Das römische Kriegswesen ist prinzipiell kein ausgesprochen ergiebiges Thema mehr, da es bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts umfassende wissenschaftliche Werke dazu gibt, wie zum Beispiel Hans Delbrücks (1848-1929) „Geschichte der Kriegskunst Band I“, deren Gültigkeit Bestand haben. Sicherlich gibt es jedoch viele Historiker, die einige Ansichten Delbrücks nicht teilen, sei es die Sicht der ersten römischen Armee als so genanntes „Ritterheer“1 oder nur seine Quelleninterpretation des Polybios, die den räumlichen Abstand der einzelnen Infanteristen innerhalb eines Manipels betrachtet und heute längst neu bewertet wurde2. Trotzdem das Quellenmaterial in seiner Quantität überschaubar und fragmentarisch ist, schaffen es Historiker nahezu detailgetreue Angaben zu Aufbau und Taktik der römischen Legionen zu publizieren. Dass dabei eine gewisse erzwungene Quellengefügigkeit allgemein abgelehnt und verbreitet zugleich ist, scheint im ersten Moment schizophren. Doch der geschichtswissenschaftliche Diskurs lebt von Widersprüchen und Neubewertungen, vom Mut zur Bahn brechenden, zugleich möglichst argumentativ fundierten Interpretation der zur Verfügung stehenden Quellen durch renommierte Historiker.
Die Anfänge der Beschreibung des antiken römischen Heerwesens findet man unter anderem bei dem Griechen Polybios, welcher als Geisel um 168 v. Chr. nach Rom kam und die „Historien“ schrieb. Er lebte zur Zeit der Punischen Kriege, von ca. 200 v. Chr. bis ca. 120 n. Chr., was ihn zunächst, weil zeit- und ortsnah den römischen Kampfeinsätzen, als verlässlich prädestiniert. Der Aspekt des „Nichtrömers“ lässt einen gewissen Abstand zum allgemein typischen „Hofhistoriker“, wie beispielsweise später Livius, erhoffen. Und in der Tat gilt Polybios als kritisch bei der Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Historikern. Er wollte die Griechen mit seinem Geschichtswerk bezüglich der Ursachen des politisch-militärischen Aufstiegs Roms aufklären und damit seit der Eroberung der griechischen Territorien eine Versöhnung herbeiführen. Man sagte ihm, sowie anderen nichtrömischen Historikern Achtung vor Disziplin und Ausbildung römischer Armeen nach.3
Der oben angesprochene Römer Titus Livius (59 v. Chr. – 17 n. Chr.) ist zwar nicht immer vereinbar mit den Ausführungen des Polybios, jedoch ergänzen die Kapitel seiner „Römischen Geschichte“, welche unter anderem auch Aufbau und Taktik des Heeres enthalten, die Beschreibungen des Griechen recht hilfreich.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Die römische Legion
1.1. Phalanx und frühe Manipellegion
1.2. Die Manipulartaktik
1.3. Die Kohortentaktik
2. Socii und auxiliari im Heer
3. Wechselwirkung der Heeresentwicklung zur Innen- und Außenpolitik
4. Literaturverzeichnis
4.1. Fachliteratur
4.2. Quellen
4.3. Internetseiten
Das Militärwesen also besteht, wie der herausragende Dichter der Römer am Anfang seines Gedichtes bezeugt, aus Waffen und Männern. (Veget. 2,1)[1]
Einleitung
Das römische Kriegswesen ist prinzipiell kein ausgesprochen ergiebiges Thema mehr, da es bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts umfassende wissenschaftliche Werke dazu gibt, wie zum Beispiel Hans Delbrücks (1848-1929) „Geschichte der Kriegskunst Band I“, deren Gültigkeit Bestand haben. Sicherlich gibt es jedoch viele Historiker, die einige Ansichten Delbrücks nicht teilen, sei es die Sicht der ersten römischen Armee als so genanntes „Ritterheer“[2] oder nur seine Quelleninterpretation des Polybios, die den räumlichen Abstand der einzelnen Infanteristen innerhalb eines Manipels betrachtet und heute längst neu bewertet wurde[3]. Trotzdem das Quellenmaterial in seiner Quantität überschaubar und fragmentarisch ist, schaffen es Historiker nahezu detailgetreue Angaben zu Aufbau und Taktik der römischen Legionen zu publizieren. Dass dabei eine gewisse erzwungene Quellengefügigkeit allgemein abgelehnt und verbreitet zugleich ist, scheint im ersten Moment schizophren. Doch der geschichtswissenschaftliche Diskurs lebt von Widersprüchen und Neubewertungen, vom Mut zur Bahn brechenden, zugleich möglichst argumentativ fundierten Interpretation der zur Verfügung stehenden Quellen durch renommierte Historiker.
