Die vorliegende Arbeit behandelt Posttraumatische Belastungsstörung bei Jugendlichen. Diesen Sachverhalt möchte ich in meiner Arbeit aufgreifen und eine Informationsbroschüre entwickeln, die betroffenen Jugendlichen in kurzer, überschaubarer und einfacher Form über Hintergrundwissen, Hilfestellungen und Informationen zum Thema Posttraumatische Belastungsstörung und deren Behandlungsmöglichkeiten vermittelt.
Der erste Teil der Arbeit erfolgt mit einer Darstellung der Entwicklung der Informationsbroschüre. In diesem Punkt werden der Aufbau, die Wahl und die dazugehörigen Begründungen der für mich inhaltlich relevanten Aspekte aufgezeigt. Im zweiten Teil findet sich eine ausführliche Ausarbeitung der inhaltlich relevanten Themen der Informationsbroschüre.
Sexueller Missbrauch, körperliche und seelische Gewalt oder Vernachlässigung sind häufige Beispiele für Traumatisierungen im Jugendalter. Es gibt betroffene Jugendliche, die zeigen auf diese traumatischen Erfahrungen keinerlei negative Reaktionen. Ein Teil der Jugendlichen hat mit den Folgen einer Posttraumatischen Belastungsstörung zu kämpfen. Während meiner Beschäftigung in einem betreuten Wohnen für psychisch kranke Menschen, arbeitete ich mit traumatisierten Jugendlichen. Besonders auffällig war dabei, dass die Wenigsten wussten, unter welcher Krankheit sie direkt leiden und was man effektiv dagegen tun kann. Laut dem Sozialgesetzbuch der Bundesrepublik Deutschland hat jeder Jugendliche ein Recht auf Versorgung und Behandlung. Das Versorgungsnetzwerk für Betroffene ist gut ausgebaut, dennoch ist das Finden einer passenden Behandlungsmöglichkeit und der damit verbunden psychotherapeutischen Therapieansätze für Jugendliche ohne weitere Unterstützung oft nicht einfach.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Entwicklung und Aufbau der Informationsbroschüre
1.1 Zielsetzung
1.2 Aufbau und Inhalt
2. Was ist ein Psychotrauma?
2.1 Definitionen Trauma
2.2 Prävalenz traumatischer Ereignisse im Jungendalter
2.3 Traumata-Typen
3. Der Trauma Prozess - Verlauf der Traumatisierung nach Fischer und Riedesser
4. Risikogruppen
5. Reaktionen und Symptombildungen als Folge des Traumas
5.1 Psychischer Schock
5.2 Akute Belastungsreaktion
5.3 Posttraumatische Belastungsstörung
5.4 Welche anderen Symptome können nach einem Trauma auftreten?
6. Diagnostik der Posttraumatischen Belastungsstörung
7. Überblick über das Versorgungssystem für Jugendliche
7.1 Versorgung im Gesundheitswesen
7.2 Versorgung in der Jugendhilfe
8. Hilfeangebote im Überblick
8.1 Sozialpsychiatrischer Dienst
8.1.1 Die Aufgaben des Sozialpsychiatrischen Dienst
8.2 Online Beratungsstellen
8.2.1 Moderiertes Diskussionsforum
8.2.2 Der moderierte Gruppen-Chat für Jugendliche
8.2.3 E-Mail Beratung
8.3 Anonyme Seelsorge und Beratung am Telefon der TelefonSeelsorge
9. Selbsthilfe
10. Psychotherapeutische Behandlungsmöglichkeiten
10.1 Kognitive Verhaltenstherapie (KVT)
10.2 Eye Movement Desensitizations and Reprocessing (EMDR)
10.2.1 Die Acht Phasen der EMDR-Behandlung
10.3 Psychodynamisch-imaginative- Traumatherapie (PITT)
10.4 Psychopharmakotherapie (PPT)
10.5 Die Konzentrative Bewegungstherapie (KBT)
10.6 Progressive Muskelentspannung (PME)
11. Ausblick
12. Literaturverzeichnis
Einleitung
Sexueller Missbrauch, körperliche und seelische Gewalt oder Vernachlässigung sind häufige Beispiele für Traumatisierungen im Jugendalter. Es gibt betroffene Jugendliche, die zeigen auf diese traumatischen Erfahrungen keinerlei negative Reaktionen. Ein Teil der Jugendlichen hat mit den Folgen einer Posttraumatischen Belastungsstörung zu kämpfen.
