In dieser Arbeit beleuchte ich ökosophische Argumente dafür, dass wir zum Schutz der Umwelt verpflichtet sind. Dabei nehme ich auf Naess, Birnbacher, Devall, Sprigge und Passmore Bezug. Umweltschutz ist ein aktuell stark diskutiertes Thema. Dabei ist im Allgemeinen nicht mehr die Frage, ob wir überhaupt verpflichtet sind, unsere natürliche Umwelt zu erhalten, Umweltschäden zu beseitigen, das ökologische Gleichgewicht zu wahren, die menschlichen Lebensgrundlagen langfristig zu erhalten - all dies scheint so unzweifelhaft, dass es keiner langen Diskussion bedarf. Doch es bleibt die Frage, warum dies so ist. Einige der Argumente, die Ökosophen bisher vorbrachten, sollen in dieser Arbeit diskutiert werden.
Inhalt
Einleitung
1 Gründe für den Naturschutz
1.1 Schutz künftiger Generationen
1.2 Lebensqualität und Selbstverwirklichung
1.3 Untrennbarkeit des Menschen von der Natur
1.4 Nutzen der Natur für den Menschen
1.5 Wert der Natur an sich
2 Überblick über Ansatzpunkte zum Schutz der Natur
Fazit
Literaturverzeichnis
Einleitung
Umweltschutz ist ein aktuell stark diskutiertes Thema. Dabei ist im Allgemeinen nicht mehr die Frage, „ob wir überhaupt verpflichtet sind, unsere natürliche Umwelt zu erhalten, Umweltschäden zu beseitigen, das ökologische Gleichgewicht zu wahren, die menschlichen Lebensgrundlagen langfristig zu erhalten- all dies scheint […] so unzweifelhaft, dass es keiner langen Diskussion bedarf […]“ (Birnbacher 2005, S. 105). Doch es bleibt die Frage, warum dies so ist. Einige der Argumente, die Ökosophen bisher vorbrachten, sollen in dieser Arbeit diskutiert werden. Dabei werde ich besonders Naess‘ Gründe berücksichtigen, aber auch auf Birnbacher, Devall, Passmore und Sprigge Bezug nehmen.
Da dieser Grund besonders häufig in aktuellen politischen Diskussionen genannt wird, werde ich zunächst den Schutz künftiger Generationen näher beleuchten. Damit in Zusammenhang steht der folgende Abschnitt zur Lebensqualität und Selbstverwirklichung, wobei wiederum die Frage ist, ob diese überzeugende Argumente für den Umweltschutz darstellen. Weil die Selbstverwirklichung eng mit dem Gestaltwandel verknüpft ist, werde ich diesen im Anschluss betrachten. Birnbacher grenzt sich in seiner im Folgenden diskutierten Position zum Nutzen der Natur für den Menschen von der Gestaltvorstellung ab. Schließen möchte ich das erste Kapitel mit einer Betrachtung des Arguments des Wertes der Natur an sich.
Nach der Diskussion der Gründe sollen im zweiten Kapitel Ansätze zum Schutz der Umwelt vorgestellt werden, wobei ich mich vor allem auf Passmore beziehen möchte. Abschließen werde ich die Arbeit mit einem zusammenfassenden Fazit zum Umweltschutz und den Möglichkeiten der Ökophilosophie.
1 Gründe für den Naturschutz
1.1 Schutz künftiger Generationen
Alles, was wir tun, hat in unterschiedlichem Maße Auswirkungen auf unsere Umwelt. Die so veränderte Umwelt überlassen wir nach einiger Zeit den nächsten Generationen. Immer mehr Menschen scheinen die Ansicht zu vertreten, dass wir Verantwortung für die Lebensqualität der folgenden Generationen haben. Diese hängt eng mit dem Zustand der Umwelt zusammen. Demzufolge müssten wir bei jeder unserer Entscheidungen bedenken, welche Folgen diese für die Umwelt künftiger Generationen hat.
Es ist nur logisch, dass dies immer schwerer einschätzbar wird, je weiter man in die Zukunft schaut. Wie weit müssen wir also gehen? Reicht es, die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder zu bedenken? Deren Leben erleben wir in aller Regel zum Teil mit, doch kann das das ausschlaggebende Element sein? Sind wir nur für die Menschen verantwortlich, die wir kennen?
