Im Fokus der Sozialen Arbeit stehen zumeist die KlientInnen – in dieser Arbeit soll die Blickrichtung jedoch einmal umgekehrt werden, sodass die Arbeitszufriedenheit sowie das psychische Wohlbefinden von Fachkräften der Sozialen Arbeit in den Vordergrund rückt.
Wissenschaftliche Studien, die die Arbeitszufriedenheit im gesamten Arbeitskontext der Sozialen Arbeit untersuchen, gibt es bislang nur wenige; zudem liegt der Fokus der vorhandenen Untersuchungen nicht auf dem psychischen Aspekt. Vor diesem Hintergrund setzt sich die vorliegende Bachelorarbeit zum Ziel, die geschilderte Forschungslücke zu schließen und Bezüge zwischen den beiden Bereichen herzustellen.
Mit dieser Arbeit soll der Zusammenhang zwischen dem psychischen Wohlbefinden von Fachkräften der Sozialen Arbeit und deren Arbeitszufriedenheit untersucht werden. Diese beiden genannten Bereiche sind durch eine hohe Komplexität gekennzeichnet; daher liegt der Fokus dieser Arbeit hauptsächlich auf den Ressourcen und Stressoren am Arbeitsplatz. Konkret wird hierfür der Einfluss der Resilienz, der sozialen Unterstützung und Wertschätzung sowie der psychischen Belastung näher überprüft.
Zur Gewinnung von Erkenntnissen werden zunächst die theoretischen Grundlagen erarbeitet. Des Weiteren wird eine Analyse einer im Rahmen dieser Arbeit angestellten quantitativen empirischen Untersuchung durchgeführt. Die Daten hierfür werden mithilfe einer Onlinebefragung ermittelt.
Inhaltsverzeichnis
A Themeneinstieg
1 Einleitung
B Theoretische Grundlagen
2 Begriffs- und Gegenstandsbestimmung
2.1 Arbeitszufriedenheit
2.1.1 Determinanten der Arbeitszufriedenheit
2.1.2 Arbeitszufriedenheit in der Sozialen Arbeit
2.1.3 Theoretische Ansätze und Messinstrumente
2.2 Psychisches Wohlbefinden
2.2.1 Dimensionen und Modelle des psychischen Wohlbefindens
2.2.2 Psychisches Wohlbefinden in der Sozialen Arbeit
2.2.3 Psychische Belastung und Beanspruchung
2.2.4 Entstehung von Stress
3 Job-Demands-Resources-Modell
3.1 Stressoren in der Sozialen Arbeit
3.2 Ressourcen in der Sozialen Arbeit
C Empirische Analyse
4 Methodisches Vorgehen
4.1 Forschungsziel und Hypothesen
4.2 Erhebungsinstrument
4.3 Stichprobe
4.4 Datenerhebung
4.4.1 Verlauf der Befragung
4.4.2 TeilnehmerInnen
4.5 Datenverarbeitung
5 Ergebnisse
5.1 Personen- und arbeitsbezogene Daten
5.2 Soziale Unterstützung, Wertschätzung und Arbeitsausstattung
5.3 Resilienz
5.4 Psychische Belastung
5.5 Arbeitszufriedenheit
5.6 Feedback
5.7 Prüfung der Hypothesen
5.8 Weitere Zusammenhänge
6 Diskussion
6.1 Diskussion der Ergebnisse
6.2 Diskussion der Forschungsmethodik
D Schlussbetrachtung
7 Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
A Themeneinstieg
1 Einleitung
»Wenn die Arbeit ein Vergnügen ist, wird das Leben zur Freude.« (Maxim Gorki)
Im Fokus der Sozialen Arbeit (SA) stehen zumeist die Klientinnen - in dieser Arbeit soll die Blickrichtung jedoch einmal umgekehrt werden, sodass die Arbeitszufriedenheit (AZ) sowie das psychische Wohlbefinden von Fachkräften der SA in den Vordergrund rücken.
In der heutigen Gesellschaft nimmt die Arbeit einen hohen Stellenwert ein; daher erscheint es einleuchtend, dass auch der AZ eine bedeutsame Rolle zugewiesen wird. Für ArbeitgeberInnen (AG) bedeuten zufriedene MitarbeiterInnen unter anderem eine geringere Fluktuation, eine höhere Arbeitsqualität und -produktivität sowie weniger Personalausfälle. Doch welche Konsequenzen hat die AZ für die MitarbeiterInnen selbst? In erster Linie trägt sie zu einer funktionierenden Arbeitsumgebung sowie einer guten Zusammenarbeit im Team bei und dient damit ebenso indirekt dem AG; doch die Wahrnehmung und Bewertung der eigenen Arbeit sowie der gesamten Arbeitssituation beeinflussen ohne Frage auch die Lebensqualität eines jeden Einzelnen.
Aus einer Untersuchung aus dem Jahr 2017 zur Zufriedenheit von SozialarbeiterInnen mit ihrem Arbeitsplatz geht hervor, dass der Wunsch nach einem Wechsel der Einrichtung auffallend hoch ist. So würden 24 %, also etwa jede vierte Fachkraft der SA, eine neue Arbeitsstelle antreten, sofern ein entsprechendes Angebot vorläge (vgl. Henn et al. 2017, S. 51).
In Anbetracht dieses Ergebnisses kann gemutmaßt werden, dass die AZ in der SA nicht allzu hoch ausfällt. Wissenschaftliche Studien, die die AZ im gesamten Arbeitskontext der SA untersuchen, gibt es bislang nur wenige; zudem liegt der Fokus der vorhandenen Untersuchungen nicht auf dem psychischen Aspekt. Vor diesem Hintergrund setzt es sich die vorliegende Bachelor-Arbeit zum Ziel, die geschilderte Forschungslücke zu schließen und Bezüge zwischen den beiden Bereichen herzustellen.
Darüber hinaus ist es mir in zweifacher Hinsicht ein Anliegen, mich näher mit dem psychischen Wohlbefinden von Fachkräften der SA zu befassen. Zum einen handelt es sich um einen helfenden Beruf, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass die Wahrscheinlichkeit, unter Stress oder Erkrankungen der Psyche zu leiden, für die betreffenden Personen besonders hoch ist. Zum anderen könnten die infolge der Corona-Maßnahmen sich veränderten äußeren Rahmenbedingungen zu einer Verschlechterung der psychischen Gesundheit und des Wohlbefindens beigetragen haben. Hierauf deuten die Ergebnisse des Fehlzeiten-Reports hin; laut diesem waren im Jahr 2020 insgesamt 20,2 % der Arbeitsunfähigkeitstage in den Berufszweigen der Sozialarbeit und der Sozialpädagogik auf Erkrankungen der Psyche zurückzuführen (vgl. Meyer et al. 2021b, S. 646). Dies entspricht einem Anstieg um 3,4 Prozentpunkte gegenüber dem Jahr 2015 (vgl. Meyer/Meschede 2016, S. 377), also in einem Zeitraum von fünf Jahren; dabei kann angenommen werden, dass diese Entwicklung weiter voranschreiten wird.
Um dieser Dynamik entgegenwirken zu können, muss sich die Profession der SA mit der Thematik beschäftigen. Hierfür gilt es, weitere Untersuchungen anzustellen, um die bestehende Problematik einzugrenzen und im Anschluss entsprechende Verbesserungen vornehmen zu können.