Während meiner Beschäftigung in einem betreuten Wohnen für psychisch kranke Menschen, arbeitete ich mit traumatisierten Jugendlichen.
Besonders auffällig war dabei, dass die Wenigsten wussten, unter welcher Krankheit sie direkt leiden und was man effektiv dagegen tun kann.
Laut dem Sozialgesetzbuch der Bundesrepublik Deutschland hat jeder Jugendliche ein Recht auf Versorgung und Behandlung.
Das Versorgungsnetzwerk für Betroffene ist gut ausgebaut, dennoch ist das Finden einer passenden Behandlungsmöglichkeit und der damit verbunden psychotherapeutischen Therapieansätze für Jugendliche ohne weitere Unterstützung oft nicht einfach.
Diesen Sachverhalt möchte ich in meiner Arbeit aufgreifen und eine Informationsbroschüre entwickeln, die betroffenen Jugendlichen in kurzer, überschaubarer und einfacher Form über Hintergrundwissen, Hilfestellungen und Informationen zum Thema Posttraumatische Belastungsstörung und deren Behandlungsmöglichkeiten vermittelt.
Der erste Teil der Arbeit erfolgt mit einer Darstellung der Entwicklung der Informationsbroschüre. In diesem Punkt werden der Aufbau, die Wahl und die dazugehörigen Begründungen der für mich inhaltlich relevanten Aspekte aufgezeigt.
Im zweiten Teil findet sich eine ausführliche Ausarbeitung der inhaltlich relevanten Themen der Informationsbroschüre.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beide Geschlechter.
1. Entwicklung und Aufbau der Informationsbroschüre
Im Folgenden wird auf die Entwicklung und den Aufbau dieser Broschüre für Betroffene eingegangen. Dabei werden Punkte bezüglich des Inhalts sowie Aspekte welche für die Erstellung wichtig erschienen aufgezeigt und begründet.
1.1 Zielsetzung
Die Broschüre soll betroffenen Jugendlichen mit Posttraumatischen Belastungsstörungen einerseits Wissen über das Thema Trauma, den daraus entstehenden Folgen und Symptomen speziell der Posttraumatischen Belastungsstörung vermitteln und andererseits sie einen Überblick über mögliche Behandlungsmöglichkeiten geben und auf das Versorgungsnetzwerk mit den dazugehörigen Hilfeangeboten hinweisen.
Die folgenden drei Fragen sollen dem Leser der Informationsbroschüre beantwortet werden.
1. Posttraumatische Belastungsstörung - was ist das? (Hintergrundwissen)
2. Was kann man gegen eine Posttraumatische Belastungsstörung tun und wo bekommt man Hilfe? (Hilfestellungen)
3. Welche psychotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten gibt es? (Informationsvermittlung)
1.2 Aufbau und Inhalt
Da einer Posttraumatischen Belastungsstörung ein seelischer Schock bzw. ein Trauma vorausgeht, findet sich am Anfang der Broschüre nach dem Vorwort ein Überblick über die folgenden Themen: Trauma und deren Häufigkeit, traumatische Situationen im Jugendalter, Verlauf eines Traumas, Risikogruppen sowie Reaktionen und Symptombildung als Folge des Traumas und Trauma-Typen. Bei diesem Abschnitt der Broschüre liegt mein Fokus darauf, dass Betroffene mehr über die Posttraumatische Belastungsstörung und deren Ursache und Auswirkungen erfahren, bevor sie über Behandlungsmöglichkeiten informiert werden. Da traumatische Ereignisse im Leben nicht selten sind, ist es wichtig, Jugendlichen durch den Punkt „Prävalenz traumatischer Ereignisse im Jugendalter“ zu zeigen, dass sie nicht alleine oder die einzigen dieser Art Problematik sind. Zudem bin ich der Meinung, dass je mehr Hintergrundwissen und Informationen Betroffene über ihrer Beschwerden erhalten, desto besser können sie mit ihren Problemen umgehen. Dazu finde ich ein altes und für diesen Kontext passendes Zitat: „ Seine Krankheit zu erkennen, ist der erste Weg zur Heilung“ (Lucius Annaeus Senca etwa 65.n.Chr.).
