Untersucht man die Kommunikation im Straßburger Alexander, so fallen besonders die vielen Briefe auf. Sie kommen in den unterschiedlichsten Situationen zum Einsatz und scheinen daher zunächst etwas wahllos als Medium gewählt.
Geht man systematisch vor und betrachtet zunächst die beispielsweise die Quantität im Vergleich zu andern Kommunikationsformen und das Auftreten der Briefe, so stellt man fest, dass im gesamten Straßburger Alexander über zwanzig Briefe erwähnt werden, wobei sich nur vier davon in dem Teil der Erzählung finden lassen, die Alexanders Orientfahrt und die anschließende Paradiesfahrt beschreibt. Siegfried Jäger bemerkt bereits 1968 in seiner Dissertation, „dass im Straßburger Alexander noch mehr Briefe gewechselt werden als im Vorauer Alexander, und zwar sehr häufig in direkter Rede“. Ebenso markiert er in seiner Studie, dass die Briefe im Straßburger Alexander fast zwei Drittel der gesamten vorkommenden Direkten Rede ausmachen.
Schon dies zeigt, dass den Briefen eine besodnere Stellung und Aufmerksamkeit beigemessen werden muss.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Vorkommen und Bedeutung der Briefe in der Darius Episode
2.1 Erster Briefwechsel zwischen Alexander und Darius
2.1.1 Darius’ Brief an Alexander
2.1.2 Alexanders Antwortbrief an Darius
2.1.3 Darius’ Brief an Marius und Tybotes
2.2 Zweiter Briefwechsel zwischen Alexander und Darius
2.2.1 Darius’ Brief an Alexander
2.2.2 Alexanders Antwortbrief an Darius
2.3 Perminus’ Brief an Alexander
2.4 Dritter Briefwechsel zwischen Alexander und Darius
2.4.1 Brief des Heeres an Darius
2.4.2 Darius’ Brief an Alexander
2.4.3 Alexanders Antwortbrief an Darius
2.4.4 Porus’ Brief an Darius
2.5 Briefe des Darius während der bevorstehenden Niederlage durch Alexander
2.5.1 Darius’ Brief an Alexander
2.5.2 Darius’ Brief an Porus
2.6 Briefe nach Darius’ Tod
2.6.1 Alexanders Brief an seine Mutter
2.6.2 Porus’ Rundbrief an sein Volk
2.6.3 Alexanders Brief an Porus
2.7 Abschließende Bemerkung zu den Briefen in der Darius-Episode
3. Vorkommen und Bedeutung der Briefe während der Alexanders Orientfahrt
3.1 Brief des Königs der Okzidraten an Alexander
3.2 Brief Alexanders vom Ende der Welt an seine Mutter und seinen Lehrer
4. Schlussbemerkung
Bibliografie
1. Einleitung
Untersucht man die Kommunikation im Straßburger Alexander, so fallen besonders die vielen Briefe auf. Sie kommen in den unterschiedlichsten Situationen zum Einsatz und scheinen daher zunächst etwas wahllos als Medium gewählt.
Geht man systematisch vor und betrachtet zunächst die beispielsweise die Quantität im Vergleich zu andern Kommunikationsformen und das Auftreten der Briefe, so stellt man fest, dass im gesamten Straßburger Alexander über zwanzig Briefe erwähnt werden, nach meiner Zählung einundzwanzig[1], wobei sich nur vier davon in dem Teil der Erzählung finden lassen, die Alexanders Orientfahrt und die anschließende Paradiesfahrt beschreibt[2]. Siegfried Jäger bemerkt bereits 1968 in seiner Dissertation, „dass im Straßburger Alexander noch mehr Briefe gewechselt werden als im Vorauer Alexander, und zwar sehr häufig in direkter Rede“[3]. Ebenso markiert er in seiner Studie, dass die Briefe im Straßburger Alexander fast zwei Drittel der gesamten vorkommenden Direkten Rede ausmachen.[4]
2. Vorkommen und Bedeutung der Briefe in der Darius Episode
Achtzig Prozent der Briefe findet man im Eroberungsteil des Textes. Allein drei Briefwechsel finden zwischen den beiden Gegenspielern Alexander und Darius statt.