Ausgehend von Erfahrungen in Studium und Beruf bin ich der Ansicht, dass zwar viele Fachkräfte unter den bestehenden Rahmenbedingungen und politischen Entscheidungen leiden, aber nicht deutlich genug in der Öffentlichkeit auf bestehende Missstände hingewiesen wird. Die vorliegende Arbeit soll einen Beitrag zur Änderung dieser Verhältnisse leisten. Das Feedback, das im Zuge der Erstellung des empirischen Teils dieser Arbeit von den befragten Fachkräften mitgeteilt wurde, lässt darauf hoffen, dass sich die Betroffenen zusammenschließen werden, um miteinander für einen guten Arbeitsplatz einzustehen, der zufrieden und gesund hält.
Mit dieser Arbeit soll der Zusammenhang zwischen dem psychischen Wohlbefinden von Fachkräften der Sozialen Arbeit und deren Arbeitszufriedenheit untersucht werden. Diese beiden genannten Bereiche sind durch eine hohe Komplexität gekennzeichnet; daher liegt der Fokus dieser Arbeit hauptsächlich auf den Ressourcen und Stressoren am Arbeitsplatz. Konkret wird hierfür der Einfluss der Resilienz, der sozialen Unterstützung und Wertschätzung sowie der psychischen Belastung näher überprüft.
Zur Gewinnung von Erkenntnissen werden zunächst die theoretischen Grundlagen erarbeitet. Des Weiteren wird eine Analyse einer im Rahmen dieser Arbeit angestellten quantitativen empirischen Untersuchung durchgeführt. Die Daten hierfür werden mithilfe einer Onlinebefragung ermittelt.
Die vorliegende Arbeit setzt sich aus sieben Kapiteln zusammen. In Kapitel 2 wird als Einstieg in die Thematik der Begriff der AZ definiert und die damit einhergehenden Determinanten erläutert, um so eine Verständnisgrundlage für den Leser zu schaffen. Zudem wird die AZ in der SA in den Blick genommen und theoretische Ansätze und Messinstrumente vorgestellt, um auf die praktische Umsetzung in der Onlinebefragung hinzuleiten. Im nächsten Schritt wird der Begriff des psychischen Wohlbefindens definiert; ebenso werden dessen Dimensionen und Modelle beschrieben und auf die SA bezogen. Daran anschließend findet sich ein Exkurs zur psychischen Belastung und Beanspruchung sowie zur Entstehung von Stress.
Um den Zusammenhang zwischen AZ und psychischem Wohlbefinden herzustellen, wird in Kapitel 3 das Job-Demands-Resources-Modell (JDR-Modell) beschrieben. Ebenso werden in diesem Kontext Stressoren und Ressourcen aufgeführt, die für die SA eine Rolle spielen. Daran anschließend werden die Forschungsfrage sowie die der empirischen Analyse zugrunde liegenden Hypothesen und Vorgehensweisen in Kapitel 4 vorgestellt, um in Kapitel 5 die Ergebnisse zu präsentieren und diese in Kapitel 6 in einer Diskussion näher zu beleuchten.
Abschließend werden in Kapitel 7, dem Fazit, die zentralen Aspekte noch einmal zusammengefasst und ein Ausblick auf Möglichkeiten zur künftigen Arbeitsplatzgestaltung geboten.
B Theoretische Grundlagen
2 Begriffs- und Gegenstandsbestimmung
Im folgenden Kapitel werden die beiden Begriffe definiert, die im Zentrum der vorliegenden Untersuchung stehen: Arbeitszufriedenheit und psychisches Wohlbefinden. Dabei wird jeweils auf den aktuellen Forschungsstand eingegangen.
2.1 Arbeitszufriedenheit
Die AZ ist ein zentrales Konstrukt aus der Organisationspsychologie und gehört laut Judge et al. (2001, S. 26) zu den am häufigsten untersuchten Themenfeldern in diesem Bereich. Im Jahr 2001 waren bereits über 11.000 Studien zur AZ zu verzeichnen. Eine einheitliche Definition des Begriffs AZ existiert jedoch nicht. So bestimmen Bruggemann, Großkurth und Ulich (1975, S. 19) AZ als »Zufriedenheit mit einem gegebenen (betrieblichen) Arbeitsverhältnis. [...] Arbeitszufriedenheit bezeichnet damit eine Attitüde, die das Arbeitsverhältnis, mit allen Aspekten, hinsichtlich der Beurteilungsdimensionen >zufrieden-unzufrieden< betrifft.«
Spector (1997, S. 2) hingegen definiert den Begriff wie folgt: »[.] how people feel about their jobs and different aspects of their jobs. It is the extent to which people like or dislike their jobs. As it is generally assessed, job satisfaction is an attitudinal variable.« Auch wenn beide Bestimmungen Ähnlichkeiten aufweisen, wird doch in der letzteren deutlich stärker hervorgehoben, dass es sich um eine subjektive Wahrnehmung handelt. Schließlich identifiziert Jost (2000, S. 56) AZ als die »Einstellung gegenüber seiner derzeitigen Arbeit. Diese Einstellung zur eigenen Arbeit entsteht aus der Bewertung des Verhältnisses der durch die Arbeit erzielten Bedürfnisbefriedigung zu den ihr gegenüber gebildeten Erwartungen.« Hiermit wird explizit auf einen Soll-Ist-Vergleich hingewiesen, wie er etwa dem Zürcher Modell nach Bruggemann zugrunde liegt, das in Kapitel 2.1.3 beschrieben werden soll.
Bei den genannten Definitionen von AZ handelt es sich um eine kleine Auswahl der in der wissenschaftlichen Literatur zu findenden Bestimmungen. Zapf (1991, S. 231) gibt bereits in den frühen Neunzigerjahren zu bedenken, dass »die Literatur zur Arbeitszufriedenheit [.] unüberschaubar [ist].«
In jedem Fall kann festgehalten werden, dass es sich bei AZ um eine emotionale Reaktion im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen handelt (vgl. Berchtold-Ledergerber 2010, S. 169). Zudem ist zu bemerken, dass eine schier unübersehbare Anzahl an Begriffsbestimmungen existiert, die sich zwar häufig stark ähneln und in gewisser Weise überschneiden, die AZ aber aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten und verschiedene Aspekte in den Mittelpunkt stellen.
Schlussendlich kann daraus gefolgert werden, dass keine definitive und auf lange Dauer angelegte Aussage auf die Frage, was unter Arbeitszufriedenheit zu verstehen ist, möglich ist. Es handelt sich, wie schon erwähnt, um ein komplexes Konstrukt. So spielen bei der AZ auf der einen Seite der Arbeitsplatz, die Einrichtung und die jeweilige Betriebskultur eine Rolle und damit die organisationalen sowie die politischen Rahmenbedingungen. Auf der anderen Seite ist sie jedoch auch vom betreffenden Individuum abhängig, insofern stellt sie eine persönlichkeitsbezogene Bewertung und eine subjektive Meinung dar. Die Einschätzung ist von den Einstellungen, Werten und Lebenserfahrungen abhängig und unterscheidet sich daher von Individuum zu Individuum. Zusätzlich wird die AZ durch äußere gesellschaftliche Einflüsse bestimmt, so spielen die in der Gesellschaft vorherrschenden Arbeitswerte und Einstellungen eine Rolle, sodass bei der Betrachtung der AZ immer auch der jeweilige zeitliche Kontext zu berücksichtigen ist.
2.1.1 Determinanten der Arbeitszufriedenheit
Im folgenden Abschnitt soll der Frage nachgegangen werden, welche konkreten Faktoren einen Einfluss auf die AZ haben. Dies wird in der Wissenschaft kontrovers diskutiert, denn es werden in den bisherigen Forschungsarbeiten unterschiedliche Determinanten als grundlegend für die AZ herausgestellt.
