Der Gesetzgeber hat im Rahmen des Bilanzrichtlinie-Gesetzes von 1985 die Zulassung von Aufwandsrückstellungen wesentlich erweitert. Das Thema Aufwandsrückstellungen ist bis heute noch aktuell, weil seit der Einführung viele Autoren hierzu Stellung bezogen haben und eine eindeutige Festlegung des Anwendungsbereiches dieser Rückstellungsart nicht möglich ist. Zuletzt waren die Euro-Einführung und der Jahrtausend-Wechsel Sachverhalte, bei denen über die Bildung von Aufwandsrückstellungen diskutiert wurde. Der Zeitablauf hat diese Sachverhalte von selbst erledigt. Aber heute besitzen Sachverhalte wie Großreparaturen, Standortverlegungen, Forschungs- und Entwicklungskosten, Werbemaßnahmen noch immer an Aktualität, obwohl seit Einführung des erweiterten Rückstellungsbegriffes geraume Zeit verstrichen ist.
Da unter dem Begriff Aufwandsrückstellungen verschiedene Sachverhalte subsumiert werden, muss eine Unterteilung vorgenommen werden. Die Aufwandsrückstellungen unterteilen sich in Rückstellungen für Aufwendungen für unterlassene Instandhaltungen und für Abraumbeseitigung, wenn diese Maßnahmen innerhalb des folgenden Geschäftsjahres nachgeholt werden, sowie in Rückstellungen für in ihrer Eigenart nach genau umschriebenen Aufwendungen. Problematisch erscheinen besonders die Rückstellungen für in ihrer Eigenart nach genau umschriebene Aufwendungen, weil der Gesetzgeber es unterlassen hat, eine genaue Festlegung der zu berücksichtigenden Aufwendungen zu treffen. Es erfolgte nur eine Einengung dieses Rückstellungsbegriffes durch die gesetzlich definierten Voraussetzungen, wie für ihrer Eigenart nach genau umschriebenen, dem Geschäftsjahr oder einem früheren Geschäftsjahr zuzuordnende Aufwendungen, die am Abschlussstichtag wahrscheinlich oder sicher, aber hinsichtlich ihrer Höhe oder des Zeitpunkts ihres Eintritts unbestimmt sind. Durch diese Voraussetzung wollte der Gesetzgeber einer Erweiterung des Rückstellungsbegriffes entgegenwirken und eine Abgrenzung zu der allgemeinen Vorsorge durch die Rücklagen treffen. Die Herleitung eines Vergangenheitsbezugs für zukünftige Ausgaben, die durch den § 249 Abs. 2 HGB vorweggenommen werden sollen, erscheint mir besonders problematisch.
Ich möchte mich in dieser Arbeit mit den Aufwandsrückstellungen, insbesondere mit denen gemäß § 249 Abs. 2 HGB befassen und erläutern, warum diese Rückstellungen noch heute so problematisch sind.
Gliederung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Problemstellung
2 Aufwandsrückstellungen im Allgemeinen
2.1 Begriff
2.2 Historische Entwicklung
2.3 Voraussetzungen
2.3.1 Die ihrer Eigenart nach genau umschriebenen Aufwendungen
2.3.2 Die zeitliche Zuordnung
2.3.3 Die Wahrscheinlichkeit und Sicherheit des Ausgabenanfalls
2.3.4 Die Unbestimmtheit von Höhe und Zeitpunkt des Eintritts
2.3.5 Weitere Voraussetzungen
3 Problemkreise
3.1 Das Ansatzwahlrecht der Aufwandsrückstellungen
3.2 Abgrenzung zu den Rücklagen
3.3 Vergangenheitsbezogenheit
3.3.1 Grundsätzliches
3.3.2 Großreparaturen
3.3.3 Forschungs- und Entwicklungskosten
3.3.4 Werbemaßnahmen
3.3.5 Umzugs- und Geschäftsverlegungsaufwand
3.4 Nachholung von Aufwandsrückstellungen
3.5 Aktivierungspflicht der zukünftigen Ausgaben
3.6 Bewertung
4 Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
1 Fachbücher, Kommentare
2 Aufsätze in Zeitschriften
3 Rechtsquellen
4 Entscheidungsregister
5 Gesetzentwürfe
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Gesamtsystem der Rückstellungen
1. Problemstellung
Der Gesetzgeber hat im Rahmen des Bilanzrichtlinie-Gesetzes von 1985 die Zulassung von Aufwandsrückstellungen wesentlich erweitert. Das Thema Aufwandsrückstellungen ist bis heute noch aktuell, weil seit der Einführung viele Autoren hierzu Stellung bezogen haben und eine eindeutige Festlegung des Anwendungsbereiches dieser Rückstellungsart nicht möglich ist. Zuletzt waren die Euro-Einführung und der Jahrtausend-Wechsel Sachverhalte, bei denen über die Bildung von Aufwandsrückstellungen diskutiert wurde. Der Zeitablauf hat diese Sachverhalte von selbst erledigt. Aber heute besitzen Sachverhalte wie Großreparaturen, Standortverlegungen, Forschungs- und Entwicklungskosten, Werbemaßnahmen noch immer an Aktualität, obwohl seit Einführung des erweiterten Rückstellungsbegriffes geraume Zeit verstrichen ist.
