer Information vorgestellt. Im abschließenden Teil der Arbeit wird erläutert, welche Lösungskonzepte sich für die auftretenden Informationsprobleme in den letzten Jahren etabliert haben, wie diese sich voneinander unterscheiden und welche Folgen daraus resultieren.
2. Der „Market for Lemons“
2.1 Einführung in das Modell
Der sog. „Market for Lemons“ ist ein wirtschaftstheoretisches Modell des amerikanischen Wissenschaftlers und Professors George A. Akerlof, welches 1970 in einer Publikation mit dem Titel „The Market for Lemons: Quality Uncertainty and the Market Mechanism“ (übersetzt: Der Markt für „Zitronen“: Qualitätsunsicherheit und der Marktmechanismus) vorgestellt wurde. Während Akerlofs Erkenntnisse heutzutage fester Bestandteil eines jeden wirtschaftswissenschaftlichen Studiums sind, waren sie zur Entstehungszeit revolutionär.
Der Name des Modells stammt aus dem Sprachgebrauch des Gebrauchtwagenmarktes, den Akerlof zur Veranschaulichung seines Konzepts benutzte: Defekte Gebrauchtwagen werden in den USA als „lemons“ (wörtl. „Zitronen“) bezeichnet (vgl. Robinson, 2019). Dies entspricht im Deutschen in etwa dem Ausdruck „Montagsautos“.
Die Ausgangssituation des Modells ist ein Markt, auf dem Waren verschiedener Qualitäten, in Akerlofs Modell Gebrauchtwagen, angeboten werden. Bei diesem Modell sind sowohl Verkäufer als auch Käufer stets private Personen, die sich entschließen, ihr Auto selbstständig am Markt anzubieten. Akerlofs „Market for Lemons“ zeigt, wie wichtig das Vorhandensein von Informationen für das Funktionieren von ökonomischen Märkten ist, indem er die Folgen schildert, wenn Informationen ungleichmäßig auf die Marktteilnehmer verteilt sind.
2.2 Symmetrische Information
Zuerst schaue man sich an, wie die Situation am Gebrauchtwagenmarkt aussehen würde, wenn alle Beteiligten alle wichtigen Informationen kennen, die Informationen also gleichmäßig verteilt sind. Der Zustand, dass alle Teilnehmer gleich gut über alle für eine Handlung relevanten Parameter informiert sind, wird als symmetrische Information bezeichnet (vgl. Baumol/Blinder, 1979⁶, S. 323). Für das Modell des Gebrauchtwagenmarktes würde das bedeuten, dass sowohl Verkäufer als auch Käufer immer die genaue Qualität der angebotenen Autos kennen. Wenn alle Marktteilnehmer die Qualität der Autos kennen, würden die Autos, theoretisch betrachtet, abhängig von ihrer Qualität auf unterschiedlichen Märkten gehandelt werden. Wenn es somit getrennte Märkte für niedrige und hohe Qualität gäbe, würde das für beide Parteien, für die Verkäufer und die Käufer, zu vorteilhaften Transaktionen führen (vgl. Nobelprize paper, 2001, S. 3). Innerhalb der jeweiligen Märkte würden also alle Fahrzeuge ihren Eigentümer wechseln. Wäre das der Fall, wäre der Nutzen für alle Beteiligten groß, der Markt wäre effizient, und es käme zu keinem der von den Nobelpreisträgern aufgezeigten Probleme (nach Akerlof, 1970, S. 492).
2.3 Asymmetrische Information
Die Annahme, dass alle Marktteilnehmer gleich gut informiert sind, ist jedoch nicht realistisch. Meistens ist es der Fall, dass die Beteiligten unterschiedlich gut informiert sind. Das Phänomen, dass zwei Handelsparteien über unterschiedlich gute Informationen vor oder zum Zeitpunkt des Kaufes verfügen, die Informationen also „asymmetrisch verteilt“ sind, wird als asymmetrische Information bezeichnet (vgl. Akerlof, 1970, S. 489). Beim Modell des „Market for Lemons“ kennen nur die Verkäufer die Qualität ihrer Autos, während die Käufer die genaue Qualität nicht erkennen können. Sie können also trotz durchschnittlicher technischer Kenntnisse nicht angemessen beurteilen, ob es sich bei dem vor ihnen stehenden Gebrauchtwagen um ein gutes Auto oder eine „lemon“ handelt. Im Gegensatz dazu kennen aber die privaten Verkäufer die Qualität ihres Autos genauer (vgl. Akerlof, 1970, S. 489).
