Diese Arbeit behandelt die Frage, was und wie Sachunterrichtslehrer Themen wie "verantwortungsvoller Lebensstil" in der Grundschule ansprechen sollten. Vor allem soll es hierbei darum gehen, die Augen der Kinder schon in jungem Alter für einen verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen und unserer Umwelt zu schulen. Reicht dazu ein grobes Wissen über Pflanzen und Tiere oder sollte man schon mit Kindern in der Grundschule über die Auswirkungen von Globalisierung und ihren ökologischen Folgen sprechen?
Umwelterziehung in der Grundschule
Wie sollte man Kindern im Sachunterricht einen verantwortungsvollen Umgang mit Natur und Ressourcen vermitteln?
„Peter, wo kommt dein Pullover her?“ - Solche oder ähnliche Worte sind schon seit einigen Wochen die Begrüßungsworte meines acht-jährigen Cousins, der zurzeit die zweite Klasse einer Grundschule besucht. Er ist an vielen Themen jeglicher Gebiete interessiert und schaut deshalb regelmäßig TV-Dokumentationen oder Wissenssendungen wie „Welt der Wunder“. Beim Schauen dieser Sendungen ist er derart in die Thematik vertieft, dass er alles andere um sich herum vergisst. Auch Stunden nach Ende der Sendung ist offensichtlich, dass er mit seinen Gedanken noch immer beim Thema der Fernsehsendung ist. Gerade bei Themen, die ihn selbst direkt betreffen oder in Zukunft betreffen könnten, lässt sich erkennen, dass es ihn auch Tage später noch nicht loslässt. So kam er eines Nachts völlig verunsichert zu mir ans Bett, um zu fragen, ob der Maya-Kalender, über den wir am Tag zuvor eine Dokumentation geschaut hatten, wirklich stimme und ob die Welt tatsächlich am 21.12.2012 untergehen müsse.
Ein weiteres Beispiel hierzu bezieht sich auf die einleitende Frage: „Peter, wo kommt dein Pullover her?“. Schon seit mehreren Wochen begrüßt er mich nicht mehr mit Worten wie „Hi Peter!“ oder „Wie geht’s?“, sondern mit der Frage nach der Herkunft meiner Kleidung. Dabei krempelter meinen Pullover hoch und schaut am Waschetikett nach, in welchem Land das Kleidungsstück produziert wurde. Findet er den Aufdruck „Made in India“ oder „Made in Bangladesh“ wird sofort ein fünf-minütiger Vortrag über Arbeitsbedingungen in diesen Ländern und der ökologischen Bilanz nach mehreren tausend Kilometer Schifffahrt rund um die Weltkugel gehalten.
Es lässt sich also beobachten, dass schon Kinder im Grundschulalter an Themen wie einem nachhaltigen, verantwortungsvollen Lebensstil interessiert sein können.
Den Einfluss von Medien auf Kinder möchte ich in diesem Essay jedoch nicht konkreter thematisieren; hierbei geht es vielmehr um die Frage, was und wie Sachunterrichtslehrer Themen wie „ein verantwortungsvoller Lebensstil“ in der Grundschule ansprechen sollten. Vor allem soll es hierbei darum gehen, die Augen der Kinder schon in jungem Alter für einen verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen und unserer Umwelt zu schulen.
Reicht dazu ein grobes Wissen über Pflanzen und Tiere oder sollte man schon mit Kindern in der Grundschule über die Auswirkungen von Globalisierung und ihren ökologischen Folgen sprechen?
Inwiefern sollte man solche Folgen erläutern? Sollte man außerdem auf verschiedene Öko-Label und dessen Bedeutung für Konsumenten, die Produzenten und Händler eingehen? Sollte man ebenso die generelle Frage klären, warum Umweltschutz überhaupt wichtig ist und inwiefern dieser vom Preis eines Produkts abhängig ist?
Doch um all diese Fragen zu klären, sollte man sich erst einmal gewiss sein, was Umwelterziehung beziehungsweise Umweltbildung im Sachunterricht der Grundschule bedeutet.