Naess stellt fest, dass „immer mehr Menschen zu der Auffassung [gelangen], dass wir nicht nur an unsere Kinder und Enkel, sondern auch an fernere Generationen und an den Planeten als Ganzes denken sollten, […] [und] wir uns [inzwischen] auch für Umweltprobleme verantwortlich [fühlen], die vielleicht erst in tausend Jahren auftreten“ (Naess u.a. 2013, S. 211). Dies dürfte auf die wissenschaftlichen Fortschritte zurückzuführen sein, die uns erkennen lassen, wie lange vor ihrem Auftreten Umweltprobleme verursacht werden und wie komplex das Zusammenspiel auslösender Faktoren ist.
Doch Naess hinterfragt auch, wie wichtig uns die künftigen Generationen tatsächlich sind. Er kommt zu dem Ergebnis, dass unser Interesse an folgenden Generationen sinkt, je weiter wir in die Zukunft sehen (vgl. ebd.). Zu bedenken ist, dass er eine mathematische Funktion hinzuzieht, um zu diesem Ergebnis zu kommen. Diese gibt den Sachverhalt jedoch nur sehr ungenau wieder, wie Naess selbst betont (vgl. ebd.). Allerdings lässt sich kaum bestreiten, dass unser eigenes Leben für uns die höchste Bedeutung hat. Je größer der zeitliche Abstand zu den Menschen wird, umso rasanter sinken deren Interessen in ihrer persönlichen Bedeutung für uns. Dies erscheint besonders vor dem Hintergrund einleuchtend, dass es sich mit dem räumlichen Abstand analog verhält. Werden wir in unserem direkten Umfeld mit Armut und Leid konfrontiert, so reagieren wir stärker und sind motivierter, tiefgreifende Maßnahmen zu ergreifen, als wenn dies auf einem fernen Kontinent geschieht.
Es scheint moralisch richtig zu sein, auch weit entfernte Generationen in unseren Entscheidungen zu berücksichtigen. Doch es fällt uns leichter, die Menschen zu bedenken, an deren Leben wir tatsächlich Anteil haben. Wir mögen demnach vielleicht nicht nur für die Menschen verantwortlich sein, deren Leben wir miterleben. Doch wenn wir nur unsere Kinder und Enkel in jeder Entscheidung mitbedenken, so wird sich dies sicherlich auch positiv auf deren Kinder und Enkel auswirken. Die Schwierigkeit, in Konfliktsituationen das eigene Interesse gegenüber dem Interesse der folgenden Generationen (und seien es nur Kinder und Enkelkinder) zurückzustellen, bleibt allerdings bestehen.
Es ist anspruchsvoll, die moralisch richtige Entscheidung zu treffen, wenn man damit die eigene Bequemlichkeit einschränkt. So kann es für mich beispielsweise bequemer sein, das fertig aufgeschnittene Obst zu kaufen, als die Früchte in ihrer ursprünglichen Form zu wählen und selbst zu zerteilen. Allerdings ist das fertig geschnittene Obst in der Regel großzügig in Plastik verpackt, was sich erwiesenermaßen negativ auf Klima und Umwelt sowie demzufolge auf künftige Generationen auswirkt. Doch auch für Birnbacher gibt es in diesem Falle eine klare Verpflichtung, die eigene Bequemlichkeit zurückzustellen: „Klugheitsgründe und Vorsorge für die künftigen Generationen mögen bereits zwingend genug sein, uns und andere zu einem die Umwelt schonenden, die Natur schützenden und bewahrenden Verhalten zu verpflichten“ (Birnbacher 2005, S. 105).
Das Argument des Schutzes künftiger Generationen wird aktuell häufig in politische Debatten zum Klimawandel eingebracht. Gerade die Bewegung „fridays for future“, die durch Schüler, Schülerinnen sowie Studierende organisiert wird, demonstriert für tiefgreifende umweltpolitische Maßnahmen zum Klimaschutz (vgl. Thein 2019, S.1). Deren Hauptanliegen ist es, dass schnell umfassend gehandelt werde, da diese Jugendlichen und jungen Erwachsenen ebenfalls ein lebenswertes Leben führen wollen, was mit der zerstörten natürlichen Umwelt sowie den zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels unmöglich sei (vgl. ebd.). Darüber hinaus wünscht sich auch diese Generation Kinder, sodass auch deren Lebensqualität gesichert werden muss. Die Erhöhung der Lebensqualität diskutiert Naess in seinen Aufsätzen ausgiebig, sodass ich mich diesem Aspekt im folgenden Abschnitt zuwenden möchte.