Man schaue sich nun an, wie es überhaupt dazu kommen konnte, dass Käufer und Verkäufer unterschiedlich informiert sind. Man nehme an, dass es nur vier Arten von Autos gebe. Gute und schlechte Neuwagen und gute und schlechte Gebrauchtwagen. Nun soll ein Neuwagen- und ein Gebrauchtwagenkauf miteinander verglichen werden. Bei einem Neuwagenkauf ist das Risiko, ein Montagsauto zu erhalten, ein rein statistisches Risiko, welches Käufern und Verkäufern aufgrund von statistischen Erhebungen (z.B. aus Erhebungen aus Produktionsstätten) gleichermaßen bekannt ist. Die Käufer kennen also die Wahrscheinlichkeit q, mit der der vor ihnen stehende Neuwagen makellos ist und die Wahrscheinlichkeit (1- q), dass das Auto ein Montagsauto ist. Die Annahme ist dabei, dass q genau der Anteil der makellosen Autos an allen Produzierten ist und (1- q) der Anteil der Montagsautos, was nochmal unterstreicht, dass die Wahrscheinlichkeiten q und (1- q) sowohl den Käufern als auch den Neuwagenverkäufern zugänglich und bekannt sind, sie also gleich gut informiert sind (vgl. Akerlof, 1970, S. 489). Die Verkäufer hätten gar nicht die Möglichkeit, einen Informationsvorteil gegenüber den Käufern zu erlangen, weil sie nicht die Gelegenheit haben, mit dem Auto zu fahren und es damit auszutesten. Zusammenfassend ist ein Neuwagenkauf also eine Situation, in der die Informationen symmetrisch verteilt sind (vgl. Baumol/Blinder, 1979⁶, S. 323).
Wer nun aber einen Neuwagen längere Zeit besitzt, bekommt über die Jahre eine genaue Vorstellung über die Qualität seines Autos und schätzt die Wahrscheinlichkeit neu ein, ob das eigene Auto ein Montagsauto ist. Diese zweite Wahrscheinlichkeitseinschätzung ist dabei genauer als die erste statistische Einschätzung beim Neuwagenkauf. Eine Asymmetrie der vorhandenen Informationen ist entstanden (vgl. Akerlof, 1970, S. 489). Wenn der Besitzer nun sein Auto weiterverkauft, hat er einen großen Informationsvorsprung gegenüber dem potentiellen Käufer, denn er kennt die genauere Wahrscheinlichkeit, mit der sein Auto einen versteckten Produktionsfehler hat. Folglich verfügen die Käufer und der Verkäufer bei einem Gebrauchtwagenkauf nicht mehr über dieselben Informationen. Auch wenn es den Käufern gestattet wäre, Probefahrten zu unternehmen und alle Einzelteile der Autos genau zu untersuchen, würden sie dennoch schlussendlich weniger über die Autos wissen als die Verkäufer, weil diese die Autos jahrelang gefahren sind und deswegen alle eventuellen Mängel und versteckten Unfallschäden kennen.
Weil die Käufer über zu wenig Informationen verfügen, sind sie folglich unsicher. Mit der Unsicherheit in Bezug auf die Qualität des Autos lässt sich ein weiteres Phänomen erklären, nämlich, warum es so große Preisunterschiede zwischen Neuwagen und Autos, die nur ein paar Kilometer gefahren sind, gibt. Vereinfacht lässt sich das damit erklären, dass bei Neuwagen die Wahrscheinlichkeit ein gutes Auto zu bekommen deutlich höher ist, während man bei einem Gebrauchtwagen wie geschildert unsicher über dessen Qualität ist, weil theoretisch allein schon auf den ersten Kilometern nach dem Kauf des Neuwagens ein Schaden entstanden sein könnte (vgl. Akerlof, 1970, S. 489 & Baumol/Blinder, 1979⁶, S. 323).