Diese Konzentration des Kommunikationsmediums im Vergleich zum Rest des Textes hebt diese Passage eindeutig von der nachfolgenden Orientfahrt ab. Ob die Briefe in den unterschiedlichen Abschnitten der Erzählung, auch eine unterschiedliche Funktion einnehmen, gilt es jetzt herauszufinden.
2.1 Erster Briefwechsel zwischen Alexander und Darius
Dem ersten der drei Briefwechsel zwischen Alexander und Darius, die ich innerhalb der Darius-Episode in meiner Arbeit besonders beleuchten möchte, geht die Eroberung Tyros’ durch Alexander voraus. Erst ab diesem Punkt nimmt Darius Alexander, der immer weiter in sein Reich vordringt, als potenzielle Bedrohung wahr.
2.1.1 Darius’ Brief an Alexander
Die Einnahme Tyros’ kann Darius nicht auf sich sitzen lassen. Er fühlt sich gezwungen, Alexander und dessen Übermut Einhalt zu gebieten. Jedoch geht Darius nicht (sofort) militärisch gegen den anrückenden Feind vor, sondern verlagert den Kampf auf eine geistige Ebene und zwar, indem er Alexander drei Gaben, einen Ball, zwei Schuhbänder und ein mit Gold gefülltes Kästchen schickt, denen er einen Brief beilegt.
und hîz von disen drin sachen
einen brief machen,
der ime rehte bescheinte,
waz diese gâbe meinte.[5] (V. 1460 – 1463)
Dieser erste Brief des Darius beinhaltet also eine Anleitung zur Auslegung der Geschenke. Er steht nicht für sich allein, sondern in Zusammenhang mit den gesendeten Gaben und ist somit nur eine Art “erläuterndes Beiwerk“[6]. Mit dieser Interpretation demonstriert Darius seinen Anspruch auf die Weltherrschaft und macht deutlich, dass er in der Hierarchie über Alexander steht.
dar zô meinten die scûchbant,
di er ime ouh hete gesant,
daz ime Alexander
und dar zô manic ander
tagelîch dienen solde
alsô vil sô er wolde. (V.1470 – 1475)
Damit hat die Schrift hier die „doppelte Funktion der Herrschaftssicherung und ihrer repräsentativen Inszenierung“[7]. Des Weiteren wird zugleich dem Leser im Mittelalter der Status quo in der Geschichte vor Augen geführt. Noch sind das Perserreich und sein Herrscher Alexander nicht untergeordnet.
2.1.2 Alexanders Antwortbrief an Darius
Als Alexander den Brief empfängt, reagiert er sehr aufgebracht, will sogar die Boten, welche ihm den Brief überbracht haben, hängen lassen. Dazu kommt es dann doch nicht. Denn Alexander bedâhte sih (V. 1510). Doch schon allein an dieser ersten so emotionalen Reaktion ist meiner Meinung nach abzulesen, wie provozierend der Inhalt des Briefes von Alexander empfunden wird. Alexander legt die Bedeutung der Donationen nun selbst aus und verkehrt dabei Darius’ Interpretation ins Gegenteil.
Diu gâbe ein anderer meinet,
dan mir der brief bescheinet. (V.1533 f.)