1975 hat die UNESCO dazu in der „Charta von Belgrad“ Ziele und Inhalte von Umweltbildung im Sachunterricht formuliert. In dieser heißt es: „The goal of environmental education is to develop a world population that is aware of, and concerned about, the environment and its associated problems”.1 Fünf Jahre später, am 17.10.1980, wurde durch die Kultusministerkonferenz die Umsetzung von Umwelterziehung im Sachunterricht auch für Deutschland geregelt. Dieses Dokument namens „Umwelt und Unterricht“ beinhaltet ebenfalls Ziele und Inhalte, die in der Schule thematisiert werden sollten.2 Dazu zählen unter anderem eine eigenständige Beobachtung und Untersuchung von ökologischen Zusammenhängen, die Aneignung von Wissen über Ursachen der Umweltbelastung, die Wahrung von Rechten und Pflichten eines Jeden in Bezug auf die Natur oder die Verflechtung von ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Einflüssen. Zusammenfassend lässt sich also sagen, Umweltbildung in der Grundschule soll die Wahrnehmung fördern, Handlungs- und Entscheidungskompetenzen entwickeln und Einstellungs- und Verhaltensänderungen einleiten.3 Dazu heißt es: „Die Schule soll die Bereitschaft für den verantwortungsvollen Umgang mit der Umwelt fördern und zu einem umweltbewussten Verhalten erziehen, das über die Schulzeit hinaus wirksam bleibt.“4 Doch diese Forderungen der Kultusministerkonferenz wurden nicht von Anfang an korrekt erfüllt. War zu Beginn der Umweltbildung als Bestandteil der Grundschule meist nur von naturwissenschaftlichen Aspekten die Rede, so hat sich dies in den darauffolgenden Jahren stark geändert. Die ethische Wahrnehmung der Umwelt und eine politische Analyse traten immer weiter in den Vordergrund.[2]
Nun stellt sich als nächstes die Frage nach der Bedeutsamkeit von Umwelterziehung in der Grundschule. Dazu wurden einige Studien erstellt, die ich im Folgenden genauer erläutern werde. Doch zuvor möchte ich ein Zitat von Theodor Fontane einfügen, um die Bedeutsamkeit von Umweltbildung und deren Nachhaltigkeit schon in der Grundschule darzustellen.
Fontane beschreibt die Grundschulzeit als
„jene Jahre, wo die Seele sich bildet“
Lehrer haben in dieser Zeit also eine große Chance, den Kindern ein „empfindsames, überlegtes und verantwortungsvolles Umweltverhalten“5 mitzugeben. Man kann hierbei demnach von einer Nachhaltigkeit der Umwelterziehung sprechen.
Zu dieser Nachhaltigkeit der Umweltziehung hat Stäudel 1975 ein Experiment durchgeführt. Dazu hat eine Gruppe von Kindern und Jugendlichen an einem Umweltprojekt teilgenommen, bevor sie zu diversen Umweltfragen befragt wurden. 15 Jahre später wurden einigen der Menschen, die damals an dem Umweltprojekt teilgenommen haben, dieselben Fragen wie vor 15 Jahren gestellt. Im Gegensatz zu einer Vergleichsgruppe, welche nicht an diesem Umweltprojekt teilgenommen hatte, ließen sich bei den Teilnehmern eine kritischere Einstellung und ein positiveres Umweltverhalten feststellen.6 Stäudels Experiment zeigt also, dass Umwelterziehung in der Grundschule keinesfalls überflüssig ist, da die Kinder auch noch Jahrzehnte später bewusster mit ihrer Umwelt umgehen.
Um die Wichtigkeit von Umwelterziehung in der Grundschule zu verdeutlichen, führte Gross im Jahre 1977 eine Studie durch, in der Kinder im Alter von 10 Jahren an einem Umwelterziehungsprogramm teilgenommen haben. Diese Kinder hat er vor und nach dem Umwelterziehungsprogramm befragt. Dabei konnte er feststellen, dass es signifikante Steigerungen in allen Bereichen gab. Jene Kinder hatten eine andere Einstellung zu ihrer eigenen Umwelt, eine gesteigerte Umweltwahrnehmung und größeres Wissen über Natur. Bei einer dritten Befragung ein Jahr später konnte er die positiven Veränderungen erneut feststellen.7
In welcher Form sollte nun also Umwelterziehung in der Grundschule unterrichtet werden?