Asymmetrische Information allein ist nicht unbedingt negativ zu bewerten. Doch unter bestimmten Umständen kann eine asymmetrische Informationsverteilung für den Gesamtmarkt fatale Folgen haben, z.B. wenn sie zu Adverse Selection führt, einem Phänomen, welches im nächsten Kapitel untersucht wird.
2.4 Adverse Selection
Wenn die besser informierte Seite ihren Informationsvorteil ausnutzt, kann es zur adverse selection kommen, einem Phänomen, welches auch „negative Auslese“ genannt wird (Holler/Illing, 2006, S. 46). Eine adverse Selektion tritt ganz konkret dann auf, „wenn die Handelsentscheidungen einer informierten Person von ihren privat gehaltenen Informationen in einer Weise abhängen, die uninformierte Marktteilnehmer nachteilig beeinflusst“ (übers. aus Mas-Colell/Whinston/Green, 1995, S. 436). In Bezug auf den Gebrauchtwagenmarkt bedeutet das, dass die Entscheidung der informierten Verkäufer, ob und wie sie auf dem Markt handeln, negative Folgen für die uninformierten Käufer hat. Die Besitzer von schlechten Gebrauchtwagen könnten nämlich ausnutzen, dass nur sie die wahre Qualität ihrer Autos kennen. Sie könnten ihre Insiderinformationen für sich behalten und versuchen ihre schlechten Autos auf dem Markt für hohe Qualität zu handeln, um einen großen Profit zu erzielen. In der Praxis würden deshalb die unterschiedlichen Märkte zu einem einzigen Markt mit Gütern verschiedener Qualität verschmelzen (Nobelprize paper, 2001, S. 3). Ursprung der „negativen Auslese“ ist gerade diese Tatsache und das Wissen der Käufer darüber, dass es sich wie geschildert um einen Markt mit Gütern verschiedener Qualitäten handelt. Das Phänomen der adverse selection beschreibt anschließend, wie infolge dessen nur die „negativen“ Güter „ausgelesen“ werden, die durchschnittliche Qualität aller angebotenen Güter sinkt und es schließlich zu einem Versagen des Marktes kommt.
Adverse Selektion beginnt z.B. schon dann, wenn Personen die Entscheidung fällen, dass sie grundsätzlich ihr Auto verkaufen wollen. Denn Leute werden sich tendenziell eher dazu entscheiden ihr Auto weiterzuverkaufen, wenn es nicht sehr qualitativ hochwertig ist (nach Mas-Colell/Whinston/Green, 1995, S. 436). Da die Käufer diese Tatsache kennen, werden sie beim Gebrauchtwagenkauf gegenüber den Verkäufern misstrauisch sein. Sogar noch misstrauischer, als sie es sowieso schon sind, da sie wissen, dass zwischen ihnen und den Verkäufern eine Informationsasymmetrie herrscht und die Verkäufer deshalb ihnen gegenüber einen Informationsvorsprung haben. Deshalb werden sie ihre Zahlungsbereitschaft an diese Unsicherheit und das Misstrauen anpassen, werden von einem versteckten Mangel ausgehen und deshalb einen Preisabschlag fordern. Sobald sich die Preisabschläge aber am Markt etabliert haben, wird die Wahrscheinlichkeit, dass Besitzer von guten Gebrauchtwagen diese überhaupt verkaufen wollen, noch geringer (nach Wheelan, 2012, S. 152). Warum dem so ist, sollen die folgenden zwei Zahlenbeispiele erläutern.
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- Arbeit zitieren
- Leonhard Schmitt (Autor:in), 2020, Märkte mit asymmetrischer Information, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1355201
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