Der zweite Teil der Broschüre liefert einen ausführlichen Überblick über das Versorgungssystem und die damit verbundenen Institutionen, welche den Betroffenen in akuten oder anderen Notsituationen zur Verfügung stehen. Generell lässt sich sagen, dass das Versorgungssystem in Deutschland sehr gut ausgebaut ist. Da es den Rahmen der Broschüre sprengen würde, jede Institution einzeln vorzustellen, lege ich den Fokus auf den Sozialpsychiatrischen Dienst, Online Beratungsangebote und die TelefonSeelsorge.
Meinem Erachtens nach ist die Beratung, Unterstützung und Betreuung, die ein Betroffener bei diesen Institutionen erfährt, schon ein Teil der Behandlung der Posttraumatischen Belastungsstörung.
Während meiner Literaturrecherche zur Erstellung dieser Broschüre wurde deutlich, dass der sozialpsychiatrische Dienst ein großes Angebot zur Bewältigung von Problemsituationen bietet und über ausreichend Kooperationspartner für weiterführende Hilfemaßnahmen, z.B. stationäre und ambulante Hilfen, verfügt. Zudem ist der Dienst durch seine Niederschwelligkeit und Häufigkeit einfach zu erreichen. Das kann ich durch ein persönliches Gespräch mit einer Mitarbeiterin des Sozialpsychiatrischen Dienstes in meiner Heimatstadt bestätigen. Dabei konnte ich mich von der aktiven Arbeits- und Herangehensweise überzeugen.
Da Laut Biederlack et al., (2010) mehr als die Hälfte aller Jugendlichen in Deutschland im Internet und in sozialen Netzwerken aktiv sind, erscheint mir zudem eine Vorstellung der Online Beratungsstelle der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (BKE) als sinnvoll. Die Online Beratungsstelle bietet Jugendlichen ein professionelles und kostenfreies Angebot. Dieses besteht aus Beratung, Unterstützung, Betreuung. In Form von einem moderierten Gruppenchat, E-Mail Beratung und moderiertem Diskussionsforum. Erfahrene Fachkräfte aus den Bereichen der Sozialen Arbeit, Sozialpädagogik, Medizin oder Psychologie stehen den Betroffenen zur Seite. Derzeit besteht diese Gemeinschaft im Internet aus ca. 72000 Mitgliedern, davon 100 ausgebildete Fachkräfte (Online-Beratungsangebot der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung e.V.: https://jugend.bke-beratung.de zuletzt abgerufen 19.01.2015).
Besonders sinnvoll finde ich die 24-Stunden Erreichbarkeit aber auch, dass sich die Jugendlichen gegenseitig helfen und unterstützen.
Neben dem Online Beratungsangebot und dem sozialpsychiatrischen Dienst finde ich die Anonyme TelefonSeelsorge (Eigenname) besonders nützlich. Laut der aktuellen JIM (Jugend, Information, Multimedia) Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest (2013) besitzt fast jeder zweite Jugendliche ein Mobiltelefon. In akuten Notsituationen, wenn andere Beratungsstellen geschlossen haben, bietet die TelefonSeelsorge eine sichere Alternative. Derzeit arbeiten bei der TelefonSeelsorge ca. 8000 ausgebildete Mitarbeiter (Geißler & Metz 2012) welche unter kostenlosen Telefonnummern erreichbar sind und ebenfalls über ein groß ausgebautes und netzwerkorientiertes Hilfesystem verfügen.
