In dieser Hausarbeit, welches die Thematik emotionale Intelligenz beinhaltet, soll der Fragestellung nachgegangen werden:
Inwiefern kann emotionale Intelligenz bei Pflegenden den Umgang mit demenziell erkrankten Menschen positiv beeinflussen?
Um die Fragestellung systematisch zu beantworten, werden im zunächst die zentralen Begriffe der Emotion und der emotionalen Intelligenz dargestellt. Das nächste Kapitel beinhaltet das Krankheitsbild der Demenz. Daraufhin werden die möglichen Vor- und Nachteile emotional intelligenter Pflegekräfte im Umgang mit demenziell Erkrankten Menschen behandelt. Zuletzt werden abschließend und zusammenfassend die Ergebnisse dieser Arbeit betrachtet.
Laut der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V leiden in Deutschland derzeit rund 1,8 Millionen Menschen unter einer demenziellen Erkrankung. Die Zahl könnte sich bis zum Jahr 2050 auf rund 2,8 Millionen erhöhen, sofern kein Durchbruch in Prävention und Therapie gelingt. Der Beruf der Pflegekraft, der oftmals mit Fachkräftemangel, Zeitmangel und Überlastung in Verbindung gebracht wird, wird im Stationsalltag oftmals vor Herausforderungen im Umgang mit demenziell erkrankten Menschen, seinen eigenen und deren Emotionen gestellt, so dass ein professioneller Umgang unausweichlich ist. Auch gesellschaftlich scheint ein menschlich angenehmer Umgang, laut einer im Jahre 2018 veröffentlichten Online-Befragung zum Thema Anforderungen an eine Pflegekraft, am wichtigsten zu erscheinen.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Begriffsbestimmungen
2.1 Emotion
2.2 Emotionale Intelligenz
3 Das Krankheitsbild Demenz
4 Emotionale Intelligenz im beruflichen Kontext der Pflegekraft
4.1 Vorteile emotionale Intelligenz bei Pflegenden im Umgang mit demenziell Erkrankten Menschen
4.2 Nachteile emotionale Intelligenz bei Pflegenden im Umgang mit demenziell Erkrankten Menschen
5 Diskussion
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Laut der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V leiden in Deutschland derzeit rund 1,8 Millionen Menschen unter einer demenziellen Erkrankung. Die Zahl könnte sich bis zum Jahr 2050 auf rund 2,8 Millionen erhöhen, sofern kein Durchbruch in Prävention und Therapie gelingt (Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V, 2022). Der Beruf der Pflegekraft, der oftmals mit Fachkräftemangel, Zeitmangel und Überlastung in Verbindung gebracht wird, wird im Stationsalltag oftmals vor Herausforderungen im Umgang mit demenziell erkrankten Menschen, seinen eigenen und deren Emotionen gestellt, so dass ein professioneller Umgang unausweichlich ist. Auch gesellschaftlich scheint ein menschlich angenehmer Umgang, laut einer im Jahre 2018 veröffentlichten Online-Befragung zum Thema Anforderungen an eine Pflegekraft, am wichtigsten zu erscheinen (statista, 2018). In dieser Hausarbeit, welches die Thematik emotionale Intelligenz beinhaltet, soll unter der eben benannten Relevanz die Fragestellung nachgegangen werden:
Inwiefern kann emotionale Intelligenz bei Pflegenden den Umgang mit demenziell erkrankten Menschen positiv beeinflussen?
Um die Fragestellung systematisch zu beantworten, werden im zweiten Kapitel zunächst die zentralen Begriffe der Emotion und der emotionalen Intelligenz dargestellt. Das dritte Kapitel beinhaltet das Krankheitsbild der Demenz. Im vierten Kapitel werden die möglichen Vor- und Nachteile emotional intelligenter Pflegekräfte im Umgang mit demenziell Erkrankten Menschen behandelt. Im letzten Kapitel werden abschließend und zusammenfassend die Ergebnisse dieser Arbeit betrachtet.
2 Begriffsbestimmungen
In diesem Kapitel werden die Begriffe „Emotion“ und „emotionale Intelligenz“ in ihren Grundzügen dargelegt, um die Vollständigkeit dieser Arbeit zu gewährleisten.
