Reformen in Deutschland werden von allen im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien mittlerweile als absolut notwendig und unaufschiebbar angesehen. Auf den ersten Blick scheinen diese nötigen Neuerungen im Verantwortungsbereich der Exekutive und ihrer Mehrheit im Bundestag zu liegen. Der Bundeskanzler bestimmt qua Verfassung die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung (Art. 65 GG). Die Aufgabe der Regierungsfraktionen ist es unter anderem den Regierungsvorlagen per Abstimmung im Bundestag Gesetzeskraft zu verleihen.
Betrachtet man den Gesetzgebungsprozess jedoch in differenzierterer Art und Weise, ergibt sich ein Bild von Deutschland, das mehr und mehr einer blockierten Republik gleicht. Der deutsche Föderalismus mit seinem Konsens- und Kompromisszwang – in extremer Ausprägung bei unterschiedlichen Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat – lässt ehrgeizige Reformprojekte meist auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zusammenschrumpfen. Aktuellstes Beispiel ist hierzu die als „Job-Gipfel“ titulierte Übereinkunft zwischen den Chefs der Regierungskoalition Schröder und Fischer und den Oppositionsführern Merkel und Stoiber.
Aufgrund dieses Reformstaus in der deutschen Politik gilt es im Rahmen dieser Arbeit die Politikverflechtung zwischen Bund und Ländern in Deutschland zu analysieren und das Scheitern der Föderalismuskommission zu untersuchen.
Inhaltsverzeichnis
I. Fragestellung
II. Das föderative System in Deutschland
1. Bundesstaatliche Verfassungsprinzipien
1.1 Unantastbarkeit der Bundesstaatlichkeit
1.2 Aufgaben des Bundesverfassungsgerichtes
1.3 Regeln bundesstaatlicher Politik
1.4 Aufgabenverteilung im Bundesstaat – Gesetzgebung,
Verwaltung, Rechtsprechung
2. Der Bundesrat im politischen System der Bundesrepublik Deutschland
3. Verflechtungen im deutschen Verbundföderalismus
3.1 Administrative Verflechtung
3 .2 Kooperationen auf Länderebene
3.3 Gemeinschaftsaufgaben
3.4 Weitere Kooperationsmöglichkeiten
4. Die Finanzordnung im deutschen Föderalismus
4.1 Konnexitätsprinzip, Steuererhebung und Verteilung des Steueraufkommens
4.2 Horizontaler und vertikaler Finanzausgleich
5. Fazit
III. Reformbedarf beim föderalen Staatsaufbau
1. Ausgewählte Probleme des föderalen Systems
1.1 Blockadepolitik durch unterschiedliche Mehrheiten
1.2 Ineffiziente und intransparente Entscheidungsfindung
1.3 Gemeinschaftsaufgaben als Beispiel unsauberer Aufgabentrennung
2. Die Föderalismuskommission
2.1 Aufbau und Ziele der Föderalismuskommission
2.2 Lösungsansätze zur Reform des Staatsaufbaus
2.2.1Zuordnung von Gesetzgebungskompetenzen auf Bund und Länder
2.2.2Vorschläge für Mitwirkungsrechte der Länder in der Bundesgesetzgebung
2.2.3Umstrukturierung der Finanzverfassung
2.3 Bereits vereinbarte Änderungen
2.4 Das Scheitern der Reform am Thema Bildung
IV. Ergebnisse und Ausblick: Chance auf Einigung ?
V. Literaturverzeichnis
I. Fragestellung
Reformen in Deutschland werden von allen im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien mittlerweile als absolut notwendig und unaufschiebbar angesehen. Auf den ersten Blick scheinen diese nötigen Neuerungen im Verantwortungsbereich der Exekutive und ihrer Mehrheit im Bundestag zu liegen. Der Bundeskanzler bestimmt qua Verfassung die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung (Art. 65 GG). Die Aufgabe der Regierungsfraktionen ist es unter anderem den Regierungsvorlagen per Abstimmung im Bundestag Gesetzeskraft zu verleihen.
