In diesem Essay argumentiere ich, dass ein Fehlschluss in der Annahme vorliegt, seinen inneren Antrieb verlieren zu müssen, wenn unser Wille nicht frei sein sollte.
Dazu ziehe ich Iddo Landaus Definition der Willensunfreiheit heran, nach dem ein Wille unfrei ist, wenn die Entscheidungen vollständig von äußeren Faktoren festgelegt sind. Danach veranschauliche ich, warum es vielen von uns sinnlos erscheint, sich anzustrengen, wenn unser Wille nicht frei sein sollte. Es bedroht den subjektiven Sinn, weil es sich nicht mehr wie die eigene Handlung anfühlen würde.
Auch wenn die Begründung nachvollziehbar erscheint, argumentiere ich gegen die Annahme, dass es vernünftig ist, den Antrieb langfristig zu verlieren, weil es zum einen viele weitere Quellen von objektivem Wert gibt, die uns unabhängig von der Frage der Willensfreiheit subjektiv das Gefühl geben, etwas Sinnvolles zu tun, und wir uns zum anderen nicht dauerhaft als willensunfrei wahrnehmen können, was für ein Gefühl der Erfüllung ausreichen kann. Deshalb spricht die Annahme, dass unser Wille nicht frei ist, nicht dafür, dass es vernünftig ist, seine Motivation im Leben zu verlieren.
In diesem Essay argumentiere ich, dass ein Fehlschluss in der Annahme vorliegt, seinen inneren Antrieb verlieren zu müssen, wenn unser Wille nicht frei sein sollte. Dazu ziehe ich Iddo Landaus Definition der Willensunfreiheit heran, nach dem ein Wille unfrei ist, wenn die Entscheidungen vollständig von äußeren Faktoren festgelegt sind. Danach veranschauliche ich, warum es vielen von uns sinnlos erscheint, sich anzustrengen, wenn unser Wille nicht frei sein sollte. Es bedroht den subjektiven Sinn, weil es sich nicht mehr wie die eigene Handlung anfühlen würde. Auch wenn die Begründung nachvollziehbar erscheint, argumentiere ich gegen die Annahme, dass es vernünftig ist, den Antrieb langfristig zu verlieren, weil es zum einen viele weitere Quellen von objektivem Wert gibt, die uns unabhängig von der Frage der Willensfreiheit subjektiv das Gefühl geben, etwas Sinnvolles zu tun, und wir uns zum anderen nicht dauerhaft als willensunfrei wahrnehmen können, was für ein Gefühl der Erfüllung ausreichen kann. Deshalb spricht die Annahme, dass unser Wille nicht frei ist, nicht dafür, dass es vernünftig ist, seine Motivation im Leben zu verlieren.
In seiner Publikation „Finding Meaning in an Imperfect World“ beschreibt Landau, dass unser Wille unfrei ist, wenn dieser durch äußere Ursachen oder Faktoren festgelegt wird.1 Nach Landau gibt es immer Ursachen, die unsere Entscheidungen determinieren, weshalb unser Wille unfrei ist. Dabei müssen diese Ursachen nicht einmal identifiziert werden können, denn oft bleiben sie einem verborgen.2 Beispielsweise stehe ich vor der Entscheidung, welches Mittagessen ich zu mir nehmen möchte und wähle eine Option, indem ich die Gründe abwäge, die für und gegen eine Mahlzeit sprechen und denke, dass es eine freie Entscheidung ist. Aber in Wahrheit ist die Entscheidung determiniert durch vorangegangene Faktoren, auch wenn ich diese nicht überblicken kann. Wenn Landau richtig liegt, kann es keinen freien Willen und damit keine freien Entscheidungen geben.3 Daher ist es anzunehmen, dass die Möglichkeit besteht, dass wir zwar denken, dass wir freie Entscheidungen treffen, aber sie in Wahrheit von uns teilweise unverfügbaren Ursachenfaktoren festgelegt sind.
Wenn wir glauben, dass unser Wille nicht frei ist, kann das unsere Vorstellung mindern, dass unser Leben sinnvoll ist. Der Wille beschreibt die feste Absicht, ein bestimmtes Vorhaben umzusetzen oder ein bestimmtes Ziel anzustreben, weshalb er uns dazu befähigt, sich für oder gegen etwas zu entscheiden, um eine entsprechende Handlung umzusetzen. Er treibt uns von innen heraus an und bestimmt so unser Verhalten. Beim subjektiven Sinn wird die eigene Aktivität als erfüllend empfunden; deshalb kann es subjektiv bei einem unfreien Willen als weniger erfüllend erlebt werden, wenn man nicht mehr die Entscheidung zu einer Handlung treffen muss. Würde beispielsweise eine ehrenamtliche Tätigkeit als gleichwohl erfüllend erlebt werden, wenn die Handlung dazu sowieso schon festgelegt ist und nicht aus einer hilfsbereiten Intention stammt? Damit ist der subjektive Sinn bedroht, weil wir Mühe hätten, uns motiviert und mit Leidenschaft auf eine erfüllende Art und Weise anzustrengen, wenn wir glauben, unsere Entscheidungen seien vorherbestimmt. Deshalb würde es sich für uns nicht mehr so anfühlen, als wären es unsere Handlungen, was dazu führen kann, dass wir uns als weniger wertvoll empfinden, weil wir ohne unsere Willensfreiheit auf einer Ebene mit Tieren oder Maschinen wären, die ihren Trieben folgen oder programmiert sind.4 Das kann zur Folge haben, dass man die Verantwortung über sein eigenes Leben abgibt, weil das Gefühl auftaucht, dass sowieso alles egal ist, da man ohnehin keinen Einfluss auf seine Entscheidungen und damit auf sein Handeln hat. Auch wenn es nachvollziehbar erscheint, unter diesen Umständen seinen Antrieb zu verlieren, möchte ich gegen die Annahme argumentieren, dass es auch vernünftig ist, sich deshalb nicht mehr anzustrengen.