Da unter dem Begriff Aufwandsrückstellungen verschiedene Sachverhalte subsumiert werden, muss eine Unterteilung vorgenommen werden. Die Aufwandsrückstellungen unterteilen sich in Rückstellungen für Aufwendungen für unterlassene Instandhaltungen und für Abraumbeseitigung, wenn diese Maßnahmen innerhalb des folgenden Geschäftsjahres nachgeholt werden, sowie in Rückstellungen für in ihrer Eigenart nach genau umschriebenen Aufwendungen. Problematisch erscheinen besonders die Rückstellungen für in ihrer Eigenart nach genau umschriebene Aufwendungen, weil der Gesetzgeber es unterlassen hat, eine genaue Festlegung der zu berücksichtigenden Aufwendungen zu treffen. Es erfolgte nur eine Einengung dieses Rückstellungsbegriffes durch die gesetzlich definierten Voraussetzungen, wie für ihrer Eigenart nach genau umschriebenen, dem Geschäftsjahr oder einem früheren Geschäftsjahr zuzuordnende Aufwendungen, die am Abschlussstichtag wahrscheinlich oder sicher, aber hinsichtlich ihrer Höhe oder des Zeitpunkts ihres Eintritts unbestimmt sind. Durch diese Voraussetzung wollte der Gesetzgeber einer Erweiterung des Rückstellungsbegriffes entgegenwirken und eine Abgrenzung zu der allgemeinen Vorsorge durch die Rücklagen treffen. Die Herleitung eines Vergangenheitsbezugs für zukünftige Ausgaben, die durch den § 249 Abs. 2 HGB vorweggenommen werden sollen, erscheint mir besonders problematisch.
Ich möchte mich in dieser Arbeit mit den Aufwandsrückstellungen, insbesondere mit denen gemäß § 249 Abs. 2 HGB befassen und erläutern, warum diese Rückstellungen noch heute so problematisch sind.