Im Anschluss an die Vorstellung der Institutionen folgt ein Punkt, in dem der Leser Information darüber bekommt, was man selbst gegen die Symptome der Posttraumatischen Belastungsstörung tun kann. Innerliche Unruhe und Schlafprobleme sind nur zwei von vielen Symptomen. Oft kann man diese Beschwerden mit kleinen und einfachen Übungen reduzieren. Aus diesem Grund finde ich es wichtig, Betroffenen einige Informationen über mögliche Atem- oder Alptraumübungen zur Verfügung zu stellen. Des Weiteren können die Betroffenen durch Ernährung und Bewegung einen Teil dazu beitragen, bestehende Übererregung und Anspannung abzubauen. Außerdem wird in der Broschüre darauf eingegangen, wie man mit der Angst umgehen kann. Dazu gibt es eine sehr interessante und hilfreiche Atemübung, welche ebenfalls in der Broschüre erklärt wird.
Nachdem die Leser nun etwas über die Themen Trauma, Posttraumatische Belastungsstörung und der möglichen Versorgung erfahren haben, bietet der dritte Teil der Broschüre einen Überblick über Psychotherapeutische Behandlungsmöglichkeiten der Erkrankung. Eine Psychotherapeutische Behandlung ist bei Jugendlichen mit einer Posttraumatischen Belastungs- störung unabdingbar (Ehring & Ehlers 2012).
Es gibt ein großes Angebot an psychotherapeutischen Maßnahmen. Im Rahmen der Erstellung dieser Broschüre habe ich mich daher auf die gängigsten und am besten untersuchten Maßnahmen beschränkt. Aus einschlägiger Literatur geht hervor, dass sich die kognitive verhaltenstherapeutische Behandlung und die Eye-Movement-Desensitizations and Reprepocessing (EMDR) als am effektivsten und am besten erforschten Methoden erwiesen haben. Aus diesem Grund werden diese beiden Methoden in der Broschüre besonders ausführlich beschrieben.
Neben der EMDR und der kognitiven-verhaltenstherapeutischen Behandlung beinhaltet der dritte Teil eine Vorstellung der psychodynamischen-imaginativen-Traumatherapie (PITT), konzentrativen Bewegungstherapie (KBT) und progressiven Muskelentspannung (PME). Da die Posttraumatische Belastungsstörung mit Psychotherapeutische Maßnahmen in Verbindung mit Medikamenten behandelt werden kann, folgt im Anschluss eine Information über Psychopharmaka.
Am Ende der Broschüre findet sich ein Überblick über hilfreiche Adressen und weiteren Hilfen im Internet. Dabei habe ich mich für die Deutschsprachige Gesellschaft für Psychotraumatologie (DeGPT) entschieden, da man auf der Internetseite einen gut ausgebauten Infobereich für Betroffene findet. Nach Eingabe der Postleitzahl erhält man Auskunft über qualifizierte Psychotherapeuten in der Nähe. Des Weiteren finde ich die Internetseite „t-i-z.de“ sehr empfehlenswert. Dort findet man Hintergrundwissen, nützliche Tipps und Listen von Ansprechpartnern, Kliniken und Psychotherapeuten in der Nähe.
Eine weitere Seite, welche ich sehr nützlich finde, ist „jameda.de“. Hier können Ärzte und Therapeuten nach einem schulnotenähnlichen System benotet und Form von Kommentaren bewertet werden. Wissen Jugendliche nicht, an welchen Psychologen sie sich wenden sollen, so schauen sie sich die Bewertungen an. Hat der Psychologe eine Bewertung von 1,0 und viele positiver Bewertungskommentare, so kann einem Betroffenen die Angst vor dem Erstgespräch genommen werden.
