Diese Arbeit beschreibt die Gefährdungsbeurteilung im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements. Um unterschiedlichen Unfallarten vorzubeugen, sind Arbeitgeber in der Pflicht, jegliche Gefährdungssituation am Arbeitsplatz zu identifizieren und möglichst zu eliminieren, um die Gesundheit und Sicherheit ihrer Arbeitnehmer zu gewährleisten.
Unter dem Begriff der Gefährdungsbeurteilung versteht man die gezielte Erhebung und Bewertung potenzieller sowie relevanter Gefahren, denen Beschäftigte im Zuge ihrer beruflichen Tätigkeit ausgesetzt sind. Ihre Zielsetzung besteht darin, Gefährdungen die von der Arbeitsstätte als Ganzes beziehungsweise von den individuellen Arbeitsplätzen ausgehen, frühzeitig zu erkennen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen sowie Unfallereignissen präventiv entgegenzuwirken.
1 Einleitung
Bei der Analyse von Arbeitsunfällen wird häufig das Modell der sogenannten Unfallpyramide verwendet. Diese differenziert Unfallereignisse gemäß deren Schweregrad und Eintrittswahrscheinlichkeit in vier verschiedene Typen. Auf der untersten Ebene ist der sogenannte Beinaheunfall wiederzufinden. Hierbei ist zwar eine riskante Situation eingetreten, jedoch wurden keine schwerwiegenderen Konsequenzen, wie beispielsweise eine Verletzung beziehungsweise Schädigung eines Mitarbeiters, verzeichnet. Auf der zweiten Pyramidenstufe sind die leichten Unfälle angesiedelt, welche zwar zu kleineren Verletzungen bei Arbeitnehmern führten, diese jedoch keine Arbeitsunfähigkeiten zur Folge hatten. Schwere Unfälle bilden die dritte Ebene der Unfallpyramide. Hierunter sind ebenfalls die sogenannten meldepflichtigen Arbeitsunfälle zu zählen, bei denen betroffene Beschäftigte gravierendere sowie schwere Verletzungen, welche gar medizinisch versorgt werden mussten und eine Arbeitsunfähigkeit in Höhe von mehr als drei Tagen zur Folge hatten. Die Spitze der Pyramide bilden die tödlichen Unfälle, deren Auftretenswahrscheinlichkeit am geringsten ist. Hierbei sind Mitarbeiter aufgrund ihres Arbeitsunfalles und der Schwere ihrer Verletzungen verstorben. Obwohl gemäß der Unfallpyramide vier unterschiedliche Arten von Unfallereignissen unterschieden werden, ist ihnen allen gemein, dass sie auf Gefährdungspotentiale im Arbeitsumfeld fußen.
Um den oben genannten Unfallarten vorzubeugen, sind Arbeitgeber in der Pflicht, jegliche Gefährdungssituation am Arbeitsplatz zu identifizieren und möglichst zu eliminieren, um die Gesundheit und Sicherheit ihrer Arbeitnehmer zu gewährleisten. Dieses Vorhaben ist von Unternehmen im Rahmen ihres Betrieblichen Gesundheitsmanagements durch die sogenannte Gefährdungsbeurteilung zu realisieren.
2 Die Gefährdungsbeurteilung
Unter dem Begriff der Gefährdungsbeurteilung versteht man die gezielte Erhebung und Bewertung potenzieller sowie relevanter Gefahren, denen Beschäftigte im Zuge ihrer beruflichen Tätigkeit ausgesetzt sind. Ihre Zielsetzung besteht darin, Gefährdungen die von der Arbeitsstätte als Ganzes beziehungsweise von den individuellen Arbeitsplätzen ausgehen, frühzeitig zu erkennen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen sowie Unfallereignissen präventiv entgegenzuwirken.