2 Aufwandsrückstellungen im Allgemeinen
2.1 Begriff
Für diese Rückstellungsart hat sich ein sehr missverständlicher Begriff eingebürgert, denn im deutschen Handelsrecht sorgen sämtliche Rückstellungsarten für eine Aufwandsverrechnung. Auch die Verbindlichkeits- und Drohverlustrückstellungen lassen sich unter diesem Begriff einordnen. Dies kann aus dem Grundsatz der sachlichen und zeitlichen Abgrenzung hergeleitet werden, weil danach Ausgaben in dem Geschäftsjahr als Aufwand verrechnet werden sollen, zu dem sie wirtschaftlich gehören.[1] Der Gesetzgeber versteht aber unter den Aufwandsrückstellungen Rückstellungen, denen keine Drittverpflichtungen zugrunde liegen.[2] Es handelt sich also um Rückstellungen für Innenverpflichtungen. Die fehlende Drittverpflichtung ist gleichfalls das Abgrenzungskriterium zu den Verbindlichkeitsrückstellungen, zu denen auch die Verpflichtungen gegenüber dem Staat und der Allgemeinheit bei Erfüllung bestimmter Konkretisierungserfordernisse zugeordnet werden. Die Abgrenzung zu den Verbindlichkeitsrückstellungen ist entscheidend für die steuerliche Berücksichtigung, welche den Aufwandsrückstellungen versagt bleibt. Trotzdem führt die steuerliche Nichtanerkennung einer Verpflichtungsrückstellung nicht automatisch zu einer Aufwandsrückstellung. Der § 249 Abs. 3 S. 1 HGB begrenzt die Aufwandsrückstellungen in dem Maße, dass nicht jeder Sachverhalt, der den Anforderungen der Verbindlichkeitsrückstellung nicht genügt, eine Aufwandsrückstellung darstellt.[3]
Zu den Aufwandsrückstellungen gehören die Rückstellungen nach § 249 Abs. 1 S. 2 Nr.1 und S. 3 HGB, also die Rückstellungen für im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung und für Abraumbeseitigung, sowie gemäß § 249 Abs. 2 HGB die Aufwandsrückstellungen für in ihrer Eigenart genau umschriebene Aufwendungen. Passivierungspflichtig sind nur die Rückstellungen für unterlassene Instandhaltungen, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten nachgeholt werden und die Rückstellungen für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftjahr nachgeholt werden. Für die Rückstellungen für unterlassene Instandhaltung, die nach Ablauf der ersten drei Monate innerhalb des folgenden Geschäftjahres nachgeholt werden, und die Aufwandsrückstellungen im Sinne des § 249 Abs. 2 HGB besteht nur ein Passivierungswahlrecht. Durch den Begriff Aufwandsrückstellung soll verdeutlicht werden, dass durch diese Rückstellungen eine korrekte Periodenabgrenzung zukünftiger Ausgaben erfolgt.[4]
In Abbildung 1 zeigt sich die Einordnung der Aufwandsrückstellung in das Gesamtsystem der Rückstellungen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 : Gesamtsystem der Rückstellungen[5]
2.2 Historische Entwicklung
Die Zulassung von Aufwandsrückstellungen ist keine gänzliche Neuentwicklung in der heutigen Rechnungslegung. Bereits in der Bilanzgliederung des Aktiengesetzes von 1937 erkannte die herrschende Meinung Aufwandsrückstellungen als Rückstellungen für ungewisse Schulden als zulässig an.[6] Die Neuregelung des Aktiengesetzes durch das Aktiengesetz von 1965 führte zu einem grundsätzlichen Verbot der Passivierung von Aufwandsrückstellungen. Dies war ein Ausfluss der statischen Bilanzauffassung.[7] Ziel des Gesetzgebers war es, eine Ausweitung des Rückstellungsbegriffs zu verhindern, damit die Klarheit und Übersichtlichkeit des Jahresabschlusses bestehen bleibe.