In dieser Fallstudie wird ein geeignetes Kostenrechnungssystem erarbeitet. Hierbei wird insbesondere auf das Kostenrechnungssystem in Form der Prozesskostenrechnung eingegangen. Am Beispiel eines fiktiven Unternehmens, welches nachfolgend den Namen Inno-Pharma GmbH trägt, soll beispielhaft gezeigt werden, wie ein passendes Kostenrechnungssystem konzipiert und umgesetzt werden kann.
Bei der Inno-Pharma GmbH handelt es sich um ein Unternehmen mit Tätigkeitsschwerpunkt in der innovativen Medizintechnik. Mit Fertigungs- und Montagestandorten in Deutschland sowie Vertriebsniederlassungen in Frankreich und der Schweiz ist das Unternehmen überregional vertreten. Auf diese Standorte verteilen sich ca. 950 Beschäftigte. Das Unternehmen teilt sein Produktspektrum in zwei verschiedene Zielmärkte auf: Zum einen bietet die Inno-Pharma GmbH hochpreisige Geräte für professionelle Anwender an und bedient somit medizinische Einrichtungen, zum anderen stellt sie preisgünstige Geräte für private Endverbraucher her. Generell legt das Unternehmen Wert auf eine flexible strategische Entwicklung und richtet gleichzeitig den Fokus auf hochwertige Technologien "Made in Germany".
Ziel der Fallstudie ist es, die Konzeption der Prozesskostenrechnung nachvollziehbar und zum Marktumfeld sowie Geschäftsmodell passend darzustellen, damit das Beispielunternehmen darauf aufbauend die Effizienz des bestehenden Geschäftsmodells optimieren kann. Weiterhin soll eine im Unternehmen etablierte Prozesskostenrechnung die Aussagefähigkeit im Vergleich zu anderen Kostenrechnungssystemen deutlich verbessern.
Inhalt
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Anlagen
1. Einleitung
2. Grundlagen für die Erstellung eines Kostenrechnungssystems für die Inno Pharma GmbH
2.1 Grundlagen der Kostenrechnungssysteme
2.2 Übersicht Kostenrechnungssysteme allgemein mit Bezug auf die Inno-Pharma GmbH
2.3 Optimierung der Kostenkontrollfähigkeit bei der Inno-Pharma GmbH
2.4 Empfehlung für die Inno-Pharma GmbH
3. Die Prozesskostenrechnung
3.1 Aufgabenfelder und Ziele der Prozesskostenrechnung
3.2 Bedeutung der Prozesskostenrechnung für die Inno-Pharma GmbH
3.3 Einfluss verschiedener Effekte auf die Aussagefähigkeit der Inno-Pharma GmbH
4. Ergebnisdiskussion und -interpretation
4.1 Ergebnisdiskussion Abteilung „Montage“
4.2 Ergebnisdiskussion Kostenstelle „Materialwirtschaft“
5. Fazit und Ausblick
Literatur- und Quellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Systeme der Kosten- und Leistungsrechnung
Abbildung 2: Prozesskostenrechnung nach Kostenstellen
Abbildung 3: Screenshot Berechnung Stückkosten Kostenstelle Montage
Abbildung 4: Screenshot Berechnung Stückkosten Unterkostenstelle Einkauf
Abbildung 5: Screenshot Berechnung Gesamtkosten Unterkostenstelle Einkauf
Abbildung 6: Screenshot Berechnung Stückkosten Unterkostenstelle Lager
Abbildung 7: Screenshot Berechnung Gesamtkosten Unterkostenstelle Lager
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Beispielrechnung Allokationseffekt bei Displayvarianten der Inno-Pharma GmbH
Tabelle 2: Beispielrechnung Komplexitätseffekt bei Displayvarianten der Inno-Pharma GmbH
Tabelle 3: Beispielrechnung Degressionseffekt bei Displayvariante B der Inno-Pharma GmbH
Anlagen
Anlage 1: Beispielrechnung Excel-Datei „HelmMagdalena_2001589_MCOSPR“
1. Einleitung
In der vorliegenden Fallstudie soll ein geeignetes Kostenrechnungssystem erarbeitet werden. Hierbei wird insbesondere auf das Kostenrechnungssystem in Form der Prozesskostenrechnung eingegangen. Am Beispiel eines fiktiven Unternehmens, welches nachfolgendden Namen Inno-Pharma GmbH trägt, soll beispielhaft gezeigt werden, wie ein passendes Kostenrechnungssystem konzipiert und umgesetzt werden kann. Das fiktive Unternehmen soll nachfolgendvorgestellt werden.