Betrachtet man den Gesetzgebungsprozess jedoch in differenzierterer Art und Weise, ergibt sich ein Bild von Deutschland, das mehr und mehr einer blockierten Republik gleicht. Der deutsche Föderalismus mit seinem Konsens- und Kompromisszwang – in extremer Ausprägung bei unterschiedlichen Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat – lässt ehrgeizige Reformprojekte meist auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zusammenschrumpfen. Aktuellstes Beispiel ist hierzu die als „Job-Gipfel“ titulierte Übereinkunft zwischen den Chefs der Regierungskoalition Schröder und Fischer und den Oppositionsführern Merkel und Stoiber.
Aufgrund dieses Reformstaus in der deutschen Politik gilt es im Rahmen dieser Arbeit die Politikverflechtung zwischen Bund und Ländern in Deutschland zu analysieren und das Scheitern der Föderalismuskommission zu untersuchen. Dazu wird zunächst dargestellt wie der Föderalismus in Deutschland organisiert ist. Es wird auf den Bundesstaat betreffende Verfassungsprinzipien, die Rolle des Bundesrates, Verflechtungen zwischen den föderativen Ebenen und die bundesdeutsche Finanzverfassung eingegangen. In einem nächsten Schritt werden Probleme und Blockaden in einzelnen Bereichen des föderalen Systems analysiert und die Notwendigkeit einer Föderalismusreform untersucht. Zuletzt wird im Rahmen dieser Arbeit dezidiert auf die Bundesstaatskommission und deren Scheitern im Dezember 2004 eingegangen: Dabei wird nach einer kurzen Charakterisierung der Kommission an sich zwischen den Punkten, über die man bereits Konsens herstellen konnte und den weiterhin strittigen Aspekten unterschieden.
II. Das föderative System in Deutschland
Bereits die Bezeichnung Bundesrepublik Deutschland zeigt den föderativen Charakter des Staates an. Der Föderalismus als staatliches Organisationsprinzip legt die Unterteilung des Zentralstaates in kleinere Einheiten, die so genannten Gliedstaaten, fest. Diese Gliedstaaten führen eigene staatliche Aufgaben aus, die unmittelbare staatliche Souveränität gegenüber dem Bürger liegt aber bei gesamtstaatlichen Organen. Dies soll neben aller Vielfalt ein gewisses Maß an Einheitlichkeit gewährleisten.[1] Im Folgenden werden mehrere verfassungsrechtliche Prinzipien dargestellt, die den deutschen Bundesstaat formen.
1. Bundesstaatliche Verfassungsprinzipien
1.1 Unantastbarkeit der Bundesstaatlichkeit
Der Föderalismus ist in Deutschland im Bundesstaatsprinzip des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 1 GG) verankert. Um den Föderalismus in Deutschland auf Dauer zu sichern wurde sogar eine „Ewigkeitsklausel“ (Art. 79 Abs. 3 GG ) im Grundgesetz eingeführt. Auf diese Weise wird die Aufhebung des Föderalismus selbst durch eine für Verfassungsänderungen ausreichende Zwei-Drittel-Mehrheit verhindert. Sollte sich das deutsche Volk nach Art. 146 GG eine neue Verfassung geben, müsste auch diese föderative Elemente beinhalten. Die bundesstaatliche Unantastbarkeit gibt folgende Grundlagen vor.
Die Bundesrepublik muss aus dem Zentralstaat und den Ländern bestehen, eine Beseitigung der Länder wäre verfassungswidrig und ungültig. Die Änderung von Ländergrenzen, die Auflösung einzelner Länder oder die Verschmelzung verschiedener Gliedstaaten ist jedoch möglich. Die einzelnen Bundesländer besitzen eine eigene Staatsqualität und eigene Kompetenzen. Sie sind also keine bloßen Vollzugsorgane des Zentralstaates (siehe auch 1.4). Erkennbar ist dies auch an einer eigenen Verfassung, die parallel zum Grundgesetz gilt. Die Länder haben eigene Verfassungsorgane im legislativen, exekutiven und judikativen Bereich.