[8] Durch das Bilanzrichtliniengesetz vom 19. Dezember 1985 zog der Tatbestand der Aufwandsrückstellung wieder in die deutsche Rechnungslegung ein. Ins Bilanzrichtliniengesetz wurde der Artikel 20 Abs. 2 der 4. Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften nach einer regen Diskussion nahezu wortgleich übernommen. Damit erhielt die deutsche Rechnungslegung wieder dynamische Elemente.[9] Diese Übernahme sollte für eine Gleichstellung der deutschen Kaufleute mit den Kaufleuten in den übrigen EG-Staaten sorgen, denn derartige Rückstellungen sind in anderen EG-Staaten in der Regel passivierungsfähig bzw. passivierungspflichtig. Ziel war es eine Benachteiligung des deutschen Kaufmanns innerhalb der EG-Staaten zu vermeiden.[10]
Da durch Betreiben der deutschen Seite bei der Diskussion um die 4. EG-Richtlinie aus der Passivierungspflicht für Aufwandsrückstellungen ein Passivierungswahlrecht geworden war, übernahm der deutsche Gesetzgeber im Gegensatz zu anderen EG-Staaten dieses Passivierungswahlrecht auch so in das Bilanzrichtlinie-Gesetz vom 19. Dezember 1985. Die Übernahme des Passivierungswahlrechts war vor allem auf das Problem des Maßgeblichkeitsgrundsatzes zurückzuführen. Der Gesetzgeber befürchtete, dass eine Passivierungspflicht für Aufwandsrückstellungen in der Handelsbilanz über den Maßgeblichkeitsgrundsatz auch zu einer Passivierungspflicht für Aufwandsrückstellungen in der Steuerbilanz führen könnte. Ein Passivierungswahlrecht in der Handelsbilanz hingegen führt durch den BFH-Beschluss vom 3.2.1969 automatisch zu einem Passivierungsverbot in der Steuerbilanz.[11]
2.3 Voraussetzungen
Der § 249 Abs. 2 HGB definiert Aufwandsrückstellungen als Aufwendungen die
a) für ihre Eigenart nach genau umschrieben,
b) dem Geschäftsjahr oder einem früheren Geschäftsjahr zuzuordnen,
c) am Abschlussstichtag wahrscheinlich oder sicher,
d) aber hinsichtlich ihrer Höhe oder des Zeitpunkts ihres Eintritts unbestimmt sind.
2.3.1 Die ihrer Eigenart nach genau umschriebenen Aufwendungen
Der Gesetzgeber verlangt in § 249 Abs. 2 HGB eine genaue Aufwandsumschreibung, um zukünftige Ausgaben zu antizipieren. Durch diese Angaben wird versucht, eine Abgrenzung der Rückstellungen zu der allgemeinen Vorsorge für das Unternehmensrisiko durch Rücklagen zu bilden.[12] Denn Aufwandsrückstellungen dienen nicht der Absicherung des allgemeinen betrieblichen Risikos, sondern sie müssen sich auf ein konkretes Rückstellungsobjekt beziehen.[13] Die Kriterien an eine Aufwandsrückstellung sind deshalb nicht niedriger anzusetzen als die für eine Verbindlichkeitsrückstellung.[14] Zweck und Inhalt der Rückstellung müssen bestimmt sein, damit diesen Konkretisierungserfordernissen genüge getan wird. Der Gesetzgeber erlaubt nur eine Passivierung von eindeutig bestimmbaren Aufwendungen, damit eine zweifelsfreie Feststellung und Überprüfung durchgeführt werden kann.[15] Die zukünftigen Ausgaben müssen genau beschrieben werden können, um eine Aufwandsberücksichtigung zu erfahren. Pauschale Angaben wie „Großreparatur“ oder „Flugzeugwartung“ sind für eine Rückstellungsanerkennung nicht ausreichend.[16]
2.3.2 Die zeitliche Zuordnung
§ 249 Abs. 2 HGB verlangt, dass die zukünftigen Ausgaben dem Geschäftsjahr oder einem früheren Geschäftsjahr zuzuordnende Aufwendungen sind. Es wird versucht, eine periodengerechte Zuordnung der zukünftigen Ausgaben zu gewährleisten. Eine solche Zuordnung kann nur durch Entwicklung eines Kriteriums erfolgen, welches zukünftige Ausgaben der Abschlussperiode zuordnet.