Bei der Inno-Pharma GmbH handelt es sich um ein Unternehmen mit Tätigkeitsschwerpunkt in der innovativen Medizintechnik. Mit Fertigungs- und Montagestandorten in Deutschland sowie Vertriebsniederlassungen in Frankreich und der Schweiz ist das Unternehmen überregional vertreten. Auf diese Standorte verteilen sich ca. 950 Beschäf- tigte.Das Unternehmen teilt sein Produktspektrum in zwei verschiedene Zielmärkte auf: Zum einen bietet die Inno-Pharma GmbH hochpreisige Geräte für professionelle Anwender an und bedient somit medizinische Einrichtungen, zum anderen stellt sie preisgünstige Geräte für private Endverbraucher her. Generell legt das Unternehmen Wert auf eine flexible strategische Entwicklung und richtet gleichzeitig den Fokus auf hochwertige Technologien „Made in Germany“.
Ziel der Fallstudie ist es, die Konzeption der Prozesskostenrechnung nachvollziehbar und zum Marktumfeld sowie Geschäftsmodell passend darzustellen, damit das Beispielunternehmen darauf aufbauend die Effizienz des bestehenden Geschäftsmodells optimieren kann. Weiterhin soll eineim Unternehmen etablierte Prozesskostenrechnung die Aussagefähigkeit im Vergleich zu anderen Kostenrechnungssystemen deutlich verbessern.
Nach einem einleitenden ersten Kapitel erfolgt im zweiten Kapitel die Darstellung der Grundlagen zu Kostenrechnungssystemen. Anhand dieser Basis wird vertiefend auf verschiedene Systeme eingegangen und ein Vorschlag für die Inno-Pharma GmbH erarbeitet, welches Kostenrechnungssystem am besten für das Unternehmen geeignet wäre. Das dritte Kapitel zielt darauf ab, die Grundlagen der Prozesskostenrechnung näher zu bringen und deren Aufgaben und Ziele zu erläutern. Dies geschieht in Bezugnahme auf das Beispielunternehmen Inno-Pharma GmbH. Nachfolgend wird auf die Wirkung von Allokations-, Komplexitäts- und Degressionseffekt eingegangen sowie deren verbesserte Aussagefähigkeit im Vergleich zu anderen Kostenrechnungssystemen erörtert. Im anschließenden Kapitel 4 erfolgt die Ergebnisdiskussion der beispielhaften Prozesskostenrechnung. Hierfür wurde anhand der Kostenstellen „Montage“ und „Materialwirtschaft“ der Inno-Pharma GmbH eine Berechnung auf Basis von Beispieldaten durchgeführt, welche der Fallstudie im Anhang beiliegt. Die Ergebnisse der Berechnung werden kritisch erörtert und insbesondere in Bezug auf Bedeutung für die Inno-Pharma GmbH diskutiert. Auf Basis der Ergebnisse erfolgt außerdem die Ausarbeitung von Handlungsempfehlungen für das Unternehmen. Im fünften Kapitel schließt die Fallstudie mit einem Fazit und Ausblick ab.
2. Grundlagen für die Erstellung eines Kostenrechnungssystems für die Inno-Pharma GmbH
2.1 Grundlagen der Kostenrechnungssysteme
Für das weitere Vorgehen in dieser Fallstudie sollen die wesentlichen Grundlagen dargestellt werden. Hierfür wird zunächst auf verschiedene Definitionen, die Aufgaben und die Ziele eines Kostenrechnungssystems eingegangen.
