Der Begriff Praxis wird allgemein verstanden als Gegenteil der Theorie. Wo diese bloßes Überlegen ist, zeigt sich die Praxis als ausführende Tat. Doch dies sagt noch nicht alles aus. Es gibt viele Formen von Praxis, wobei das Verhältnis zur Theorie oft unklar ist, vor allem, welches zuerst kommt.
Diese Arbeit möchte einige Positionen und Überlegungen zu dem Thema vorstellen. Die älteste Form von Praxis findet sich bei Platon. Über Aristoteles geht es dann weiter zu Kant zum Marxismus, der dem Begriff der Praxis erstmals eine genauere und abweichende Definition gab, und letztlich hin zu modernen Positionen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Platon: besonnenes Vorgehen
3. Aristoteles: vernünftiges Vorgehen
4. Kant: Theorie und Praxis
5. Marx und Marxismus: praktische Handlungen
6. Heidegger: Dasein im Handeln
7. Foucault: Macht und Praxis
8. Heller: Theorie und Praxis aus Bedürfnissen
9. Der Methodische Kulturalismus: Wissenschaft aus kultureller Praxis
10. Stekeler-Weithofer: Praxisformen
11. Schluss
12. Literatur
1. Einleitung
Der Begriff Praxis wird allgemein verstanden als Gegenteil der Theorie. Wo diese bloßes Überlegen ist, zeigt sich die Praxis als ausführende Tat. Doch dies sagt noch nicht alles aus. Es gibt viele Formen von Praxis, wobei das Verhältnis zur Theorie oft unklar ist, vor allem, welches zuerst kommt.
Diese Arbeit möchte einige Positionen und Überlegungen zu dem Thema vorstellen. Die älteste Form von Praxis findet sich bei Platon. Über Aristoteles geht es dann weiter zu Kant zum Marxismus, der dem Begriff der Praxis erstmals eine genauere und abweichende Definition gab, und letztlich hin zu modernen Positionen.
2. Platon: besonnenes Vorgehen
Platon (428/427 – 348/347 v. Chr.) besprach in seinem frühen Dialog Charmides nicht direkt den Praxisbegriff, jedoch eine Tugend, die man als Vorstufe zur Praxis bezeichnen könnte, denn diese wird zum praktischen Handeln benötigt: die Besonnenheit.
Im Dialog befindet sich Sokrates im Gespräch mit Kritias und Charmides. Laut Sokrates wird die Seele geheilt durch 'Besprechungen': Schöne Reden, die Besonnenheit entfachen, und damit auch den physischen Körper gesunden lassen.[1] Aber was ist die Besonnenheit?
Charmides meint, Besonnenheit sei, wenn man alles sittsam und bedächtig verrichtet. Da wirft Sokrates die Frage ein, ob es nicht besser sei alles geschwind zu verrichten.[2] Charmides ergänzt, dass die Besonnenheit die Menschen verschämt. An diesem Punkt bemerkt Sokrates, dass Scham sowohl gut als auch schlecht sein kann, die Besonnenheit dagegen nur gut ist.[3]
Nun übernimmt Kritias. Ihm zufolge ist Besonnenheit, das Seinige zu tun. Und Sokrates bemerkt, dass es eher darauf ankommt, ob etwas gut gesagt wurde und nicht, von wem es kommt. Es sei schwer zu erklären, was das Seinige tun überhaupt heißt.[4] Kritias beruft sich auf Hesiod, demzufolge Verrichtungen keine Schande seien, wenn man etwas schönes und nützliches geschaffen hätte, was seiner Meinung nach Besonnenheit sei. Nur wer Gutes tut ist besonnen, wozu zählt, nur das zu tun, was sich gehört. Sich selbst zu kennen ist besonnen, also auch zu wissen, dass man besonnen ist. Besonnenheit sei Erkenntnis von sich selbst und allem anderen.[5]
Sokrates miemt ein letztes Mal den Spielverderber und spricht, dass alles nach etwas anderem strebt und nicht nach sich selber, so auch die Erkenntnis. Durch Besonnenheit erkenne man aber Kenntnis und Unkenntnis und somit auch das Gute.[6]
Zusammengefasst ist Besonnenheit ein ruhiges überlegtes Vorgehen und damit eine Vorstufe zur Praxis. Diese hat also noch mehr Seiten als bloß allein die Tat.
3. Aristoteles: vernünftiges Vorgehen
Platons Schüler Aristoteles (384 – 322 v. Chr.), Lehrer Alexanders des Großen, stellte in seiner Nikomachischen Ethik vermutlich seinem Sohn Nikomachos eine Reihe von Tugenden vor, als Leitfaden ein guter Mensch zu werden, unter anderem auch die Vernunft mit ihren verwandten Formen.