Für Kriminalitätsopfer bietet der Weiße Ring e.V. ein Angebot an Informationen über menschlichen Beistand und Unterstützungsmöglichkeiten wie z.B. finanzielle Zuwendung, Erholungsmaßnahmen usw.
In der Broschüre findet man eine genaue Auflistung mit den dazugehörigen Adressen und Telefonnummern.
Da die Zielgruppe der Informationsbroschüre hauptsächlich Jugendliche sind, habe ich Wert auf eine einfache Ausdrucksweise gelegt.
Da zu viel Text für den Leser erdrückend wirken kann, sind in der von mir erstellten Arbeit nur die wichtigsten Kernaussagen über die einzelnen Themengebiete enthalten. Der Jugendliche soll nicht den Eindruck vermittelt bekommen er müsse ein Buch lesen. Er muss sich einfach, schnell und unkompliziert über die Krankheit und deren Behandlungsmöglichkeiten informieren können.
Eine Endfassung der kompletten Informationsbroschüre ist in der Anlage dieser Arbeit beigefügt.
2. Was ist ein Psychotrauma?
In der pädagogischen oder psychologischen Fachliteratur lassen sich viele Begriffsbestimmungen des Begriffes Trauma finden. Dabei ist es allerdings wichtig, ein Trauma differenziert von den Folgen einer größeren seelischen Erschütterung, zum Beispiel die Scheidung der Eltern oder eine tiefgreifende Belastung wie das Erhalten von schlechten Noten im Mathematikunterricht zu betrachten. Diese stellen zwar für Kinder und Jugendliche eine Belastung dar, es handelt sich dabei aber nicht um eine Traumatisierung. Im Folgenden werde ich einige Definitionen aus der Fachliteratur aufführen und genauer erläutern.
2.1 Definitionen Trauma
Der Begriff Trauma stammt aus dem Griechischen und bedeutet Verletzung oder Wunde. Im übertragenen Sinne auch Niederlage. Bei diesem Verständnis wird die Möglichkeit des eigenen Todes oder auch dem tatsächlichen Eintreten des Todes anderer oder mit der Verletzung der eigenen Person mit einer Bedrohung der körperlichen oder seelischen Integrität verbreitet (Schäfer et al., 2009).
Eine treffende Definition in Anlehnung daran ist die von Hausmann 2003 „Ein Trauma ist die Verletzung und nachhaltige Schädigung einer bestehenden Struktur. Das betrifft den körperlichen Bereich, z.B. Schädel-Hirn-Trauma, Polytrauma ebenso wie den psychischen Bereich. Die Art des Ereignisses und die Umstände spielen dabei ebenso eine Rolle wie die Personen die davon betroffen sind, und die Folgen, die daraus auf verschiedensten Ebenen (physisch, körperlich, sozial, finanziell usw.) entstehen“ (Hausmann 2003 S.59).
Medizinisch wird zwischen körperlichem und seelischem Trauma unterschieden. Im Pschy- rembel, ein medizinisches Nachschlagewerk, wird daher zwischen psychischer und körperlicher Verletzung unterschieden:„ Ein psychisches Trauma liegt demnach vor bei „erheblicher seelischer Belastung und/oder unzureichender Bewältigungsmöglichkeit“ (Pschyrembel 2002).
Gerhard Zarbock bringt dazu in seinem Buch ein konkretes Beispiel:
„ Schlage ich mit meiner rechten Hand auf meinen linken Unterarm und tue ich dies nicht zu kräftig, so zeigen sich am linken Unterarm keine Folgen des Schlages. Das System Haut, Unterhautfettgewebe, Muskeln, Bindegewebe, Knochen, Sehnen, Blut und Lymphe ist in der Lage, einen leichten Schlag vollständig ohne Schäden zu kompensieren. Somit würde man von Elastizität des Armes sprechen, der einen leichten Schlag kompensieren kann. Schlage ich nun mit einer Eisenstange auf den Arm, so entsteht ein Trauma, da die Kompensationsmöglichkeit, also der Reizschutz, des Armes durchbrochen wird und Schäden vom Bluterguss bis hin zum Armbruch die Folgen sind. In diesem Sinne ist der Trauma Begriff auch auf das Psychische zu übertragen“ (Zarbock 2008,S.255).
