Ich möchte mit dieser Arbeit zeigen, dass aus Spinozas Annahme des Nezessitarismus sich unplausibel Konsequenzen ergeben, die unserer Grundintuition der Freiheit widersprechen.
Um die weitere Argumentation zu verstehen möchte ich zunächst einige Begriffe aus dieser These klären.
Nezessitarismus: Die Bedeutung hängt vom Gegenstandsbereich seiner Anwendung ab. Bei Descartes wird damit eine durchgängige Determination der menschlichen Vernunft behauptet. Spinoza spricht von der Notwendigkeit. Hume vertritt die These der Kausalverknüpfung, die sich auf Gewöhnung und Beobachtungen als Ereignis beruft. Kant begründet den Begriff der Notwendigkeit auf die Bestimmung der apriorischen Erkenntnis.
„In derNaturgibt es kein Zufälliges,sondern alles ist vermöge derNoIwendigkeit der göttlichen Natur bestimmt, auf gewisse Weise zu existieren und zu wirken.“ (NeunundzwanzigsterLehrsatz, Spinozas Ethik, S.28)
Ich möchte mit dieser Arbeit zeigen, dass aus Spinozas Annahme des Nezessitarismus sich unplausibel Konsequenzen ergeben, die unserer Grundintuition der Freiheit widersprechen.
Um die weitere Argumentation zu verstehen möchte ich zunächst einige Begriffe aus dieser These klären.
Nezessitarismus: Die Bedeutung hängt vom Gegenstandsbereich seiner Anwendung ab. Bei Descartes wird damit eine durchgängige Determination der menschlichen Vernunft behauptet. Spinoza spricht von der Notwendigkeit. Hume vertritt die These der Kausalverknüpfung, die sich auf Gewöhnung und Beobachtungen als Ereignis beruft. Kant begründet den Begriff der Notwendigkeit auf die Bestimmung der apriorischen Erkenntnis.
So kann man diesen Begriff durch die Philosophiegeschichte verfolgen, wobei immer ein Verhältnis von Handlung, Freiheit und Determination zugrunde liegt. {Metzler Lexikon Philosophie, Notwendigkeit)
Intuition: (lat. intueri: anschauen, betrachten) Hierbei handelt es sich um ein unmittelbares Erkennen einer Ganzheit, eines Wesens oder eines Sachverhaltes. Diese gewonnen Erkenntnisse müssen nicht begründet werden. „In derLehre Spinozas wird Intuition zur höchsten von drei Erkenntnisarten überhaupt erklärt. Dort gibt die scientia intuitiva unmittelbar und auf gleiche Weise die Dinge wieder, wie sie in Gott sind.“ Spätere Philosophen wie Herder und Schelling begründen große Teile ihrer Thesen auf der Intuition. Kant bestreitet aber die Möglichkeit eines intuitiven Verstandes, ebenso wie alle rational denkenden Philosophen, die die These vertreten, dass eine Erkenntnis niemals unmittelbar sein kann. (MetzlerLexikon Philosophie, Intuition)
Freiheit: In der Philosophie hat der Begriff der Freiheit unterschiedliche Deutungen. In der griechischen Antike ist unter den Sophisten derjenige frei, dessen handeln durch die Natur bestimmt ist. Bei Sokrates dagegen entsteht die Freiheit vom Menschen her. Auch bei Platon geht die Freiheit vom Menschen aus. Aristoteles begreift die Freiheit als konkretes Wählen können. Vom Mittelalter bis zur Renaissance ist die Freiheit in der göttlichen Existenz determiniert. Kant unterscheidet zwischen Willens - und Handlungsfreiheit, in der der Mensch von jeglicher Determination entbunden ist. (Metzler Lexikon Philosophie, Freiheit)
Baruch de Spinoza zählt wie seine Zeitgenossen, Descartes, Leibniz etc., zu den rationalen Denkern, die ihre Lehren mit mathematischen Definitionen, Axiomen, durchnummerierten Lehrsätzen und Beweisen aufzeigen. Spinozas Hauptwerk „Die Ethik“ ist aber auch ein Werk der Metaphysik.
Die in diesem Werk entwickelte These von der unendlichen Substanz, was gleich bedeutend mit den Begriffen Gott und Natur ist, ist auf Spinozas monotheistische Denkweise zurückzuführen.
Diese Substanz existiert notwendigerweise und ist Ursache ihrer selbst. Sie beinhaltet alle Attribute, alle Affekte und alle Modi. Der Modus Mensch zählt zu den endlichen Dingen, die zwar durch Gott bestimmt sind, aber nicht die Unendlichkeit Gottes erkennen können. Der Modus Mensch erkennt nur zwei Attribute Gottes, nämlich das Denken und die Ausdehnung, die beide wechselseitig wirken.
Trotzdem kann der Mensch ,freiheitlich handeln“, auch wenn dieses Handeln der Notwendigkeit unterliegt. Das menschliche Handeln, folgt den Gesetzen der Substanz, d.h es ist in diesem Sinne immer unfrei, weil es aus nur aus der Notwendigkeit heraus existiert.