Es stellt sich heraus, dass es keine allgemeingültige Definition für den Begriff des Kostenrechnungssystem (KRS) gibt. Eine Definition liefern Buchholz und Gerhards (2016): „Kostenrechnungssysteme sind konkrete Ausgestaltungsformen von Kostenrechnungen. Sie umfassen damit alle Vorstellungen und Verfahrensweisen, die eine konkrete Ausprägung einer Kostenrechnung determinieren. Kostenrechnungssysteme repräsentieren stets ein Leitbild und stellen heraus, wie eine Kostenrechnung zu konzipieren ist.“1 Folglich bilden Kostenrechnungssysteme die Kostenrechnung eines Unternehmens ab und legen fest, wie diese zu gestalten und zu interpretieren ist. Indem sie als Lieferant von operativen Informationen über Kostenstellen (wo entstehen die Kosten?), Kostenarten (welche Kosten entstehen?) und Kostenträger (wofür entstehen die Kosten?) fungieren, geben Kostenrechnungssysteme einen Überblick über die Kostenstrukturen im Un- ternehmen.2 Die gelieferten Informationen unterstützen bei betrieblichen Entscheidungen. In Abhängigkeit von der zu treffenden Entscheidung als auch von den herrschenden Umständen bei der Entscheidungsfindung müssen verschiedene Informationen über Kosten bzw. Leistung bereitgestellt werden.3 Die Basis für ein Kostenrechnungssystem bildet stets einvorausgehendes, theoretisch schlüssigesKostenrechnungskonzept, welches gleichzeitig spezifische Praxisanforderungen erfüllen muss.4 Es lässt sich festhalten, dass ein solches System ein signifikantes Abrechnungsverfahren abbildet, welches insbesondere Informationen zur Zieleinhaltung und Kontrolle gewinnen soll, um dadurch die Rentabilität eines Unternehmens steuern zu können. Die Zusammensetzung besteht aus Basiselementen der Kostenstellen-, Kostenarten- und Kostenträgerrechnung, welche stets in einer gewissen integrierten Abhängigkeit zueinander stehen.5 Ziel ist dabei die Dokumentation, Planung, Kontrolle und Steuerung innerhalb des Unternehmens.6 Auch bei der Inno-Pharma GmbH nimmt dieses Thema eine wichtige Rolle ein, handelt es sich hierbei doch um ein größeres Unternehmen mit mehreren (Produktions-)Stand- orten und einer hohen Anzahl an Beschäftigten. Ein funktionierendes und aussagekräftiges Kostenrechnungssystem ist insofern von Vorteil, als dass es wichtige Funktionen in der Kontrolle der Wirtschaftlichkeit sowie der optimalen Planung und Steuerung des Unternehmens übernimmt.
2.2 Übersicht Kostenrechnungssysteme allgemein mit Bezug auf die Inno-Pharma GmbH
In Abhängigkeit von dem betrieblichen Hintergrund und der Zielsetzung können Kostenrechnungssysteme prinzipiell in zwei zentrale Merkmale unterteilt werden. Die Differenzierung entsteht hinsichtlich des Zeitbezugs der Kosten sowie des Ausmaßes der Kostenverrechnung und ist somit vergangenheits- oder zukunftsbezogen bzw. besteht in Form einer Voll-oder Teilkostenrechnung. Hierbei wird ersichtlich, dass die Inno-Pharma GmbH ein Bewusstsein schaffen muss, welche Art von Kostenrechnung die richtige für sie sein könnte. Durch die beliebige Kombination der beiden Möglichkeiten kann das passende Kostenrechnungssystem ermittelt werden.7 Nachfolgende Abbildung 1 zeigt die Systeme der Kosten- und Leistungsrechnung, aufgeteilt nach Zeitbezug und Sachumfang. Anschließend sollen die Merkmale „Zeitbezug“ und „Ausmaß“ genauer beschrieben werden.