Um eine eigenständige Politik betreiben zu können steht den Ländern eine finanzielle Selbständigkeit zu. Die Gliedstaaten haben deshalb eigene Steuerbefugnisse (siehe 4.1), der Zentralstaat kann aber auch über eine angemessene finanzielle Ausstattung bestimmen um seinerseits unabhängig von den Gliedstaaten zu bleiben. Auch im Bereich Gesetzgebung haben die Länder nach Art. 79 Abs. 3 GG weitreichende Befugnisse. Sie können einerseits selbständig Normen, wie Gesetze und Verordnungen, erlassen, müssen andererseits aber auch an der Gesetzgebung des Bundes beteiligt werden. Gemäß Art. 76 Abs. 1 GG steht den Landesregierungen das Gesetzesinitiativrecht zu und die Absätze 2 und 3 dieses Artikels regeln das Vetorecht der Länder im Bundesrat bei Bundestagsbeschlüssen.
1.2 Aufgaben des Bundesverfassungsgerichtes
Obwohl das Organisationsprinzip des Föderalismus weitreichende Akzeptanz erfährt, sind gewisse Streitigkeiten nicht zu verhindern. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) fungiert hierbei hauptsächlich nach Art. 93 GG als unparteiische Instanz zur Beilegung solcher Probleme. Im Rahmen des richterlichen Prüfungsrechts können Kontrahenten aus Bund und Ländern das BVerfG anrufen. Das Gericht prüft dann zum Beispiel ob erlassene Gesetze mit der Verfassung und ihren föderativen Prinzipien vereinbar sind. Ebenso zuständig ist das BVerfG bei Organstreitigkeiten zwischen Verfassungsorganen und bei Widersprüchen, ob Bundes- oder Landesrecht dem Grundgesetz bzw. der jeweiligen Landesverfassung oder sonstigem Bundesrecht entspricht. Handelt es sich bei Letzterem um Streitigkeiten anhand eines konkreten Falls spricht man von konkreter Normenkontrolle, geschieht dies unabhängig von einem konkreten Anlass liegt eine abstrakte Normenkontrolle vor. Bund-Länder-Streitigkeiten sind relativ selten, aber auch hier ist das BVerfG zuständig. Meist geht es hier um Dispute zwischen Bund und Ländern bei der Ausführung von Bundesrecht durch die Länder. Zusätzlich hat das BVerfG noch Kompetenzen bei anderen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zwischen Bund, Ländern und innerhalb von Ländern.
1.3 Regeln bundesstaatlicher Politik
Neben diesen bundesstaatlichen Leitsätzen regeln weitere verfassungsrechtliche Vorgaben das Zusammenwirken von Bund und Ländern und unter den Ländern. Dies wäre zum einen die Bestimmung zur „verfassungsmäßigen Homogenität von Zentralstaat und Gliedstaaten.“[2] Gemäß Art. 28 Abs. 1 GG müssen die Länderverfassungen den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates entsprechen, was den Ländern faktisch die repräsentativ-parlamentarische Regierungsform mit allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen vorschreibt. Sollte dies nicht der Fall sein, kann der Bund nach Absatz 3 dieses Artikels sogar in die Länderverfassungen eingreifen um die freiheitlich-demokratische Grundordnung wiederherzustellen.[3]
Außerdem gilt der Grundsatz Bundesrecht bricht Landesrecht nach Art. 31 GG. Dies bedeutet wenn für den gleichen Bereich ein Regelung auf Bundes- und eine Norm auf Landesebene bestehen, hat das Bundesrecht Vorrang. Bei Widersprüchen setzt das Bundesrecht die Landesregeln außer Kraft. Sollte ein Gliedstaat seine Bundespflichten nicht erfüllen, kann der Bund nach Art. 37 GG Zwangsmaßnahmen gegen das betreffende Land einleiten. Dieser Ausnahmefall wurde noch nie zur Realität, da sich der politische Prozess normalerweise „durch kooperatives Miteinander und […] ein wechselseitiges Treueverhältnis […]“[4] auszeichnet. Beide Seiten sind also zur Zusammenarbeit verpflichtet und ein ungeschriebenes Gesetz zwingt Bund und Länder zu „bundesfreundlichem“ Handeln.
