Die vorliegende Hausarbeit thematisiert Ciceros Aufblühen mit seiner Anwaltstätigkeit und befasst sich mit der Fragestellung: „Welche Auswirkung hatte die Rede für Sextus Roscius aus Ameria auf Ciceros Eintritt in die Ämterlaufbahn?“. Dazu werden zunächst die Bedingungen für einen homo novus vorgestellt, die eine politische Karriere beginnen wollten. Anschließend wird auf die Anwaltstätigkeit Ciceros eingegangen und erklärt, wie er zum Prozess von Sextus Roscius gelang, um später diesen Prozess näher zu analysieren. Nachdem der Prozess vorgestellt wurde, werden die daraus entstandenen Auswirkungen für den Eintritt in die Ämterlaufbahn herausgearbeitet.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Bedingungen
3. Erste Bekanntmachung als Anwalt
4. Prozess von Sextus Roscius und die Auswirkung
5. Fazit
6. Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Marcus Tullius Cicero wurde am 3. Januar 106 v. Chr. in der ländlichen Idylle in Arpinum geboren. Sein Vater war römischer Ritter. Er wollte, dass seine Söhne, Marcus und Quintus, eine erstklassige Schulbildung erhielten und versuchte alles, um dies zu Verwirklichen.1 Beide Jungen wurden bei kultivierten Adeligen eingeführt, wie zum Beispiel bei den Rednern der Zeit Lucius Licinius Crassus und Marcus Antonios, beim Augur Quintus Mucius Scaevola und dem Pontifex Scaevola. Cicero studierte bei ihnen die Lehre des Rechts und der Rhetorik, indem er sie begleitete und sie beobachtete, wenn sie Reden vorbereiteten oder hielten, wenn sie Rat erteilten und wie sie sich als Senatoren verhielten.2
Trotzdem erschwerte die Herkunft aus dem Ritterstand die politische Karriere Ciceros. Ein großer Antrieb, den ihm seine Heimat gab, war sein Vorbild Gaius Marius. Er stammte auch aus Arpinum und schaffte es, ein Feldherr und Staatsmann zu werden. Dies machte dem jungen Knaben Hoffnung, eine politische Karriere zu machen und sogar das höchste Amt im cursus honorum zu erreichen.3
Doch wie schaffte es einer aus dem Ritterstand, ein homo novus, unter den von Sulla aufgestellten Bedingungen in das cursus honorum einzutreten? Bei dieser Frage kommt der Prozess von Sextus Roscius aus Ameria in den Vordergrund.
Die vorliegende Hausarbeit thematisiert Ciceros aufblühen mit seiner Anwaltstätigkeit und befasst sich mit der Fragestellung: „Welche Auswirkung hatte die Rede für Sextus Roscius aus Ameria auf Ciceros Eintritt in die Ämterlaufbahn?“. Dazu werden zunächst die Bedingungen für einen homo novus vorgestellt, die eine politische Karriere beginnen wollten. Anschließend wird auf die Anwaltstätigkeit Ciceros eingegangen und erklärt, wie er zum Prozess von Sextus Roscius gelang, um später diesen Prozess näher zu analysieren. Nachdem der Prozess vorgestellt wurde, werden die daraus entstandenen Auswirkungen für den Eintritt in die Ämterlaufbahn herausgearbeitet.