Systeme der Kosten- und Leistungsrecfinung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Systeme der Kosten- und Leistungsrechnung (Coenenberg et al. (2016). S. 73)
Hinsichtlich des Zeitbezuges können Systeme der Kosten- und Leistungsrechnung in eine Ist-, Normal-und Plankostenrechnung unterteilt werden.8 Eine Ist- oder Normalkostenrechnung ist stets vergangenheitsorientiert und informiert über eine bereits vergangene Abrechnungsperiode, wohingegen eine Plankostenrechnung zukunftsorientiert ausgerichtet istund Kosten einer bevorstehenden Periode konzipiert.9 Istkosten bilden alle tatsächlich in einer vergangenen Periode angefallenen Kosten ab. Diese werden sowohl insgesamt als auch nach Produktgruppe und pro Stück betrachtet.10 Sie sind vergangenheitsorientiert und einperiodig.11 Die Erfassung der Istkosten ist erst dann möglich, wenn der Güterverbrauch passiert ist. Die Höhe der Kosten ergibt sich aus dem Verbrauch multipliziert mit dem Istpreis.12 Ob die angefallenen Kosten in ihrer Höhe angemessen sind, lässt sich jedoch nur schwer beurteilen, da oftmals keinerlei angemessene Vergleichsmaßstäbe vorliegen. Ebenso dienen Istkosten aufgrund ihres bedingt zukunftsorientierten Informationsgehalts weniger der unternehmerischen Entschei- dungsfindung.13 Wie die Istkosten sind auch die Normalkosten vergangenheitsorientiert. Sie sind jedoch im Gegensatz zu den Istkosten mehrperiodig.14 Die Normalkosten stellen einen Durchschnittswert der Istkosten mehrerer Perioden dar. Bei Bedarf werden diese Durchschnittswerte um außergewöhnliche Effekte bereinigt, sollten entsprechende Vorgänge innerhalb der berücksichtigten Perioden vorgekommen sein.15 Nach Ablauf einer Periode sollten die Istkosten an den ermittelten Normalkosten gemessen werden.16 Wichtig für die Normalisierung ist insbesondere die Berücksichtigung von Einzel- und Gemeinkosten (GK) sowie Preis- und Mengenveränderungen, Verfahrensanpassungen und Beschäftigungsschwankungen.17 Die Normalkostenrechnung verzichtet auf die Umlage der angefallenen Gemeinkosten auf die Kostenträger. Dadurch ergibt sich eine Über- bzw. Unterdeckung, welche direkte Auswirkungen auf das Betriebsergebniskonto hat. Sind die Istkosten kleiner als die Normalkosten, spricht man von einer Überdeckung, während eine Unterdeckung das Gegenteil darstellt (Istkosten > Normalkosten).18 Bei der Inno-Pharma GmbH könnte eine Normalkostenrechnung ebenso zum Einsatz kommen, um Selbst- und Herstellkosten pro Leistungseinheit zu ermitteln und mit normalisierten Gemeinkostenzuschlägen belasten zu können. Somit lassen sich zum Ende einer Periode die Über- und Unterdeckungen berechnen und auf das Betriebsergebniskonto verbuchen.19 Im Gegensatz zu den anderen beiden Kosten sind Plankosten zukunftsorientiert und daher als Unterstützung für bevorstehende Entscheidungen notwendig. Eine Abweichungsanalyse zwischen Plan- und Istkosten kann als Steuerungsinstrument für das Unternehmen dienen.20 Die Plankosten bilden die zu erwartenden Kosten bei geplanter Beschäftigung und unauffälligem Betriebsverlauf ab.21 In der Wissenschaft gilt die Plankostenrechnung überwiegend als „eigentliche[r] Mittelpunkt der Kostenrech- nung“22. Der Grund dafür liegt in der Vorgabe der erwünschten und realistischen Sollkosten, welche wiederum die Basis für die Kostenstellen-, Kostenträger- und Kostenartenrechnung liefern. Istkosten gelten lediglich als Vergleichsgröße und wirken ergänzend zur Plankostenrechnung.23