Dazu hat Blum 1981 folgendes Experiment durchgeführt: Er teilte eine Gruppe von Kindern im Alter von zwölf Jahren in zwei Gruppen auf; eine erhielt Frontalunterricht, die andere durfte durch Experimente und offene Fragen selbst ihre Umwelt erkunden. Am Ende verglich Blum beide Gruppen miteinander und kam zu dem Ergebnis, dass die Gruppe, welche selbst aktiv werden durfte, mehr gelernt hatte als die Gruppe, die frontal unterrichtet wurde. Man sollte Umweltbildung in der Schule also so aufbauen, dass die Schülerinnen und Schüler selbstständig Inhalte erarbeiten oder durch die Pflege eines Schulgartens praktische Erfahrungen sammeln können. All dies soll ihr Umweltbewusstsein fördern.
Doch was heißt „Umweltbewusstsein“? 1986 sprachen Langeheime und Lehmann von einem umweltbewussten Menschen, „wenn er durch bestimmtes 1) Umweltwissen, 2) Umwelteinstellung und 3) Umweltverhalten ausgezeichnet ist“.8 Diese drei Faktoren hängen insofern zusammen, als dass ein konkretes Wissen für konkretes Handeln zwar notwendig sei, es jedoch oft so ist, dass Menschen mit einem hohen Wissen über Umwelt und Natur nicht immer korrekt ökologisch handeln.
Nun ist also die inhaltliche Orientierung und Wichtigkeit von Umwelterziehung in der Grundschule dargestellt worden.
In einem zweiten Schritt habe ich an einer Grundschule in meiner Heimatstadt eine Umfrage zum Thema „Umwelterziehung: Ein nachhaltiger Lebensstil als Thema in der Grundschule“ durchgeführt. Meine Heimatstadt ist eine kleine Stadt mit 20.000 Einwohnern im westlichen Münsterland direkt an der niederländischen Grenze. Geprägt wird vor allem durch eine sehr ländliche Umgebung mit vielen Bauernhöfen, sodass das Thema Umwelt beziehungsweise Natur schon seit Geburt für jedes Kind alltäglich ist. An der Umfrage haben sieben Lehrerinnen aus allen Klassenstufen teilgenommen, die teilweise Sachunterricht studiert haben; teilweise jedoch fachfremd unterrichten. Diese sieben Lehrerinnen konnten mir dabei einen Überblick geben, welche Themen in welcher Jahrgangsstufe angesprochen werden. Meine Umfrage thematisierte allerdings nicht nur inhaltliche Aspekte, auch Fragen nach dem Interesse der Kinder und der Nachhaltigkeit der Unterrichtsreihen wurden angesprochen. Interessant war weiterhin zu sehen, ob das Thema „nachhaltiges Leben“ in den letzten Jahren öfter beziehungsweise stärker behandelt wurde als noch vor fünfzehn Jahren, als das Thema Umweltverschmutzung noch nicht derart präsent war wie es heutzutage ist.
Wichtige Themen, die im Unterricht behandelt werden würden, seien vorwiegend Wassereinsparung, ein sparsamer Umgang mit Papier, der Einkauf von Produkten der Saison und Region, eine korrekte Mülltrennung und Müllvermeidung, waren sich die Lehrerinnen einig. Interessant sei dabei, dass die meisten befragten Lehrerinnen solche Themen nicht nur im Sachunterricht unterrichten. Beispielweise stelle eine Lehrerin mit ihren Kindern neues Papier aus Altpapier im Kunstunterricht her; eine andere Klasse nehme in Sport am Projekt „Saubere Umwelt“ teil, bei dem die Klasse einen Tag lang eine Grünanlage von Müll befreit; eine andere Lehrerin wiederum verbinde Deutsch und Sachunterricht, um den Kindern einen nachhaltigen Lebensstil zu erklären. Dazu bereite sie grammatikalische Arbeitsblätter mit dem Thema „Nachhaltigkeit“ vor. Auch im Religionsunterricht sei dieses Thema Inhalt, denn hier würde über ethische Aspekte gesprochen. Unterrichtet würde das Thema in allen Jahrgangsstufen, wobei in den ersten Schuljahren der Müll im Vordergrund steht; im dritten und vierten Schuljahr internationale und ökologische Zusammenhänge wie Kleidung aus Fernost. Auf die Frage, ob Kinder interessiert seien an solchen Themen, waren sich alle Lehrerinnen einig, denn der Großteil der Kinder sei mit Begeisterung dabei und stelle schon in den ersten beiden Klassen tiefgründige