In Anbetracht der aktuellen Krisenlage gewinnen Konditionen der Schuldentragfähigkeit sowie der angemessene Rahmen einer Stabilisierungspolitik zunehmend an Bedeutung. Die besorgniserregende Verschuldungsdynamik stellt politische Entscheidungsträger wie auch die Wirtschaftswissenschaft vor wichtige Fragen: Was sind Einflussfaktoren für fiskalische Nachhaltigkeit und mit welchen fiskalpolitischen Impulsen kann die Bewältigung der aktuellen Krisensituation möglichst nachhaltig gelingen? Um diesen Fragen nachzugehen, besteht das Ziel der vorliegenden Arbeit darin, den Zusammenhang zwischen Ausgabenpolitik und fiskalischer Nachhaltigkeit sowie Tragfähigkeit aus mehreren Blickwinkeln zu analysieren, indem der aktuelle wissenschaftliche Stand umfassend erörtert wird. Dabei wird eine Perspektive nach dem Schalenkonzept eingenommen, indem die öffentlichen Finanzen als Aggregat des gesamten öffentlichen Bereichs betrachtet werden. Die Einnahmeseite wird als Reflex der wirtschaftlichen Entwicklung abstrahiert und ausgeblendet.
Seit der globalen Ausbreitung der SARS-CoV-2-Pandemie, im Folgenden mit Corona umschrieben, befindet sich die Welt in einem Ausnahmezustand. Sämtliche wirtschaftliche Tätigkeit ist von dem Infektionsgeschehen sowie den staatlich verordneten Eindämmungsmaßnahmen geprägt. Die großangelegten Maßnahmen vieler Staaten zur Bekämpfung der Corona-Krise, konnten den weltweiten Einbruch der Wirtschaftsleistung nicht verhindern. Die schlagartige Verschlechterung der Finanzlage öffentlicher Haushalte spiegelt sich im Euroraum in einem Anstieg des öffentlichen Schuldenstands auf 97,3 Prozent des BIP wieder. Ungeachtet der jüngsten Geschehnisse ist die zunehmende Verschuldung in Industriestaaten trendmäßig seit den 70er Jahren zu beobachten. Daher wurde das Leitbild der (fiskalischen) Nachhaltigkeit bereits 1987 von der Brundtland-Kommission in die internationale Diskussion eingebracht. Politische Akteure betonen regelmäßig, dass fiskalische Nachhaltigkeit ein zentrales Ziel der Politik darstelle, doch veranschaulichen Indikatoren zur haushaltspolitischen Langfristanalyse, dass große Teile der staatlichen Leistungsversprechen bereits vor 2020 nicht gedeckt waren.
Die wissenschaftliche Debatte um die Nachhaltigkeit anhaltend hoher Staatsverschuldung wurde vom ehemaligen Chefökonom des Internationalen Währungsfonds, Oliver Blanchard, mit dem Argument, zusätzliche Staatsverschuldung erzeuge im aktuellen Niedrigzinsumfeld sehr geringe oder keine Kosten und gefährde daher nicht die fiskalische Tragfähigkeit öffentlicher Haushalte, neu angestoßen. Gleichwohl deuten ökonomische Theorie und empirische Erkenntnisse darauf hin, dass eine hohe Staatsschuldenquote langfristig mit Wachstumseinbußen verbunden ist und die Bedienung der Schuldenberge zudem ein finanzielles Risiko für künftige Generationen darstellt. Somit steht der Forderung nach einer gerechten intergenerativen Verteilung der angesammelten Schuldenlast, die makroökonomische Möglichkeit entgegen Schuldenberge auf lange Zeit hinzunehmen.