Die Gefährdungsbeurteilung liegt in der ersten und ältesten Säule des Betrieblichen Gesundheitsmanagements, dem Arbeits- und Gesundheitsschutz, welcher unter anderem auf das 1996 in Kraft getretene Arbeitsschutzgesetz basiert, begründet. Laut Letzterem sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, die Sicherheit und Gesundheit ihrer Arbeitnehmer durch entsprechende Arbeitsschutzmaßnahmen sicherzustellen, diese auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen, gegebenenfalls anzupassen sowie eine ständige Verbesserung hinsichtlich dieser beiden genannten Aspekte anzustreben (vgl. § 3 Abs. 1 ArbSchG). Demzufolge ist die Arbeit so zu gestalten, dass Gefährdungen für das Leben sowie die physische und psychische Gesundheit möglichst vermieden und verbleibende Risikopotentiale tunlichst minimiert werden (vgl. § 4 Nr. 1 ArbSchG). Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass entsprechende Schutzmaßnahmen nur getroffen werden können, wenn im Vorfeld eine Analyse der Risiken stattgefunden hat. Demzufolge sind Arbeitgebende in der Pflicht, mögliche Gefährdungen im Arbeitsumfeld ihrer Beschäftigten zuerst zu ermitteln, um anschließend entsprechende Schutzmaßnahmen abzuleiten (§ 5 Abs. 1 ArbSchG). Hinzuzufügen ist, dass die Beurteilung je nach Art der Tätigkeiten vorzunehmen ist. Handelt es sich hierbei jedoch um gleichartige Arbeitsbedingungen, so ist die Analyse eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ausreichend (vgl. § 5 Abs. 2 ArbSchG). Selbstverständlich variieren die Gefahren im Arbeitsumfeld je nach Branche des Unternehmens. Dennoch schreibt der Gesetzgeber einen allgemeinen Leitfaden für bestehende Risikofaktoren vor, welche im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung seitens der Organisationen zu berücksichtigen sind. Gemäß § 5 Abs. 3 ArbSchG können Gefährdungen durch die Gestaltung und Einrichtung der Arbeitsstätte beziehungsweise des Arbeitsplatzes, aufgrund von Gefahrenstoffen, Arbeitsmitteln wie Maschinen und Werkzeugen, der Gestaltung von Arbeitsprozessen, mangelnden Qualifikationen und Unterweisungen der Beschäftigten sowie durch die seit 01.01.2014 verpflichtend zu beurteilenden psychischen Belastungen während der Arbeitszeit, entstehen. Selbstverständlich stellt sich für Arbeitgeber ebenfalls die Frage, wann Gefährdungsbeurteilungen vorzunehmen sind. Grundsätzlich sind hier zwei verschiedene Phasen zu nennen. Einerseits werden Gefährdungsbeurteilungen präventiv und anlasslos, andererseits konkretisierend sowie anlassbezogen durchgeführt. Ersteres besagt, dass für jeden Arbeitsplatz im Sinne des § 5 Abs. 2 ArbSchG bereits vor Aufnahme der Tätigkeit eine Erstbeurteilung vorgenommen werden muss. Dass die Gefährdungsbeurteilung die Basis für jegliche Tätigkeitsaufnahme darstellt, lässt sich ebenfalls dem § 4 Abs. 1 Nr. 1 BetrSichV entnehmen. In diesem wird geregelt, dass die Verwendung von Arbeitsmitteln erst zulässig ist, nachdem der Arbeitgeber eine Beurteilung der Arbeitsbedingungen durchgeführt hat. Konkretisierende anlassbezogene Gefährdungsbeurteilungen werden unter anderem bei betrieblichen Veränderungen, welche die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten beeinflussen könnten, vorgenommen. Diese liegen beispielsweise bei der Beschaffung neuer Arbeitsmittel, dem Einsatz neuer Arbeitsstoffe sowie bei Änderungen von Arbeitsverfahren oder der Arbeitsorganisation vor. Des Weiteren wird die Durchführung der anlassbezogenen konkretisierenden Gefährdungsbeurteilung durch das Auftreten von Arbeitsunfällen, Beinaheunfällen, Berufskrankheiten oder Arbeitsunfähigkeiten infolge arbeitsbedingter Gesundheitsbeeinträchtigungen sowie Pandemien, in welcher sich die Weltbevölkerung seit Beginn des Jahres 2020 befindet, gerechtfertigt. Nicht zu vergessen sind hierbei die Beurteilungen der Arbeitsbedingungen gemäß § 10 MuSchG, um die Gesundheit von Frauen und ihren Kindern am Arbeits-, Ausbildungs- oder Studienplatz während Schwangerschaft und Stillzeit zu schützen sowie Benachteiligungen der werdenden oder stillenden Mütter gezielt entgegenzuwirken und ihnen die Fortführung ihrer Tätigkeit unter Anwendung entsprechender Schutzmaßnahmen zu ermöglichen. Nachdem geklärt wurde, was unter einer Gefährdungsbeurteilung zu verstehen ist, auf welcher Rechtsgrundlage sie basiert sowie wann diese vorzunehmen ist, gilt es abschließend zu erörtern, wie diese durchzuführen ist.
