Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht darin, dem Leser einen umfassenden und kritischen Überblick über die aktuellen Entwicklungen der Besteuerung digitaler Unternehmen zu verschaffen. Sowohl Vorteile als auch Nachteile der bislang gefundenen Ideen bzw. Methoden zur Besteuerung digitaler Unternehmen werden aufgezeigt.
Es ist anzumerken, dass die vorliegende Arbeit aufgrund der Aktualität des Themas die Entwicklungen bis zum 15.10.2020 berücksichtigt.
Bereits seit einigen Jahren schreitet die Digitalisierung unaufhaltsam voran. Hierdurch entstehen immer mehr Firmen, die sich den Vorteil der Digitalisierung zunutze machen und neue, digitale Dienstleistungen anbieten. Obwohl bspw. AirBNB oder Spotify vor 15 Jahren noch nicht existent waren, so sind diese Dienstleister im Jahre 2020 globale Unternehmen und für viele Menschen nicht mehr wegzudenken. Mit der Wandlung der Geschäftsmodelle hin zum Angebot von digitalen Dienstleistungen entstehen jedoch Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Dies betrifft auch die steuerlichen Gesetzgeber. So knüpft bspw. der deutsche Steuergesetzgeber aktuell die ertragsteuerliche Erfassung von ausländischen Unternehmen in Deutschland an das Vorhandensein einer inländischen Betriebsstätte (§49 Abs. 1 Nr. 2 Bstb. a) EStG i. V. m. § 12 AO). Ein digitales Unternehmen wie bspw. AirBNB benötigt jedoch nicht zwingend eine Betriebsstätte in Deutschland, um in diesem Land digitale Leistungen anzubieten. Schließlich kann die Online-Plattform von jedem Land der Welt betrieben werden. Verfügt AirBNB über keine deutsche Betriebsstätte, so hat dies zur Folge, dass die Gewinne, die AirBNB aus der Erbringung der Leistungen in Deutschland erzielt, zunächst nicht besteuert werden können. Das deutsche Steuersystem (und gleichermaßen viele andere Steuersysteme) scheint daher in Bezug auf die Anbieter digitaler Dienstleistungen obsolet.
In der Folge wurden von diversen Organen (z.B. der Europäischen Kommission, aber auch der OECD) verschiedene Ansätze zur Schaffung eines wirksamen und fairen, internationalen Besteuerungssystems unterbreitet. Nachdem die Verhandlungen auf internationaler Ebene bislang schleppend voran gingen, rückte in der jüngeren Vergangenheit eine Lösung auf supranationaler Ebene in den Vordergrund. In diesem Kontext ist die Einführung einer europaweiten Digitalsteuer ein bedeutender Diskussionspunkt. Eine einheitliche europäische Lösung ist jedoch bislang am Widerstand verschiedener Staaten gescheitert.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einführung
- I. Ausgangssituation
- II. Relevanz des Themas in der Praxis
- III. Zielsetzung und Gang der Untersuchung
- B. Digitale Unternehmen - Abgrenzung
- I. Grenzüberschreitende Aktivität bei fehlender physischer Präsenz
- II. Basierend auf immateriellen Vermögensgegenständen und IP
- III. Bedeutung von Daten, Mitwirkung von Kunden
- IV. Zweckabhängiges Begriffsverständnis
- V. Zusammenfassung und kritische Würdigung
- C. Instrumente des internationalen Steuerrechts
- I. Betriebstättenbegriff
- 1. Nationaler Betriebstättenbegriff
- a) Geschäftseinrichtung oder Anlage
- b) Feste Einrichtung/Anlage
- c) Unternehmensbezug
- 2. Internationaler Betriebstättenbegriff
- II. Fremdvergleichsgrundsatz
- 1. Voraussetzungen
- a) Minderung der Einkünfte des Steuerpflichtigen
- b) Geschäftsbeziehung ins Ausland
- c) Nahestehende Person
- d) Fehlende fremdübliche Konditionen
- 2. Rechtsfolge
- D. Digitale Unternehmen und die Instrumentarien des Steuerrechts
- I. Betriebstätte und digitale Unternehmen
- II. Verrechnungspreise und digitale Unternehmen
- III. Zwischenfazit
- E. Vorschlag der OECD zur Neuordnung der Besteuerungsrechte
- I. Säule 1
- 1. Der „,user participation“-Ansatz
- 2. Der „,marketing intangibles“-Ansatz
- 3. Der,,significant economic presence“-Ansatz
- 4. Der,,Unified Approach”
- a) Anwendungsbereich
- b) Steuerlicher Anknüpfungspunkt
- c) Systematik
- d) Kritische Würdigung des Ansatzes
- II. Säule 2
- 1. Anwendungsbereich
- 2. Systematik
- 3. Kritische Würdigung
- III. Zwischenfazit zum Vorschlag der OECD
- F. Entwicklungen auf EU-Ebene
- I. Einführung einer Digitalsteuer auf EU-Ebene
- 1. Regelungsgehalt des Digitalsteuer-RL-Entwurfs
- a) Steuerpflichtiger
- b) Steuerbare Erträge
- c) Ort der Besteuerung
- d) Besteuerung
- 2. Vorteile der Digitalsteuer
- 3. Problematiken der Digitalsteuer
- a) Einordnung der Digitalsteuer in das bestehende Steuersystem
- b) Kompetenzgrundlage der EU
- c) Doppelbesteuerung
- d) Fehlende Stringenz
- e) Ermittlung der Ansässigkeit
- f) Schwellenwert
- g) Möglichkeit der Änderung der Digitalsteuer
- h) Außenpolitische Risiken
- II. Langfristige Lösung auf EU-Ebene
- 1. Regelungsgehalt des SDP-RL-Entwurfs
- 2. Kritische Analyse des SDP-RL-Entwurfs
- a) Abkehr vom bisherigen Betriebstättenbegriff?
