"Der Tyrann entsteht aus dem Kampf des Volkes und der Menge gegen die Angesehenen, damit das Volk durch diese nicht weiter unterdrückt werde."
Diese These aus der aristotelischen Schrift 'Politik' zeugt davon, daß schon in der Antike ein kausaler Zusammenhang zwischen der Tyrannis und dem Erstarken des 'demos' gezogen wurde. Für Athen und die Entwicklung der attischen Demokratie gewinnt demnach die Tyrannis der Peisistratiden eine besondere Bedeutung, da fast unmittelbar nach ihrem Ende die attische Gesellschaft durch die kleisthenische Reform umgewandelt wurde, die sowohl damals als auch heute oft als erste Etablierung des demokratischen Grundgedankens bewertet wird. Doch auf dieser pauschalen und rein chronologischen Verknüpfungsebene der Zusammenhänge sollte nicht verblieben werden. Es gilt also die aristotelische Behauptung zu hinterfragen, daß die Tyrannis als Ausdrucksform des Kampfes des Volkes gegen die Herrschenden zu betrachten ist. Im Hinblick auf die von mir zu untersuchende Phase heißt dies also zu ergründen, welche Elemente der peisistratidischen Tyrannis die Entwicklung der Demokratie beschleunigten, welche Elemente keinen Einfluß und welche Elemente eventuell sogar hemmende Eigenschaften besaßen. Es gilt also die Bedeutung herauszuarbeiten, die diese Tyrannis in der Kette der anderen Ereignisse, die schließlich zur Entstehung der Demokratie in Athen führten, einnimmt.
Die Gliederung meiner Arbeit erfolgt nach chronologischen Aspekten, die jedoch einzeln systematisch behandelt werden. Ich beginne mit einem kurzen Abriß der nachsolonischen Phase und analysiere dann die Pase der Machtergreifung, die Phase des Machterhalts und die Phase des Machtverlustes der Tyrannis in Hinblick auf meine Arbeitszielsetzung, worauf ich mit einem gesonderten Kapitel über die politische Emanzipation der Bevölkerung und dem zusammenfassenden Schlußkapitel enden werde.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- 1. Thema und Fragestellungen
- 2. Vorgehensweise
- 3. Quellenlage
- II. Die Situation nach den Reformen Solons
- III. Die Machtübernahme
- 1. Die Problematik der 3 Parteien
- 2. Die drei Versuche der Machtübernahme
- 3. Zwischenfazit
- IV. Machterhalt
- 1. Politisches System
- 2. Die Beziehungen zum Adel
- 3. Wirtschaftliche Entwicklung
- 4. Kulturelle und religiöse Entwicklung
- 5. Außenpolitik
- V. Machtverlust
- VI. Das Problem der politischen Emanzipation
- VII. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Einfluss der peisistratidischen Tyrannis auf die Entstehung der attischen Demokratie. Sie hinterfragt die These eines kausalen Zusammenhangs zwischen Tyrannis und dem Erstarken des Demos und analysiert, welche Elemente der peisistratidischen Herrschaft die Entwicklung der Demokratie förderten, welche keinen Einfluss hatten und welche möglicherweise sogar hemmend wirkten. Die Arbeit basiert primär auf einer Auswertung antiker Quellen.
- Die sozio-politische Situation Athens nach den Reformen Solons
- Die Machtübernahme der Peisistratiden und die Rolle der drei Parteien
- Der Machterhalt der Peisistratiden und deren politische, wirtschaftliche und kulturelle Maßnahmen
- Der Machtverlust der Peisistratiden
- Die Bedeutung der peisistratidischen Tyrannis für die politische Emanzipation der athenischen Bevölkerung
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung: Diese Einleitung definiert das Thema der Arbeit, welches den Einfluss der peisistratidischen Tyrannis auf die Entwicklung der attischen Demokratie untersucht. Sie skizziert die Vorgehensweise, die auf einer Quellenanalyse der Schriften von Herodot, Thukydides und Aristoteles basiert, und beschreibt die Herausforderungen der Quellenlage, insbesondere die Abwesenheit einer zeitgenössischen Geschichtsschreibung. Die Arbeit wird die nachsolonische Phase, die Machtergreifung, den Machterhalt und den Machtverlust der Tyrannis untersuchen, um schließlich die Bedeutung der Tyrannis für die politische Emanzipation der Bevölkerung zu beleuchten.
II. Die Situation nach den Reformen Solons: Dieses Kapitel beschreibt die instabile politische Lage Athens nach den Reformen Solons. Obwohl Solon versuchte, durch seine Reformen soziale Konflikte zu lösen und eine „Eunomia“ zu schaffen, führten sie nicht sofort zu dauerhaftem Frieden. Stattdessen wird von anhaltenden Bürgerkriegen und einem Machtvakuum berichtet, das einzelne Adlige, darunter Peisistratos, auszufüllen versuchten. Die kurzfristige Erfolglosigkeit der Reformen unterstreicht die tiefgreifenden sozialen Spannungen und die Instabilität des politischen Systems, welches den Weg für die Machtergreifung Peisistratos ebnete.