So gibt Weinert (1992, S. 296 ff.) an,
dass [...] eine Arbeitssituation gegeben sein muss, a) die geistig anspruchsvoll ist, b) die den physischen und psychischen Bedürfnissen des Mitarbeiters entspricht, c) die das Gefühl des Erfolgs vermittelt,
d) die Möglichkeiten zur Anwendung und Erweiterung von Interessen und Fähigkeiten bietet, e) in der die Mitarbeiter das Gefühl der Achtung und Selbstwertschätzung durch Leistung erfahren,
f) in der ein angemessenes Be- und Entlohnungssystem vorhanden und dieses an die individuelle Leistung gekoppelt ist,
g) in der ein Führungsstil herrscht, welcher die Selbstverantwortung und Eigeninitiative fördert und der Eigenentwicklung des Individuums dienlich ist.
Im gleichen Jahr veröffentlichte v. Rosenstiel (1992, S. 22 ff.) eine Untersuchung, in der er weitere Determinanten anführte. Diese bilden eine Ergänzung zu den von Weinert genannten Faktoren, die sich hauptsächlich auf das Individuum selbst beschränken. V. Rosenstiel stellt demgegenüber die Bedeutung der zwischenmenschlichen Beziehungen (Zusammenhalt und Unterstützung im Team) sowie der Kooperation und Gruppe (Teamgeist und Solidarität) heraus. Zu den Arbeitsbedingungen zählt er äußere Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel Lärm oder Staub. Weitere von ihm benannte Komponenten zur Erreichung einer höheren Motivation und AZ sind Aufstiegsmöglichkeiten sowie die Arbeitsstrukturierung. Schließlich führt er die Determinante Sicherheit an, wobei er vier Ebenen unterscheidet - die Sicherheit des Arbeitsplatzes, die Sicherung der Gesundheit, die finanzielle Sicherheit sowie die Sicherheit der eigenen Position.
In jüngster Vergangenheit haben Waltersbacher et al. (2018, S. 41) nachgewiesen, dass MitarbeiterInnen besonderen Wert darauf legen, sich am Arbeitsplatz wohlzufühlen. Außerdem wird die Ausübung einer sinnerfüllenden Tätigkeit in einem guten Betriebsklima angestrebt, die von Wertschätzung seitens des AG begleitet ist. Wenn diese Erwartungen erfüllt werden, sind MitarbeiterInnen zufriedener, was in weniger Fehlzeiten durch Krankheit resultiert. Dies deutet zudem darauf hin, dass tatsächlich ein Zusammenhang zwischen dem psychischen Wohlbefinden und der AZ existiert, auf den in Kapitel 3 explizit eingegangen wird.
2.1.2 Arbeitszufriedenheit in der Sozialen Arbeit
Neben den in Kapitel 2.1.1 genannten Determinanten, die übergreifend für jede Arbeitssituation eine Rolle spielen, gibt es Faktoren, die sich auf einzelne Branchen beschränken. Da die SA in jeglicher Hinsicht ein besonderes Berufsbild darstellt, soll im folgenden Abschnitt explizit auf die AZ im Kontext der SA eingegangen werden. Hierfür wird maßgeblich auf eine Studie von Karges, Lehner und Wegmann (2001) zurückgegriffen.
Obwohl die Daten dieser Studie bereits im Jahr 1999 erhoben wurden, sind sie trotzdem weiterhin richtungsweisend, da nur wenige Forschungsergebnisse zur AZ von Fachkräften der SA im Allgemeinen vorliegen; in vielen Studien werden nur einzelne Bereiche der SA beleuchtet.
Ein Ergebnis der Studie besteht darin, dass nahezu alle 255 Befragten den Grundgedanken teilen, dass es sich bei ihrer Arbeit um mehr als nur einen Job handelt (vgl. Karges/Lehner 2003, S. 335). Dies weist zunächst darauf hin, dass in diesem Bereich eine natürliche, starke Motivation gegeben ist. Allerdings ist in diesem Zusammenhang auch die Frage zu stellen, ob hieraus eine Selbstaufgabe oder emotionale Überforderung resultieren könnte.
Weiterhin ist den Ergebnissen der Studie zu entnehmen, dass sich 62,2 % noch einmal für diesen Beruf entscheiden würden; demgegenüber stehen 16,3 %, die sich unsicher sind und 21,5 %, die dies verneinen (vgl. Karges/Lehner/Wegmann 2001, S. 15).
Bezüglich dieses und ähnlicher Ergebnisse der Zufriedenheitsforschung, denen zufolge im pädagogischen Bereich eine 60%ige bis 80%ige AZ besteht, bemerkt Schütz (2009, S. 75), dass »diese hohe Anzahl >Zufriedener< berechtigte Zweifel am Konstrukt Arbeitszufriedenheit aufkommen [lässt]. Ein differenziertes Bild entsteht jedoch bei der Betrachtung der Determinanten der Arbeitszufriedenheit.«
Des Weiteren kommt die Befragung zu dem Ergebnis, dass bei 43 % der Fachkräfte AZ aufgrund erfolgreicher Arbeit eintritt. Fast jeder Dritte (29,0 %) erfreut sich eines funktionierenden und harmonischen Kollegenkreises, während 22 % das Zufriedenheitsgefühl durch die Stärkung des Selbstbewusstseins der KlientInnen sowie deren Zufriedenheit (20 %) erlangen. Zudem empfinden 20,4 % Freude über Herausforderungen und das Gefühl des Gebrauchtwerdens. Als weitere Aspekte werden in dieser Reihenfolge die Selbstbestimmung von Aufgaben, die Anerkennung von Erfolg, finanzielle Unterstützung der SA sowie Fort- und Weiterbildung genannt (vgl. Karges/Lehner/Wegmann 2001, S. 12).
Umgekehrt wurde in der Befragung auch die Frage gestellt, welche Gesichtspunkte zu Unzufriedenheit führen. In diesem Zusammenhang nannten 42,9 % die Zunahme von Verwaltungsaufgaben und 40,3 % die Unzufriedenheit im Team. Genau jeder Dritte (33,3 %) empfindet die Sparmaßnahmen, mit der sich die SA konfrontiert sieht, als Negativaspekt und 27,9 % führen die Abhängigkeit von der Politik an. Weiterhin gaben die Befragten als Störfaktoren die unklare Organisationsstruktur des Arbeitsfeldes, den Massenbetrieb sowie Stress durch eine Erweiterung des Arbeitsfeldes an (vgl. ebd., S. 13).
Hieraus lässt sich schließen, dass für die AZ von Fachkräften drei Bereiche eine Rolle spielen. Wie aus Abbildung 1 deutlich wird, umfasst der erste Bereich die Fachkraft selbst mit ihrer Persönlichkeit, der zweite die Beziehung zu KlientenInnen und der dritte die Rahmenbedingungen; zusätzlich hierzu allerdings auch die Überschneidungspunkte zwischen diesen Bereichen.