Fragen. Das Interesse am Thema sei bei den meisten Schülerinnen und Schülern so groß, da sie es selbst betreffe, so eine Lehrerin. Dabei seien sie sehr sensibel, motiviert und bereits gut informiert. Das meiste Wissen hätten sie dabei aus dem Fernsehen. Ebenso einig waren sich alle Lehrerinnen auf die Frage, ob die Kinder das erlernte Wissen und die Sensibilität für das Thema „ein nachhaltiger Lebensstil“ auch ins echte Leben übertragen würden. Schon während der Behandlung im Unterricht ließen sich Unterschiede zu vorher feststellen. Beispielsweise würden die Kinder nicht mehr so viel Papier wie zuvor verschwenden. Dabei würden sie sich sogar gegenseitig ermahnen, wenn sie sähen, dass Mitschüler Papier verschwenden würden. Auch würden die meisten Kinder nun Butterbrotsdosen anstatt Aluminium-Folie verwenden. Schade sei allerdings, dass nur die wenigsten Kinder Gemüse essen würden, das aus der aktuellen Saison oder Region käme. Schön zu sehen sei außerdem, dass die zwei Lehrerinnen, die bereits genügend Berufserfahrung sammeln konnten, um diese Frage zu beantworten, das Thema „ein nachhaltiger Lebensstil“ im Vergleich zu vor 15 Jahren intensiver behandeln würden, da sowohl das Interesse der Kinder als auch ihr Umweltbewusstsein gestiegen sei.
Doch wie sollte man den Unterricht nutzen, um ihr Bewusstsein für einen nachhaltigen Lebensstil noch weiter zu fördern? Schließlich ist ein verantwortungsvoller Lebensstil gerade in Zeiten der Globalisierung und Umweltverschmutzung enorm wichtig geworden. Um diese Frage zu klären, werde ich im Folgenden eine Unterrichtsreihe darstellen, welche das Ziel hat, den Schülerinnen und Schülern Verhaltensweisen zu einem ökologisch und sozial korrekten Verhalten darzulegen und ihnen die Auswirkungen unserer Lebensstils auf Umwelt, Klima, Tiere und andere Menschen auf anderen Kontinenten zu erläutern. Wie schon oben dargestellt, sollten diese Unterrichtsreihen nicht durch Frontalunterricht bestimmt werden, sondern durch eigene Erarbeitung seitens der Kinder. Daher stellt diese Unterrichtseinheit eine Werkstattarbeit dar. Die Werkstattarbeit ist angesetzt für die dritte bis vierte Klasse und beinhaltet neun Stationen. Doch bevor die eigentliche Stationsarbeit beginnt, sollte die Lehrkraft zu Beginn der Unterrichtseinheit eine einleitende Runde abhalten, in der sie mit den Kindern über ihre Gedanken und ihr Vorwissen zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit spricht. Am Ende der Einleitungsrunde sollte sie die Stationsarbeit vorstellen und erklären, dass alle Stationen Pflicht sind und jede abgeschlossene Station einem Partner, der ebenfalls die gleiche Station beendet hat, vorgestellt wird. Am Ende der Unterrichtsreihe kann dann eine Reflektion stattfinden, in der die Kinder ihr neu gewonnenes Wissen unter Verwendung ihrer Arbeitsergebnisse darstellen. So können sowohl letzte Fragen geklärt als auch über neu aufgekommene Fragen oder Gedanken diskutiert werden. Ferner werden in dieser Abschlussrunde die Ergebnisse der letzten drei Stationen präsentiert, in der es um Tipps zur Energie-, Wasser- und Papiereinsparung geht.
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1 Charta von Belgrad 1975, S.3
2 Michael Gebauer: Kind und Umwelt 1994, S. 11
3 Monika Gaber-Hetebrüg, Gertrud Müllensiefern, Brigitte Müller-Görg: Welche Erfahrungen machen Kinder mit der Gefährdung ihrer Umwelt? 1985, S. 2
4 Kultusministerkonferenz 1980, S. 182
5 Michael Gebauer: „Kind und Umwelt“ 1994, S. 14
6 Michael Gebauer: „Kind und Umwelt“ 1994, S. 44
7 Michael Gebauer: „Kind und Umwelt“ 1994, S. 43
8 Michael Gebauer: „Kind und Umwelt“ 1994, S. 22
- Quote paper
- Anonymous,, 2015, Umwelterziehung in der Grundschule. Praktisches Beispiel im Sachkundeunterricht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1340492
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