1.2 Lebensqualität und Selbstverwirklichung
„Für die tiefenökologische Bewegung […] ist ‚Lebensqualität‘ das wichtigste Anliegen“ (Naess u.a. 2013, S. 143). Dies schreibt Naess, als er untersucht, nach welchen übergeordneten Zielen Menschen in ihrem Handeln streben können. Von den drei Hauptzielen Glück, Vergnügen und Vollkommenheit, die in der Philosophie diskutiert werden, ordnet er Lebensqualität vor allem der Vollkommenheit zu (vgl. ebd.). Denn Lebensqualität bemisst sich laut Ness daran, „inwieweit es uns gelingt, unsere persönlichen Ziele zu erreichen“ (ebd.). Benötigen wir zur Erfüllung dieser Ziele den Naturschutz? Naess gibt dazu an: Ohne die Erhaltung der natürlichen Umwelt sowie die Integration der Menschen darin kann weder gegenwärtige noch zukünftige Lebensqualität gesichert werden (vgl. ebd. S. 151). Wie müssen unsere persönlichen Ziele aussehen, damit diese Aussage unter Berücksichtigung seiner Definition der Lebensqualität zutrifft? Und ist dies realistisch?
Mein persönliches Ziel ist es, eine gute Grundschullehrerin zu werden. Auf den ersten Blick hat dies nichts mit der natürlichen Umwelt zu tun. Um das Ziel zu erreichen, muss ich vor allem die Unterrichtsinhalte verstehen und verständlich vermitteln sowie eine gute Beziehung zu den Kindern aufbauen. Zu den Unterrichtsinhalten zählen unter anderem Erscheinungen der natürlichen Umwelt, das heißt Tiere, Pflanzen und Naturphänomene. Um diese zu vermitteln, ist es sinnvoll, nah an der Lebenswirklichkeit zu sein. Probleme in Bezug auf das Überleben der Tiere und Pflanzen spielen daher ebenfalls eine Rolle. Unmöglich wäre es, den Kindern diese Probleme vorzustellen und dabei Ursachen sowie Möglichkeiten zur Verhinderung auszusparen. Sind diese einmal besprochen, haben vor allem die Kinder als zukünftige Generation ein großes Interesse daran, Maßnahmen zu ergreifen. Diese als Lehrkraft nicht zu unterstützen, wäre unglaubwürdig. Um eine gute Lehrerin zu sein, muss ich demnach die Natur schützen. Allein an diesem Beispiel zeigt sich bereits, dass wahrscheinlich jedes persönliche Ziel eine Verknüpfung zum Naturschutz aufweist. Insofern ist die Aussage zutreffend, dass wir unsere Umwelt schützen müssen, um Lebensqualität zu erreichen. Auch die Lebensqualität grundsätzlich als Lebensziel zu betrachten, erscheint sehr naheliegend und einleuchtend. Die Erhöhung der Lebensqualität kann daher ein überzeugender, allerdings oft indirekter Grund für den Naturschutz sein.
Naess ordnet die Lebensqualität, wie bereits erwähnt, der Vollkommenheit zu. Da er sowohl das Ziel der Vollkommenheit, als auch den Prozess der Vervollkommnung als SELBST- Verwirklichung bezeichnet, ist es notwendig, sich auch diesem Begriff kurz zuzuwenden (vgl. ebd. S. 144). SELBST- Verwirklichung beschreibt einen Zustand, „in dem sich jeder Mensch zutiefst mit anderen Lebensformen identifiziert“ (ebd. S. 145). Das bedeutet, dass man seine Bindung zu anderen Menschen, Tieren sowie Pflanzen erfährt. Somit liegt der Naturschutz im ureigenen Interesse und trägt zur eigenen Entfaltung bei. Das Konzept der SELBST- Verwirklichung erscheint grundsätzlich in sich logisch. Doch wie viele Menschen erleben tatsächlich Identifikation mit der Umwelt? In der Abgelegenheit der Berge Norwegens erscheint dies leichter und möglicherweise sogar zwingend, da man sich in seinen täglichen Verrichtungen nach der Natur richten muss. Dass die Menschen in einer Großstadt diese Identifikation erreichen, ist dagegen zu bezweifeln. Insofern kann die Verwirklichung des SELBST für den Großteil der Menschheit kein starkes Argument für den Naturschutz zu sein.