Neben der zeitbezogenen Unterscheidung lassen sich Kostenrechnungssysteme auch in eine Voll- bzw. Teilkostenrechnung (VKR bzw. TKR) aufteilen. Bei einer Vollkostenrechnung werden alle Kosten unabhängig von ihrer nachfolgenden Differenzierung erfasst. Generell müssen mit den erzielten Umsätzen alle Kosten gedeckt werden, um eine Gewinnerzielung zu ermöglichen.24 Es erfolgt eine Zurechnung aller Kosten - unabhängig davon, ob fix oder variabel bzw. Einzel- oder Gemeinkosten - auf den Kostenträger, wodurch sich eine langfristige Preisuntergrenze ermitteln lässt. Der Absatzpreis muss mindestens dieser Preisuntergrenze, jedoch eher mehr, entsprechen, damit ein Unternehmen dauerhaft am Markt präsent sein kann.25 Durch die vollständige Zurechnung aller fixen und variablen Kosten wird bei der VKR das Verursachungsprinzip vernachlässigt. Das Verursachungsprinzip besagt, „dass den einzelnen Kostenträgern nur jene Kosten zugerechnet werden können, die durch den Kostenträger verursacht wurden.“26 Dafür kommt bei der Schlüsselung der Gemeinkosten das Kostenüberwälzungsprinzip zum Einsatz. Hierbei werden die angefallenen Gemeinkosten vollständig auf die Kostenstellen aufgeschlüsselt, indem sie proportional zur Summe der Schlüsselgröße verteilt werden.27 Für die Inno-Pharma GmbH würde dies bedeuten, dass zunächst die Summe der Stellengemeinkosten sowie die Menge der Schlüsselgröße pro Kostenstelle ermittelt werden muss, um den Anteil der jeweiligen Kostenstellen an den Gemeinkosten berechnen zu können. Als problematisch erweist sich die Wahl einer für die Verteilung geeignete Schüsselgröße. Bei der Vollkostenrechnung erfolgt nach der Aufteilung der Gemeinkostenarten auf Kostenstellen - beispielsweise mit Hilfe eines Betriebsabrechnungsbogens (BAB) - eine Ermittlung von Kalkulationssätzen, welche die Basis für die Verrechnung von Kostenstellenkosten auf Kostenträger bilden.28 Produzierende Unternehmen wie die Inno-Pharma GmbH können von einer Vollkostenrechnung stark profitieren, da diese auf eine langfristige Perspektive ausgelegt ist. Die Fixkosten müssen durch den Verkauf der Produkte mindestens gedeckt sein. Mithilfe der Vollkostenrechnung kann die Inno-Pharma GmbH zum einen die Selbstkostenpreise ermitteln und damit eine mittelfristige Preisuntergrenze festlegen, zum anderen ist sie in der Lage, neben den Einzelkosten einen prozentualen Zuschlag der anfallenden Gemeinkosten in der Angebotserstellung zu berücksichtigen und somit einen nachvollziehbaren Teil der Gesamtkosten an die Kundschaft weiterberechnen.29
Während die Vollkostenrechnung eher fertigungsorientiert ist, liegt der Fokus der Teilkostenrechnung auf der Marktorientierung und wurde maßgeblich durch industrielle Betriebe mit Massenfertigung sowie Handels-und Dienstleistungsbetriebe geprägt.30 Anders als bei der VKRerfolgt bei der TKReine anteilige Zurechnung der Gesamtkosten auf die Kostenträger bzw. Kalkulationsobjekte. Je nach Variante kann die Verrechnung entweder auf Basis von variablen Kosten oder von Einzelkosten durchgeführt werden.31 Die Teilkostenrechnung versucht stark, dem bereits erwähnten Verursachungsprinzip gerecht zu werden. Bei einer Kostenteilung der variablen Kosten werden dem Kostenträger die eindeutig zuordenbaren variablen Kosten verrechnet. Diese Vorgehensweise nennt sich Grenzkostenrechnung und kann nochmals in weitere Verfahren (Variable Costing, Marginal Costing, Direct Costing) differenziert werden. Erfolgt die Kostenteilung anhand der Einzelkosten, spricht man von einer Einzelkostenrechnung. Für einen erfolgreichen Einsatz muss zunächst jedoch die