Als ein Kriterium für eine periodengerechte Zuordnung wird das Realisationsprinzip angesehen, das bedeutet, die zukünftigen Ausgaben müssen wirtschaftlich im Zusammenhang mit Erträgen der Vergangenheit stehen, damit eine Berücksichtigung als Rückstellung erfolgen kann. Mit dem Realisationsprinzip ist aber eine vorsichtige Gewinnermittlung mit Vorsorge- und Finanzierungsfunktion nicht mehr möglich. Eine „Erfolgsglättung“ fordert auch die Berücksichtigung von Aufwendungen, die nach dem Realisationsprinzip zukünftigen Erträgen zuzurechnen sind.[17] Die sich daraus ergebenden weiteren Zuordnungskriterien sind beispielsweise das Verursachungsprinzip bei eindeutig bestimmten Leistungen, die gleichmäßige Aufwandsverteilung von Anschaffungs- oder Herstellungsaufwendungen zuzüglich Erhaltungsaufwendungen auf die Gesamtnutzungsdauer eines Vermögensgegenstandes oder die zeitanteilige Verteilung von Aufwendungen. Als zulässig wird jedes Zuordnungskriterium erachtet, welches für eine Gleichverteilung der zu antizipierenden zukünftigen Ausgaben sorgt.[18] Folglich sind auch zukünftige Ausgaben passivierbar, die auch mit zukünftigen Erträgen zusammenhängen, wie am Beispiel der Großreparaturen zu erkennen ist.[19]
2.3.3 Die Wahrscheinlichkeit und Sicherheit des Ausgabenanfalls
Die Wahrscheinlichkeit und Sicherheit dient als Objektivitätskriterium der Aufwandsrückstellungen. Bei Aufwandsrückstellungen gemäß § 249 Abs. 2 HGB beeinflusst der Kaufmann den zukünftigen Ausgabenanfall durch seine Entscheidungen, somit muss diese Ungewissheit durch das Wahrscheinlichkeitskriterium abgedeckt werden.[20] Schwierig ist die Nachprüfbarkeit der Wahrscheinlichkeit, wenn der Ausgabenanfall ausschließlich in der Entscheidung des Kaufmanns liegt. Der Kaufmann darf sich den zukünftigen Ausgaben nicht entziehen können, wenn er das Unternehmen unverändert fortführt. Die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit kann sich dann aus der Unternehmensplanung ergeben, aus der zu entnehmen ist, wie das Unternehmen fortgeführt wird.[21] Die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme ist allerdings eine Bedingung für sämtliche Rückstellungsarten.[22] Dieses Objektivitätskriterium soll sicherstellen, dass nur solche Verbindlichkeiten bzw. Innenverpflichtungen passiviert werden, die das Vermögen des Kaufmanns belasten und in der Zukunft erfüllt werden müssen.[23] Eine Berücksichtigung von zukünftigen Ausgaben, bei denen es an der Drittverpflichtung mangelt, als Verbindlichkeitsrückstellung kann nicht erfolgen, weil zwar der Aufwand betriebswirtschaftlich in eine zurückliegende Periode gehört, aber die Konkretisierungsvoraussetzungen für eine Verbindlichkeitsrückstellung nicht erfüllt sind, sich höchstens in der Zukunft erfüllen.
Als „sicher“ kann man zukünftige Ausgaben bezeichnen, die beispielsweise bei einem Kauf einer Anlage entstehen, weil Verträge über die spätere Generalüberholung abgeschlossen wurden.[24]
2.3.4 Die Unbestimmtheit von Höhe und Zeitpunkt des Eintritts
