"Existiert Gott?" – eine allzeit und auch kontemporär umkämpfte Frage mit besonders spannungsreichem Verhältnis. Dabei erscheint es doch schon früh fraglich, ob der Gottesgedanke für den Menschen überhaupt widerspruchsfrei zu denken möglich ist oder inwiefern die vieldeutige Frage nach der Existenz Gottes überhaupt einen bestimmbaren semantischen Gehalt hat. So sieht man an der abendländischen Theologie, die Gott als den sich offenbarenden Gott versteht, dass sich Gott durch kein Wissen begründen lässt.
Und doch – spätestens wer radikal denkt, muss auch Gott als im Ganzen der Erkenntnis letztlich Gewisses zumindest versuchen anzudenken. Denn man kann es dem Denken als inhärent bezeichnen, selbst durch eine intellektuelle Selbstüberschreitung hindurch, das Ganze ernst zu nehmen und bei der Erkundung seines Möglichkeitsraumes der Wirklichkeit nicht in objektloser Abstraktion stehenzubleiben oder vor einer transzendenten Größe zurückzuschrecken. Es soll dabei um den Versuch gehen, mithilfe der rationalen Nachvollziehbarkeit eines Beweises die Existenz eines metaphysischen Gegenstandes aufzuzeigen. Die einfachen ad-hoc-Antworten "Gott existiert" oder "Gott existiert nicht" bedürfen dabei zunächst bestimmte und geklärte technische Vorbegriffe zu "Gott" und "Existenz".
Dies soll in dieser Arbeit zunächst mithilfe und in einem äußerst beschränkten Maße anhand eines Gottesbeweises mit dem Anspruch apriorisch, also erfahrungsunabhängig zu sein, nämlich dem sogenannten ontologischen Gottesbeweis, passieren. Neben seiner Darstellung soll die Beweiskraft im ersten Teil bereits kritisch überprüft werden, um bedenkliche und fragwürdige Punkte durch Differenzierung – nicht etwa dem Streben nach Auflösung des ontologischen Gottesbeweises - zu klären.
Im zweiten Teil soll sodann die berühmte Kritik Immanuel Kants eine andere philosophisch adäquate Konzeption Gottes und seiner Existenz bzw. Wirklichkeit aufzeigen. Letztlich zeigt sich dabei im Wesentlichen der Unterschied zwischen den Begriffen von absolut unbeschränkter "Existenz" und empirisch fassbarem "Sein". Hier weitet Kant insbesondere den Horizont, in dem die Frage nach "Gottes Existenz" gestellt werden muss – Gott ist als Totalität zu denken.
Inhaltsverzeichnis
- A. Der ontologische Gottesbeweis (Anselm)
- I. „,aliquid“
- II. Wahrheitsgehalt im Verstand
- III. Der Beweis auf Grundlage neuplatonischen Denkens
- IV. Der biblische Gott
- V. Varianten des Beweises
- 1. Descartes
- a) Erkenntnisgewinne
- b) Gott als notwendiges Wesen
- 2. Leibniz
- a) Prinzip des Widerspruchs
- b) Gott als perfektes Wesen ist notwendig
- VI. Gott als absolute Reflexion
- B. Kritische Rezeption bei Immanuel Kant
- I. Die Kritik
- 1. Existenz als Prädikat
- 2. Existenz als Wahrnehmungsbegriff
- 3. Menschliche Vernunft
- II. Sein und Existenz bei Kant
- III. Diskussion
- 1. Existenzurteile sind nicht analytisch
- 2. Existenz ist kein Prädikat
- 3. Gott als allumfassende Totalität
- C. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Bachelorarbeit untersucht den ontologischen Gottesbeweis und die Frage nach seiner Bestimmtheit. Sie setzt sich zum Ziel, die Argumentationslinien des Beweises, insbesondere im Kontext von Anselm von Canterbury, Descartes und Leibniz, darzulegen und kritisch zu analysieren. Die Arbeit beleuchtet zudem die Kritik Immanuel Kants an dem ontologischen Gottesbeweis und untersucht, wie Kant die Frage nach Gottes Existenz in seiner Philosophie neu stellt.
- Der ontologische Gottesbeweis und seine Beweiskraft
- Die Kritik Immanuel Kants am ontologischen Gottesbeweis
- Die Frage nach Gottes Existenz in der Philosophie Immanuel Kants
- Der Unterschied zwischen „Sein“ und „Existenz“
- Die Konzeption Gottes als allumfassende Totalität
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel analysiert den ontologischen Gottesbeweis von Anselm von Canterbury. Dabei wird insbesondere auf die Bedeutung des Begriffs „aliquid“ eingegangen und die Frage nach der Bestimmtheit dieses Begriffs untersucht. Das Kapitel beleuchtet auch die unterschiedlichen Interpretationen von Anselms Argumentation und diskutiert, ob es tatsächlich auf einen Beweis für die reale Existenz Gottes zielt.
Das zweite Kapitel widmet sich der Kritik Immanuel Kants am ontologischen Gottesbeweis. Kant argumentiert, dass die Existenz kein Prädikat sei und dass der Beweis aufgrund des Begriffs von Gottes Vollkommenheit keine valide Schlussfolgerung zulassen würde. Das Kapitel beleuchtet zudem Kants eigene Philosophie des Gottesbegriffs und die Frage nach der Bestimmtheit der Existenz Gottes im Rahmen seines Denkens.
Schlüsselwörter
Die Arbeit widmet sich zentralen Begriffen und Konzepten im Zusammenhang mit dem ontologischen Gottesbeweis und der Frage nach Gottes Existenz. Hierzu zählen: Ontologischer Gottesbeweis, Anselm von Canterbury, Descartes, Leibniz, Immanuel Kant, „Sein“, „Existenz“, „aliquid“, Vollkommenheit, Totalität, Analytisches Urteil, Synthetisches Urteil, Erkenntnisgewinn, Prinzip des Widerspruchs.
- Quote paper
- Adina Mitschele (Author), 2023, Existiert Gott? Der ontologische Gottesbeweis und die Frage nach seiner Bestimmtheit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1349742