2. Bedingungen
Nachdem Sulla Mithridates mehrere Male besiegt hatte, kehrte er im Frühjahr 83 v. Chr. Nach Italien zurück und machte sich nach anderthalbjährigen Kämpfen zum Herrn Italiens. Er erneuerte als Diktator die Gesetze und Gerichte und stellte den Staat wieder her.4 Dabei entmachtete er vor allem die Befugnisse der Volkstribune und veränderte die Regeln der Ämterlaufbahn, des sogenannten cursus honorums. Der Ritterstand wurde physisch geschwächt und aus den Geschworenengerichten entfernt.5 Dies zeigt, dass die Mitglieder des Patriziats in der Ämterlaufbahn bevorzugt wurden. Für sie galten besondere Privilegien, weil der Prinzipat auf die großen und glanzvollen Namen der Republik nicht verzichten wollte, so Karl Christ.6 Durch die Maßnahmen und Erneuerungen Sullas wurde die alleinige Kontrolle der Politik dem Senat zurückgegeben. Nun konnten die Tribunen Gesetzesvorlagen erst dann nur noch direkt vor die Volksversammlung bringen, wenn sie zuvor vom Senat anerkannt waren. Des Weiteren vermehrte Sulla die Zahl der Prätoren und der Quästoren, weshalb sich mehr Männer zum Amt bewarben und der Wahlkampf schärfer wurde. Dadurch gaben Amtsbewerber immer mehr Gelder für die Wählerschaft aus, obwohl es Gesetze gab, die eine Bestechung der Wähler verhindern sollte.7
Diejenigen, die eine politische Laufbahn einschlagen wollten oder zu höheren Ämtern aufsteigen wollten, ohne aus einer bekannten Familie zu stammen, hatten im Wesentlichen zwei Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit war der Einsatz im Militär, wodurch Ruhm und Ansehen geschaffen werden und loyale Anhänger hervorgebracht werden konnte, deren Stimmen an Wahltagen ins Gewicht fallen würden. Außerdem konnte eine militärische Klientel ihren Anführer durch Erpressungen unterstützen.8 Die zweite Möglichkeit war der Einsatz von großem Geldmittel. Das Geld konnte für öffentliche Bauten zur Unterhaltung städtischer Bevölkerung, zur billigerer Getreideversorgung oder zum Stimmenkauf eingesetzt werden. Das Letztere könnte jedoch zu einer Klage und Verurteilung führen und war somit mit Risiko verbunden.9 Auch diejenigen, die nicht über ein größeres Vermögen verfügten, nutzten die Gelegenheit, als Statthalter eine Provinz zu plündern, um reicher zu werden. Dafür musste jedoch das Amt der Prätur bereits erreicht sein. Anwälte wie Cicero könnten ein Vermögen aus den Honoraren ihrer Klienten beziehen, doch nach dem Römische Recht waren Anwaltshonorare verboten.10
Schon seit seiner Jugendzeit hatte Cicero das Ziel, eine politische Karriere zu machen und den höchsten Rang zu erreichen. Dabei machte er die von Homer überlieferte Mahnung der Väter an ihre Söhne Glaukos und Achilles „Immer der erste zu sein und sich auszuzeichnen vor allen“, zu seinem Motto, zitiert nach Habicht.11
Im Jahre 89 v. Chr. wurde Cicero mit 16/17 Jahren zum Bundesgenossenkrieg einberufen und trat in das Heer des Gnaeus Pompeius Strabo ein. Im Gegensatz zu jungen Römern konnte er jedoch nie große Begeisterung für militärische Angelegenheiten zeigen.12 So auch Livius: „Cicero blieb im Lager von Pompeius, weil es nie einen Mann gab, der für den Krieg weniger geeignet war als er.13 Dies war auch die einzige militärische Erfahrung Ciceros. Somit war die erste Möglichkeit, wodurch er unter anderem Angehörige gewinnen könnte, ausgeschlossen.
Da Cicero auch keinen berühmten Namen trug, der ihm in seiner Laufbahn helfen könnte, musste er sich selbst einen Namen machen. Der einzige Weg, dies zu schaffen, war als Anwalt in der Öffentlichkeit bekannt zu werden.14 Während andere junge Männer anderen Beschäftigungen nachgingen, beschäftigte sich Cicero Tage und Nächte mit dem Studium der Wissenschaft.15 Sein Ziel war, nicht wie alle anderen auf dem Forum zu lernen, sondern so gebildet wie möglich auf dem Forum aufzutreten.16
3. Erste Bekanntmachung als Anwalt
