„Krieg ist nicht – und ich wiederhole – Krieg ist nicht die Fortsetzung der Politik mit
anderen Mitteln. Im Gegenteil, er stellt immer ein katastrophales Versagen
politischen Könnens und Vorstellungsvermögens dar.“
Kofi Annan, Rede zur Libanon-Resolution des Weltsicherheitsrats, August 2006
Dieses Zitat beschreibt beispielhaft, dass Krieg und militärische Interventionen
stets die absolut letzten Mittel eines Staates sein sollten, welches er zu ergreifen
vermag um seine Interessen im internationalen Gefüge durchzusetzen. Bereits seit
1945, durch die Schrecken der beiden Weltkriege begründet, gilt das so genannte
Gewaltverbot der Vereinten Nationen festgeschrieben in Art. 2 Nr. 4 Charta der
Vereinten Nationen (VN-Charta), welches es den Staaten untersagt, kriegerisch Tätig
zu werden beziehungsweise (bzw.) Gewalt gegenüber anderen Staaten anzuwenden
(Zahner 2006: 490). Was in Zeiten des kalten Krieges noch eindeutig war, wird unter
einem neuen Bedrohungsszenario, das des internationalen Terrorismus, immer
umstrittener. Die Formel Gewalt bedeutet einen militärischen Angriff, ist demnach
Krieg, gilt nicht mehr (Blumenwitz 2003: 26). So wussten Staaten noch vor wenigen
Jahren, dass die einzige rechtliche Begründung zur Durchbrechung des
Gewaltverbots in der individuellen und kollektiven Selbstverteidigung eines Staates,
nach einem Angriff bzw. nach einem Akt der Aggression1, lag.
Heute sind andere Bedrohungsszenarien in den Vordergrund gerückt. Der
internationale Terrorismus, der seinen Höhepunkt bisher in den Anschlägen auf das
World Trade Center am 11. Septembers 2001 fand, zwingt die Staaten über andere
Möglichkeiten der Selbstverteidigung nachzudenken. Es entsteht eine immer größere
Unsicherheit der Staaten über ihre rechtlichen Möglichkeiten im Falle eines Angriffs.
Fragen wie: Was umfasst einen bewaffneten Angriff? Wann darf man sich dagegen
verteidigen? Was fällt unter das Gewaltverbot des Art. 2 Nr. 4 VN-Charta und was
unter Art. 51, unter das Recht auf Selbstverteidigung? - treten in den Vordergrund
der Friedensstrategien der Staatenwelt.
[...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die historische Entwicklung des Völkerrechtes bis zum Gewaltverbot
- Die Lehre des bellum iustum
- Die Lehre des ius ad bellum
- Der Völkerbund
- Der Briand-Kellogg-Pakt
- Das Gewaltverbot der Charta der Vereinten Nationen
- Der Inhalt des Gewaltverbots des Art. 2 Nr. 4 VN-Charta
- Die Durchbrechung des Gewaltverbots
- Das Prinzip der individuellen und kollektiven Selbstverteidigung
- Der Art. 51 Charta der Vereinten Nationen
- Prävention vs. Präemption
- Zulässigkeitsvoraussetzungen der staatlichen Selbstverteidigung
- Einschränkungen der Zulässigkeit des Art. 51 VN-Charta
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht die Vereinbarkeit des Prinzips der individuellen und kollektiven Selbstverteidigung nach Artikel 51 der VN-Charta mit dem Gewaltverbot nach Artikel 2 Nr. 4 der VN-Charta. Sie analysiert kritisch die Herausforderungen, die der internationale Terrorismus für die Auslegung dieser Prinzipien darstellt.
- Die historische Entwicklung des Völkerrechts im Hinblick auf das Gewaltverbot
- Der Inhalt und die Grenzen des Gewaltverbots nach Artikel 2 Nr. 4 VN-Charta
- Das Recht auf Selbstverteidigung nach Artikel 51 VN-Charta, einschließlich präventiver und präemptiver Maßnahmen
- Die Spannungsfelder zwischen Gewaltverbot und Selbstverteidigungsrecht im Kontext des internationalen Terrorismus
- Mögliche Reformbedarfe des Völkerrechts
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die zentrale Forschungsfrage nach der Vereinbarkeit von Gewaltverbot und Selbstverteidigungsrecht im Kontext des internationalen Terrorismus. Sie betont die zunehmende Unsicherheit der Staaten bezüglich ihrer rechtlichen Handlungsmöglichkeiten und hebt die Bedeutung der präventiven und präemptiven Selbstverteidigung hervor. Der Bezug auf Kofi Annans Zitat unterstreicht die Bedeutung des Gewaltverbots als letztes Mittel.
Die historische Entwicklung des Völkerrechtes bis zum Gewaltverbot: Dieses Kapitel beleuchtet die historische Entwicklung des Völkerrechts, beginnend mit der Lehre des "bellum iustum" im Mittelalter, die moralische Rechtfertigung von Kriegen betonte. Es skizziert die Weiterentwicklung hin zu einem Verständnis von gerechten Kriegen für beide Parteien und erwähnt wichtige Meilensteine wie den Völkerbund und den Briand-Kellogg-Pakt als Vorläufer des heutigen Gewaltverbots.