- b) Anwendung nur für Körperschaftsteuer?
- c) Durchdachte Verlagerung des Besteuerungsrechts in die Marktstaaten?
- d) Absolute Schwellenwerte
- e) Compliance Aufwand
- III. Zwischenfazit zu den Maßnahmen auf EU-Ebene
- G. Nationale Entwicklungen
- 1. Frankreich
- 2. Österreich
- 3. Weitere EU-Staaten
- 4. Nicht-EU-Staaten
- H. Fazit und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der ertragsteuerlichen Behandlung digitaler Unternehmen im internationalen Kontext. Sie untersucht die Herausforderungen, die sich aus der zunehmenden Digitalisierung der Wirtschaft und den daraus resultierenden grenzüberschreitenden Geschäftsmodellen für die Besteuerung ergeben. Ziel der Untersuchung ist es, die bestehende Rechtslage zu analysieren und kritisch zu bewerten, um Lösungsansätze für eine gerechte und effiziente Besteuerung digitaler Unternehmen zu finden.
- Betriebstättenbegriff im Kontext digitaler Geschäftsmodelle
- Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf digitale Unternehmen
- Vorschläge der OECD zur Neuordnung der Besteuerungsrechte
- Entwicklungen auf EU-Ebene zur Besteuerung digitaler Unternehmen
- Nationale Entwicklungen in verschiedenen Ländern
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in die Thematik der ertragsteuerlichen Behandlung digitaler Unternehmen im internationalen Kontext. Sie beleuchtet die Relevanz des Themas und erläutert die Zielsetzung der Untersuchung. Anschließend erfolgt eine Abgrenzung des Begriffs „digitales Unternehmen“ und eine Analyse der relevanten Instrumente des internationalen Steuerrechts, insbesondere des Betriebstättenbegriffs und des Fremdvergleichsgrundsatzes.
Im weiteren Verlauf wird die Anwendung dieser Instrumente auf digitale Unternehmen untersucht. Die Arbeit geht auf die Vorschläge der OECD zur Neuordnung der Besteuerungsrechte ein, die in zwei Säulen gegliedert sind. Säule 1 befasst sich mit der Neuregelung der Gewinnverteilung unter den Ländern, in denen digitale Unternehmen tätig sind, während Säule 2 eine globale Mindestbesteuerung von Unternehmen vorsieht.
Darüber hinaus werden die Entwicklungen auf EU-Ebene zur Besteuerung digitaler Unternehmen, insbesondere die Einführung einer Digitalsteuer und die Vorschläge zur Änderung der Körperschaftsteuerrichtlinie, analysiert.
Die Arbeit schließt mit einer Betrachtung nationaler Entwicklungen in verschiedenen Ländern und einem Fazit, das die wichtigsten Erkenntnisse zusammenfasst und einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen gibt.
Schlüsselwörter
Digitale Unternehmen, internationale Besteuerung, Betriebstättenbegriff, Fremdvergleichsgrundsatz, OECD, EU-Steuerregulierung, Digitalsteuer, Körperschaftsteuerrichtlinie, Gewinnverteilung, globale Mindestbesteuerung.
- Quote paper
- Timo Matt (Author), 2020, Die ertragsteuerliche Behandlung digitaler Unternehmen im internationalen Kontext. Eine kritische Analyse, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1353155