Dies zeigt, dass die meisten der von Weinert und v. Rosenstiel angeführten Determinanten auch für die SA eine Rolle spielen, wobei einschränkend zu bemerken ist, dass den Aufstiegsmöglichkeiten sowie der Entlohnung und den Sozialleistungen in
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1 - Determinanten der AZ in der SA gemäß der Studie von Karges et al. (eigene Darstellung)
2.1.3 Theoretische Ansätze und Messinstrumente
Im folgenden Abschnitt werden nach einer einführenden Übersicht über die in diesem Bereich vorhandenen Theorien zunächst zwei multidimensionale theoretische Ansätze betrachtet, die für die Bestimmung der AZ von Relevanz sind: die Zwei-Faktoren-Theorie nach Herzberg (1959) sowie das Zürcher-Modell nach Bruggemann (1974). Im Anschluss daran werden verschiedene Messinstrumente zur Arbeitszufriedenheit näher vorgestellt.
Vorab ist festzuhalten, dass keine eigenen Theorien im Bereich der AZ existieren, weshalb hier nur auf Theorien aus dem benachbarten Feld der Arbeitsmotivation zurückgegriffen werden kann (vgl. v. Rosenstiel 1975, S. 138).
Nach Campbell et al. (1970, S. 342 ff.) lassen sich diese Theorien in Inhaltstheorien und Prozesstheorien einteilen. Kauffeld und Schermuly (2011, S. 187) erklären diesen Unterschied folgendermaßen: »Inhaltstheorien fokussieren die zentralen Inhalte der Motive und damit die Motivquellen. [...] Die sogenannten Prozesstheorien konzentrieren sich hingegen auf die psychologischen Prozesse, die dazu führen, dass und wie eine Handlung durchgeführt wird.«
Zu den bekanntesten Motivationstheorien (siehe hierzu auch Rusch 2019; Nerdinger 2014; Kauffeld/Schermuly 2018), die den Inhaltstheorien zugeordnet werden, zählen Maslows Bedürfnishierarchie, die Existance-Relatedness-Growth-Theorie von Alderfer, die Leistungsmotivationstheorie von McClelland und Atkinson, das Job-Characteristics-Modell von Hackman und Oldham sowie schließlich die Zwei-Faktoren-Theorie nach Herzberg. Diese zuletzt genannte Theorie soll nun näher erläutert werden.
Die Zwei-Faktoren-Theorie basiert auf einer Untersuchung von Herzberg, Mausner und Snyderman (1959). Bei dieser wurden MitarbeiterInnen zu Faktoren befragt, die über ihre Zufriedenheit bestimmen. Ein besonderes Augenmerk wurde dabei - anders als in früheren Untersuchungen, die sich vornehmlich mit der Motivation des Individuums befassten - auf Umweltfaktoren gelegt, die die Motivation beeinflussen. Durch diesen Perspektivwechsel wurde die Möglichkeit zur Untersuchung einzelner Rahmenbedingungen eröffnet, mithilfe derer sich die Motivation steigern lässt (vgl. Becker, F. 2019, S. 57 ff.).
Herzberg, Mausner und Snyderman unterscheiden bei der Entstehung von Arbeits(un)zufriedenheit zwischen zwei Kategorien - den Hygienefaktoren, unter die alle Elemente fallen, die den Kontext der Arbeit betreffen, und Motivatoren, die mit dem Inhalt der Tätigkeit zu tun haben - sowie zwei Dimensionen. Dieses Vorgehen stellte zum damaligen Zeitpunkt ein Novum dar, da frühere Theorien grundsätzlich auf einer eindimensionalen Betrachtungsweise beruhten, sodass lediglich die Frage gestellt wurde, ob AZ vorhanden oder nicht vorhanden ist. Demgegenüber stellt das zweidimensionale Konzept von Herzberg, Mausner und Snyderman einen deutlich größeren Erklärungsrahmen bereit (vgl. Ferreira 2019, S. 37 ff.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2 - Zwei-Faktoren-Theorie nach Herzberg et al. (eigene Darstellung)
In diesem Sinne werden, wie in Abbildung 2 verdeutlicht, AZ (sowie Nicht-Zufriedenheit) und Arbeitsunzufriedenheit (sowie Nicht-Unzufriedenheit) als zwei voneinander unabhängige Dimensionen unterschieden. Hieraus ergeben sich vier mögliche Zustände der Arbeits(un)zufriedenheit:
1. Es sind Hygienefaktoren und Motivatoren in hohem Maße vorhanden:
Dieser Zustand kann als ideal bezeichnet werden, da die MitarbeiterInnen hier sowohl von innen als auch von außen motiviert werden, was in einer hohen AZ resultiert.
2. Hygienefaktoren sind in ausreichendem Maße vorhanden, Motivatoren jedoch nur in geringem Maße oder auch gar nicht vorhanden:
Die MitarbeiterInnen verfügen über ein positives Arbeitsumfeld und gute Rahmenbedingungen, die Tätigkeit selbst bereitet ihnen jedoch keine Freude.
3. Es sind wenige Hygienefaktoren, jedoch viele Motivatoren vorhanden:
Die Arbeit ist motivierend und herausfordernd, aber die Arbeitsbedingungen und das Umfeld sind schlecht, was den MitarbeiterInnen die Freude an der Arbeit nimmt.
4. Es sind weder ausreichend Hygienefaktoren noch Motivatioren vorhanden:
Hierbei handelt es sich um die schlechtestmögliche Situation. Die MitarbeiterInnen sind unzufrieden und es gibt weder eine Motivation von innen noch von außen, die hieran etwas ändern könnte. Die erwartbare Reaktion besteht in einer geringen Arbeitsleistung bis hin zu Absentismus und einem Arbeitsplatzwechsel.
Als bekannteste Prozesstheorien lassen sich die Valence-Instrumentality-Expectancy- Theorie, die Zielsetzungstheorie nach Locke und Latham, die Equity-Theorie nach Adams sowie das Zürcher Modell nach Bruggemann (1974) nennen. Letztgenanntes wird nun eingehend erläutert.
Die einzelnen Prozesstheorien unterscheiden sich hinsichtlich der zugrunde liegenden Ansätze wie auch der verfolgten Ziele. Im Zürcher Modell, das auf die Arbeitspsychologin Agnes Bruggemann zurückgeht, wird die Entstehung sechs verschiedener Formen von Arbeits(un)zufriedenheit beschrieben.
Dabei geht Bruggemann davon aus, dass AZ nicht nur durch Bedürfnisbefriedigung (Schritt 1 in Abbildung 3) zustande kommt, sondern auch aus dem Anspruchsniveau (Schritt 2 in Abbildung 3) resultiert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3 - Zürcher Modell nach Bruggemann (in Anlehnung an Wiese/Stertz 2019, S. 15)
Das Modell basiert, wie bereits in Kapitel 2.1 angemerkt, auf einem Vergleich der eigenen Bedürfnisse (Soll-Wert) mit den Möglichkeiten zu deren Realisierung (Ist-Wert). Sofern das Ergebnis dieses Vergleichs positiv ausfällt und also der Ist-Wert den Soll-Wert übersteigt, wird von stabilisierender Zufriedenheit gesprochen. Im gegenteiligen Fall, wenn also der Vergleich zu einem negativen Resultat gelangt, stellt sich diffuse Unzufriedenheit ein.
Weiterhin befasst sich das Modell mit dem daran anschließenden Anspruchsniveau, woraus sich die folgenden sechs Typen ergeben:
- Progressive AZ: Die Person ist zufrieden sowie motiviert, ihr Anspruchsniveau zu steigern.
- Stabilisierte AZ: Die Person ist zufrieden und eine Veränderung ist nicht angedacht.
- Resignative AZ: Die Person passt sich an die Umstände an.
- Pseudo-AZ: Die Person redet sich die Situation schön.
- Fixierte Arbeits un zufriedenheit: Die Person ist unzufrieden und verharrt in dieser Situation.