2.1 Emotion
Eine wissenschaftliche Definition des Begriffs „Emotion“ gibt es in diesem Sinne nicht. Eine solche Definition würde eine Bedingung wie z.B. ein Merkmal angeben, sodass eine Emotion zweifelsfrei identifiziert und von anderen Zuständen unterschieden werden kann (Horstmann & Dreisbach, 2017, S.81-82). Um dennoch eine mögliche Arbeitsdefinition definieren zu können, werden zunächst die vier Qualitätsmerkmale einer Emotion erläutert.
Nach Horstmann und Dreisbach sind Emotionen zum einen objektgerichtete Zustände. Objektgerichtet beschreibt z.B. die Freude „auf“ etwas oder „von“ jemanden enttäuscht sein. Ohne diesen Objektbezug werden emotionsähnliche Zustände nicht als vollwertige Emotion angesehen. Des Weiteren äußern sich Emotionen in Veränderungen des Erlebens. Vielmehr ist die subjektive Empfindung der Emotionen gemeint, wie beispielsweise erfreut oder hoffnungsvoll sein. Ebenso sind Gedanken und Wahrnehmungen unter diesem Aspekt gemeint. Emotionen äußern sich nicht nur im Erleben, sondern auch physiologisch äußern sich Emotionen. Gerade bei starken oder intensiven Emotionen werden physiologische Empfindungen wahrgenommen. Zuletzt äußern sich Emotionen auch im Verhalten. In diesem Zusammenhang wird von Veränderung des Ausdrucks (z.B. Lachen oder Weinen) und von Veränderung instrumentellen Verhaltens (z.B. Kampf oder Flucht) gesprochen (Horstmann & Dreisbach, 2017, S.80-81).
Eine daher mögliche Arbeitsdefinition lautet nach Hess: „Emotionen beschreiben objektgerichtete Zustände, die auf der Interpretation eines Ereignisses durch den Organismus beruhen, den Organismus auf Handlung vorbereiten, die Handlungsabsicht kommunizieren und von einem subjektiven Gefühlszustand begleitet sind.“ Die Objektgerichtetheit und Dauer der Emotion unterscheiden sich von der „Stimmung“. Die Stimmung beschreibt einen affektiven Zustand mit einer meist geringeren Intensität. Sie ist nicht objektgerichtet wie die Emotion und kann über mehrere Stunden oder Tage andauern (Hess, 2017, S.14). Ein Affekt erfüllt das Kriterium der Objektgerichtetheit und beschreibt einen intensiven sowie kurzen emotionalen Zustand, der sich oftmals durch intensive physiologisch-somatische Reaktionen und starken Vermeidungs- oder Annäherungstendenzen charakterisieren lässt (Pfister, Jungermann & Fischer, 2017, S.301). In der Emotionspsychologie werden zwei Ansätze zur Klassifikation von Emotionen unterschieden.
Man unterscheidet zum einen die dimensionalen Ansätze und zum anderen die kategorialen Ansätze. Bei den dimensionalen Modellen werden einzelne Emotionen anhand weniger Beschreibungsdimensionen beschrieben. Aus einer repräsentativen Auswahl an Emotionen, die aus den Stimulusmaterialien von Emotionswörtern oder vom Emotionsausruck ermittelt werden, werden im nächsten Schritt Ähnlichkeiten bestimmt und in einer Ähnlichkeitsmatrix zusammenfasst. Anhand einer Faktorenanalyse werden die allgemeinen Ordnungsgesichtspunkte der Ähnlichkeitsmatrizen, also die Dimensionen, ermittelt. Die Dimensionen Lust - Unlust (Valenz), Erregung - Ruhe (Aktivierung) bestätigten sich in vielen empirischen Forschungen mehrfach. In kategorialen Modellen werden ähnliche Emotionen in Gruppen gebildet. Als „basale“ Emotionen werden in der Literatur die definierten Basisemotionen Furcht, Ekel, Ärger, Traurigkeit, Freude und Überraschung nach Ekman (1992,1999) hervorgehoben. Bis heute hin gibt es verschiedene Auffassungen darüber, welche Emotionen als Basisemotionen verstanden werden (Schmidt-Atzert, 2009, S.574f.).