Die Anfänge der Beschreibung des antiken römischen Heerwesens findet man unter anderem bei dem Griechen Polybios, welcher als Geisel um 168 v. Chr. nach Rom kam und die „Historien“ schrieb. Er lebte zur Zeit der Punischen Kriege, von ca. 200 v. Chr. bis ca. 120 n. Chr., was ihn zunächst, weil zeit- und ortsnah den römischen Kampfeinsätzen, als verlässlich prädestiniert. Der Aspekt des „Nichtrömers“ lässt einen gewissen Abstand zum allgemein typischen „Hofhistoriker“, wie beispielsweise später Livius, erhoffen. Und in der Tat gilt Polybios als kritisch bei der Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Historikern. Er wollte die Griechen mit seinem Geschichtswerk bezüglich der Ursachen des politisch-militärischen Aufstiegs Roms aufklären und damit seit der Eroberung der griechischen Territorien eine Versöhnung herbeiführen. Man sagte ihm, sowie anderen nichtrömischen Historikern Achtung vor Disziplin und Ausbildung römischer Armeen nach.[4]
Der oben angesprochene Römer Titus Livius (59 v. Chr. – 17 n. Chr.) ist zwar nicht immer vereinbar mit den Ausführungen des Polybios, jedoch ergänzen die Kapitel seiner „Römischen Geschichte“, welche unter anderem auch Aufbau und Taktik des Heeres enthalten, die Beschreibungen des Griechen recht hilfreich. Er gilt als unkritisch und ist sowohl politischer, als auch militärischer Laie.
Einen eher strategischen als taktischen Einblick in die römische Kriegsführung gibt uns Gaius Iulius Caesar (100 v. Chr. – 44 v. Chr.) in seinen „Commentarii“ zum gallischen Krieg. Waren die beiden vorher genannten Autoren eher theoretisierender Natur, erhält man von Caesar einen praktischen Feldherrnbericht.[5]
Wenn man bedenkt, dass die Römer 390 v. Chr. kein probates Mittel gegen die Einnahme ihrer Hauptstadt durch die Gallier hatten, muss neben Caesars militärischem Führungsgeschick auch eine gewisse Entwicklung der taktischen Kriegsführung der Legionen an sich stattgefunden haben, die später zur Eroberung Galliens führte. Hinzu kamen natürlich die gracchische und marianische „Reform“ - der Begriff ist in diesem Zusammenhang höchst umstritten - die letztendlich ein homogenes flexibles Söldnerheer hervor brachte, welches absolut abhängig von ihrem Anführer sprich Geldgeber war. Doch mit der Schaffung dieser privat aushebbaren Berufsarmee(n) wurde zugleich das Ende der römischen Republik eingeleitet. Die Krise der späten Republik mündete im Bürgerkrieg. Der Versuch zweier Triumvirate nacheinander den Senat auszuhebeln und sich das Reich aufzuteilen führte zum Privatarmeenkrieg untereinander, dessen Ausweg die souveräne Durchsetzung des Kaisertums war – Augustus Octavian als princeps des Weltreiches.
Um nun zurück zur Militärliteratur zu kommen, stellt sich die Frage, ob es konkrete Abhandlungen ausschließlich das Militär betreffend gab, z.B. Handbücher oder Ähnliches. Die Historiker bedienen sich hier der Quelle „Epitoma rei militari“ des Vegetius aus dem 4. Jahrhundert n. Chr., welche eine Art Zusammenfassung (lat. epitoma = Auszug, „Abriss“) der damaligen Bücher über Kriegskunst darstellt. Vegetius gilt jedoch als problematisch, da er oft seine verwandten Quellen nicht nennt und bei seinen Ausführungen in der Zeit „springt“.[6]
Ziel meiner Arbeit ist es nun, eine Vorstellung der polybianischen und der caesarianischen Epoche bzw. der Entwicklung der Manipulartaktik zur Kohortentaktik und der damit verbundenen Reformen zu erhalten. Es sollen an Hand von Quellen, Fachliteratur und Beispielen der taktische Aufbau und die Effizienz einer römischen Legion klar werden. Schließlich versuche ich, eine Wechselwirkung zwischen der Entwicklung der römischen Legion und dem innenpolitischen Prozess der Krise der römischen Republik auszumachen und zu begründen.