Zur Bekämpfung wirtschaftlicher Folgen der Corona-Pandemie nutzt die Bundesregierung die günstigen Finanzierungsbedingungen, um mit einer massiven Erhöhung der Staatsausgaben Produktionspotenzial zu erhalten und die schwache Nachfrage zu stützen. Die Wirksamkeit fiskalpolitischer Programme zur Stabilisierung der Wirtschaft wurde in den vergangenen Jahrzehnten kontrovers diskutiert. Der inhärente Zielkonflikt wirtschaftspolitischen Handelns kann dahingehend wiedergegeben werden, als dass effektive öffentliche Ausgaben das mittelfristige Wachstumspotenzial eines Landes erhöhen können, wohingegen eine hohe Schuldenlast ein Risikofaktor für die wirtschaftliche Entwicklung darstellt. In der Wirtschaftswissenschaft hat sich weitestgehend ein Konsens festgesetzt, wonach eine expansive Fiskalpolitik unter bestimmten Voraussetzungen sinnvoll sein kann und der Anstieg der Staatsverschuldung temporär hingenommen werden sollte.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Inhaltsverzeichnis
- Abbildungsverzeichnis
- Tabellenverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Bestandsaufnahme
- 2.1 Öffentliche Staatsverschuldung bis 2020
- 2.2 The Great Lockdown
- 2.3 Konzepte zur haushaltspolitischen Langfristanalyse
- 3. Fiskalische Nachhaltigkeit öffentlicher Verschuldung
- 3.1 Grenzen diskretionärer Fiskalpolitik
- 3.2 Keynesianische Multiplikatoreneffekte
- 3.3 Die deutsche Schuldenbremse
- 4. Makroökonomisches Umfeld
- 4.1 Zur Bedeutung des Zinssatzes
- 4.2 Wirtschaftspolitische Antworten auf die Corona-Krise
- 5. Resümee
- Literaturverzeichnis
- Anhang
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Masterarbeit befasst sich mit der fiskalischen Nachhaltigkeit im Kontext der Corona-Pandemie. Sie analysiert den Zusammenhang zwischen Ausgabenpolitik und fiskalischer Nachhaltigkeit sowie Tragfähigkeit aus verschiedenen Blickwinkeln. Dabei wird der aktuelle wissenschaftliche Stand umfassend erörtert. Die Arbeit untersucht insbesondere die Auswirkungen der Corona-Krise auf die öffentliche Staatsverschuldung und die Herausforderungen für die fiskalpolitische Gestaltung.
- Die Entwicklung der öffentlichen Staatsverschuldung im Kontext der Corona-Pandemie
- Die Bedeutung von fiskalischer Nachhaltigkeit für die Stabilität der öffentlichen Finanzen
- Die Rolle der Schuldenbremse und die Grenzen der diskretionären Fiskalpolitik
- Der Einfluss der Corona-Krise auf das makroökonomische Umfeld
- Die Auswirkungen der staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Krise auf die öffentlichen Finanzen
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1: Einleitung
Diese Einleitung führt in die Thematik der fiskalischen Nachhaltigkeit im Kontext der Corona-Pandemie ein und beschreibt die Relevanz der Arbeit.
Kapitel 2: Bestandsaufnahme
Dieses Kapitel analysiert die Entwicklung der öffentlichen Staatsverschuldung bis 2020 und die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Finanzlage öffentlicher Haushalte. Es werden verschiedene Konzepte zur haushaltspolitischen Langfristanalyse beleuchtet.
Kapitel 3: Fiskalische Nachhaltigkeit öffentlicher Verschuldung
Dieses Kapitel untersucht die Grenzen der diskretionären Fiskalpolitik, die Bedeutung von keynesianischen Multiplikatoreneffekten und die Rolle der deutschen Schuldenbremse für die fiskalische Nachhaltigkeit.
Kapitel 4: Makroökonomisches Umfeld
Dieses Kapitel beleuchtet die Bedeutung des Zinssatzes für die fiskalische Nachhaltigkeit und analysiert die wirtschaftspolitischen Antworten auf die Corona-Krise. Es wird die Entwicklung des makroökonomischen Umfelds im Kontext der Pandemie betrachtet.
Schlüsselwörter
Fiskalische Nachhaltigkeit, Corona-Pandemie, Staatsverschuldung, Schuldenbremse, Keynesianische Multiplikatoreneffekte, Zinssatz, Makroökonomisches Umfeld, Wirtschaftspolitische Antworten.
- Quote paper
- Semen Sergatschew (Author), 2021, Die fiskalische Nachhaltigkeit innerhalb der Corona Krise. Öffentliche Verschuldung und das makroökonomische Umfeld, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1337371