Aristoteles eröffnet, dass der Vernünftige die Mitte durch rechte Einsicht sucht, wobei man sich aber weder zu sehr, noch zu wenig bemühen darf.[7] Als nächstes definiert er die Verstandestugenden. Eine vernünftige Seele kann entweder veränderliche Dinge betrachtend und damit forschend sein, oder sie kann unveränderliche Dinge betrachtend und damit überlegend sein. Wahrheitserkenntnis und damit rechtes Handeln ergeben sich durch Wahrnehmung, Vernunft und Streben. Die Wahrnehmung muss korrekt sein, das Streben richtig, dann ergeben sich gute Willensentscheidungen, welche zur Wahrheit führen und Teil der praktischen Vernunft sind. Die theoretische Vernunft dagegen handelt nicht, sondern sieht nur gut und falsch.[8] Eine Willensentscheidung ergibt sich durch eine strebende Vernunft bzw. einem vernünftigen Streben. Die Seele findet Wahrheit durch Kunst, Wissenschaft, Klugheit, Weisheit und Geist[9], die er im folgenden definiert.
Während Wissen nach Aristoteles nur lernbar ist, sei Wissenschaft lehrbar. Sie ist ein beweisendes Verfahren, das Allgemeines erfasst, bei dem wir aber noch nicht wissen, ob es auch wahr ist.[10]
Die Kunst ist ein mit richtiger Vernunft verbundenes hervorbringendes Verhalten, aber noch kein Handeln, das aus Entstehen, Betrachten und Erproben besteht.[11]
Klugheit ist etwas, das betrachtet und das für sich Gute überlegt. Von der Wissenschaft unterscheidet sie, das jene Beweise braucht. Von der Kunst unterscheidet sie, das jene hervorbringt, derweil Klugheit handelt. Besonnenheit ist dabei eine besondere Tugend, denn sie bewahrt die Klugheit durch urteilen.[12] Statt den Geist zu definieren baut Aristoteles die Klugheit weiter aus: Sie ist handelnd, überlegt richtig, bringt Erfahrung (nach langer Zeitdauer), bezieht sich auf den Einzelnen.[13]
Über Weisheit verfügen die begabtesten Künstler. Sie ist die genaueste der Wissenschaften und hat auch Geist. Sie ist geistiges Erfassen dessen, was der Natur des Menschen nach am ehrwürdigsten sei.[14] Weisheit entsteht erst nach einer längeren Zeitspanne durch Erfahrung und bringt letztlich Glückseligkeit.[15]
Hiernach spricht Aristoteles noch über weitere Tugenden, die ebenso zur Vernunft und besonders zu Klugheit gehören:
Wohlberatenheit ist ein forschendes und berechnendes Planen, bei dem man langsam und lang überlegt, es dann aber rasch ausführt. Sie ist eine Art des Denkens und sieht die richtige Zuträglichkeit auf ein Ziel hin, das die Klugheit entdeckte.[16]
Verständigkeit beurteilt das, was die Klugheit überlegte und ist das Verstehen beim Lernen.[17]
Gewandtheit ist notwendig für die Klugheit, um ein Ziel zu erreichen.[18]
Er schließt damit, dass der Geist das Handeln verbessert und keine Tugend ohne Klugheit bestehen kann.[19]
Nun sahen wir also einige Formen der Klugheit, die man den Begriffen Theorie und Praxis zuweisen könnte.
[...]
[1] Vgl. Platon: Charmides. Berlin: Akademie Verlag 1985, S. 157.
[2] Vgl. ebd., S. 159.
[3] Vgl. ebd., S. 160f.
[4] Vgl. ebd., S. 161f.
[5] Vgl. ebd., S. 163ff.
[6] Vgl. ebd., 167ff.
[7] Vgl. Aristoteles: Die Nikomachische Ethik. München: dtv 1972, 2. Auflage, S. 181 (1138b).
[8] Vgl. ebd., S. 181ff (1138b f).
[9] Vgl. ebd., S. 183f (1139b).
[10] Vgl. ebd., S. 184 (1139b).
[11] Vgl. ebd., S. 185 (1140a).
[12] Vgl. ebd., S. 185ff (1140a f).
[13] Vgl. ebd., S. 189ff (1141b f).
[14] Vgl. ebd., S. 188f (1141a f).
[15] Vgl. ebd., S. 194ff (1143a ff)
[16] Vgl. ebd., S. 191ff (1142a ff)
[17] Vgl. ebd., S. 193f (1143a)
[18] Vgl. ebd., S. 197 (1144a)
[19] Vgl. ebd., S. 198 (1144a)
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