Die Unbestimmtheit in der Höhe der Ausgaben liegt darin begründet, dass die Höhe der zukünftigen Ausgaben nicht exakt festgestellt werden kann. Bestimmbar ist nur eine gewisse Größenordnung dieser Ausgaben. Außerdem ist es möglich, dass der Eintrittstermin unbestimmt ist. In diesem Fall ist die Höhe der Ausgaben bestimmbar, aber der Eintrittszeitpunkt der Ausgaben ist ungewiss.[25] Diese Voraussetzungen für die Aufwandsrückstellung sind weitgehender als bei den Verbindlichkeitsrückstellungen, denn wenn bei diesen Rückstellungen der Fälligkeitstermin unbestimmt ist, aber die Höhe ist festgestellt, erfolgt eine Einordnung der zukünftigen Ausgaben unter den Verbindlichkeiten.[26] Die Verbindlichkeitsrückstellungen sind also Drittverpflichtungen mit unbestimmter Höhe. Unter den Aufwandsrückstellungen erfolgt keine Trennung zwischen sicheren und unsicheren Innenverpflichtungen, somit sind beide Möglichkeiten, also die Unbestimmtheit in der Höhe der Ausgaben sowie die Unbestimmtheit im Zeitpunkt des Eintritts, unter den Aufwandsrückstellungen einzuordnen.[27] Außerdem dürfen auch Aufwandsrückstellungen gebildet werden, wenn Höhe und Zeitpunkt des Eintritts nicht unbestimmt sind. Eine Verweigerung dieser Berücksichtigung gemäß dem strengen Gesetzeswortlaut des § 249 Abs. 2 HGB würde jeder Logik entbehren, da Innenverpflichtungen, die entweder in der Höhe oder im Zeitpunkt des Eintritts unbestimmt sind, als Aufwandsrückstellung Berücksichtigung finden, aber Innenverpflichtungen, die in Höhe und Eintrittszeitpunkt bestimmt sind, nicht als Rückstellung berücksichtigt werden dürften.[28]
2.3.5 Weitere Voraussetzungen
Aufwandsrückstellungen müssen auch dem Grundsatz der Wesentlichkeit entsprechen, d.h. sie dürfen nur für zukünftige Ausgaben gebildet werden, die die Vermögens- und Ertragslage des Unternehmens beeinflussen.[29] Dies bedeute aber nicht, dass die zu antizipierenden Ausgaben unverhältnismäßig hoch sein müssten.[30]
Des Weiteren erfüllen nahezu sämtliche Verbindlichkeitsrückstellungen die gesetzlichen Voraussetzungen der Aufwandsrückstellungen.[31] Das bedeutet, dass für bestimmte Rückstellungssachverhalte, wie oben am Beispiel der Verbindlichkeitsrückstellung gesehen, eine Mehrfachregelung vorhanden ist. Durch die unterschiedlichen Rechtsfolgen der anderen Rückstellungsarten im Vergleich zu den Aufwandsrückstellungen im Sinne des § 249 Abs. 2 HGB liegen wesentliche Gegensätze vor, da die anderen Rückstellungsarten größtenteils einer Passivierungspflicht und die Aufwandsrückstellungen nur einem Passivierungswahlrecht unterliegen.[32] Da die Aufwandsrückstellungen einen Ergänzungstatbestand zu den Schuldrückstellungen darstellen, hat der Gesetzgeber mit den Aufwandsrückstellungen nur die Aufwandsantizipation verbunden, die nicht schon durch andere Rückstellungsarten erfolgt ist.[33]
Weiterhin dürfen die zukünftigen Ausgaben im Jahr des Anfalls nicht aktivierungsfähig sein, weil sonst Rückstellungen für zukünftige Investitionen gebildet würden, dies wird bereits in der Literatur im Rahmen der Abgrenzung zwischen Aufwandsrückstellungen und allgemeiner Risikovorsorge in Form von Rücklagen abgelehnt. Denn zum Zeitpunkt der Vornahme der Investition müssten diese Rückstellungen wieder erfolgswirksam aufgelöst werden, was eine entsprechende Vermögensmehrung zur Folge hätte.[34]
3 Problemkreise
Aus den oben aufgeführten Voraussetzungen für Aufwandsrückstellungen im Sinne des § 249 Abs. 2 HGB ergeben sich einige Probleme, weil der Gesetzgeber nur eine vage Definition dieser Rückstellungskategorie verfasst hat. Die folgenden Ausführungen sollen dazu beitragen, diese Probleme etwas weiter zu beleuchten.