Die aus dem Jahre 81 v. Chr. erhaltene Rede für Publius Quinctius ist die älteste veröffentlichte Rede Ciceros, wobei er Publius Quinctius vertrat, der von seinem Partner Sextus Naevius wegen einer Schuldforderung angeklagt worden war. Der Streitfall beruhte sich auf den zurückliegenden Bürgerkrieg und hatte dadurch einige politische Aspekte.17 Cicero musste zwei wichtigen Persönlichkeiten gegenüberstehen, zum einen dem Richter Gaius Aquilius Gallus und dem Anwalt der Gegenseite Quintus Hortensius Hortalus, der erste Redner Roms.18 Beim Prozess hatte der Prätor Gnaeus Cornelius Dolabella , Aristokrat und Günstling des Diktators Sulla, einen günstigen Vorentscheid für Naevius gefällt. Da nun die Schwierigkeit nicht nur im Juristischen, sondern auch im Politischen lag, wurden die Hürden für Cicero besonders hoch. Außerdem hatte Cicero die ungünstige Position an erster Stelle zu reden.19 Er zeigte jedoch Mut und schreckte nicht zurück. Mit den Worten: „Dolabella […] fährt mit größter Tatkraft fort, Unrecht zu begehen“ brüskierte er furchtlos den Prätor.20 Mit Geschick formte Cicero die Situation zu seinen Gunsten und betonte immer wieder, dass es ungerecht sei, als ungerecht angegriffener auch noch als erster reden muss und schaffte es mit richtigen Argumenten, den Richter zu überzeugen.21
Weitere Details dieses Prozesses werden nicht aufgeführt, weil dieser Prozess keine große Wirkung auf Ciceros Ämterlaufbahn hatte. Dennoch ist es wichtig, diesen zu erwähnen, weil der Erfolg erbringende Prozess der Beginn einer blühenden Anwaltslaufbahn für Cicero war.22 Wenn er im Prozess nicht erfolgreich gewesen wäre, hätte er wohlmöglich im nächsten Jahr einen noch komplizierteren Prozess nicht übernehmen können. „Sein Freimut muss gefallen haben und ihm das Start selbst in so stürmischer Zeit ermöglicht haben“, so Büchner.23
4. Prozess von Sextus Roscius und die Auswirkung
Nach seinem Erfolg im Prozess von Quinctius geriet Cicero im Jahre 80 v. Chr. an einem Fall, mit dem er einen Namen machen durfte.24 Er wurde von einflussreichen Aristokraten ausgewählt, um seinen ersten Strafprozess zu führen.25 Daraus ist abzuleiten, dass Cicero schon nach dem Prozess von Quinctius einen Ruf erlangt hatte. Es handelte sich um einen Mordprozess, welcher nach langer Zeit erst wieder geführt wurde.26
Cicero sollte Sextus Roscius aus Ameria verteidigen, der wegen Vatermord angeklagt war. Die Ermordung geschah im Jahre 81 v. Chr. nach dem Ende der Proskriptionen und Vermögenseinziehungen, wobei der Name des Vaters, ebenfalls Sextus Roscius, nachträglich auf die Liste der Geächteten gesetzt worden war.27 Vier Tage nach dem Fall hatten nämlich zwei verfeindete Verwandte des Ermordeten den Freigelassenen mächtigen Lucius Cornelius Chrysogonus, der Sullas Günstling war, über die Ermordung informiert, der den Namen in die Liste schmuggelte, obwohl dieser Sulla gegenüber treu war.28 Dadurch konnte er das dem Staat verfallene Vermögen über ein Wert von sechs Millionen Sesterzen für 2000 Sesterzen abkaufen.29 Einer der verfeindeten Verwandten bekam drei Landgüter, der andere wurde zu Chrysogonus‘ Verwalter und Geschäftsführer.30
Die Bürger von Ameria waren über diese Sache empört, da alles vor seinen Augen abspielte und waren bereit zu helfen. So beschlossen sie, zehn Vorsteher zu Sulla zu entsenden, damit sie „über das Verbrechen und die Rechtswidrigkeit dieser Leute Klage führen und Sulla bitten, er möchte die Ehre des Toten und das Vermögen des unschuldigen Sohnes retten.“31 Jedoch gelangten sie nicht zu ihm, weil Chrysogonus aus Furcht vor Sulla sie persönlich empfing und den Kontakt mit Sulla hinderte.32 Er versprach den Abgesandten, dass er den Namen des Sextus Roscius aus der Liste entfernen werde und dem Sohn die Güter übergeben werde. Dies geschah jedoch nicht und diente nur zum Zeitgewinn. Währenddessen versuchten die „Schurken“, wie Cicero es ausdrückt, Roscius umzubringen, weil er eine Gefahr zur Erhaltung fremden Vermögens darstellte.33 Aus diesem Grunde flüchtete Roscius, nachdem es auch Verwandte und Freunde ihm rieten, nach Rom. Im Prozess ehrte Cicero durch Folgende Worte seine Freunde und führte seine Lebensgefahr vor Augen: „Ihre Mannhaftigkeit, Treue und Wachsamkeit hat es zuwege gebracht, daß Roscius lebend zu den Angeklagten zählt statt ermordet zu den Geächteten.“34 Nachdem Mordversuche scheiterten, entschieden sich Chrysogonus und seine Anhänger, Roscius wegen Verwandtenmordes anzuzeigen.35 Nach dem römischen Recht zählte Verwandtenmord zum Kapitalverbrechen, welches mit der Todesstrafe bedroht war.36 Somit könnte Sextus Roscius aus dem Weg geräumt werden und Chrysogonus das Vermögen behalten.
