„Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes.“1
Diese Aussage von Karl Marx spiegelt deutlich seine religionstheoretische Auffassung wider, die seine Werke deutlich geprägt hat. Er bringt damit zum Ausdruck, dass er Religion für eine vom Menschen selbst geschaffene Institution hält, mit der dieser versucht, sich über gesellschaftliche Missstände zu trösten, um dieses ‚Jammertal’ besser ertragen zu können. Marx zufolge ist Religion eine notwendige Erscheinung in der Entwicklung der Menschheit, denn genauso zwangsläufig, wie die breite Masse in den Klassengesellschaften religiös sind, wird der Mensch die Religion später als eine überlebte Naivität von selbst ablegen. Religion in der Funktion eines terminierten Trostspenders?
Noch weiter gingen die Ansichten der französischen Vertreter des Materialismus, auch hier lag die These des dialektischen Materialismus zugrunde, der die Existenz von Gott bestreitet, doch sie bezeichneten Religion sogar als von Verbrechern erdachten, bewussten Betrug, der nur dem Zweck dienen konnte, den Menschen zu beherrschen. Der erste Schurke, der den ersten Narren traf, war der erste Priester...
Religion in der Funktion als Werkzeug zur persönlichen Bereicherung? Von Durkheim und Weber bis hin zu Luckmann und Luhmann ist sich die Soziologie einig über die Rolle, die Religion allgemein in Gesellschaften spielt und über den Einfluss, den sie ausübt. Dies kann man dahingehend zusammenfassen, dass es keine Gesellschaft ohne Religion geben kann, da jede das Problem ihrer eigenen Kontingenz und auch der Kontingenz im allgemeinen zu bewältigen hat – nämlich die Frage nach der Funktion der Religion. Bevor diese Frage jedoch hinreichend beantwortet werden kann, wobei ich speziell die Theorien von Luhmann und Luckmann heranziehen werde, müssen zunächst die Zusammenhänge zwischen Religion und Kultur dargestellt werden, um die Funktionalität für das Individuum und somit auch für die Gesellschaft deutlicher hervorzuheben. Ebenfalls unerlässlich ist es in diesem Rahmen, das Augenmerk auf die Entwicklung der Stellung der Religion in der Gesellschaft zu richten. Hierbei gehe ich vor allem auf die These des Niedergangs der Religion ein, die seit dem 19. Jahrhundert in eher progressiven und konservativen Theorien zunächst vorausgesetzt wurde und erst jetzt kontrovers diskutiert wird.
Im Folgenden werde ich, nach der Darstellung des Säkularisierungsprozesses, durch das Beschreiben der Verknüpfungen mit Kultur, Gesellschaft und Staat die Bedeutung der Religion verdeutlichen und somit letztendlich ihre Funktion darzustellen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Der Prozess der Säkularisierung
- 2.1. Die Entwicklung
- 2.2. Die Ursachen
- 3. Die Funktion der Religion
- 3.1. Was ist Religion?
- 3.2. Religion und Kultur
- 3.3. Religion und Gesellschaft
- 3.4. Religion und Staat
- 3.5. Funktion der Religion nach Luckmann
- 3.6. Funktion der Religion nach Luhmann
- 4. Zusammenfassung
- 5. Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Funktion der Religion im Prozess der Säkularisierung. Sie beleuchtet die Entwicklung und Ursachen der Säkularisierung und analysiert die Rolle der Religion in Kultur, Gesellschaft und Staat. Besonderes Augenmerk wird auf die Theorien von Luckmann und Luhmann gelegt.
- Der Prozess der Säkularisierung und seine Entwicklung
- Die Definition und Bedeutung von Religion
- Der Einfluss der Religion auf Kultur und Gesellschaft
- Die Beziehung zwischen Religion und Staat
- Die Funktion der Religion nach Luckmann und Luhmann
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die religionstheoretische Position von Karl Marx und den französischen Materialisten gegenüber. Sie betont die zentrale Frage nach der Funktion der Religion in Gesellschaften und kündigt die Heranziehung der Theorien von Luhmann und Luckmann an. Die Einleitung legt den Fokus auf die Entwicklung der Stellung der Religion in der Gesellschaft und die These des Niedergangs der Religion. Der Autor beschreibt seinen methodischen Ansatz, den Säkularisierungsprozess darzustellen und die Bedeutung der Religion durch die Beschreibung der Verknüpfungen mit Kultur, Gesellschaft und Staat zu verdeutlichen.