3.1 Das Ansatzwahlrecht der Aufwandsrückstellungen
Der § 249 Abs. 2 HGB räumt dem Bilanzierenden ein Passivierungswahlrecht für die Aufwandsrückstellungen ein. Durch dieses Ansatzwahlrecht hat der Kaufmann bilanzpolitische Möglichkeiten, Vorsorge für zukünftig anfallende Ausgaben zu treffen.[35] Da der Kaufmann entscheiden kann, ob er für bestimmte Sachverhalte eine Rückstellung bildet oder nicht, wird ihm ein erheblicher Ermessensspielraum eingeräumt, der zudem eine gewisse Manipulationsgefahr in sich birgt.[36] Dem Kaufmann bietet sich aufgrund des Grundsatzes der Einzelbewertung eine selektive Auswahlmöglichkeit. Er kann gleich gelagerte Einzelfälle unterschiedlich behandeln, indem er für einen Tatbestand eine Aufwandsrückstellung bildet und für einen weiteren gleichen Tatbestand diese Rückstellungsbildung unterlässt. Der Bilanzierende hat hierbei nur das Willkürverbot zu beachten, indem die Nutzung des Ansatzwahlrechts nach § 249 Abs. 2 HGB für einen Dritten nachvollziehbar ausgeübt wird, um die Beeinflussung des bilanziellen Jahresergebnisses einzuschränken.[37] Trotzdem verliert die Rechnungslegung an Objektivität, wenn dem Bilanzierenden so weitgehende Ansatzwahlrechte eingeräumt werden. Für den Bilanzleser wird der Jahresabschluss in seiner Vergleichbarkeit eingeschränkt, wenn keine einheitliche Rückstellungsbildung gewährleistet wird.[38] Zwar relativiert die Bewertungsstetigkeit, die sich auf bereits genutzte Ansatzwahlrechte gemäß § 249 Abs. 2 HGB bezieht, sowie das Willkürverbot dieses Wahlrecht in gewissem Maße. Aber trotzdem bleibt dem Kaufmann ein gewisser Ermessensspielraum bei der Bilanzierung, der je nach bilanziellem Jahresergebnis ausgenutzt werden kann. Durch das Passivierungswahlrecht kann der Kaufmann auf die wirtschaftliche Situation des Unternehmens reagieren, indem er in wirtschaftlich guter Situation Aufwandsrückstellungen bildet, und somit das Ausschüttungspotential mindert. In wirtschaftlich schlechter Situation unterlässt er die Bildung der Aufwandsrückstellung und erhöht den Gewinnausweis bzw. mindert den Verlustausweis, wodurch Gläubiger und Anteileigner beruhigt werden, obwohl das Unternehmen in der Zukunft erhebliche Belastungen erwartet.
Da die Aufwandsrückstellungen unter den sonstigen Rückstellungen ausgewiesen werden können, ist es für den Bilanzleser schwer zu erkennen, ob und in welcher Höhe eine Aufwandsrückstellung gebildet wurde. Zwar müssen Kapitalgesellschaften gemäß § 285 Nr. 12 HGB zu den sonstigen Rückstellungen Erläuterungen im Anhang aufführen, wenn diese einen nicht unerheblichen Umfang haben, aber für Personenhandelsgesellschaften und Einzelunternehmen ist diese Vorschrift grundsätzlich nicht verpflichtend.[39]
Aus diesen Gründen erscheint eine Passivierungspflicht für sämtliche Aufwandsrückstellungen als sinnvoll, um zu verhindern, dass zu hohe Ausschüttungen getätigt werden, die das Unternehmen in der Zukunft schwächen würden, sowie eine bessere Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse herzustellen.
3.2 Abgrenzung zu den Rücklagen
Die Aufwandsrückstellungen sind von den Rücklagen, die der allgemeinen Risikovorsorge dienen, abzugrenzen. Denn Aufwandsrückstellungen dürfen nicht zur Absicherung gegen das allgemeine Unternehmensrisiko oder aus bilanzpolitischen Maßnahmen gebildet werden.[40] Somit wird eine pauschale Rückstellungsbildung verhindert. Um eine vernünftige Abgrenzung zwischen den Aufwandsrückstellungen und den Rücklagen zu erreichen, muss eine Konkretisierung erfolgen. Diese Konkretisierung ist erforderlich, weil durch die Einführung des § 249 Abs. 2 HGB eine Erweiterung des Rückstellungsbegriffes erfolgte. Deshalb besteht die Gefahr, dass Rückstellungen Rücklagecharakter erhalten.[41] Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber versucht, durch die Forderung, dass Aufwandsrückstellungen nur für „ ihrer Eigenart nach genau umschriebene Aufwendungen“ gebildet werden dürfen, eine Konkretisierung zu erreichen, die der Abgrenzung zwischen Rückstellungsposten und Eigenkapitalposten dient.[42] Unterstützend wirkt die Bedingung des wahrscheinlichen Ausgabeneintritts zur Abgrenzung, weil beide Voraussetzungen zusammen dafür sorgen sollen, dass nur eindeutig bestimmbare Aufwendungen passiviert werden. Es soll erreicht werden, dass eine zweifelsfreie Feststellung und Kontrolle der bilanziell erfassten Beträge möglich wäre.[43] Trotzdem weisen die Aufwandsrückstellungen eine Nähe zu den Rücklagen auf, weil sich eine eindeutige Abgrenzung im Einzelfall als schwierig gestaltet.