Aufsplittung der Kosten in variabel und fix bzw. in Einzel- und Gemeinkosten durch Unterstützung von Kostenauflösungsverfahren (mathematisch, statistisch oder buchtechnisch) stattfinden.32 Die Vollkostenrechnung weist insbesondere Defizite hinsichtlich der kurzfristigen Entscheidungsfindung und Bereitstellung relevanter Kosteninformationen auf, da sie die entsprechenden Kosten perioden- und mengenabhängig, aber nicht verursachungsgerecht verrechnet. Diese Defizite greift die Teilkostenrechnung auf und kann somit rechtzeitig die notwendigen Informationen für kurzfristige Entscheidungen zur Verfügung stellen sowie den kurzfristigen Periodenerfolg anhand von Deckungsbeiträgen planen, steuern und kontrollieren.33 Vorteile der Teilkostenrechnung sind die Ermittlung des Deckungsbeitrags und der kurzfristigen Preisuntergrenze nach Produkt sowie deren Einfluss auf das Betriebsergebnis. Jedoch werden im Gegensatz zur Vollkostenrechnung die anfallenden Selbstkosten für die langfristige Preisuntergrenze nicht ausreichend berücksichtigt, da die Teilkosten nicht für die steuerliche Bewertung herangenommen werden können.34
Prinzipiell weisen Voll- und Teilkostenrechnung ein paar wenige Gemeinsamkeiten und umso mehr Differenzen auf. Eine Gemeinsamkeit stellt der Grundaufbau der beiden Kostenrechnungssysteme dar, bestehend aus der Kostenarten-, Kostenstellen- und Kosten- trägerrechnung.35 Außerdem spielt der Zeitbezug der Kosten keine Rolle, wobei in der Praxis oftmals nur mit Ist- oder Plankosten gerechnet wird. Weiterhin verfolgen beide KRS die gleiche Zielsetzung. Sowohl VKR als auch TKR dienen dem Unternehmen als Steuerungs- und Kontrollinstrument für die Rentabilität der Kostenarten-, Kostenstellen- sowie Kostenträgerrechnung.36 Als weitaus zahlreicher stellen sich die systemdifferenten Merkmale dar. Hierzu zählt die grundlegende Orientierung, welche sich wie bereits erwähnt in fertigungsorientiert (Vollkostenrechnung) und marktorientiert (Teilkostenrechnung). Für die Inno-Pharma GmbH als produzierendes Unternehmen bietet sich demnach eher der Einsatz der Vollkostenrechnung an, um mit der Veräußerung der Produkte die Fixkosten des Unternehmens zu decken. Die Ermittlung eines vergleichbaren Marktpreises gestaltet sich auf Grund der innovativen Produkte oftmals als schwierig. Diese Abhängigkeit vom Produktionsportfolio stellt ebenfalls einen Unterschied zwischen VKR und TKR dar. Ein weiteres systemdifferentes Merkmal ist die Proportionalisierung der Kosten. Als Risiko könnte sich die Über- bzw. Unterdeckung bei der Verrechnung der Fixkosten erweisen, da sich bei einer VKR alle Kosten proportional auf die Kostenträger verteilen, während bei der TKR eine zeitabhängige Verrechnung vorgenommen wird. Weitere Unterschiede sind die Zurechnungsprinzipien, die Bewertung der Bestände, der Einfluss der Bestandsbewertung auf das Betriebsergebnis, die Ergebnisarten, die Preisuntergrenze sowie die Kalkulation öffentlicher Aufträge.37 Welche Art von Kostenrechnungssystem sich für die Inno-Pharma GmbH am besten eignet, wird in Kapitel 2.4 genauer beschrieben
2.3 Optimierung der Kostenkontrollfähigkeit bei der Inno-Pharma GmbH
Die beschriebenen Kosten und Kostenrechnungssysteme weisen unterschiedliche Merkmale auf und verfügen somit über diverse Vor- und Nachteile hinsichtlich der Kostenkontrollfähigkeit. Aus den vorgestellten Kosten ergeben sich drei Vergleichsszenarien, auf die näher eingegangen werden soll: der Ist/Ist-Vergleich, der Normal/Ist-Ver- gleich sowie der Soll/Ist-Vergleich. Ziel ist es, zwei verschiedene Situationen zu vergleichen. Dieses Vorhaben kann jedoch nur gelingen, wenn die zu betrachtenden Werte auch vergleichbar sind.38