Erstrangige Anwälte hatten den Prozess nicht übernommen, weil sie sich vor Sulla und seiner bekannten Rachsucht fürchteten.37 Cicero war jung und unbedeutend genug, um straflos Dinge zu sagen, die gesagt werden mussten.38 Mit großer Tapferkeit widerlegte er nicht nur den Schuldvorwurf gegen Roscius, sondern deckte auch mit äußerst sorgfältige Recherchen die Hintermänner und die wahren Motive der Anklage auf.39 Er stellte sich an den Anwalt vor, der ohne Angst diesen Prozess übernehmen konnte durch folgende Worte: „Vielleicht fragt ihr, was denn dieser Terror und diese große Angst ist, die so viel bedeutende Männer hindert, für Leben und Habe des Nächsten, wie sie gewohnt sind, die Verteidigung zu übernehmen.“ und gibt anschließend den Namen des Lucius Cornelius Chrysogonus.40 Dabei meisterte Cicero das politische Problem sehr raffiniert und erklärte, dass Diktator Sulla selbst nichts von diesem verbrecherischen Treiben wisse.41 Er bemühte sich, Sulla von der Sache mit seinem Günstling Chrysogonus zu trennen und ihn zu rühmen, wobei er Chrysogonus verabscheute. Sulla hatte Recht und Ordnung in Rom wiederhergestellt und musste jetzt den Geschworenen beweisen, dass die dunklen Zeiten des Bürgerkrieges, der Proskriptionen und der Gesetzlosigkeit wirklich vorüber sind und dass Gerechtigkeit in den Gerichtssaal zurückgekehrt ist.42 Da der Prozess auf dem Forum vor hochrangigen Männern stattfand, konnte der Diktator dem jungen Anwalt nichts zukommen lassen.43 Ciceros Verteidigungsrede für Sextus Roscius war erfolgreich und der Angeklagte wurde freigesprochen. Der große Erfolg wurde mit der Veröffentlichung der Rede gesteigert.44
[...]
1 Vgl. Everitt, 2003, S. 44 ff.
2 Vgl. Habicht, 1990, S. 27.
3 Vgl. Büchner, 1964, S. 20.
4 Vgl. Fuhrmann, 1991, 3. Aufl., S. 45-46.
5 Vgl. Habicht, 1990, S. 23.
6 Vgl. Christ, 1995, 3. Aufl., S. 404.
7 Vgl. Habicht, 1990, S. 23-24.
8 Vgl. ebd., S. 24-25.
9 Vgl. ebd., S. 25.
10 Vgl. ebd.
11 Vgl. ebd., S. 28.
12 Vgl. Everitt, 2003, S. 62.
13 Liv., per. 111.
14 Vgl. Habicht, 1990, S. 29.
15 Vgl. Cic. Brut. 308.
16 Vgl. Cic. Brut. 311.
17 Vgl. Habicht, 1990, S. 29.
18 Vgl. Fuhrmann, 1991, 3. Aufl., S. 46-47.
19 Vgl. Büchner, 1964, S.68-69 & Habicht, 1990, S. 29.
20 Vgl. Habicht, 1990, S. 29.
21 Vgl. Büchner, 1964, S. 70.
22 Vgl. Habicht, 1990, S. 30.
23 Vgl. Büchner, 1964, S. 74.
24 Vgl. Everitt, 2003, S. 90.
25 Vgl. Habicht, 1990, S. 30.
26 Vgl. Cic. Rosc. Am. 11.
27 Vgl. Habicht, 1990, S. 30 & vgl. Cic. Rosc. Am. 15.
28 Vgl. Habicht, 1990, S. 30 & vgl. Cic. Rosc. Am. 20.
29 Vgl. Cic. Rosc. Am. 6.
30 Vgl. Everitt, 2003, S. 91.
31 Vgl. Cic. Rosc. Am. 24, 25.
32 Vgl. Cic. Rosc. Am. 25, 26.
33 Vgl. Cic. Rosc. Am. 26.
34 Vgl. Cic. Rosc. Am. 27.
35 Vgl. Cic. Rosc. Am. 28.
36 Vgl. Everitt, 2003, S. 92.
37 Vgl. Everitt, 2003, S. 90 & Fuhrmann, 1991, 3. Aufl., S. 49.
38 Vgl. Habicht, 1990, S. 31.
39 Vgl. Fuhrmann, 1991, 3. Aufl., S. 49-50 & Everitt, 2003, S. 92.
40 Vgl. Cic. Rosc. Am. 5.
41 Vgl. Gelzer, 2. Aufl., 2014, S. 21.
42 Vgl. Habicht, 1990, S. 31.
43 Vgl. Büchner, 1964, S. 81.
44 Vgl. Plut. Cic. 3,6.
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