Die Türkei als Erbe des Osmanischen Reiches steht in den letzen Jahren immer wieder als zentraler Punkt in den Medien. Entweder diskutiert die westliche Welt über einen Beitritt zur Europäischen Union, verurteilt das Vorgehen gegen die Kurden, oder bildet sich Meinungen über das Kopftuchverbot. Auch in den letzen Monaten geriet die Türkei wieder in den Fokus der Medien, als das türkische Verfassungsgericht am 31. März 2008 das Verbotsverfahren gegen die Regierungspartei AKP annahm. Der zentrale Anklagepunkt bestand darin, dass die Partei versuche, den Staat zu islamisieren. Der Generalstaatsanwalt forderte daher das Verbot der AKP, sowie ein langjähriges Politikverbot für 71 Politiker, unter anderem für den Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan und den Staatspräsidenten Abdullah Gül.
In der Geschichte der Türkei kam es seit der Demokratisierung 1946 immer wieder zum Erstarken islamistischer Kräfte und Parteien, welche den kemalistischen Eliten des Landes opponierten. Seit dieser Zeit griff das Militär vier Mal aktiv ein, setze dem ein Ende und stellte die laizistischen Verhältnisse wieder her. Die Geschichte der türkischen Politik spiegelt den Kampf zwischen der strikten Trennung von Staat und
Religion wieder.Immer wiederkehrende Phasen von Erfolgen für islamistische Gruppen und Parteien und die rasch folgenden Gegenbewegungen der Kemalisten des Landes, werfen die
Frage auf, inwieweit es in der Türkei die Tendenz gibt den Staat vollständig zu islamisieren. Vielmehr könnte man aus dem geschichtlichen Verlauf auch deuten, dass der Islam nur als Instrument für Regierende und Regierte herangezogen wird,
um die eigenen Interessen durchzusetzen. Ich werde dies in der folgenden Arbeit untersuchen und dabei die These vertreten, dass der Einfluss des Islam auf die türkische Politik nur Mittel zum Zweck ist und nicht der Schaffung eines islamistischen Staates dient.
Dazu werde ich zunächst auf drei Besonderheiten des türkischen Staates eingehen:Den Kemalismus, dessen Herkunft und Bedeutung für die Türkei, das Diyanet İşleri Başkanlığı, die türkischen Religionsbehörde und den Nationalen Sicherheitsrat, Milli
Güvenlik Kurulu. Anschließend werde ich nach der Schilderung der Anfänge der Re-Islamisierung durch die Türkisch-Islamische-Synthese auf drei Parteien eingehen,welche es zwischen 1946 und heute auf die Regierungsbank schafften und deren
Hintergrund oder Handeln mit dem Islam verbunden waren. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Besonderheiten des Politischen Systems der Türkei
- Kemalismus - Grundpfeiler des türkischen Staates
- Das Diyanet - Staatliche Kontrolle der Religion
- Der Nationale Sicherheitsrat – Das Militär als Beschützer der Republik
- Der Islam in der türkischen Politik – Werkzeug von Parteien und Staat
- Die Türkisch-Islamische Synthese
- Anavatan Partisi – Neue Dynamik für islamistische Interessengruppen in der Ära von Turgut Özal
- Refah Partisi - Aufstieg und Fall der Islamistischen Wohlfahrtspartei unter Necmettin Erbakan
- Die AKP - Reformkurs trotz Islamisierung der Politik
- Fazit
- Quellen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht den Einfluss des Islam auf die Politik der Türkei. Sie analysiert die Rolle des Islams als Werkzeug von Parteien und Staat und hinterfragt, ob es in der Türkei die Tendenz gibt, den Staat vollständig zu islamisieren. Die Arbeit argumentiert, dass der Einfluss des Islam auf die türkische Politik nur Mittel zum Zweck ist und nicht der Schaffung eines islamistischen Staates dient.
- Der Kemalismus als Grundpfeiler des türkischen Staates und seine Bedeutung für die Trennung von Staat und Religion
- Die Rolle des Diyanet, der türkischen Religionsbehörde, in der staatlichen Kontrolle der Religion
- Der Einfluss des Nationalen Sicherheitsrates auf die türkische Politik
- Die Türkisch-Islamische Synthese als Strategie islamistischer Parteien
- Die Rolle islamistischer Parteien wie der Anavatan Partisi, der Refah Partisi und der AKP in der türkischen Politik
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die aktuelle Situation in der Türkei dar und führt in das Thema des Einflusses des Islam auf die türkische Politik ein. Sie beleuchtet die Geschichte der Türkei und die immer wiederkehrenden Phasen von Erfolgen für islamistische Gruppen und Parteien sowie die Gegenbewegungen der Kemalisten. Die Einleitung stellt die These auf, dass der Einfluss des Islam auf die türkische Politik nur Mittel zum Zweck ist und nicht der Schaffung eines islamistischen Staates dient.
Das Kapitel "Besonderheiten des Politischen Systems der Türkei" analysiert drei wichtige Aspekte des türkischen Staates: den Kemalismus, das Diyanet und den Nationalen Sicherheitsrat. Der Kemalismus wird als Grundpfeiler des türkischen Staates vorgestellt, der die Trennung von Staat und Religion betont. Das Diyanet wird als staatliche Institution beschrieben, die die Kontrolle über die Religion ausübt. Der Nationale Sicherheitsrat wird als einflussreicher Akteur in der türkischen Politik dargestellt, der die Republik schützen soll.
Das Kapitel "Der Islam in der türkischen Politik – Werkzeug von Parteien und Staat" untersucht die Rolle des Islams als Werkzeug von Parteien und Staat. Es analysiert die Türkisch-Islamische Synthese als Strategie islamistischer Parteien und beleuchtet die Rolle von drei wichtigen Parteien: der Anavatan Partisi, der Refah Partisi und der AKP. Die Analyse zeigt, dass diese Parteien den Islam als Instrument zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele nutzen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Kemalismus, den Laizismus, das Diyanet, den Nationalen Sicherheitsrat, die Türkisch-Islamische Synthese, islamistische Parteien, die Anavatan Partisi, die Refah Partisi, die AKP, die Islamisierung der Politik und den Einfluss des Islam auf die türkische Politik.
- Quote paper
- Jan Tröster (Author), 2008, Einfluss des Islam auf die Politik der Türkei, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/133193