1.4 Aufgabenverteilung im Bundesstaat – Gesetzgebung, Verwaltung, Rechtsprechung
Ein bedeutender Aspekt im Bundesstaat ist die Verteilung der staatlichen Aufgaben zwischen Bund und Ländern. In einigen Bereichen existiert eine klare Aufgabentrennung zwischen den staatlichen Ebenen, auf anderen Gebieten gibt es eine Verflechtung zwischen Bund und Ländern. Nach Art. 30 GG ist die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben Sache der Länder, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt. Diese Regelung begünstigt aber gerade nicht die Länder, da das Grundgesetz dem Zentralstaat weitreichende Kompetenzen zuspricht oder zumindest stillschweigend zulässt.
Auch im Bereich der Gesetzgebung haben die Länder nur soweit Befugnisse wie die Gesetzgebung nicht dem Bund zusteht (Art. 70 Abs. 1 GG konkretisiert hier Art. 30 GG im Bereich der Gesetzgebung). Alleinige Kompetenzen hat der Bund in der ausschließlichen Gesetzgebung nach Art. 71 GG. Hauptsächlich handelt es sich um Bereiche die ein geschlossenes Auftreten der Bundesrepublik Deutschland im Außenverhältnis zu anderen Staaten oder im währungs- und finanzpolitischen Aufgabenkreis erfordern. Ebenso Staatstätigkeiten die innerhalb des gesamten Bundesgebietes einer einheitlichen Regelung, wie beispielsweise im Staatsangehörigkeitsrecht (weitere Bereiche sind in Art. 73 GG angeführt), bedürfen.
Im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung (Art. 72 GG) kann der Bund die Gesetzgebung an sich ziehen, „[…] wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.“[5] Diese so genannte Bedürfnisklausel gibt dem Bund beinahe freies Ermessen in welchen Bereichen der konkurrierenden Gesetzgebung er die Bundesgesetzgebung für notwendig hält. Bis zur Verfassungsnovelle von 1994 war diese Klausel ein sehr wirksames Instrument des Bundes zur Einschränkung der Länderkompetenzen und eine „rein politische Ermessensentscheidung“[6] über die Notwenigkeit einer Bundesgesetzgebung in diesem Bereich. Seit 1994 wurde die Bedürfnisklausel präzisiert und den Ländern zumindest die Möglichkeit gegeben eine Notwendigkeit der Bundeszuständigkeit von Fall zu Fall vor dem BVerfG prüfen zu lassen (Art. 93 Abs. 1 Nr. 2a GG). Trotzdem wurde die konkurrierende Gesetzgebung faktisch mehr und mehr zu einer ausschließlichen Kompetenz des Bundes.[7] Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich zum Beispiel über das bürgerliche Recht und das Strafrecht, weitere Bereiche sind in Art. 74 GG zu finden. In Art. 75 GG ist die Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes verortet. Der Bund legt in Bereichen wie dem Hochschulwesen die grobe Richtung fest, legislative Einzelheiten obliegen jedoch den Ländern.