- Konstruktive Arbeits un zufriedenheit: Die Person ist unzufrieden und sucht nach Möglichkeiten zur Verbesserung ihrer Situation.
Hierbei gibt es zwei Möglichkeiten, die AZ zu beeinflussen - zum einen die Veränderung der Arbeitsbedingungen und zum anderen die Veränderung der Ansprüche der jeweiligen Person.
Nachdem nun eine Übersicht über die bedeutendsten theoretischen Modelle gegeben worden ist, sollen im Folgenden verschiedene Messinstrumente vorgestellt werden, die in der AZ-Forschung Anwendung finden.
In der Forschung werden allgemein zwei mögliche Betrachtungsweisen der AZ unterschieden: zum einen kann die AZ als Ganzes betrachten werden und zum anderen lassen sich einzelne Facetten der AZ in den Blick nehmen. Bei der allgemeinen, oder auch globalen, AZ handelt es sich um ein Gesamturteil über die bestehende Arbeitssituation. Dagegen nimmt die facettenspezifische AZ auf Teilbereiche der Arbeitssituation Bezug, sodass sie Aufschluss darüber geben kann, welche Bereiche des Arbeitsplatzes zu Unzufriedenheit führen und daher verbessert werden sollten (vgl. Hohberg, 2015 S. 81). Die globale Zufriedenheit kann im Rahmen einer Umfrage beispielsweise mit einem Item, wie folgt, erfragt werden: >Alles in allem, wie zufrieden sind Sie mit Ihrem gegenwärtigen Arbeitsplatz?< Zur Erfassung der facettenspezifischen Zufriedenheit werden hingegen mehrere Items genutzt, die sich auf verschiedene Facetten der Arbeit beziehen.
Eines der Messinstrumente, das sich vollständig auf die facettenspezifische AZ fokussiert, ist der Job Descriptive Index (JDI). Dieser wurde 1969 von Smith, Kendall und Hulin entwickelt und gilt als das im englischen Sprachraum am häufigsten verwendete Instrument zur Messung von AZ. Die Skala erfragt die Zufriedenheit in Bezug auf die fünf Facetten Tätigkeit, Führung, Bezahlung, KollegInnen und Aufstiegsmöglichkeiten.
Bei dem Arbeitsbeschreibungsbogen (ABB) von Neuberger und Allerbeck (1978) handelt es sich um die deutschsprachige und, aufgrund von Kritik, verbesserten Version des JDI. Er umfasst die neun Kategorien Kollegium, Führungskräfte, Tätigkeit, Arbeitsbedingungen, Organisation und Leitung, Entwicklung, Bezahlung, Arbeitszeit und Arbeitsplatzsicherheit. Der ABB ist in Deutschland eines der bekanntesten Messverfahren zur Erfassung der AZ. Laut Nerdinger (2014, S. 421) hat sich der ABB in vielen Studien als reliables und valides Instrument erwiesen.
Ferreira (2019, S. 103) stellt jedoch die im ABB wie auch in anderen Verfahren gemessenen Faktoren infrage: »oftmals mangelt es Erhebungsmethoden der Arbeits- zufriedenheit an Validität, da sie nicht Arbeitszufriedenheit [sic] sondern verwandte Konzepte wie Lebenszufriedenheit, Commitment, Organizational Citizenship Behaviour (OCB), Glücks- und Flowerleben oder Subjektives Wohlbefinden, Berufszufriedenheit oder Arbeitsplatzzufriedenheit erfassen«. Kauffeld und Schermuly (2011, S. 181) pflichten ihr bei und führen mehrere problematische Aspekte bei der Messung des AZ-Konstrukts auf:
- Selektion auf bestimmte Aspekte der Arbeitszufriedenheit
- Subjektivität der Realität
- subjektive Strukturen
- soziale Erwünschtheit
- Verfügbarkeitsheuristik
- Rekonstruktion und Rationalisierung
- Stimmung und Bewertung.
Daraus lässt sich schließen, dass bei der Auswahl des Messverfahrens Vorsicht geboten ist.
Süß und Haarhaus (2013, S. 34 ff.) befassen sich mit dem Zürcher Modell der Arbeitszufriedenheit sowie dem dazugehörigen Messinstrument (AZK). Sie weisen dabei auf ihres Erachtens bestehende Diskrepanzen hin und verweisen ebenfalls auf die Kritik von Ferreira, die ihrerseits den Fragebogen zur Erhebung von Arbeitszufriedenheitstypen (FEAT) entwickelt hat.
Haarhaus beurteilt die vorhandenen deutschsprachigen Messinstrumente als für die Messung der AZ ungeeignet, da keines von ihnen die seiner Meinung nach erforderlichen drei Kriterien erfüllt. Diese drei Kriterien lauten wie folgt: erstens sollte die AZ objektiv, reliabel und valide erfasst werden, zweitens sollten sowohl die Gesamt- als auch die facettenspezifische AZ und somit weitere Informationen zu Teilbereichen der Arbeit abgefragt werden und drittens sollte der Fragebogen nicht zu umfangreich sein, um so eine niedrige Abbruchquote zu erreichen. Vor diesem Hintergrund hat Haarhaus einen eigenen Fragebogen mit dem Titel Kurzfragebogen zur Erfassung von Allgemeiner und Facettenspezifischer Arbeitszufriedenheit (KAFA) entwickelt, der die genannten Anforderungen erfüllen soll. Hierbei handelt es sich um ein Messinstrument, das sich aus 30 Items zusammensetzt und auf dem ABB und dem JDI basiert (vgl. Haarhaus 2015, S. 61 ff.).
Da die Argumentation von Haarhaus, dass Messinstrumente die von ihm benannten drei Bedingungen erfüllen müssen, als plausibel einzustufen ist, findet im Rahmen dieser Untersuchung der KAFA Anwendung.
2.2 Psychisches Wohlbefinden
Wie für den Begriff der AZ existiert auch für den des psychischen Wohlbefindens in der Wissenschaft bislang keine einheitliche Definition, da es sich um ein komplexes Konstrukt handelt.
Die World Health Organization (WHO 2019, S. 1) hat eine Definition für psychische Gesundheit vorgelegt. Danach handelt es sich hierbei um einen »Zustand des Wohlbefindens, in dem eine Person ihre Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv arbeiten und einen Beitrag zu ihrer Gemeinschaft leisten kann.«
Durch diese Definition werden jedoch mehrere Fragen aufgeworfen: Ist das Wohlbefinden und die Gesundheit von Menschen, deren Leistungsfähigkeit als nicht nützlich beziehungsweise produktiv eingestuft wird, als nicht gut zu bewerten? Wie verhält es sich mit Menschen, die aus verschiedenen Gründen zeitweise keinen Beitrag zur Gemeinschaft leisten (können)? Wird Wohlbefinden nur erreicht, wenn die genannten vier Facetten vollständig abgedeckt werden können? Antworten auf diese Fragen lassen sich in den Veröffentlichungen der WHO jedoch keine finden. Aus diesem Grunde ist die Definition zumindest teilweise kritisch zu betrachten. Zugleich wird hierdurch jedoch deutlich, dass die beiden Begriffe Wohlbefinden und Gesundheit untrennbar miteinander verbunden sind.
Im heutigen Sprachgebrauch wird der Begriff des psychischen Wohlbefindens häufig mit dem der psychischen Gesundheit synonym verwendet. Bei genauerer Betrachtung wird klar, dass die Unterscheidung der beiden Begriffe mit Schwierigkeiten verbunden ist. In der Literatur lassen sich keine Definitionen zum (psychischen) Wohlbefinden ausfindig machen.
