„Das Vertrauen ist eine zarte Pflanze. Ist es zerstört, so kommt es sobald nicht wieder.“ (Otto von Bismarck)
Die Hauptaufgabe der Sozialwissenschaft liegt in der Erklärung sozialer Phänomene. Zwar mögen sich manchmal soziale Phänomene direkt aus dem Verhalten von Individuen ergeben, aber häufig ist dies nicht der Fall. Folglich muss das soziale System, dessen Verhalten erklärt werden soll, im Blickpunkt des Interesses stehen. Dieses System kann aus einer Zweierbeziehung oder aus einer Gesellschaft bis hin zur Weltgesellschaft bestehen, aber die grundlegende Voraussetzung bleibt die Konzentration der Erklärung auf das System als Einheit und nicht auf die Individuen oder andere Komponenten, aus denen es sich zusammensetzt.
Für das Verhalten sozialer Systeme gibt es zwei Erklärungsmethoden: Die eine stützt sich entweder auf eine Stichprobe verschiedener Fälle von Systemverhalten oder auf die Beobachtung des Sys-temverhaltens als Ganzes über einen gewissen Zeitraum hinweg. Diese analytischen Methoden be-dienen sich statistischer Assoziation zwischen dem zu interpretierenden Verhalten und anderen Ei-genschaften des sozialen Systems, die den Kontext für dieses Verhalten bilden.
Eine zweite Methode beinhaltet die Untersuchung von Prozessen, die innerhalb des Systems ablau-fen, wobei Bestandteile oder Einheiten, die berücksichtigt werden, eine Ebene unterhalb der des Systems liegen. Auf diese Art und Weise erklärt sich das System über das Verhalten seiner Be-standteile. Dieser zweite Erklärungstyp hat verschiedene Vorzüge, weist aber auch einige spezielle Probleme auf.
Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich speziell mit diesem Problem und es gilt herauszu-finden, ob die “Rational Choice“- Theorie nach James Samuel Coleman (1926 – 1995) ohne weiteres auf Vertrauensbeziehungen, -systeme und deren dynamische Eigenschaften angewandt werden kann.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Begriffsklärung
- III. Vertrauensbeziehungen, -systeme und ihre dynamischen Eigenschaften
- 1. Gegenseitiges Vertrauen
- 2. Vertrauensintermediäre
- 3. Drittparteien-Vertrauen
- 4. Große Systeme mit Vertrauensbeziehungen
- IV. Fazit und Zusammenfassung
- V. Kritik, Probleme und Perspektiven von "Rational Choice"
- 1. Kritik und Probleme
- 2. Perspektiven
- 3. Abschluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit untersucht die Anwendbarkeit der Rational-Choice-Theorie nach James Samuel Coleman auf soziale Systeme, insbesondere im Hinblick auf Vertrauensbeziehungen. Die Arbeit analysiert, ob Colemans Theorie ohne Berücksichtigung von Vertrauen und dessen dynamischen Eigenschaften angewendet werden kann.
- Die Anwendbarkeit der Rational-Choice-Theorie auf soziale Systeme.
- Die Rolle von Vertrauensbeziehungen in sozialen Systemen.
- Die verschiedenen Arten von Vertrauensbeziehungen (gegenseitig, intermediär, Drittparteien).
- Die dynamischen Eigenschaften von Vertrauensbeziehungen und deren Auswirkungen auf rationale Entscheidungen.
- Kritikpunkte und Perspektiven der Rational-Choice-Theorie.
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die zentrale Fragestellung der Arbeit vor: die Anwendbarkeit der Rational-Choice-Theorie auf soziale Systeme unter Berücksichtigung von Vertrauen. Sie betont die Bedeutung der Betrachtung des sozialen Systems als Ganzes und nicht nur der individuellen Akteure. Zwei Erklärungsmethoden für das Verhalten sozialer Systeme werden kurz vorgestellt: die statistische Analyse und die Untersuchung innerer Prozesse. Die Arbeit fokussiert sich auf die zweite Methode und untersucht, ob Colemans Theorie ohne Berücksichtigung von Vertrauen anwendbar ist.
II. Begriffsklärung: Dieses Kapitel erläutert den Begriff „Rational Choice“ nach James Samuel Coleman. Es beschreibt Colemans Annahme, dass Akteure rationale Entscheidungen treffen, um ihre Interessen zu maximieren, jedoch nicht alle Ressourcen kontrollieren. Der Begriff der Macht als Kontrolle über Ressourcen wird eingeführt, und die Abhängigkeit und wechselseitige Beeinflussung der Akteure wird hervorgehoben. Das "Badewannenmodell" als Veranschaulichung von Colemans Theorie wird vorgestellt, welches die Makro- und Mikroebene und die Interaktion zwischen Logik der Situation, Selektion und Aggregation beschreibt.
