Der große fanzösische Philosoph Jean-Paul Sartre war ein Anhänger des Existentialismus und des Marxismus. Beide philosophische/politische Richtungen werden erläutert und es wird - auch mit Sartres Worten - erklärt, wie er gleichzeitig beiden Denkrichtungen angehören kann. Passen diese überhaupt zusammen? Gibt es Widersprüche?
Inhaltsverzeichnis:
I. Einleitung
II. Marxismus
III. Existentialismus
IV. Freiheitsbegriff bei Karl Marx und Jean-Paul Sartre
V. Sartres Weg zum Marxismus und die Verbindung Existentialismus-Marxismus
VI. Sartres Marxismuskritik
Einleitung
Anfang der 50er Jahre sah man überall eine neue Generation junger Franzosen und auch Europäer, die sich, sofern sie zum höheren, intellektuellen Stand gehörten, daran machte, mit ihren schwarzen Rollkragenpullovern und Baskenmützen in kleinen Cafés zu sitzen, in ihren Kaffee eine gehörige Portion “nausée” zu rühren und mit heroischer Miene dem “néant” ins Auge zu blicken. Sie kamen sich furchtbar “geworfen” vor in dieser Welt. Und Ihr “Sein” trieb sie nachts in kleine, kalte Kellerbars, um immer wieder dieselbe Jazz-Musik zu hören und - möglichst philosophisch blickend - lässig an der Bar zu lehnen.
Prägend für diese Zeit war auch radikale Linke, jenseits der kommunistischen Parteien.
Was Albert Camus1 1944 im Combat2 schrieb, ist wohl repräsentierend für diese Bewegung in Frankreich: “Wenn wir auch mit der Philosophie des Kommunismus und seiner praktischen Moral nicht einverstanden sind, so lehnen wir doch den politischen Antikommunismus entschieden ab, weil wir seine Absichten und seiner uneingestandenen Zwecke kennen.”
Ein Teil dieser Bewegung war auch ein gewisser Herr Jean-Paul Charles Aymard Sartre. Sartre, geboren am 21. Juni 1905 in Paris, gilt als einer der bedeutendsten und repräsentativsten französischen Schriftsteller und Intellektuellen des 20. Jahrhunderts.
Der Verfasser zahlreicher Romane, Erzählungen, Dramen, Essays und philosophischer Werke war auch als Publizist höchst aktiv. Die von ihm gegründete und herausgegebene Zeitschrift Les Temps Modernes (Moderne Zeit) wurde ein Forum für viele Autoren von Rang.
Nicht zu vergessen ist, dass Sartre ebenfalls politisch sehr engagiert und ein Anhänger des Marxismus und Sympathisant der Kommunistischen Partei Frankreichs war.
Es gilt seine Zugehörigkeit sowohl zum Existentialismus als auch zum Marxismus zu untersuchen. Dafür muss die Definition dieser beiden Begriffe geklärt werden. Ferner werden Sartres erste Berührungen mit dem Marxismus untersucht und sein genauer Standpunkt deutlich gemacht. Auch auf seine Marxismuskritik soll eingegangen werden.
Am Freiheitsbegriff Karl Marx' und Jean-Paul Sartres soll gezeigt werden, wo die Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieser beiden Philosophien liegen.
Marxismus?
Der Marxismus ist eine Gesellschaftstheorie, die unter einem philosophischen oder historisch-politischen Gesichtspunkt betrachtet werden kann.
Er geht auf die Schriften von Karl Marx ( * 5. Mai 1818 in Trier; 14. März 1883 in London) und Friedrich Engels ( * 28. November 1820 in Barmen in Preußen; 5. August 1895 in London) zurück.1
Zu Beginn war der “Marxismus” ein abwertender Begriff, der vor allem von den politischen Gegnern als solcher gebraucht wurde. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts erfuhr er unter einer Melioration2 eine Wendung.
Das Marxsche Denken besteht im Kern aus einer philosophischen Sicht des Menschen und der Welt, einer Geschichts- und Wissenschaftstheorie und einem politischen Programm. Diese Elemente sind eng miteinander verstrickt. Karl Marx hat seine philosophischen Ansätze kaum systematisch entwickelt. Sein Hauptinteresse galt der Kritik der politischen Ökonomie und der Analyse einer “gegebenen Gesellschaftsperiode”3. Marx verwandte nicht rein deskriptive4 Methoden, sondern stellte die von ihm kritisierten politisch-ökonomischen Zustände immer wieder als Ausdruck materialistisch-dialektischer5 Entwicklungsgesetze und Notwendigkeiten dar.6
Theoretisches Kernstück des Marxismus ist das Marx' Werk “Das Kapital” (eine detaillierte Kritik des Kapitalismus), das politische Bekenntnis des Marxismus ist in der Schrift “Das kommunistische Manifest” enthalten.7
Die Merkmale des Marxismus sind die Aufhebung des Privateigentums an Produktionsmitteln, der Internationalismus und der Klassenkampf.8
[...]
1 * 7. November 1913 in Mondovi, Algerien; 4. Januar 1960 in La Chapelle Champigny, Frankreich. Albert Camus war ein französischer Philosoph und Schriftsteller.
2 Combat war eine französische Résistance-Bewegung, die 1941 entstand. Gemeint ist hier die gleichnamige Zeitung der Widerstandsgruppe
1 Mandel, Ernest, Einführung in den Marxismus, 2002.
2 Eine Melioration (von lat. melior = besser) ist in der Linguistik der Bedeutungswandel eines Wortes zu einem besseren Beiklang hin. So bezeichnete das althochdeutsche Wort “mar-schalc” einen Pferdeknecht, das moderne “Marschall” hingegen einen hohen militärischen Rang.
3 Marx, Karl, , Randglossen zu A. Wagners “Lehrbuch der politischen Ökonomie”, 1880, in: Marx-Engels-Werke Band 19, S. 371.
4 Das wissenschaftliche Vorgehen der Beschreibung und Erläuterung ohne Bewertung oder Ableitung von Handlungsempfehlungen oder Normen.
5 Dialektischer Materialismus geht davon aus, dass die Realität aus Widersprüchen besteht, welche zwangsläufig ihre eigene Veränderung sowie die Zukunft erzeugen und bestimmen.
6 Fleischer, Helmut, Der Marxismus in seinem Zeitalter, Leipzig 1994, S. 201-232.
7 Schubert, Klaus, Das Politiklexikon, Bonn 2006,
8 Werth, Christoph, Sozialismus und Nation, Die deutsche Ideologiediskussion zwischen 1918 und 1945, Opladen 1996.
- Quote paper
- Sheila Arutjunova (Author), 2008, Jean-Paul Sartre - Untersuchung seiner Zugehörigkeit zum Marxismus und Existentialismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/132450
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