In seinen Lehrsätzen 29-36 befasst sich Spinoza u.a mit dem freien Willen, den der Modus Mensch entwickeln kann. Allerdings ist dieser Wille stark determiniert:
„Der Wille kann nicht eine freie Ursache genannt werden, sondern nur eine notwendige.“ (Lehrsatz 32, S.30)
Damit ist die menschliche Freiheit durch die Einsicht und Hingabe an das Notwendige definiert. Nicht der Mensch ist frei, sondern nur Gott ist frei.
Spinoza schreibt dem Modus Mensch die Affekte zu, die ihn befähigen Leidenschaften, wie zum Beispiel Glück, Freude, Hoffnung, Liebe, Furcht, Hass etc., zu empfinden.
„Ein Affekt, der ein Leiden ist, hört auf, ein Leiden zu sein, sobald wir eine klare und deutlicheldee von ihm bilden.“ (DritterLehrsatz, S.228)
Darin erkennt der Mensch eine gewisse Freiheit, die ihn aber nicht unabhängig von der Notwendigkeit macht. Der Mensch kann lernen, eine Macht über die Affekte zu erlangen, in dem er ihre Gewalt mittels der Vernunft einzuschränken versucht. {Ethik, S.224) Aus dieser Erkenntnis heraus kann er frei und selbstbestimmt handeln, wenn er da durch eine Einsicht in die Kausalität erhält.
Spinozas Freiheitsbegriff ist also darin determiniert, dass allein die Herrschaft der Vernunft, die Affekte beherrschen kann. Die Kausalität liegt alleine in der Notwendigkeit, dass in Gott eine ewige Ordnung der Dinge bereits feststeht.
Obwohl die „Intuition“ der Freiheit kein explizit philosophischer Begriff ist, haben sich doch alle Philosophen mit der Freiheit und dem freien Willen des Menschen beschäftigt. Der freie Wille bzw. die Freiheit entsteht in dem Menschen selbst und sollte nicht determiniert sein. Die intuitive Freiheit ermöglicht es unserem Verstand, völlig frei und unbewusst zu entscheiden und zu handeln. Allerdings ist diese These in der Philosophie nicht unumstritten, zu mal auch die Intuition als unmittelbare und unverfälschte Wahrnehmung in die Irre leiten kann.
Rene Descartes (1596 - 1650), ein Zeitgenosse Spinozas und ebenfalls rationaler Denker argumentiert in der Meditation Vier, dass der menschliche Verstand unabhängig von körperlichen Einflüssen und kausalen Zusammenhängen frei ist. Ebenso John Locke (1632-1704) argumentiert, dass die Vernunft unabhängig von äußeren Zwängen und Einflüssen entscheiden kann. Immanuel Kant (1724-1804) gehört zu den Erkenntnistheoretikern und argumentiert, dass die Freiheit u.a. aus moralischer Überlegung resultieren muss und nicht von intuitiven Einflüssen beeinflusst wird. Nietzsche (1844 - 1900) argumentiert, dass Freiheit darin besteht, dass der Mensch sich selbst von äußeren Zwängen und Einflüssen befreit.
Anhand der aufgeführten Beispiele kann man ersehen, dass sich der Freiheitsbegriff bei Spinoza völlig von anderen Thesen unterscheidet und in der Philosophie einmalig ist.
Während der intuitive Freiheitsbegriff in der Philosophie aus der Vernunft heraus entsteht und von dem Menschen in freiem Willen gehandelt wird, ist auch der Mensch für die Konsequenzen seines Tun und Handelns selbst verantwortlich. Bei Spinoza sind diese Konsequenzen unplausibel, weil der Mensch durch das Attribut „Denken“ eine Freiheit erfährt, die eigentlich unfrei ist, weil sie in Gott determiniert ist. Der Mensch kann nichts entscheiden, sondern alles ist schon in Gott entschieden. Der Mensch ist also für sein Tun und Handeln nicht verantwortlich, sondern handelt unter der Verantwortung der Substanz. Die Vernunft strebt nicht nach einer Auflösung durch Gott, sondern die Vernunft ist selbst in der Lage zu entscheiden und ihre Grenzen zu ziehen und ihre Konsequenzen daraus zu tragen.
Literaturverzeichnis
1) Baruch de Spinoza „Ethik“ - In geometrischer Weise behandelt in fünf Teilen. Übersetzt von Jakob Stern, Berliner Ausgabe, 2016, 4.Auflage
2) Metzlers Lexikon Philosophie - Rubrik: Notwendigkeit, Freiheit, Intuition
3) Descartes „Discours de la methode“ auf Seite 49
4) John Locke „Versuch über den menschlichen Verstand“, Buch II, Kapitel 21
5) Immanuel Kant „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“ S.14,
6) Encyclopedia of Philosophy (https://www.iep.utm.edu/kantmeta/)
7) Nietzsche „Menschliches Allzumenschliches“ auf Seite 437
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- Sophie Röhner (Author), 2023, Nezessitarismus versus Freiheitsintuition in Spinozas Ethik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1329114