Der Einfluss der Legislative in den Ländern, sprich der Länderparlamente, auf die Gesetzgebung im Bund fällt relativ gering aus. Einerseits werden große Teile der Rechtsetzung durch den Zentralstaat übernommen, andererseits beschränkt sich der Einfluss der Länder auf die Bundesgesetzgebung auf die Vertretung der Länderregierungen, also der Länderexekutiven, im Bundesrat. Gleiches gilt für das Mitwirkungsrecht der Länder an Normen der EU die Länderangelegenheiten betreffen. Grundsätzlich steht den Länderparlamenten nur die Gesetzgebung zu, die nicht qua Verfassung ausdrücklich oder stillschweigend Bundeskompetenz ist. Ausschließliche Befugnisse haben die Länder z.B. in Bereichen wie der Gestaltung der Länderverfassungen, dem Kommunalrecht, der Organisation der Landesverwaltung, dem Polizei- und Ordnungsrecht und dem Kulturwesen (vor allem im Bildungsbereich). Weiterhin können die Länder in Bereichen der konkurrierenden Gesetzgebung tätig werden, die der Bund nicht ausgefüllt hat. In der Realität beschränkt sich diese Möglichkeit aber nur noch auf wenige Gebiete. Zur Ausfüllung der oben beschriebenen Rahmengesetzgebung des Bundes sind die Länder sogar verpflichtet (Art. 75 Abs. 3 GG), doch meist macht der Bund solch weitreichende Vorgaben, dass sich der Spielraum der Länder als sehr beschränkt darstellt. Letztlich zeigt sich also, dass das Grundgesetz die Gesetzgebung in Deutschland vor allem dem Bund zuschreibt. Hauptziel der Verfassungsväter waren gleichwertige bzw. einheitliche Lebensverhältnisse[8] (Art. 72 Abs. 2 Satz 3) in Deutschland. Diese sind aber nur über eine einheitliche, hauptsächlich vom Bund zu gewährleistende Gesetzgebung herzustellen.
Dieser Vormachtstellung des Bundes im Bereich der Gesetzgebung steht der Vorrang der Länder bei der öffentlichen Verwaltung gegenüber. Die Verwaltungsbehörden der Länder vollziehen neben Landesrecht auch Bundesrecht. Im Normalfall exekutieren die Länderverwaltungen nach Art. 84 GG Bundesrecht unter der Rechtsaufsicht des Bundes als eigene Angelegenheit. Daneben wird durch die Länder nach Art. 85 GG auch Bundesrecht im Auftrag des Zentralstaates durchgeführt (z.B. Verwaltung der Bundesautobahnen). Dabei sind die jeweiligen obersten Bundesbehörden gegenüber den nachgeordneten Landesbehörden weisungsbefugt und üben neben der Rechtsaufsicht auch die Fachaufsicht aus. Zusätzlich gibt es nach Art. 86 GG noch bundeseigene Verwaltungsbehörden, die sich aus Regierungsverwaltung (z.B. Bundeskanzleramt), Vollzugsverwaltung (z.B. Auswärtiger Dienst) und Sonderverwaltung (z.B. Bundesversicherungsamt) zusammensetzen. Die eigentliche staatliche Verwaltung in der Bundesrepublik als „wichtigste Erscheinung deutscher Staatlichkeit“[9] besteht aus den Landesverwaltungen. Auf Landesebene existieren ebenso Regierungsverwaltung (z.B. Landesministerien), Vollzugsverwaltung (Ministerien, die neben der Vorbereitung der Regierungsarbeit auch als oberste Landesbehörde für den Gesetzesvollzug zuständig sind, Bezirksregierungen als Mittelbehörden und Landratsämter als Unterbehörden) und Sonderverwaltung (Körperschaften des öffentlichen Rechts wie Universitäten). Zusätzlich gibt es noch eine Spezialverwaltung (z.B. Forstämter)
Die rechtsprechende Gewalt wird durch Bundesgerichte und Landesgerichte ausgeübt (Art. 92 GG). Die Bundesgerichte bilden für die verschiedenen Gerichtszweige die obersten Gerichte (Bundesgerichtshof für Zivil- und Strafrechtsangelegenheiten, Bundesverwaltungsgerichtshof, Bundesarbeitsgericht, Bundessozialgericht, Bundesfinanzhof), die Länder stellen für die jeweilige Gerichtszweige die mittlere und untere Instanz (Land- und Amtsgerichte). Daneben existieren das BVerfG zur Schlichtung von Streitigkeiten bezüglich des Grundgesetzes und die Verfassungsgerichtshöfe der Länder die sich um Probleme mit den Landesverfassungen kümmern.