Hüther und Fischer (2010, S. 25) haben sich jedoch an eine Umschreibung von Wohlbefinden gewagt und erklären es folgendermaßen:
Wohlbefinden stellt sich [...] immer dann ein, wenn die erinnerte Erwartung an eine Situation gut ist, die aktuelle Situation als erfreulich erlebt wird, die Vorstellung über die nächste Zukunft Sicherheit vermittelt und die Signale aus dem eigenen Körper Balance und Ausgeglichenheit signalisieren.
Röhrle (2018) fasst dies zusammen und bezeichnet Wohlbefinden als »individueller oder kollektiver Zustand oder Prozess, sich selbst, andere und entsprechende Lebensumstände als positiv zu erleben.« Frank (2022, S. 6) führt hingegen an, dass (psychisches) Wohlbefinden mit anderen Begriffen wie »Glück, Freude, Zufriedenheit, Flow, Flourishing, Euthymie, Lebensqualität und seelischer Gesundheit« zusammenhängt. Sie verweist darauf, dass eine genaue Begriffsbestimmung noch aussteht und die Forschung hierbei zunehmend Fortschritte macht.
Um das derzeit (noch) vage Konstrukt des (psychischen) Wohlbefindens eingrenzen zu können, sollen im Folgenden drei Ansätze zur Bestimmung von Wohlbefinden vorgestellt werden.
Zunächst wird in der Forschung zwischen hedonischem Wohlbefinden und eudaimonischem Wohlbefinden unterschieden. Der Begriff Hedonismus kommt aus dem Griechischen und bezeichnet Freude, Vergnügen oder auch Lust. Dementsprechend fokussiert der hedonische Ansatz auf die Zufriedenheit mit dem eigenen Leben und das Streben nach Glück und Freude auf der einen sowie die Vermeidung negativer Empfindungen auf der anderen Seite. Der Begriff Eudaimonia kommt ebenfalls aus dem Griechischen und bezeichnet das gute Leben. In diesem Sinne wird Wohlbefinden dem eudaimonischen Ansatz zufolge mit dem Führen eines sinnerfüllten Lebens identifiziert, in dem es dem betreffenden Menschen möglich ist, seine jeweiligen Stärken zu nutzen (vgl. Frank 2022, S. 6 f.). Dieser letztere Ansatz liegt den in Kapitel 2.2.1 vorgestellten Dimensionen zugrunde.
Weiterhin wird zwischen objektivem und subjektivem Wohlbefinden unterschieden. Der Begriff des subjektiven Wohlbefindens basiert auf dem Konzept des Hedonismus und wurde maßgeblich durch Diener geprägt (siehe hierzu auch Diener 1984; Diener et al. 1999). Stiglitz, Sen und Fitoussi (2009, S. 42) weisen in ihrer Arbeit darauf hin, dass das subjektive Wohlbefinden die individuell wahrgenommenen Gefühle, Bewertungen und Erfahrungen eines Individuums beinhaltet. Demgegenüber bezeichnet das objektive Wohlbefinden die Basis, die erforderlich ist, um subjektives Wohlbefinden zu erreichen. Es schafft demnach die Voraussetzungen für positive Lebensumstände in Bezug auf materielle und soziale Faktoren.
Becker, P. (1991) unterscheidet in seinem Strukturmodell hingegen aktuelles und habituelles psychisches Wohlbefinden, womit er eine zeitliche Ebene einführt. Er geht davon aus, dass das aktuelle psychische Wohlbefinden eine Momentaufnahme der positiven Gefühle und Empfindungen eines Menschen, also eine zum jeweiligen Zeitpunkt bestehende Beschwerdefreiheit, darstellt. Unter dem habituellen psychischen Wohlbefinden versteht er dagegen eine langfristige und stabile Gefühlslage (vgl. Frank 2022, S. 7).
Im Jahr 2021 hat die WHO (S. 10) eine weitere Definition veröffentlicht. In dieser wird das Wohlbefinden (engl. well-being) bestimmt als a positive state experienced by individuals and societies. Similar to health, it is a resource for daily life and is determined by social, economic and environmental conditions. Well-being encompasses quality of life and the ability of people and societies to contribute to the world with a sense of meaning and purpose.
Damit werden zum einen die Begriffe des subjektiven und objektiven Wohlbefindens aufgegriffen, zum anderen wird auf das eudaimonische Wohlbefinden fokussiert. Zudem verweist diese Definition auf den Kohärenzsinn von Antonovsky, der im folgenden Abschnitt beleuchtet wird.
2.2.1 Dimensionen und Modelle des psychischen Wohlbefindens
In der Wissenschaft wird zur Bestimmung des psychischen Wohlbefindens und der diesem zugrundeliegenden Faktoren häufig das Salutogenese-Modell von Antonovsky (1987) herangezogen. Dieses basiert auf der biopsychosozialen Sichtweise. Antonovsky geht in diesem Modell von einem Kontinuum aus, auf dem sich ein Individuum, beeinflusst durch seinen aktuellen Zustand, zwischen Gesundheit/Wohlbefinden und Krankheit/Missempfinden bewegt; er versucht damit allerdings der Frage nachzugehen, weshalb Menschen trotz einer Vielzahl von Stressoren ein hohes Wohlbefinden aufweisen oder sich mit erheblichen Belastungen auf diesen Endpunkt zu bewegen können. Die Überlegungen Antonovskys basieren - ebenso wie diejenigen von Lazarus und Folkman, deren Bewältigungsmodell in Kapitel 2.2.4 genauer beschrieben wird - auf der Annahme, dass sich ein Stressor nicht automatisch negativ auf den Menschen auswirken muss, sondern umgekehrt zu einer positiven Entwicklung führen kann (vgl. Roch/Hampel 2019, S. 251).
Als zentrales Element führt Antonovsky den Begriff des Kohärenzgefühls ein. Dieses beschreibt eine Lebenseinstellung sich selbst und anderen gegenüber, die die Gesunderhaltung in hohem Maße fördert. Antonovsky versteht den Kohärenzsinn als einen dynamischen Prozess, der durch das Individuum selbst aktiv beeinflusst werden kann und auf den folgenden drei Dimensionen beruht:
- Verstehbarkeit
Das Individuum begreift den Zusammenhang zwischen den gegebenen Ereignissen oder Situationen.
- Handhabbarkeit
Das Individuum sieht Möglichkeiten zur Bewältigung der ihm gestellten Aufgaben.
- Sinnhaftigkeit
Die Bewältigung der ihm gestellten Aufgaben hat für das Individuum einen Sinn und die Ausführung stellt einen Gewinn für es dar.
(vgl. Behme-Matthiessen/Pletsch 2020, S. 21)
Becker, P. (2006) hat ein systemisches Anforderungs-Ressourcen-Modell entwickelt, das auf der oben geschilderten Sichtweise von Antonovsky basiert. Gemäß dem Modell Beckers hängt die Gesundheit und damit auch das Wohlbefinden eines Individuums davon ab, inwiefern es dazu in der Lage ist, die ihm gestellten Anforderungen zu bewältigen. Für das Modell spielen zum einen externe Anforderungen und Ressourcen eine Rolle, die sich aus der Umwelt des Individuums ergeben; zum anderen werden jedoch auch interne Anforderungen und Ressourcen berücksichtigt, die sich aus der Person selbst ergeben. Das Verhalten und Erleben des Individuums, zu dem unter anderem auch sein Bewältigungsverhalten und seine Bedürfnisbefriedigung gehören, wirkt sich ebenso wie die Anforderungen und Ressourcen auf die Gesundheit und damit auch auf das Wohlbefinden aus (vgl. Beushausen 2013, S. 86 ff.).