SELBST- Verwirklichung stellt gleichzeitig die Motivation für Gestaltwechsel dar (vgl. ebd. S. 24). Inwiefern dieser ein Argument für den Naturschutz darstellt, soll im folgenden Abschnitt untersucht werden.
1.3 Untrennbarkeit des Menschen von der Natur
Da sich der Mensch, wie bereits ausgeführt, von der Natur nicht trennen lässt, kann ihr ein vernünftiger Mensch keinen mutwilligen Schaden zufügen (vgl. ebd. S. 14). Wir würden uns selbst und die SELBST- Verwirklichung damit negativ beeinflussen. Diese Aussage lässt sich dem Gestaltdenken, d.h. dem „Denken in Zusammenhängen“ zuordnen. Demnach „existiert nichts für sich allein, weder die einzelne Person noch die Gattung noch ein Umweltproblem“ (ebd. S. 21).
Akzeptieren wir Naess‘ Ontologie, so lässt sich eine Ethik ableiten, das heißt es ist klar, welche Handlungen gut beziehungsweise schlecht sind. In diesem Sinne wird auch deutlich: „Gestaltverstehen ermöglicht Gestaltwandel“ (ebd. S. 24). Beherrschen wir also das „Denken in Zusammenhängen“, so sollte das laut Naess zu einem Bewusstseinswandel hin zu einer egalitären Haltung gegenüber anderen Lebewesen führen (vgl. ebd. S. 154). Denn alle Lebewesen sind bedeutsam für ein funktionierendes System. Wenn wir erkannt haben, dass die Erhaltung unserer Naturräume davon abhängt, ob wir bereit sind, unsere umweltschädigenden Gewohnheiten zu ändern (vgl. ebd. S. 215), so wäre es klug, dies zu tun. Schließlich wäre es andernfalls für das ganze System fatal, dessen Teil wir selbst sind.
Verfügt ein Mensch über den nötigen Weitblick, so wird er schon aus Eigennutz die Pflanzen und Tiere auf seinem Planeten zu schützen und bewahren versuchen. Daher ist die bereits erwähnte Verwirklichung des SELBST als Motivation für den Gestaltwechsel nicht unbedingt erforderlich. Diese logische Kette stellt ein überzeugendes Argument für den Naturschutz dar. Allerdings wird bei ihrem Anblick vollkommen unverständlich, warum sich der Großteil der Menschen dennoch nicht so verhält. Da ein natürlicher Selbsterhaltungstrieb vorausgesetzt werden kann, kann das dem System schadende Verhalten nur durch fehlenden Weitblick begründet sein.
Von großer Bedeutung ist es, dass zumindest die Vertretung der Völker über diesen Weitblick verfügt. Denn bei jeder umweltpolitischen Entscheidung muss das „Denken in Zusammenhängen“ Anwendung finden, d.h. es müssen alle Aspekte der Fragestellung berücksichtigt werden (vgl. ebd. S. 135). Diese Entscheidungen können wesentlich größere Auswirkungen haben, als das Handeln einzelner Menschen.
1.4 Nutzen der Natur für den Menschen
Während aus Naess‘ Text die bereits aufgeführten Argumente für Naturschutz zu entnehmen sind, betont Birnbacher die Schwierigkeit, schlüssig zu begründen, warum wir unsere natürliche Umwelt schützen müssen (vgl. Birnbacher 2005, S. 106). In Argumentationen anderer weist er zirkuläre Argumente sowie naturalistische Fehlschlüsse nach (vgl. ebd. S. 106 ff.). Auch in alltäglichen Diskussionen über den Umweltschutz kommt eine negative Bewertung des beschriebenen Zustands der Natur häufig vor. Motiviert aber nicht gerade eine negative Bewertung der aktuellen Lage und zusätzlich eine genaue Vorstellung des gewünschten, als gut bewerteten Zustands Menschen dazu, etwas zu ändern und zu verbessern? Nichtsdestotrotz sind solche Argumentationen mit Blick auf die Argumentationstheorie leicht angreifbar.