2. Der Bundesrat im politischen System der Bundesrepublik Deutschland
Über den Bundesrat sind die Länder in Deutschland am Gesetzgebungsprozess des Bundes beteiligt. Die Anzahl der Bundesratsmitglieder pro Land ist abhängig von der Einwohnerzahl des jeweiligen Bundeslandes. Die Bundesratsmitglieder werden nicht gewählt, sondern von den jeweiligen Landesregierungen entsandt. Sie üben im Vergleich zu den Bundestagsmitgliedern kein freies Mandat aus, sondern sind an die Weisungen ihrer Landesregierung gebunden. Die Stimmabgabe des jeweiligen Bundeslandes hat einheitlich zu erfolgen, eine Aufteilung der Stimmen – etwa bei koalitionsregierten Ländern – ist nicht möglich.[10] Dies soll eine weitere parteipolitische Instrumentalisierung des Bundesrates verhindern. Die Konzentration im Aufgabenspektrum des Bundesrats liegt in der Beteiligung der Länder an der Legislative des Zentralstaats nach Art. 50 GG. Neben der Möglichkeit zur Einbringung einer Gesetzesvorlage im Bundestag (Recht auf Gesetzesinitiative nach Art. 76 Abs. 1 GG), hat der Bundesrat nach Art. 76 Abs. 2 GG eine beratende Funktion bei der Gesetzgebung. Die Bundesregierung muss eine Gesetzesvorlage vor deren Einbringung im Bundestag dem Bundesrat vorlegen. Herausragendste und konsequenzreichste Funktion des Bundesrats ist jedoch die direkte Mitwirkung am Gesetzgebungsprozess in Deutschland (Art. 77 GG). Einer vom Bundestag beschlossene Verfassungsänderung muss der Bundesrat mit Zwei-Drittel-Mehrheit zustimmen. Bei den anderen Gesetzesbeschlüssen ist zu unterscheiden, ob diese durch den Bundesrat zustimmungspflichtig oder eben nicht zustimmungspflichtig sind. Zustimmungspflichtige Gesetze sind nur solche, die das Bund-Länder-Verhältnis beeinflussen oder Wirkung auf die Arbeit der Länderverwaltungen haben.
[...]
[1] Vgl. Meerwaldt, Kerstin, Münch, Ursula, Charakteristika des Föderalismus, S.3
[2] Vgl. Meerwaldt, Kerstin, Münch, Ursula, Bundesstaatliche Verfassungsprinzipien seit 1949, S.19
[3] Vgl. Meerwaldt, Kerstin, Münch, Ursula, Bundesstaatliche Verfassungsprinzipien seit 1949, S.20
[4] Meerwaldt, Kerstin, Münch, Ursula, Bundesstaatliche Verfassungsprinzipien seit 1949, S.20
[5] Art. 72 Abs. 2 GG
[6] Meerwaldt, Kerstin, Münch, Ursula, Bundesstaatliche Verfassungsprinzipien seit 1949, S.21
[7] Vgl. Pilz, Frank, Ortwein, Heike, Das politische System Deutschlands, S. 64
[8] Vor der Verfassungsreform von 1994 bestand das Grundgesetz auf „einheitlichen Lebensverhältnissen“.
[9] Meerwaldt, Kerstin, Münch, Ursula, Bundesstaatliche Verfassungsprinzipien seit 1949 , S.21
[10] Besonderes Aufsehen erregte diese Regelung bei der Abstimmung über das Zuwanderungsgesetz 2002, als sich die Koalitionsführer in der brandenburgischen Landesregierung, Platzeck und Schönbohm, nicht einigen konnten und der damals amtierende Bundesratspräsident Wowereit die Zustimmung Platzecks als einheitliches Votum Brandenburgs wertete.
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