1. Die römische Legion
1.1. Phalanx und frühe Manipellegion
Die römische „Legion“ war gleichzeitig die römische Armee. Heute oft als „Bauernheer“ betitelt, handelte es sich hierbei um das Gesamtaufgebot aller wehrpflichtigen Bürger Roms. Wehrpflichtig waren die steuerpflichtigen Römer, die für ihre militärische Ausrüstung selbst aufkamen. Berufen wurden sie nur in Kriegszeiten, in denen sie ihre Bauernhöfe nicht bewirtschaften konnten. Als Fachbegriff verwendet man „Milizheer“.
Da es bis zu den Punischen Kriegen keine verlässlichen Quellen gibt, welche diese erste Form der römischen Streitkraft detailliert, kann man sich nur auf Livius’ Rückbetrachtung und das Wissen über die damals vorherrschende Phalanxtaktik beschränken. Vorbild war sicherlich die griechisch/makedonische Phalanx für die gesamte antike Welt. Sie galt nicht zuletzt durch Alexanders Eroberungen als perfektionierte Phalanx. Den Römern wird oft nachgesagt, dass sie Waffen und Taktiken der Nachbarn, also der Gegner als „römisch“ übernommen haben. In der Forschung wird also angenommen, dass beispielsweise der große Schild (scutum) von den Samniten und der Brustpanzer von den Kelten stammen. Da das nicht beweisbar ist, bleibt es Hypothese. Aber die Übernahme der Phalanx von unmittelbaren Nachbarn liegt nahe.
Zunächst war die Stoßlanze (hasta) Standardstichwaffe. In den starren Phalanxreihen konnte praktisch nur die erste Reihe agieren und wurde erst nach dessen Zermürbung durch die nächste Reihe ersetzt.[7] Hierzu eine theoretische Abbildung, die den griechischen Beschreibungen nahe und daher auch für das erste römische Heer in Frage kommt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Internetquelle: http://www.anistor.co.hol.gr/english/enback/e991.htm)
Als die Gallier um 390 v. Chr. Rom einnahmen, gab es erste notwendige Reformen, welche traditionell Camillus zugeschrieben werden. Man geht jedoch davon aus, dass die Entstehung der frühen Manipulartaktik erst allmählich etabliert hat, um auch mit kleineren beweglichen Kampfverbänden, wie die Gallier sie pflegten, fertig zu werden. Der erste datierte Manipeleinsatz wird von Livius rückblickend auf 340 v. Chr. beschrieben und ist wiederum unbelegbar.[8]
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese vorpolybianische Epoche eher mythischen als historisch fundierten Charakter hat und damit für weitere Betrachtungen nicht in Frage kommt. Die Übernahme vorteilhafter Kampftechniken und Waffen von anderen Völkern bzw. militärische Katastrophen als Reformanstöße kann man sicherlich als logisch, jedoch nicht als gegeben annehmen.
1.2. Die Manipulartaktik
Wie erfolgreich Manipeln von jährlich wechselnder Besetzung vor allem mit den unausgebildeten Offizieren war, wird 216 v. Chr. in der Schlacht bei Cannae gegen Hannibal und seine Söldnerarmee mehr als deutlich.
Zunächst zum Manipel selbst, was soviel wie „Hand voll“ oder „Haufen“ bedeutet. Polybios bietet eine transparente Erklärung der Legionsstruktur, wobei die Legion nun mit einer Heeresdivision vergleichbar ist. Sie besteht nominell aus 1200 velites (leichte Infanterie, „Plänkler“), 1200 hastati (junge schwere Infanterie), 1200 principes (schwere Infanterie), 600 triarii (schwere Infanterie-Veteranen) und 300 equites (Reiter). Die schweren Infanteristen stehen in der Schlachtordnung in drei Reihen in zehn 120 Mann starke (hastati und principes) bzw. 60 Mann starke (triarii) Manipeln unterteilt. Davor standen die velites und über die Flanken griffen die Reiter ins Geschehen ein.[9] Das Schaubild nach Polybios macht dies noch einmal deutlich:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Gilliver 2003, S. 20)
[...]
[1] Zitiert bei Gilliver 2003, S. 9
[2] Delbrück 1975, S. 255 ff.
[3] Kromayer 1963, S. 385
[4] Gilliver 2003, S. 9
[5] Caes. B. G.
[6] Kromayer 1963, S. 252
[7] Vgl. Kromayer 1963, S. 255 ff.
[8] Gilliver 2003, S. 19
[9] Pol. Hist. 6,21
- Arbeit zitieren
- Robert Leuck (Autor:in), 2004, Die Entwicklung der Taktik des römischen Heeres, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135025
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