Zudem erweitert er die Definition, dass ein Trauma vorliegt, wenn bei der Einwirkung eines äußeren oder inneren Reizes der Reizschutz des Organismus und seine Kompensationsmöglichkeiten durchbrochen werden und es zu einer vorübergehenden oder dauerhaften Schädigung des Organismus kommt (ebd.).
Ähnlich sieht es Michaela Huber, sie spricht von einer „Traumatischen Zange“. Das bedeutet, dass der Ausgangspunkt tatsächliche, extrem stressreiche äußere Ereignisse sind. Damit ein Ereignis aber zu einem Trauma werden kann, muss eine Dynamik im Gehirn entstehen, die die Dynamik des Menschen “in die Klemme bringt“ und es gerade dazu nötigt, auf besondere Weise mit dem Ereignis umzugehen (Huber, 2003 S. 38).
Eine weitere interessante Definition beschreibt die Expertin Annette Streeck-Fischer (2014). Ein Trauma ist ein Ereignis, das die Fähigkeit der Person für ein minimales Gefühl von Sicherheit und integrativer Vollständigkeit zu sorgen, abrupt überwältigt. Ein Trauma geht mit überwältigender Angst und Hilflosigkeit einher. Die Fähigkeit, Erinnerungsspuren und mentale Selbst- und Objektrepräsentanzen zu organisieren, ist gestört. So werden traumatisierende Erlebnisse erlebt, aber nicht als Teil des Selbst erfahren (Streeck-Fischer 2014).
Betrachtet man die Definition des Traumas im klinischen Sinne, so findet man keine genaue Definition des Trauma- Begriffs, da es den Begriff “Trauma“ nicht als eigenständige Störung gibt. Die Weltgesundheitsorganisation fasst im internationalen Klassifikationssystem für psychische Störungen, dem ICD-10, einzelnen Störungen in verschiedene Gruppen zusammen. Diese einzelnen Kategorien dienen als Anhaltspunkte für die genaue Diagnose (Dilling et al., 2010).
2.2 Prävalenz traumatischer Ereignisse im Jungendalter
Der Radius an traumatisierenden Ereignissen ist sehr groß und reicht von sexueller, körperlicher oder seelischer Gewalt, Unfällen und lebensbedrohlichen Krankheiten bis hin zu Naturkatastrophen (Landolt 2004).
Traumatische Ereignisse sind meist plötzlich auftretende Situationen oder Umstände, welche auf die Betroffenen sehr bedrohlich wirken und akute sowie längerfristige psychische Symptome und Störungen verursachen können (Hausmann 2003).
Zwischen der intensiv erlebten Bedrohung und den subjektiven Bewältigungsmöglichkeiten besteht ein „vitales Diskrepanz Erlebnis“, das mit Gefühlen der Hilflosigkeit und schutzlose Preisgabe einhergeht und so zu einer dauerhaften Erschütterung von Selbst- und Weltverständnis führt (Fischer & Riedesser, 2003).
Ereignisse sind nicht „von sich aus“ traumatisch, sondern verfügen über ein traumatisierendes Potential“. Dieses Potential kann für verschiedene Menschen unterschiedliche Folgen haben. Ob eine Traumatisierung erfolgt, wie schwer diese ist und wie stark die Folgen sind, ist von dem Zusammenhang zwischen realem Ereignis, psychischer Disposition und weiteren Einflussfaktoren abhängig (Hausmann 2003).
