Diese Seminararbeit soll erörtern, ob und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen Mehrheitsklauseln, also gesellschaftsvertragliche Abreden darüber, dass zur Beschlussfassung eine einfache Mehrheit ausreicht, in Gesellschaftsverträgen von Personengesellschaften eingebracht werden dürfen und welche Wirkung sie innerhalb der Personengesellschaft, aber auch außerhalb der Personengesellschaft, auf Beschlüsse von Kapitalgesellschaften mit gesetzlich höheren Mehrheitserfordernissen haben.
Dazu werden folgend zwei maßgebliche Urteile und die daraus folgenden zentralen Aussagen des BGH, die „Otto“-Entscheidung zur Mehrheitsklausel in einer GmbH & Co. KG (BGHZ 170, 283) und die „Schutzgemeinschaftsvertrag II“-Entscheidung zur Mehrheitsklausel in einer Innen-GbR mit Auswirkung auf die Beschlüsse einer AG (BGHZ 179, 13), skizziert. Anschließend wird das Instrument der Mehrheitsklauseln auf der Grundlage dieser Entscheidungen – mit Rückgriff auf die Tatbestände und Entscheidungsgründe des BGH – in den gesellschaftsrechtlichen Kontext gebracht und schließlich problemorientiert bewertet.
Gem. § 119 Abs. 1 HGB können Gesellschafterbeschlüsse nach dem gesetzlichen Grundfall nur mit der Zustimmung aller Gesellschafter – also mit Einstimmigkeit – gefasst werden. Der Anwendungsbereich des § 119 Abs. 1 erstreckt sich zunächst systematisch nur auf die oHG, ist aber über die Zurechnungsnorm des § 161 Abs. 2 auch auf die KG und damit auch auf die Sonderform der GmbH & Co. KG anwendbar. Parallel gilt das Einstimmigkeitsprinzip als Anforderung zur Beschlussfassung grundsätzlich auch bei der GbR gem. § 709 Abs. 1 BGB. Zusammenfassend kann damit festgehalten werden, dass das Einstimmigkeitsprinzip im Bereich der Personengesellschaften grundsätzlich konstitutiv zur wirksamen Beschlussfassung ist. Auch im Bereich der Kapitalgesellschaften gelten oftmals – abweichend zur vereinsrechtlichen Grundstruktur des Mehrheitssystems der §§ 32 ff. BGB – erhöhte Mehrheitserfordernisse zur Beschlussfassung in der Hauptversammlung (z. B. § 179 Abs. 2 Satz 1 AktG).
Mit Blick auf die Privatautonomie, aber auch die Aufrechterhaltung und Sicherstellung der Handlungsfähigkeit sowie die Entscheidungsflexibilität, kommt jedoch die Frage auf, ob die gesetzlichen Bestimmungen über die Voraussetzungen wirksamer Gesellschafterbeschlüsse zwingenden oder dispositiven Charakter aufweisen.
Inhaltsverzeichnis
A. Einleitung
I. Das „Otto“-Urteil des BGH vom 15.01.2007 - BGHZ 170,
1. Verfahrensgrundlage
2. Verfahrensgang
3. Zentrale Aussagen des BGH
II. „Schutzgemeinschaftsvertrag II“-Urteil des BGH vom 24.11.2008 -BGHZ 179, 13.
1. Verfahrensgrundlage
2. Verfahrensgang
3. Zentrale Aussagen des BGH
B. Mehrheitsklauseln im personengesellschaftsrechtlichen Kontext
I. Gesellschafterbeschlüsse in Personengesellschaften
1. Wesen und Teleologie
2. Ausgangspunkt der Beschlussfassung: Einstimmigkeitsprinzip
3. Mehrheitsklauseln
a) Zulässigkeit, Wesen, Teleologie
b) Abgrenzung: Beschlussgegenstand -Geschäftsführungsmaßnahme
II. Minderheitenschutz
1. Originäre Rechtsprechungslinie
a) Formelle Ebene: Bestimmtheitsgrundsatz
aa) Strenges Verständnis
bb) Steigerungstrias
cc) Folgen für die Praxis
dd) Erste Einschränkungen
cc) Anhaltende Kritik
b) Materielle Ebene: Kernbereichslehre
aa) Unverzichtbarer, zwingender Kernbereich
bb) Unentziehbarer, mehrheitsfester Kernbereich
cc) (Antizipierte) Zustimmung, Vorliegen eines wichtigen Grundes
dd) Stimmrechtsfester Kernbereich
cc) Kritik
2. Die „Otto“-Entscheidung als erster Umbruch: Zwei-Stufen-Prüfung
a) Erste Stufe: Formelle Legitimation der Mehrheitsklausel
aa) Grundlagengeschäfte
bb) Restriktive Anwendung des Bestimmtheitsgrundsatzes
(1) Grundsätzliches Festhalten am Bestimmtheitsgrundsatz
(2) Abwendung von strenger Katalogführung
(3) Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB
b) Zweite Stufe: Materielle Wirksamkeitsprüfung des Mehrheitsbeschlusses
aa) Gesellschaftliche Treuepflicht
bb) Festhalten an der Kernbereichslehre
cc) Festlegung der Darlegungs- und Beweislast
c) Zusammenfassend zur Mehrheitsklausel in der „Otto“-Entscheidung
3. Die „Schutzgemeinschaft II“-Entscheidung als Grundsatzurteil
a) Konkretisierung des Verständnisses des Bestimmtheitsgrundsatzes der „Otto“- Entscheidung
b) Konkretisierung der materiellen Wirksamkeitsprüfung
aa) Generelle Prüfungspflicht
bb) Zusammenlegung von Kernbereichs- und Treuwidrigkeitsprüfung
c) Festlegung der Mehrheitsanforderungen in Stimmrechtskonsortien bei
Kapitalgesellschaften
aa) Stimmbindungsabreden
bb) Mehrheitserfordernisse in Stimmrechtskonsortien
(1) Konsortialvertrag
(2) Im Zweifel: Auslegung
(3) Durchschlagende kapitalgesellschaftsrechtliche Mehrheitserfordernisse trotz vertraglicher Abrede
(4) Schranken von Mehrheitsklauseln auf Konsortialebene
d) Zusammenfassend zur Mehrheitsklausel in der „Schutzbereich II“-Entscheidung .
4. Folgeentscheidungen
a) Bestätigung der Zwei-Stufen Prüfung
b) Konkretisierung der Kernbereichslehre
c) Betätigung der „Otto“- und „Schutzgemeinschaft II“-Entscheidung
d) Gänzliche Aufgabe des Bestimmtheitsgrundsatzes und Distanzierung von der Kernbereichslehre?
C. Bewertung und Stellungnahme
D. Fazit
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- Fabian Kremers (Author), 2021, Legitimation von Mehrheitsklauseln und Wirksamkeit der dadurch gefassten Beschlüsse in Personengesellschaften und deren Besonderheiten in Stimmrechtskonsortien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1332828
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