2. Der Prozess der Säkularisierung: Dieses Kapitel definiert den Begriff „Säkularisierung“ und grenzt ihn von „Säkularisation“ und „Säkularismus“ ab. Es beschreibt Säkularisierung als einen mentalen Prozess der Trennung von religiösen Organisationen und weltlicher Struktur. Die Entwicklung der Säkularisierung wird skizziert, beginnend mit dem Augsburger Religionsfrieden und dem Prinzip des „cuius regio, eius religio“, das den Beginn eines Primats des Politischen vor dem Religiösen markierte und sich im Westfälischen Frieden 1648 festigte. Das Kapitel deutet auf die europäische Aufklärung, die Entstehung nationalstaatlicher Ordnungen, ein sich entwickelndes Wirtschaftssystem und ein wissenschaftliches Wahrheitsmonopol als Faktoren hin, die die Beziehung zwischen Religion und Gesellschaft veränderten.
Schlüsselwörter
Säkularisierung, Säkularisation, Säkularismus, Religion, Religionssoziologie, Kultur, Gesellschaft, Staat, Luckmann, Luhmann, Marx, Materialismus, Entkirchlichung, Verweltlichung.
Häufig gestellte Fragen zu: Analyse der Funktion der Religion im Prozess der Säkularisierung
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Funktion der Religion im Prozess der Säkularisierung. Sie beleuchtet die Entwicklung und Ursachen der Säkularisierung und analysiert die Rolle der Religion in Kultur, Gesellschaft und Staat. Besonderes Augenmerk wird auf die Theorien von Luckmann und Luhmann gelegt.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt den Prozess der Säkularisierung und seine Entwicklung, die Definition und Bedeutung von Religion, den Einfluss der Religion auf Kultur und Gesellschaft, die Beziehung zwischen Religion und Staat sowie die Funktion der Religion nach Luckmann und Luhmann.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit besteht aus fünf Kapiteln: einer Einleitung, einem Kapitel über den Prozess der Säkularisierung, einem Kapitel über die Funktion der Religion, einer Zusammenfassung und einem Literaturverzeichnis. Das Kapitel zur Funktion der Religion analysiert die Rolle der Religion im Detail, unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte wie Kultur, Gesellschaft und Staat, und bezieht sich dabei explizit auf die Theorien von Luckmann und Luhmann.
Wie wird der Begriff "Säkularisierung" definiert und abgegrenzt?
Das Kapitel zum Prozess der Säkularisierung definiert den Begriff "Säkularisierung" und grenzt ihn von "Säkularisation" und "Säkularismus" ab. Säkularisierung wird als ein mentaler Prozess der Trennung von religiösen Organisationen und weltlicher Struktur beschrieben.
Welche historischen Ereignisse werden im Kontext der Säkularisierung genannt?
Die Arbeit erwähnt den Augsburger Religionsfrieden und das Prinzip „cuius regio, eius religio“ sowie den Westfälischen Frieden von 1648 als historische Meilensteine, die den Beginn eines Primats des Politischen vor dem Religiösen markierten. Die europäische Aufklärung, die Entstehung nationalstaatlicher Ordnungen, ein sich entwickelndes Wirtschaftssystem und ein wissenschaftliches Wahrheitsmonopol werden als Faktoren genannt, die die Beziehung zwischen Religion und Gesellschaft veränderten.
Welche Rolle spielen die Theorien von Luckmann und Luhmann?
Die Theorien von Alfred Schutz und Peter Berger (Luckmann) und Niklas Luhmann spielen eine zentrale Rolle in der Analyse der Funktion der Religion. Die Arbeit legt besonderes Augenmerk auf deren Perspektiven und untersucht, wie diese die Rolle der Religion in der modernen Gesellschaft erklären.
Welche religionstheoretische Position wird in der Einleitung erwähnt?
Die Einleitung stellt die religionstheoretische Position von Karl Marx und den französischen Materialisten gegenüber und betont die zentrale Frage nach der Funktion der Religion in Gesellschaften.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter der Arbeit sind: Säkularisierung, Säkularisation, Säkularismus, Religion, Religionssoziologie, Kultur, Gesellschaft, Staat, Luckmann, Luhmann, Marx, Materialismus, Entkirchlichung, Verweltlichung.
Welche Methode wird in der Arbeit verwendet?
Der Autor beschreibt seinen methodischen Ansatz, den Säkularisierungsprozess darzustellen und die Bedeutung der Religion durch die Beschreibung der Verknüpfungen mit Kultur, Gesellschaft und Staat zu verdeutlichen.
- Quote paper
- Martin Wendt (Author), 2003, Die Funktion der Religion im Prozess der Säkularisierung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/13512