[...]
[1] Vgl. Dörner, WPg 1991, S. 226
[2] Vgl. Clemm/Nonnenmacher, in: Beck’scher Bilanzkommentar 1995, § 249, Anm. 4; Scheffler, in: Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung 1995, B 233, Anm. 245
[3] Vgl. Dörner, a.a.O, S. 226
[4] Vgl. ADS, § 249, Tz. 192
[5] Dörner, a.a.O, S. 227
[6] Vgl. Dörner, a.a.O., S. 225; Ordelheide/Hartle, GmbHR 1986, S. 16
[7] Vgl. Dörner, a.a.O, S. 225
[8] Vgl. Ordelheide/Hartle, a.a.O, S. 16
[9] Vgl. Groh, BB 1989, S. 1587f.
[10] Vgl. BT-Drucks. 10/4268, S. 99
[11] Vgl. BFH-Beschluss vom 3.2.1969 GrS 2/68, BStBl II 1969, S. 291ff
[12] Vgl. Mayer-Wegelin, a.a.O., § 249, Rn. 238
[13] Vgl. ADS, § 249, Tz. 202
[14] Vgl. Clemm/Nonnenmacher, Beck’scher Bilanzkommentar 1990, § 249, Anm. 305
[15] Vgl. BT-Drucks. 10/317, S. 84
[16] Vgl. Mayer-Wegelin, a.a.O., § 249, Rn. 239
[17] Vgl. Berger/Ring, M., Beck’scher Bilanzkommentar 2003, § 249, Anm. 306
[18] Vgl. ADS, § 249, Tz. 207
[19] Vgl. Berger/Ring, M., a.a.O, § 249, Anm. 306
[20] Vgl. Mayer-Wegelin, a.a.O., § 249, Rn. 246
[21] Vgl. ebenda, § 249, Rn. 246
[22] Vgl. Maul, BB 1986, S. 634
[23] Vgl. Kupsch, ZfB-Ergänzungsheft 1/87 1987, S. 73
[24] Vgl. Mayer-Wegelin, a.a.O., § 249, Rn. 248
[25] Vgl. Mayer-Wegelin, a.a.O., § 249, Rn. 249
[26] Vgl. Berger/Ring, M., a.a.O., § 249 HGB Anm. 2
[27] Vgl. Maul, a.a.O., S 634
[28] Vgl. Naumann, Die Bewertung von Rückstellungen, 1989, S. 134f
[29] Vgl. Clemm/Nonnenmacher, Beck’scher Bilanzkommentar 1990, § 249 HGB, Anm. 309
[30] Vgl. Mayer-Wegelin, a.a.O, § 249 HGB, Rn. 240
[31] Vgl. Dörner, a.a.O., S. 226
[32] Vgl. Kessler, Rückstellungen und Dauerschuldverhältnisse 1992, S. 180f
[33] Vgl. Dziadkowski/Runge, WPg 1984, S. 546
[34] Vgl. Kußmaul, DStR 1987, S. 679
[35] Vgl. Dörner, a.a.O., S. 267
[36] Vgl. Streim, BB 1985, S. 1581; Selchert, DB 1985, S. 1545; Siegel, WPg 1985, S. 415
[37] Vgl. Dörner, a.a.O., S. 267
[38] Vgl. ebenda, S. 271
[39] Vgl. Lederle, in: Rückstellungen in Handels- und Steuerbilanz, hrsg. von Baetge, 1990, S. 64f
[40] Vgl. ADS, § 249, Tz. 203
[41] Vgl. Maul, a.a.O., S. 631
[42] Vgl. ebenda, S. 633
[43] Vgl. BT-Drucksache 10/317, S. 84
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