Laut Streeck-Fischer (2012) kommen folgende Traumatisierungen in der Kindheit und Adoleszene (Jugendalter) besonders häufig vor:
- sexueller Missbrauch,
- familiäre Gewalt, Misshandlung / Gewalt in der Schule, im Umfeld, subkulturellen Milieu,
- Vernachlässigung,
- Trennung, schwerwiegende Verlusterlebnisse,
- schwere Erkrankungen mit Schmerzerfahrungen,
- Kriegsfolgen, Migration und Flucht.
Im Vergleich zu anderen Ländern wurden in Deutschland die Folgen der Misshandlung, Missbrauch und Vernachlässigung im Kindes- und Jungendalter erst relativ spät aufgegriffen. Erst Ende der 80er Jahre widmete man Misshandlungen von Kindern verstärkte Aufmerksamkeit. In den 90er Jahren kamen die des sexuellen Missbrauchs dazu. In der heutigen Zeit liest man zu dem immer mehr von Vernachlässigung.
„Offiziellen Statistiken zufolge, werden jedes Jahr zwischen vier und 16 von 100 Kindern körperlich misshandelt, vernachlässigt oder emotional missbraucht“(Streeck-Fischer et al., 2011 S.452).
Des Weiteren kann man davon ausgehen, dass drei von vier Erwachsenen in ihrer Kindheit und Jugend Erfahrungen von Gewalt machen mussten. Davon waren 10 % Opfer elterlicher Misshandlung, 40 von 100 wurden häufiger körperlich gezüchtigt und 5 % wurden öfters misshandelt (Wetzels 1997).
In einer Bremer Jungendstudie geben 22,5 % der befragten Jugendlichen im Alter von 12- 17 Jahren an, mindestens ein traumatisches Ereignis erlebt zu haben (Essau 1999).
Ähnlich fällt das Ergebnis einer Münchner Studie aus. Hier geben 26 % der männlichen und 17,7 % der weiblichen Probanden im Alter von 14 -21 Jahren an, mindestens ein traumatisches Erlebnis gehabt zu haben (Perkonigg et al., 2000 zit. nach Flatten et al., 2004).
In diesem Kontext meint Streeck-Fischer (2014), dass gegenüber diesen epidemiologischen Daten zu früheren Vernachlässigungen, Missbrauch oder Misshandlung angesichts einer hohen Dunkelziffer Zurückhaltung geboten sei, da die tatsächliche Häufigkeit wahrscheinlich viel höher liege.
Eine weitere Erkenntnis ist, dass traumatisierte Kinder und Jugendliche häufig bei Eltern oder auch Großeltern aufwachsen, bei denen körperliche oder seelische Erkrankungen wie Suchterkrankungen, affektive Erkrankungen, Persönlichkeitsstörungen oder Psychosen vorliegen (Streeck-Fischer 2014). Zudem können Transmissionen traumatischer Erfahrungen (Weitergeben von Erfahrungen) von der ersten und zweiten Generation auf die dritte einen Einfluss haben. „ Häufig werden diese Kinder und Jugendliche mit massiven Ehekrisen ihrer Eltern, mit Trennungen, Scheidungen, ungünstigen sozio-ökonomischen Verhältnissen, mit Dissozialität, Alkoholismus und Gewalt konfrontiert“ (ebd. S 453). Hinzu kommt, dass die Opfer nicht selten anhaltender Misshandlung oder Vernachlässigung ausgesetzt sind.
Wichtig zu erwähnen ist, dass eine genauere Erfassung des tatsächlichen Ausmaßes an Traumatisierungen im Kindes- und Jugendalter schwierig ist. Kinder und Jugendliche verschweigen oft ihre traumatischen Belastungen aufgrund von Angst vor den drohenden Konse- quenzen oder Loyalitätskonflikten. Roland C. Summit (1983) beschreibt diese Problematik als „Akkomodationssyndrom“.