In den USA hat Ryff (1989) ein multidimensionales Modell des Wohlbefindens entwickelt, das in der Wissenschaft einen zentralen Platz eingenommen hat. Dieses Modell beruht auf den folgenden sechs Dimensionen: Selbstakzeptanz, positive Beziehungen zu anderen, Autonomie, Umweltbewältigung, Lebenssinn und persönliches Wachstum.
Dementsprechend fußt das Modell auf der Annahme, dass Menschen dann ein hohes Wohlbefinden aufweisen, wenn sie ihre eigene Person akzeptieren, gute und auf Vertrauen basierende Beziehungen zu anderen Menschen pflegen, ihr Leben selbstbestimmt führen, ihre Umwelt erfassen und einordnen können sowie einen Sinn im Leben sehen und sich Zeit ihres Lebens um ihr persönliches Wachstum bemühen (vgl. Frank 2022, S. 8).
Diese Dimensionen stimmen mit den Merkmalen, die Becker, P. (1986) in seinem Modell zur Bestimmung seelischer Gesundheit verwendet, überwiegend überein (vgl. und siehe hierzu auch Frank 2022, S. 7 f.) und weisen in Richtung des Flourishing-Konzepts. Der Begriff des Flourishings beschreibt in der positiven Psychologie einen Zustand von hoher psychischer Gesundheit (siehe hierzu auch Keyes 2002; Michalec/Keyes/Nalkur 2009).
Auch die Flow-Theorie nach Csikszentmihalyi (1975) bietet einen Ansatz zur Bestimmung des psychischen Wohlbefindens bei der Arbeit. Sie beruht auf der Annahme, dass ein hohes psychisches Wohlbefinden bei der Arbeit dadurch gekennzeichnet ist, dass die betreffende Person vollständig in ihrer Aufgabe aufgeht. Den dazugehörigen Zustand beschreiben Kauffeld und Schermuly (2018, S. 251) folgendermaßen:
- umfassendes Gefühl, in eine Aufgabe involviert zu sein,
- eine Verschmelzung von Handlung und Aufmerksamkeit,
- eine Aufmerksamkeitsfokussierung auf aufgaben- und tätigkeitsbezogene Stimuli,
- das Gefühl, vollständige Kontrolle über Handlungen und die Handlungswelt zu haben.
Es wird deutlich, dass Modelle des psychischen Wohlbefindens stellenweise eine identische Fokussierung aufweisen, zum Teil jedoch das psychische Wohlbefinden aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten.
2.2.2 Psychisches Wohlbefinden in der Sozialen Arbeit
In der heutigen Zeit ist die Arbeit als ein zentraler Bestandteil des Lebens zu betrachten. Sie bietet dem Einzelnen nicht nur finanzielle Vorteile, sondern im besten Fall auch Möglichkeiten zur persönlichen Entfaltung. Eine Arbeit, die zufrieden macht, kann unter anderem Anerkennung, die Aneignung von Wissen und bei positiver Meisterung der Herausforderungen auch Selbstbestätigung nach sich ziehen. Zudem ermöglicht die Arbeit einen Austausch mit Kolleginnen und das Knüpfen sozialer Kontakte - all dies trägt zu einer positiven Entwicklung des Individuums bei. Dies ist jedoch nicht immer der Fall.
Felfe, Krick und Reiner (2018, S. 213) formulieren dies so:
Wenn berufliches Handeln als schlüssig, zusammenhängend und sinnvoll erlebt wird, steigen die Zufriedenheit, der Selbstwert, die Bindung an die Organisation und das psychische Wohlbefinden. Umgekehrt führt ein Fehlen von Sinn zu Unzufriedenheit, organisationalem Zynismus, dem Verlust an Bindung bzw. Identifikation mit dem Unternehmen sowie zu einer Gefährdung des individuellen Wohlbefindens bis hin zu psychischen Erkrankungen.
Hiermit ist ein expliziter Hinweis auf den Kohärenzsinn von Antonovsky verbunden.
Im Rahmen dieser Arbeit soll das psychische Wohlbefinden von Fachkräften der SA im Hinblick auf die Aspekte psychische Belastung, Resilienz sowie soziale Unterstützung und Wertschätzung untersucht werden. Daher werden diese drei Bereiche im Folgenden näher beleuchtet.
Im Jahr 2016 wurde eine Untersuchung von der Initiative Gesundheit und Arbeit (iga) durchgeführt. Im Rahmen dieser Untersuchung gaben 34 % der Befragten an, dass ihre Arbeit sie gesund hält. Demgegenüber stehen jedoch 66 %, bei denen dies eher nicht zutrifft. Zudem klagten besonders im Gesundheits- und Sozialwesen 59 % und damit mehr als jeder Zweite darüber, die Arbeit als emotional belastend zu empfinden (vgl. Brodersen/Lück 2016, S. 28). Gemäß der Sonderauswertung des DGB-Index Gute Arbeit 2019, fühlen sich außerdem 40 % der Befragten sehr oft oder häufig auch nach Arbeitsschluss leer und ausgebrannt. Ein Drittel gab zudem an, sich nicht richtig erholen zu können. Schließlich nahm weniger als die Hälfte der Befragten an, dass sie ihre derzeitige Tätigkeit bis zum Eintritt in die Rente praktizieren werden (vgl. Hoppe/ Roth 2020, S. 83).
Die genannten Studienergebnisse machen deutlich, dass die psychische Belastung im Kontext der SA eine große Rolle spielt. Dies lässt sich auf den Umstand zurückführen, dass es sich um einen helfenden Beruf mit einer hohen Verantwortung handelt und die Arbeit mit den KlientInnen herausfordernd sein kann. Dieser Aspekt wird in Kapitel 3.1 ausführlicher thematisiert.
Um eine mögliche erhöhte psychische Belastung auszugleichen, sind, wie bereits in Kapitel 2.2.1 angerissen, entsprechende interne und externe Ressourcen nötig. Eine dieser internen Ressourcen ist die Resilienz. Scharnhorst (2019, S. 206) definiert sie so: »Resilienz ist die Fähigkeit, sich angesichts andauernder Belastungen, Widrigkeiten, Traumata oder Tragödien anzupassen und zu erholen.« Sie kann eine angeborene Fähigkeit sein, lässt sich jedoch auch im Laufe des Lebens aneignen und gezielt verbessern (vgl. ebd.). Das Resilienzmodell nach Siebert basiert auf dem salutogenetetischen Gedanken, dass Personen mit einer stark ausgeprägten Resilienz, die damit über ein großes Spektrum von Coping-Strategien verfügen, auch bei starker psychischer Belastung ein hohes Wohl-befinden erlangen können (vgl. ebd.; siehe hierzu auch Siebert 2009).
Eine externe Ressource hingegen kann die soziale Unterstützung und Wertschätzung darstellen. Kienle, Knoll und Renneberg (2006, S. 108) definieren soziale Unterstützung als Aktion, bei der ein Empfänger Hilfe durch eine andere Person erhält. In diesem Zusammenhang wird mit Hinblick auf den jeweilien Hilfsbereich zwischen informationeller, instrumenteller sowie emotionaler Unterstützung unterschieden.