Bei einem Ist/Ist-Vergleich erfolgt die Gegenüberstellung der angefallenen Wertever- zehre einer Periode mit den Istwerten einer vorangegangenen Periode. Es handelt sich hierbei um einen reinen Zeitvergleich. Dabei wird ermittelt, ob die Selbstkosten des zu überprüfenden Produkts (z.B. Displays bei der Inno-Pharma GmbH) im Vergleich zur vorherigen Periode gestiegen oder gefallen sind. Daraus können grundlegende Erkenntnisse hinsichtlich der Entwicklung der Selbstkosten gewonnen werden. Sinken diese, wirkt sich das eher vorteilhaft aus bzw. vice versa.39 Dennoch bietet sich ein Ist/Ist-Ver- gleich nicht unbedingt als optimales Analyseinstrument für eine dauerhafte bezugsgrößenorientierte Kostenkontrolle an.40 Die größte Problematik besteht darin, dass bei einem Ist/Ist-Vergleich Zufallsschwankungen aus vorangegangenen Perioden nicht gesondert betrachtet werden. Dadurch kann es zu verfälschten Abweichungen kommen, da diese Zufallsschwankungen meist einmalig auftreten. Es liegt keine objektive Vergleichsbasis vor, wodurch das Risiko besteht, zwei fehlerbehaftete Werte miteinander zu vergleichen. Die Vergleichswerte entstehen oftmals unter verschiedenen Bedingungen, insbesondere bei einer Betrachtung zum Vorjahr. Somit kann kein aussagekräftiger Vergleich hergestellt werden, weshalb der Ist/Ist-Vergleich hinsichtlich der Kostenkontrollfähigkeit eher ungeeignet ist.41 Für die Inno-Pharma GmbH würde sich ein solcher Vergleich lediglich bei kurzfristigen Kostenkontrollen (Kostenvergleich eines Produkts zum Vormonat unter Annahme, dass Bedingungen bei beiden Monaten gleich sind) lohnen, jedoch nicht als vollumfängliches Kontrollinstrument.
[...]
1 Buchholz/Gerhards (2016). S. 121
2 Vgl. Lachmann in Becker/Ulrich (2016). S. 616
3 Vgl. Plinke/Utzig (2020). S. 51
4 Vgl. Becker (2011). S. 143
5 Vgl. Ebert/Steinhübel (2020). S. 134
6 Vgl. Freidank (2019). S. 72
7 Vgl. Horsch (2020). S. 35
8 Vgl. Coenenberg et al. (2016). S. 73
9 Vgl. Reim (2020). S. 18
10 Vgl. Mumm (2019) S. 5
11 Vgl. Ebert/Steinhübel (2020). S. 139
12 Vgl. Horsch (2020). S. 36
13 Vgl. Joos (2014). S. 114-115
14 Vgl. Ebert/Steinhübel (2020). S. 139
15 Vgl. Götze (2010). S. 22
16 Vgl. Mumm (2019). S. 6
17 Vgl. Ebert/Steinhübel (2020). S. 146
18 Vgl. Freidank (2019). S. 78-79
19 Vgl. Freidank (2019). S. 79
20 Vgl. Reim (2020). S. 18
21 Vgl. Götze (2010). S. 22
22 Ebert/Steinhübel (2020). S. 136
23 Vgl. Ebert/Steinhübel (2020). S. 136
24 Vgl. Coenenberg et al. (2016). S. 73
25 Vgl. Horsch (2020). S. 39
26 Buchholz/Gerhards (2016). S. 41
27 Vgl. Plinke/Utzig (2020). S. 92
28 Vgl. Buchholz/Gerhards (2016). S .85-86
29 Vgl. Lexware.de (2022).
30 Vgl. Ebert/Steinhübel (2020). S. 139
31 Vgl. Ernst et al. (2017). S. 57
32 Vgl. Müller/Müller (2020) S. 77-78
33 Vgl. Reim (2020). S. 146-147
34 Vgl. microtech GmbH (2022).
35 Vgl. Coenenberg et al. (2016). S. 74
36 Vgl. Ebert/Steinhübel (2020) S. 225
37 Vgl. Ebert/Steinhübel (2020). 226-227
38 Vgl. Ebert/Steinhübel (2020). S. 134
39 Vgl. Ebert/Steinhübel (2020). S. 135
40 Vgl. Freidank (2019). S. 77
41 Vgl. Ebert/Steinhübel (2020). S. 135
- Quote paper
- Magdalena Helm (Author), 2022, Die Prozesskostenrechnung am Beispiel eines fiktiven Unternehmens. Optimierung der Effizienz des bestehenden Geschäftsmodells, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1336734
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