Gleichzeitig stellt er damit seinerseits Herrschaftsansprüche. Dieser Deutungswettstreit gipfelt in gewisser Weise in der Kriegserklärung Alexanders, der in seinem Brief ankündigt, „tûsint […] übir daz wazzer Eufraten vor die mêre. Babylonien“ (V.1562 – 1564) zu bringen. Für Alexander ist der Krieg eine Frage der Ehre. Er ist überzeugt,
daz er [Darius] [ime] mûz lâzen
ze phande sîn houbit,
oder [Alexander] werde beroubit,
[s]înes lîbes und [s]îner manne. (V.1568 - 1571)
Somit stellt der Brief einerseits die Erwiderung des angefangen Wettstreits auf der intellektuellen, höfischen Ebene da, andererseits verknüpft er diesen durch die abschließenden Kriegserklärung mit der kommenden militärischen Konfrontation.
2.1.3 Darius’ Brief an Marius und Tybotes
Denn Darius unternimmt jetzt etwas. Er schreibt einen Brief an „zwein herzoge, die ime wâren lieb“ (V.1594) und befiehlt diesen darin, Alexander am Flussübertritt zu hindern. Die Herzöge jedoch schreiben nicht etwa einen Brief zurück, sondern senden einen Boten. Dies könnte eventuell darauf hindeuten, dass nur besonders hohen Adeligen das Privileg des Briefeschreibens gebührte. Dennoch kann man nicht sagen, dass die Kommunikation zwischen Höhergestellten und ihren Untergebenen generell von oben nach unten über Briefe funktioniert. Denn wenig später im Text behilft sich Darius eines Boten, um seine fursten (V.1943) zur Unterstützung zu holen. Die zwei Situationen sind relativ ähnlich. Der Inhalt der Botschaft unterscheidet sich kaum. Der Brief ist aber weitaus persönlicher als die von Boten überbrachte Nachricht, die als Befehl an alle Fürsten ins Land gesandt wird. Dagegen ist der Brief an zwei besondere Herzöge gerichtet, die sich von den anderen schon dadurch abheben, dass ihre Namen, Marius (V. 1595) und Tybotes (V.1597) erwähnt werden
[...]
[1] Christine Wand-Wittkowski kommt auf zweiundzwanzig Briefe. Dies ist damit zu erklären, dass sie eine Lücke im Straßburger Alexander mit dem Vorauer füllt und ihr erster Brief somit von Alexander an seien Verbündeten geht, ich jedoch habe mich au die tatsächlich nur im Straßburger vorkommenden Briefe beschränkt, vgl: Wand-Wittkowski, Christine: Briefe im Mittelalter. Der deutschsprachige Brief als weltliche und religiöse Literatur. Herne: Verlag für Wissenschaft und Kunst 2000, S.39, S.336.
[2] Mit meiner Beschreibung „Teil“ beziehe ich mich in meiner Arbeit auf die von Udo Friedrich herausgearbeitete Zweiteiligkeit der Erzählung des Straßburger Alexander, vgl. Friedrich, Udo: Überwindung der Natur. Zum Verhältnis von Natur und Kultur im Straßburger Alexander. In: Harms, Wolfgang; Jaeger, C. Stephen: Fremdes wahrnehmen – fremdes Wahrnehmen. Studien zur Geschichte der Wahrnehmung und zur Begegnung von Kulturen in Mittelalter und früher Neuzeit. Stuttgart/Leipzig: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 1997.
[3] Jäger, Siegfried: Studien zur Komposition der Crescentia der Kaiserchronik, des Vorauer und des Strassburger Alexander und des Herzog Ernst B. Bonn: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität 1968, S.144
[4] Ebd. S.144, S.146 f.
[5] alle Zitate mit Versangaben beziehen sich auf folgenden Primärtext: Kinzel, Karl (Hg.):Lamprechts Alexander nach den drei Texten mit dem Fragment des Alberic de Besancon und den lateinischen Quellen. Halle an der Saale: Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses 1884.
[6] Schlechtweg-Jahn, Ralf: Macht und Gewalt im deutschsprachigen Alexanderroman. Trier: Wissenschaftlicher Verlag Trier 2006, S. 69
[7] Wenzel, Horst: Höfische Repräsentation. Symbolische Kommunikation und Literatur im Mittelalter. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2005, S.10.
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