Zum einen ist es nicht vernünftig, seinen inneren Antrieb in einer determinierten Welt zu verlieren, weil es viele weitere Quellen von objektivem Wert gibt, die uns unabhängig von der Frage der Willensfreiheit subjektiv das Gefühl geben, etwas Sinnvolles zu tun. Beispiele hierfür finden wir im Sport oder in der Kunst: Ein Sportler mit idealen genetischen Dispositionen wird nicht weniger geschätzt, auch wenn seine Anlagen festgelegt sind.5 Hier kann beispielsweise mehr von Bedeutung sein, welches Ergebnis der Sportler mit seinen Dispositionen erzielt, etwa wenn sich ein Läufer für einen guten Zweck einsetzt, indem er an einem Spendenmarathon teilnimmt. Dies gibt ihm subjektiv das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun, was die Frage nach der Willensfreiheit gar nicht erst tangiert. In der Kunst findet es sich im Hinblick auf einen Künstler ebenso, dass das Erschaffen von Werken auch unabhängig von der Willensfreiheit wertvoll ist. Schließlich weiß man ohnehin nicht, ob ein Künstler sein Werk aus freien Stücken produziert hat oder ob der Druck aus der Gesellschaft oder der Eltern auf diesen eingewirkt hat und ihn zu seiner Tätigkeit zwingt. Damit wird beispielsweise ein ästhetischer Wert geschaffen, der hier geschätzt wird und dem Künstler subjektiv das Gefühl gibt, etwas Sinnvolles zu tun, was ihn zu seiner Arbeit motiviert. Somit ist es nicht ausschließlich die Willensfreiheit, die wir an diesen Aktivitäten schätzen und die uns zu diesen motiviert, da sie auch unabhängig davon subjektiv sinnstiftend sein können.
Zum anderen empfinden wir uns zumeist als freie Wesen, weshalb es möglich ist, dass wir uns nur temporär als willensunfrei wahrnehmen, was für ein Gefühl der Erfüllung ausreichen kann. Auch wenn es nachvollziehbar scheint, dass der subjektive Sinn bedroht ist, wenn wir uns als willensunfrei wahrnehmen, ist es durchaus unvernünftig, den inneren Antrieb zu verlieren. Denn phänomenologisch nehmen wir uns als willensfrei wahr, weil es sich für uns so anfühlt, als würden wir uns aus freien Stücken entscheiden. Aber wir können letztlich nie mit Sicherheit wissen, ob unser Wille frei ist oder nicht: Entweder nehmen wir uns ohnehin als willensfrei wahr, womit der subjektive Sinn gewahrt bleibt, oder aber wir glauben, dass wir willensunfrei sind, wobei dieser Glaube von nur temporärer Natur ist. So ist es möglich, dass wir uns nie über eine längere Zeit als unfrei ansehen können, womit der subjektive Sinn nicht dauerhaft bedroht ist.
Somit konnte gezeigt werden, dass in der Annahme, seinen inneren Antrieb verlieren zu müssen, wenn unser Wille nicht frei sein sollte, ein Fehlschluss vorliegt. Zwar ist es nachvollziehbar, dass es unter diesen Umständen für viele sinnlos erscheint, sich anzustrengen, weil es den subjektiven Sinn bedroht. Es würde sich nicht mehr wie die eigene Handlung anfühlen, weil alle Entscheidungen vorherbestimmt und vollständig von äußeren Faktoren festgelegt sind. Aber dennoch ist es nicht vernünftig, seinen Antrieb langfristig zu verlieren, weil es auch andere Quelle von objektivem Wert gibt, für die es sich lohnt, sich subjektiv anzustrengen. Sie geben uns unabhängig von der Frage der Willensfreiheit subjektiv das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun. Zudem nehmen wir uns nicht dauerhaft als willensunfrei wahr, weil wir uns normalerweise als freie Wesen sehen, die in der Lage sind, freie Entscheidungen zu treffen, die sich auch nach unseren anfühlen. Das kann für ein Gefühl der Erfüllung ausreichen, weshalb die Annahme, dass unser Wille nicht frei ist, nicht dafür spricht, dass es auch vernünftig ist, seine Motivation im Leben zu verlieren.
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1 Vgl. Landau, Iddo (2017). “Determinism and Contingency”, Kapitel 8 in Finding Meaning in an Imperfect World (Oxford and New York: Oxford University Press), S. 101.
2 Vgl. ebd., S. 103.
3 Vgl. ebd., S. 101ff.
4 Weiterführung des Gedankens von Landau, 2017, S. 104.
5 Weiterführende Gedanken zu Landau, 2017, S. 108f.
- Quote paper
- Melina Boll (Author), 2022, Willensunfreiheit und der subjektive Sinn. Eine Auseinandersetzung mit Iddo Landau, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1325299
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