III. Die Machtübernahme: Dieses Kapitel analysiert die Machtübernahme der Peisistratiden, wobei es die divergierenden Darstellungen bei Aristoteles und Herodot kritisch beleuchtet. Die unterschiedlichen Beschreibungen der drei Parteien (Küstenbewohner, Bewohner der Ebene und Bewohner des Hügellandes) und deren Zielsetzungen werden diskutiert. Die Arbeit hinterfragt die aristotelische Interpretation der "Volksfreundlichkeit" Peisistratos und legt nahe, dass diese eher als strategisches Element seiner Machtübernahme zu verstehen ist. Die Analyse betont die Notwendigkeit eines kritischen Umgangs mit den Quellen und deren Interpretationen.
Schlüsselwörter
Peisistratiden, attische Demokratie, Tyrannis, Solon, Herodot, Thukydides, Aristoteles, Machtergreifung, Machterhalt, Machtverlust, politische Emanzipation, Athen, antike Geschichte, Quellenkritik.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: Der Einfluss der peisistratidischen Tyrannis auf die Entstehung der attischen Demokratie
Was ist das Thema der Arbeit?
Die Arbeit untersucht den Einfluss der peisistratidischen Tyrannis auf die Entstehung der attischen Demokratie. Sie hinterfragt den kausalen Zusammenhang zwischen Tyrannis und dem Erstarken des Demos und analysiert die fördernden, neutralen und hemmenden Einflüsse der Herrschaft der Peisistratiden auf die Entwicklung der Demokratie.
Welche Quellen wurden verwendet?
Die Arbeit basiert primär auf einer Auswertung antiker Quellen, insbesondere der Schriften von Herodot, Thukydides und Aristoteles. Die Herausforderungen und die Probleme der Quellenlage, besonders das Fehlen zeitgenössischer Geschichtsschreibung, werden explizit thematisiert.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in sieben Kapitel: Einleitung, die Situation nach den Reformen Solons, die Machtübernahme der Peisistratiden, der Machterhalt, der Machtverlust, das Problem der politischen Emanzipation und schließlich ein Fazit. Jedes Kapitel behandelt einen spezifischen Aspekt des Themas, beginnend mit der politischen Lage nach Solon und endend mit einer Bewertung des Einflusses der Tyrannis auf die politische Emanzipation.
Welche Aspekte der Machtübernahme der Peisistratiden werden behandelt?
Das Kapitel zur Machtübernahme analysiert die divergierenden Darstellungen bei Aristoteles und Herodot kritisch. Es beleuchtet die Rolle der drei Parteien (Küstenbewohner, Bewohner der Ebene und Bewohner des Hügellandes) und deren unterschiedliche Zielsetzungen. Die Interpretation der "Volksfreundlichkeit" Peisistratos wird hinterfragt und als strategisches Element seiner Machtübernahme gedeutet.
Wie wird der Machterhalt der Peisistratiden dargestellt?
Der Machterhalt wird aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet: dem politischen System, den Beziehungen zum Adel, der wirtschaftlichen Entwicklung, der kulturellen und religiösen Entwicklung sowie der Außenpolitik. Diese vielschichtige Betrachtung soll ein umfassendes Bild des Herrschaftsgefüges unter den Peisistratiden zeichnen.
Welche Rolle spielt die Quellenkritik in der Arbeit?
Die Quellenkritik spielt eine zentrale Rolle. Die Arbeit betont die Notwendigkeit eines kritischen Umgangs mit den antiken Quellen und deren unterschiedlichen Interpretationen. Die divergierenden Darstellungen bei verschiedenen Autoren werden explizit angesprochen und diskutiert.
Welche Schlussfolgerungen zieht die Arbeit?
Die Arbeit untersucht den komplexen Zusammenhang zwischen der peisistratidischen Tyrannis und der Entstehung der attischen Demokratie. Sie bewertet den Einfluss der Tyrannis auf die politische Emanzipation der athenischen Bevölkerung, wobei die verschiedenen Perspektiven und die Herausforderungen der Quellenlage berücksichtigt werden.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Peisistratiden, attische Demokratie, Tyrannis, Solon, Herodot, Thukydides, Aristoteles, Machtergreifung, Machterhalt, Machtverlust, politische Emanzipation, Athen, antike Geschichte, Quellenkritik.
- Quote paper
- Stephan Bliemel (Author), 1999, Die Bedeutung der peisistratidischen Tyrannis für die Entstehung der attischen Demokratie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/134910