2.2 Emotionale Intelligenz
Der Begriff emotionale Intelligenz wurde Anfang der neunziger Jahre von den beiden US- Amerikanern Peter Salovey und John D. Mayer eingeführt. Ihre Konzentration beruhte auf den Arbeiten des Bildungswissenschaftler Howard E. Gardner, der in den siebziger und achtziger Jahren des letzten Jahrtausends für Aufsehen sorgte, indem er Tests entwickelte, mit deren Hilfe die Intelligenz von Generationen von Schülern gemessen wurde. Gardner stellte fest, dass junge intelligente Menschen im beruflichen und im persönlichen Bereich weder erfolgreicher, noch glücklicher waren als weniger intelligente Menschen. Daraus entwickelte er die Theorie der multiplen Intelligenzen, die bis heute keiner empirischen Überprüfung standhält. So kam er zum Schluss, dass die akademische Intelligenz im klassischen Intelligenztest allein nicht ausreicht, um ein gelingendes (Berufs-)Leben vorauszusagen. Nach seiner Auffassung sei die akademische Intelligenz eine Intelligenzform unter sieben (Müllner & Müllner, 2021, S.17). Definiert wurde der Begriff der emotionalen Intelligenz in den Arbeiten von Peter Salovey und John D. Mayer Anfang der neunziger Jahre. Sie definierten die emotionale Intelligenz als eine Form der Intelligenz, die von der Fähigkeit ausgeht, eigene und fremde Gefühle sowie Emotionen zu kontrollieren, diese voneinander zu unterscheiden und diese gezielt zu nutzen.
Populär wurde der Begriff der emotionalen Intelligenz erst 1995 durch den US-Psychologen Daniel Goleman, der die emotionale Intelligenz als Fähigkeit definierte, eigene, fremde und Gruppenemotionen zu identifizieren bewusst zu machen sowie zu kontrollieren. Reuven BarOn konzentrierte sich am Ende der neunziger Jahre auf die Thematik des Leistungs- und Erfolgspotenzials, indem er sich auf gesellschaftliche und emotionale Fähigkeiten bezog. Dieser umfasste beispielsweise Selbstbewusstsein, gute Aufnahmefähigkeit, Bewusstsein für andere, Umgang mit starken Emotionen, guter Ausdruck, erfolgreiche Konfliktlösung und Anpassungsfähigkeit. Er definierte emotionale Intelligenz als eine Anhäufung von Fähigkeiten und Kompetenzen, emotional verstand er in diesem Kontext als eine besondere Art der Intelligenz, die sich von der kognitiven Intelligenz unterscheidet (Charlier & Kremer, 2019, S. 4f.). Angelehnt an den Arbeiten von Salovey und Mayer hat Golemann in seinem 1995 erschienenen Buch ein Modell vorgestellt, welches bis heute als Grundlagenmodell der emotionalen Intelligenz gilt. Goleman unterscheidet zwei Dimensionen emotionaler Intelligenz, zum einen die Beziehung einer Person zu sich selbst und zu anderen Personen und zum anderen die Wahrnehmung einer Stimmung, Situation oder Atmosphäre sowie deren aktive Steuerung (Müllner & Müllner, 2021, S.17). Dadurch wird erkenntlich, dass Goleman die emotionale Intelligenz als Eigenschaft eingeordnet hat, die heute als ein wichtiger Kernfaktor für persönlichen und beruflichen Erfolg angesehen wird. In Bezug auf diese zwei Dimensionen mit seinen entsprechenden Fähigkeiten lassen sich vier Komponente der emotionalen Intelligenz identifizieren. Zum einen können Menschen mit einer hohen emotionalen Intelligenz Emotionen bei sich und anderen Mitmenschen differenziert wahrnehmen und einordnen (Emotionswahrnehmung). Als zweite Komponente ist die Emotionsnutzung im Bereich des Problemlösens und des Denkens zu nennen. Die dritte Komponente beinhaltet das Emotionsverständnis. Dieser Punkt beinhaltet das Verständnis für Menschen, die in ähnlichen Situationen unterschiedlich empfinden. Die letzte Komponente beinhaltet den Emotionsumgang-/soziale Kompetenz, der die eigene Emotionsregulation und den Einfluss auf Emotionen anderer zum Inhalt trägt. Diese Menschen gelten als emotional intelligenter (Zimbardo, Johnson & McCann, 2016). Eine zentrale Bedeutung für diese Arbeit und auch ein wichtiger Bereich der emotionalen Intelligenz ist die Empathie. Die Empathie bzw. empathisch zu reagieren bedeutet, sich so intensiv wie möglich in die Gefühlslage des Gegenübers zu versetzen (Bausch-Walther, 2018, S.9). Nach der Auffassung von Alenka Mladina (2019) spielt die emotionale Intelligenz in der heutigen Zeit eine wichtige Rolle im Berufsleben, gerade wenn es darum geht, Führungsrollen zu übernehmen (Mladina, 2019). Dennoch gibt es an diesem Konzept auch Kritik. Irene Habich (2021) ist der Meinung, dass die emotionale Intelligenz nur schwer zu messen sei und eine Präzise Definition nicht möglich sei.