Als stichhaltiges Argument für Umweltschutz schlägt Birnbacher den Nutzen der Natur für den Menschen vor (vgl. Birnbacher 2005, S. 132). Nützlich ist die Natur dem Menschen in verschiedenen Bereichen: So benötigen wir die Artenvielfalt für ökologische Stabilität und damit zur Sicherung unseres Überlebens, Erholungsräume und medizinisch-pharmazeutische Nutzungsmöglichkeiten aus wirtschaftlichen Gründen, Erkenntnisse aus Experimenten für unsere Wissenschaft sowie eine ästhetisch ansprechende Natur, um Bedürfnisse der Menschen nach Ästhetik, Metaphysik und Religion zu befriedigen (vgl. ebd. S. 132).
Besonders die Natur als ästhetische Ressource wird laut Birnbacher ökonomisch und politisch zu sehr vernachlässigt (vgl. Birnbacher 2005, S. 133). Wird diese besser berücksichtigt, beispielsweise durch eine Bepreisung, zu der auch Naess anregt (vgl. Naess u.a. 2013, S. 206), so kann Naturzerstörung dadurch verhindert werden. Bei der Entscheidung, ob ein Wald für den Bau einer Autobahn gerodet wird, könnten beispielsweise die wirtschaftlichen Interessen ortsansässiger Unternehmen dem berechneten ästhetischen Nutzungswert für Bürgerinnen und Bürger gegenübergestellt werden. Es ist wahrscheinlich, dass dieser Nutzungswert den zu erwartenden wirtschaftlichen Gewinn häufig übersteigen wird, was zu einer Erhaltung des Naturraums führen würde.
Außerdem steckt gerade in der Betrachtung der Natur als ästhetische Ressource die Möglichkeit, sie nicht nur als nützliches Objekt für den Menschen, sondern als Subjekt mit einem Wert an sich wahrzunehmen (vgl. Birnbacher 2005, S. 133). Auf den Wert der Natur an sich als Grund für den Naturschutz möchte ich im nächsten Teil eingehen.
1.5 Wert der Natur an sich
Neben seinem bereits dargelegten Nutzungswert schreibt Naess dem Wald auch einen intrinsischen Wert zu, sodass seine Erhaltung zum Selbstzweck wird (vgl. Naess u.a. 2013, S. 79). Bei der Entwicklung eines Bewusstseins für die nicht-instrumentelle Bedeutung der Natur kann die phänomenologische Betrachtungsweise der Dinge behilflich sein (vgl. ebd. S. 90). Bei dieser ist nur relevant, wie wir die Dinge und uns selbst wahrnehmen (vgl. ebd. S. 89). Nehmen wir den Wald in der Nähe unseres Hauses als beruhigend war, so muss dies keine tatsächliche Eigenschaft des Waldes sein. Dennoch ist uns diese Bedeutung des Waldes wichtig. Warum sollte sie also hinter Kalkulationen über Nützlichkeit zurückstehen?
Die beruhigende Wirkung des Waldes kann seinen inhärenten Wert begründen. Allerdings wird immer wieder bestritten, dass solche tertiären Eigenschaften den Dingen angehören (vgl. ebd. S. 93). Es ist verständlich, dass dieser Punkt umstritten ist. Es gibt Orte, die Menschen in jeder Stimmungslage aufmuntern und beglücken können. Allerdings ist es sicherlich jedem Menschen schon einmal so ergangen, dass dieselbe Landschaft sogar bei ähnlichem Wetter an einem Tag trostlos und am andern freundlich wirkte. Die Stimmung des Menschen scheint durchaus einen Einfluss auf die Wahrnehmung zu haben. Andererseits könnte man ebenso die Auffassung vertreten, dass die Dinge in ihren Eigenschaften variabel sind. In unserer naturwissenschaftlich geprägten Welt, bezweifeln wir die Existenz dessen, was bisher nicht gemessen werden konnte. Aus diesem Grund stellen wir das Vorhandensein der tertiären Eigenschaften der Dinge in Frage. Die Gefühle, die sie bei uns auslösen, nehmen wir dagegen persönlich war und können sie zum Teil bereits durch Gehirnforschung für alle mess- und sichtbar machen.