III. Vertrauensbeziehungen, -systeme und ihre dynamischen Eigenschaften: Dieser Kapitelteil unterscheidet drei Arten von Vertrauensbeziehungen nach Coleman: gegenseitiges Vertrauen, Vertrauensintermediäre und Drittparteien-Vertrauen. Es analysiert die Eigenschaften dieser Beziehungstypen, insbesondere das gegenseitige Vertrauen, wobei die Kosten-Nutzen-Kalkulation der beteiligten Akteure im Detail untersucht wird. Es wird gezeigt, wie das gegenseitige Vertrauen die rationale Entscheidung jedes Akteurs beeinflusst und sowohl die Wahrscheinlichkeit des Vertrauensbruchs als auch die des Vertrauensgewinns verändert.
Schlüsselwörter
Rational Choice, James Samuel Coleman, Vertrauen, Vertrauensbeziehungen, soziale Systeme, Kosten-Nutzen-Kalkulation, Badewannenmodell, Makroebene, Mikroebene, rationale Entscheidung, Ressourcenkontrolle.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Seminararbeit: Anwendbarkeit der Rational-Choice-Theorie auf Soziale Systeme unter Berücksichtigung von Vertrauen
Was ist der Gegenstand dieser Seminararbeit?
Die Seminararbeit untersucht die Anwendbarkeit der Rational-Choice-Theorie nach James Samuel Coleman auf soziale Systeme, insbesondere im Hinblick auf die Rolle von Vertrauensbeziehungen. Es wird analysiert, ob Colemans Theorie ohne Berücksichtigung von Vertrauen und dessen dynamischen Eigenschaften angewendet werden kann.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit befasst sich mit der Anwendbarkeit der Rational-Choice-Theorie auf soziale Systeme, der Rolle von Vertrauensbeziehungen (gegenseitig, intermediär, Drittparteien), den dynamischen Eigenschaften von Vertrauensbeziehungen und deren Auswirkungen auf rationale Entscheidungen sowie mit Kritikpunkten und Perspektiven der Rational-Choice-Theorie.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: Einleitung, Begriffsklärung, Vertrauensbeziehungen, -systeme und ihre dynamischen Eigenschaften, Fazit und Zusammenfassung sowie Kritik, Probleme und Perspektiven von "Rational Choice". Jedes Kapitel behandelt spezifische Aspekte der Thematik, beginnend mit einer Einführung und Begriffsbestimmung, gefolgt von einer detaillierten Analyse von Vertrauensbeziehungen und abschließend einer kritischen Auseinandersetzung mit der Rational-Choice-Theorie.
Was wird unter "Rational Choice" verstanden?
Die Arbeit erläutert "Rational Choice" nach James Samuel Coleman als die Annahme, dass Akteure rationale Entscheidungen treffen, um ihre Interessen zu maximieren, wobei sie jedoch nicht alle Ressourcen kontrollieren. Der Begriff der Macht als Kontrolle über Ressourcen wird eingeführt, und die Abhängigkeit und wechselseitige Beeinflussung der Akteure wird hervorgehoben. Das "Badewannenmodell" veranschaulicht die Theorie, indem es Makro- und Mikroebene und die Interaktion zwischen Logik der Situation, Selektion und Aggregation beschreibt.
Welche Arten von Vertrauensbeziehungen werden unterschieden?
Die Arbeit unterscheidet drei Arten von Vertrauensbeziehungen nach Coleman: gegenseitiges Vertrauen, Vertrauensintermediäre und Drittparteien-Vertrauen. Es werden die Eigenschaften dieser Beziehungstypen analysiert, insbesondere die Kosten-Nutzen-Kalkulation der beteiligten Akteure.
Welche Kritikpunkte an der Rational-Choice-Theorie werden angesprochen?
Die Arbeit widmet ein Kapitel der Kritik und den Problemen der Rational-Choice-Theorie sowie den Perspektiven für zukünftige Forschung. Konkrete Kritikpunkte und mögliche Weiterentwicklungen werden diskutiert.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Rational Choice, James Samuel Coleman, Vertrauen, Vertrauensbeziehungen, soziale Systeme, Kosten-Nutzen-Kalkulation, Badewannenmodell, Makroebene, Mikroebene, rationale Entscheidung, Ressourcenkontrolle.
Welche Schlussfolgerungen werden gezogen?
Das Fazit fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und bewertet die Anwendbarkeit der Rational-Choice-Theorie unter Berücksichtigung von Vertrauen. Es werden mögliche Grenzen der Theorie und Ausblicke auf zukünftige Forschungsarbeiten gegeben.
- Quote paper
- Annegret Busse (Author), 2008, Colemans "Grundlagen der Sozialtheorie" in Bezug auf den Aspekt des Vertrauens, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135207