Einige Wissenschaftler:innen betrachten die oben benannten Komponenten als Persönlichkeitseigenschaften, andere betrachten sie als erlernbare Fähigkeit Gefühle bei sich und anderen wahrzunehmen sowie zu interpretieren. Andere Wissenschaftler:innen lehnen dieses Konzept als eigenes Konzept komplett ab (Habich, 2021).
3 Das Krankheitsbild Demenz
Die Demenzen zählen zu den häufigsten psychiatrisch-neurologischen Erkrankungen des höheren Alters und bedeutet übersetzt „Verlust des Verstandes“ oder „Unvernunft“ (Perrar, Sirsch & Kutschke, 2011, S.110). Die Weltgesundheitsorganisation definierte den Begriff Demenz 1986 als „ ... eine erworbene, globale Beeinträchtigung der höheren Hirnfunktionen einschließlich des Gedächtnisses, der Fähigkeit, Alltagsprobleme zu lösen, der Ausführung sensomotorischer und sozialer Fertigkeiten, der Sprache und Kommunikation sowie der Kontrolle emotionaler Reaktionen ohne ausgeprägte Bewusstseinseintrübung. Meist ist der Prozess progredient, jedoch nicht notwendigerweise irreversibel.“ (Kessler, 1996, zit. n. Marwedel, 2013, S.258). Die häufigste Form der Demenz ist die Alzheimer-Demenz, gefolgt von der vaskulären Demenz, der Lewy-Körper-Demenz und der frontotemporalen Demenz. Allen Demenzformen, die ganz unterschiedliche Ursachen zur Entstehung der Erkrankung haben, haben in ihrer Symptomatik eine Reihe von kognitiven und nicht-kognitive Aspekten gemeinsam. Zu den kognitiven Symptomen, auch Leitsymptome genannt, zählen die Gedächtnisstörungen, die sowohl das Kurzzeit- als auch das Langzeitgedächtnis betreffen, zeitliche/örtliche/situative und personelle Desorientiertheit, Störung in der Sprachproduktion und im Sprachverständnis sowie Störungen beim Durchführen einer Handlung. Zu den nichtkognitiven Störungen zählen Depressionen, psychotische Symptome wie wahnhafte Gedankengänge oder Halluzinationen, Antriebsstörungen und psychomotorische Störungen wie z.B. Antriebssteigerung, Umherwandern, Unruhezustände, aber auch Antriebsminderung oder Interessenlosigkeit, außerdem Störungen des Tag-Nacht-Rhythmus, Verschlechterung der emotionalen Kontrolle und Störungen des Sozialverhaltens und Persönlichkeitsveränderungen (Marwedel, 2013, S.261f.). Um andere Krankheitsbilder wie die Depression, das Delir oder eine angeborene Intelligenzminderung als Differenzialdiagnose auszuschließen, müssen die benannten Symptome mindestens sechs Monate bestehen.
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- Quote paper
- Manuel Maruhn (Author), 2023, Einfluss emotionaler Intelligenz bei Pflegenden im Umgang mit demenziell erkrankten Menschen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1351858
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