Laut Esslinger sind Beurteilungen der Arbeitsbedingungen als kontinuierliche Verbesserungsprozesse anzusehen, welche modellhaft als Zyklus dargestellt werden können.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Gemäß der obenstehenden Abbildung müssen laut § 5 ArbSchG zuerst die Bedingungen des Arbeitsumfeldes der Beschäftigten beurteilt werden, um im zweiten Schritt entsprechende Maßnahmen entwickeln zu können. Diese gilt es entsprechend im Rahmen des dritten Prozessschrittes zu dokumentieren und anschließend zu realisieren.
Selbstverständlich müssen die getroffenen Handlungsschemata gemäß des Arbeitsschutzgesetzes auf ihre Wirksamkeit geprüft werden, was wiederum seitens des Arbeitgebers zu dokumentieren ist. Falls sich bei der Überprüfung Mängel hinsichtlich der getroffenen Schutzmaßnahmen ergeben haben, sind Organisationen in der Pflicht, Verbesserungen herbeizuführen. Welche Unternehmensangehörigen den Prozess der Gefährdungsbeurteilung letztendlich erfüllen, geht aus dem Arbeitsschutzgesetz nicht explizit hervor. Laut § 7 ArbSchG müssen Arbeitgeber bei der Übertragung von Aufgaben die die Sicherheit und den Gesundheitsschutz betreffen lediglich darauf achten, dass diese Beschäftigten auch befähigt sind, die bei der Aufgabenerfüllung zu beachtenden Bestimmungen und Maßnahmen einzuhalten. Demzufolge ist es zu empfehlen, interne Arbeitssicherheitsbeauftragte oder Betriebsärzte die Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen zu delegieren. Esslinger fügt zudem hinzu, dass Planungs- , Koordinations-, Kommunikationsaufgaben sowie das Controlling der oben beschriebenen Prozesse durch Vertreter der Personalabteilung des Unternehmens erfüllt werden könnten.
3 Fazit
Wie im Rahmen des vorliegenden Essays verdeutlicht wurde, stellt die Gefährdungsbeurteilung, welche in der Säule des Arbeits- und Gesundheitsschutzes verankert ist, einen Pflichtbereich des Betrieblichen Gesundheitsmanagements dar. Trotz dessen ist zu vermuten, dass der Beurteilung von Arbeitsbedingungen auch ohne diese Auflage des Gesetzgebers, von Organisationen mit höchster Priorität und Gewissenhaftigkeit nachgekommen werden würde. Gerade vor dem Hintergrund der Gewinnorientierung, des Fach- beziehungsweise Arbeitskräftemangels und der Notwendigkeit des Erhalts der Arbeitgeberattraktivität, aus welchen sich Motive wie die Reduktion fehlzeitenbedingter Kosten und die Mitarbeiterbindung ableiten lassen, ist es unabdingbar, potentielle Gefahren für Arbeitnehmer durch strukturierte Erhebungen, transparente Dokumentationen und Bewertungen der Umgebungsbedingungen, zu identifizieren und zu eliminieren. Nur so wird es Arbeitgebern gelingen, Kosten aufgrund von Arbeitsunfähigkeitstagen infolge von Unfallereignissen vorzubeugen und natürlichen Fluktuationen durch Tod oder Frühverrentung von Beschäftigten sowie Neigungen zu arbeitnehmerseitigen Kündigungen aufgrund von Mitarbeiterunzufriedenheit, entgegenzuwirken.
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- Arbeit zitieren
- Florian Koch (Autor:in), 2022, Sicherheit am Arbeitsplatz. Gefährdungsbeurteilung im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1334126
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