Was bisher über tertiäre Eigenschaften wie Stimmungen ausgesagt wurde, überträgt Sprigge auf den Wert. Er ist davon überzeugt, „dass Wert und Nicht-Wert reale Eigenschaften bestimmter Dinge sind“ (Sprigge 1997, S.68), statt nur von Menschen zugeschrieben. Allerdings räumt er ein, dass ein Naturpanorama unser Bewusstsein braucht, um seine Wirkung zu entfalten. Dennoch hält er fest, dass der Wert nicht durch unser Bewusstsein generiert wird, sondern auch ohne uns besteht (vgl. ebd. S.73). Die Wirkung, die die Natur auf uns hat, ist demnach nicht mit dem Wert der Natur identisch.
Die Autoren sind sich einig, dass es einen Wert der Natur an sich gibt. Worin dieser genau besteht, scheint jedoch schwer zu fassen und wird nicht sehr klar. Viele Wertangaben sind durch Gefühle motiviert, was für Naess keinen Einwand, sondern eine natürliche Notwendigkeit darstellt (vgl. Naess u.a. 2013, S. 111). Sprigge bezeichnet seinen Standpunkt als metaphysisch und panpsychistisch (vgl. ebd. S. 70f.). Dem Großteil der Menschen werden diese auf Gefühlen und speziellen metaphysischen Auffassungen beruhenden Wertzuschreibungen allerdings nicht einsichtig sein. Um überzeugen zu können, muss ein objektiver, nachweisbarer und damit für alle klar erkennbarer Wert der Natur an sich formuliert werden. Obwohl der Wert der Natur an sich das Argument für Naturschutz mit dem größten Überzeugungspotential zu sein scheint, wird es die überwiegende Anzahl der Menschen in seiner bisherigen Formulierung wohl nicht überzeugen können.
2 Überblick über Ansatzpunkte zum Schutz der Natur
Nachdem verschiedene gängige Argumente für den Umweltschutz vorgestellt worden sind, möchte ich nun einen Überblick über mögliche Maßnahmen zum Schutz der Natur geben, die Ökophilosophen äußerten. Dabei möchte ich insbesondere auf Passmore eingehen.
Er hält zunächst fest, dass unsere ökologischen Probleme „nur durch die gemeinsamen Anstrengungen von Wissenschaftlern, Technologen, Volkswirtschaftlern, Politikern und Verwaltungsfachleuten gelöst werden“ können (Passmore 2005, S. 207). Die Philosophen sieht er dabei als Hilfsarbeiter zur Unratbeseitigung auf dem Weg des Wissens (vgl. ebd. S. 207). Mehr Wissen zu erlangen, hilft den anderen Parteien, sich beim Lösen der Probleme auf das Wesentliche zu konzentrieren, statt sich von Unrat wie zum Beispiel dem Mystizismus und der Heiligsprechung der Natur ablenken zu lassen (vgl. ebd. S. 207, 209, 211).
Die Natur für heilig zu halten, kann zu der Ansicht führen, die Natur könne sich selbst helfen. Damit ist diese Betrachtungsweise ein Hindernis für den Naturschutz (vgl. ebd. S. 212). Außerdem sieht Passmore in der Heiligsprechung der Natur einen Angriff auf die Naturwissenschaften, die Geheimnisse in Probleme umwandeln und nach Lösungen suchen, statt sich zu unterwerfen (vgl. ebd. S. 211). Naturwissenschaften hält Passmore jedoch für besonders bedeutsam für den Naturschutz, da Unwissenheit für ihn eines der größten Hindernisse für die Lösung unserer ökologischen Probleme ist (vgl. ebd. S. 213). Wir haben seiner Ansicht nach weniger Wissen, als wir aktuell benötigen. Eine Maßnahme für den Naturschutz ist demzufolge Bildung und Forschung. Je besser wir die Auswirkungen unserer Handlungen aufgrund naturwissenschaftlicher Erkenntnisse einschätzen können, desto weniger können wir die Augen vor unserer Verantwortung verschließen. Außerdem wird eine weit entwickelte Forschung eher umweltfreundliche Alternativen zu herkömmlichen Produkten und Methoden finden können.
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- Quote paper
- Caroline Jantz (Author), 2019, Der Beitrag der Ökophilosophie zum Naturschutz. In Bezug auf Naess, Birnbacher, Devall, Sprigge und Passmore, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1337739
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