Das Gewaltverbot der Charta der Vereinten Nationen: Dieses Kapitel analysiert den Inhalt und die Bedeutung des Gewaltverbots nach Artikel 2 Nr. 4 der VN-Charta. Es untersucht die Definition von Gewalt und die Möglichkeiten der Durchbrechung dieses Verbots. Der Fokus liegt auf den rechtlichen Schranken und der Interpretation des Gewaltverbots im Lichte aktueller Herausforderungen.
Das Prinzip der individuellen und kollektiven Selbstverteidigung: Dieses Kapitel befasst sich eingehend mit dem Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung nach Artikel 51 der VN-Charta. Es untersucht die Zulässigkeitsvoraussetzungen der staatlichen Selbstverteidigung und analysiert die umstrittenen Konzepte der präventiven und präemptiven Selbstverteidigung, einschließlich ihrer rechtlichen Grenzen und der damit verbundenen Debatten.
Häufig gestellte Fragen zur Hausarbeit: Gewaltverbot und Selbstverteidigung im Völkerrecht
Was ist der Gegenstand dieser Hausarbeit?
Die Hausarbeit untersucht die Vereinbarkeit des Prinzips der individuellen und kollektiven Selbstverteidigung (Art. 51 VN-Charta) mit dem Gewaltverbot (Art. 2 Nr. 4 VN-Charta), insbesondere im Kontext des internationalen Terrorismus. Sie analysiert kritisch die Herausforderungen, die der internationale Terrorismus für die Auslegung dieser Prinzipien darstellt und untersucht mögliche Reformbedarfe des Völkerrechts.
Welche Themen werden in der Hausarbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt die historische Entwicklung des Völkerrechts im Hinblick auf das Gewaltverbot, den Inhalt und die Grenzen des Gewaltverbots nach Artikel 2 Nr. 4 VN-Charta, das Recht auf Selbstverteidigung nach Artikel 51 VN-Charta (inklusive präventiver und präemptiver Maßnahmen), die Spannungsfelder zwischen Gewaltverbot und Selbstverteidigungsrecht im Kontext des internationalen Terrorismus und mögliche Reformbedarfe des Völkerrechts.
Welche Kapitel umfasst die Hausarbeit?
Die Hausarbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zur historischen Entwicklung des Völkerrechts bis zum Gewaltverbot (inkl. bellum iustum, ius ad bellum, Völkerbund und Briand-Kellogg-Pakt), ein Kapitel zum Gewaltverbot der VN-Charta (inkl. Definition von Gewalt und Möglichkeiten der Durchbrechung), ein Kapitel zum Prinzip der individuellen und kollektiven Selbstverteidigung (Art. 51 VN-Charta, inkl. präventiver und präemptiver Selbstverteidigung und deren rechtlichen Grenzen) und ein Fazit.
Was ist die zentrale Forschungsfrage der Arbeit?
Die zentrale Forschungsfrage lautet: Wie vereinbar sind das Gewaltverbot und das Recht auf Selbstverteidigung im Kontext des internationalen Terrorismus? Die Arbeit untersucht die rechtlichen Handlungsmöglichkeiten der Staaten angesichts der zunehmenden Unsicherheit und betont die Bedeutung präventiver und präemptiver Selbstverteidigung im Verhältnis zum Gewaltverbot als letztes Mittel (Kofi Annan).
Wie wird die historische Entwicklung des Gewaltverbots dargestellt?
Die historische Entwicklung wird von der Lehre des "bellum iustum" im Mittelalter über die Entwicklung des Verständnisses von gerechten Kriegen bis hin zu wichtigen Meilensteinen wie dem Völkerbund und dem Briand-Kellogg-Pakt als Vorläufer des heutigen Gewaltverbots nachgezeichnet.
Welche Aspekte des Gewaltverbots nach Artikel 2 Nr. 4 VN-Charta werden behandelt?
Das Kapitel analysiert den Inhalt und die Bedeutung des Gewaltverbots, die Definition von Gewalt und die Möglichkeiten der Durchbrechung dieses Verbots. Es konzentriert sich auf die rechtlichen Schranken und die Interpretation des Gewaltverbots vor dem Hintergrund aktueller Herausforderungen.
Wie wird das Recht auf Selbstverteidigung nach Artikel 51 VN-Charta behandelt?
Das Kapitel untersucht ausführlich das Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung nach Artikel 51 VN-Charta. Es analysiert die Zulässigkeitsvoraussetzungen, die umstrittenen Konzepte der präventiven und präemptiven Selbstverteidigung, deren rechtliche Grenzen und die dazugehörigen Debatten.
- Quote paper
- Sabine Dorsheimer (Author), 2008, Gewaltverbot und Selbstverteidigungsrecht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/133178