Studienergebnisse zufolge geht die Bedeutung der Wertschätzung weit über den einer bloßen Annehmlichkeit hinaus. So hat dieser Faktor einen starken Einfluss auf das Stresserleben und demnach auch auf die Gesundheit und das Wohlbefinden einer Person (z. B. Liu/Aungsuroch 2019; Meyer/Puga/Pickering 2019).
Wann es zu einer psychischen Beanspruchung kommt, welche Folgen diese mit sich bringt und wie Stress entsteht, soll in den beiden letzten Abschnitten dieses Kapitels geklärt werden.
2.2.3 Psychische Belastung und Beanspruchung
In der heutigen Zeit sieht sich das Individuum mit einer Vielzahl von Einflüssen im Arbeitsalltag konfontiert. Laut dem Belastungs-Beanspruchungs-Modell nach Rutenfranz und Rohmert (1975), das die Basis für die Norm DIN EN ISO 10075 bildet, lassen sich die am Arbeitsplatz vorhandenen Einflussfaktoren in fünf Bereiche einteilen: die Arbeitsaufgabe selbst, die Arbeitsumgebung, zu der neben räumlich-physischen auch soziale Faktoren zählen, die Arbeitsorganisation, die Arbeitsmittel sowie der Arbeitsplatz.
In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass psychische Belastung für ein Individuum unabdingbar ist, denn dadurch wird die Persönlichkeitsentwicklung angeregt. Inwiefern ein Individuum psychische Belastung erlebt, ist abhängig von den psychischen Voraussetzungen der Person, wie zum Beispiel seinen Fähigkeiten, seiner Motivation, seinen Kenntnissen und Bewältigungsstrategien, aber auch anderen Voraussetzungen, wie dem Alter und der aktuellen Verfassung, um nur einige Beispiele zu nennen. Als Folge von psychischer Belastung kann es - abhängig von Dauer, Stärke und Verlauf - zur Entstehung von psychischer Beanspruchung kommen, wobei sich diese wiederum sowohl positiv als auch negativ auf die betroffene Person auswirken kann (vgl. Joiko/Schmauder/Wolff 2010, S. 11).
Nach DIN EN ISO 10075-1 (2018) ist psychische Beanspruchung »die unmittelbare (nichtlangfristige) Auswirkung der psychischen Belastung im Individuumin Abhängigkeit von seinen jeweiligen überdauernden und augenblicklichen Voraussetzungen, einschließlich der individuellen Bewältigungsstrategien.«
Vonseiten Joiko, Schmauder und Wolff werden mögliche Folgen einer kurzfristigen Beanspruchung benannt, wobei auf der einen Seite positive Folgen wie Anregung und Aktivierung, auf der anderen negative, beeinträchtigende Konsequenzen, wie ermüdungsähnliche Zustände und Stress aufgeführt werden. Weiterhin werden potenzielle langfristige Folgen einer Beanspruchung thematisiert: demzufolge kann eine langfristige Beanspruchung bei positiver Entwicklung zu Wohlbefinden und bei einer negativen Entwicklung zu allgemeinen psychosomatischen Erkrankungen und Burnout führen (vgl. ebd.).
Auch nach dem Konzept der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) zum Übergang von Arbeitsbelastung zur Krankheit wird eine Person, die bereits erschöpft ist und bei der die Belastung weiterhin über einen längeren Zeitraum anhält, einen Burnout-Zustand erreichen. Dieser Zustand lässt sich als ein Signal des Körpers interpretieren, dass ein >Weitermachen wie bisher< nicht möglich ist. Die DGPPN (2012, S. 69) weist zudem darauf hin, dass in diesem Zusammenhang zum einen eine biologische Ursache, zum Beispiel »eine genetische Prädisposition vermutet werden [kann], da die individuelle Belastbarkeit von Menschen offensichtlich sehr unterschiedlich erscheint«; zum anderen können jedoch auch psychologische Faktoren wie zum Beispiel ein erhöhtes Bedürfnis nach Anerkennung und Selbstverwirklichung hierbei eine Rolle spielen. Auch im sozialen Umfeld lassen sich mögliche Einflussfaktoren ausfindig machen, wie zum Beispiel eine ständig ansteigende Arbeitsbelastung und weniger Entscheidungsfreiräume.
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass arbeitsbedingte Belastungen und arbeitsbedingter Stress zu grundverschiedenen Folgen führen können.
2.2.4 Entstehung von Stress
In diesem Kontext stellt sich die Frage, wie Stress entsteht und woran es liegt, dass eine Situation von einer Person als belastender wahrgenommen wird als von einer anderen. Dies soll im Rahmen dieser Arbeit anhand des transaktionalen Stressmodells (Lazarus/ Folkman 1984) geklärt werden.
Wie aus Abbildung 4 zu erkennen ist, gliedert sich die Beurteilung einer Situation in drei Bewertungsschritte: die primäre Bewertung, die sekundäre Bewertung und die Neubewertung. Generell fließen in die Beurteilung einer Situation sowohl intrapersonale
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4 - Transaktionales Stressmodell (in Anlehnung an Busse et al. 2006, S. 70)
Merkmale als auch Stressoren und Ressourcen mit ein. Zunächst kann ein Reiz sowohl als neutral, positiv oder auch als stresshaft bewertet werden. Ist Letzteres der Fall, so wird die Situationin die Kategorien Herausforderung, Bedrohung oder Schaden/Verlust eingeordnet. Daran anschließend findet die stressbezogene Bewältigung statt. Mit routinemäßigem Verhalten wird versucht, dem Stressor entgegenzuwirken. Ist dieser Versuch nicht erfolgreich, werden alternative Lösungswege gesucht. Bei der sekundären Bewertung werden drei Faktoren berücksichtigt: erstens, über welche Bewältigungsstrategien die Person selbst verfügt; zweitens, als wie hoch die Wahrscheinlichkeit eingeschätzt wird, dass das Ziel hiermit erreicht werden kann und drittens, ob die Person sich im Stande fühlt, die vorhandenen Strategien anzuwenden (vgl. Busse/Plaumann/Walter 2006, S. 70).
Hieran schließt das Coping an. Im Lexikon der Sozialpädagogik und der Sozialarbeit (2000, S. 121) findet sich zu diesem Begriff folgende Definition: »Coping (von to cope, mit etwas fertig werden, einer Sache gewachsen sein) bezeichnet die Auseinandersetzungen und die individuellen Bewältigungsstrategien gegenüber belastenden Umweltkonstellationen und Erlebnissen.«
Lazarus und Folkman unterscheiden hierbei 2 Formen: Das problemorientierte Coping, bei dem die Ursache des Problems und dessen Lösung im Fokus steht, sowie das emotionsorientierte Coping, das darauf abzielt, das emotionale Wohlbefinden zu steigern.
Der letzte Schritt, die Neubewertung, ergibt sich auf Grundlage der durch diesen Prozess entstandenen neuen Informationen und weist einen Unterschied zur anfänglichen Beurteilung der Situation auf. So kann die Belastung als Herausforderung wahrgenommen werden und Ressourcen zur Überwindung der Situation bereitgestellt werden (vgl. Busse/Plaumann/Walter 2006, S. 70 f.).
Wie aus dem Gesagten hervorgeht, ist Stress also nicht als das direkte Resultat einer bestimmten Situation anzusehen; vielmehr spielt bei der Entstehung von Stress immer auch die subjektive Bewertung seitens des betreffenden Individuums eine zentrale Rolle.
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- Quote paper
- Benita Bergstra (Author), 2023, Arbeitszufriedenheit und psychisches Wohlbefinden in der Sozialen Arbeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1347284
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