2.3 Traumata-Typen
Im Jahr 1991 hat Leonore Terr als erste Traumafolgestörungen im Kindes- und Jugendalter systematisch untersucht. Aufgrund ihrer Erkenntnisse schlug Terr vor, die Arten einer Traumatisierung in Typ I Traumata und Typ II Traumata zu unterscheiden. Generell konnte Terr feststellen, dass traumatisierte Jugendliche veränderte Einstellungen gegenüber Menschen, dem eigenen Leben und der Zukunft entwickeln. Hinzu kommt, dass bei diesen Jugendlichen in der Regel , egal ob sie akut oder chronisch traumatisiert sind, wiederholte optische oder anders wahrgenommene Erinnerungen und Trauma spezifische Ängste vor (Seidler et al. 2011).
Die Typisierung meint einen Unterschied zwischen Mono- und Polytrauamtisierung. Dies ist aus dem griechischen polys= vielfach und monos= einmalig abgeleitet (Fischer und Riedesser 2003).
Im Folgenden werden die beiden Typen einer Traumatisierung genauer erläutert.
Typ I Traumata:
Kurz andauernde, akute und einmalige Traumata. die plötzlich oder überraschend auftreten, wie zum Beispiel eine Vergewaltigung oder ein Autounfall. Dabei prägt sich das Ereignis oft mit den kleinsten Details in das Gedächtnis der betroffenen Person ein. Zudem haben die Betroffenen meist eine schlimme Vorahnung auf das, was passieren wird. Dabei sind die psychischen Folgen gravierend und können sich akut oder zeitversetzt Störungen bilden (Hausmann 2006). Fischer und Riedesser 2003 sprechen in diesem Zusammenhang auch von „one single blows“ und meinen damit ein einmaliges überwältigendes Vorkommnis.
Typ II Traumata:
Die Traumatisierung Typ II entsteht durch mehrmalige, sich wiederholende und längerfristig hinziehende traumatische bis chronischen Umstände. Das ist der Fall bei wiederkehrender Konfrontation mit einer Extremsituation wie zum Beispiel wiederholte körperliche, seelische oder sexuelle Gewalt mit fortsetzendem Missbrauch oder Vernachlässigung.
Hierbei versucht das Opfer oft sich den Umständen anzupassen. Es entwickelt Strategien wie das dissoziative Abspalten um Schmerzen zu vermeiden und die traumatische Situation gedanklich, emotional oder auf der Verhaltenseben irgendwie erträglich zu machen (Hausmann 2006).
Der letztgenannte Typ der Traumatisierung hat für Jugendliche besonders gravierende Folgen, da frühe Erfahrungen mit körperlicher, seelischer, sexueller Gewalt und Missbrauch sowie Vernachlässigung schwere Schäden in der nachfolgenden Persönlichkeitsentwicklung haben. Betroffenen sind diese Art Traumata häufig peinlich und unangenehm, weshalb sie häufig lange Zeit verschwiegen werden.
3. Der Trauma Prozess - Verlauf der Traumatisierung nach Fischer und Riedesser
Das Verlaufsmodell nach Fischer und Riedesser (2009) dient dazu den allgemeinen Verlauf einer psychischen Traumatisierung darzustellen. Eingeschlossen und zusammengefasst in dem Modell sind die unterschiedlichen Aspekte, die mit traumatischen Erlebnissen und ihrer Verarbeitung sowie Bewältigung verknüpft sind. Die gesamte traumatische Erfahrung wird von den Autoren als dynamischer und wechselseitiger Verlauf verstanden. Fischer und Riedesser unterteilen ihr Verlaufsmodell in die folgenden drei Phasen:
1. Phase: traumatisches Ereignis bzw. traumatische Situation
Merkmal der ersten Phase ist das Zusammenwirken von objektiven und subjektiven Faktoren. Fischer und Riedesser beziehen sich bei ihrem Modell auf eine Definition von Konrad Thomas, der den Begriff der Situation als „Einheit von Subjekt und Gegebenheit, bestimmbar durch das Thema, umgrenzt von einem Horizont“ bestimmt (Fischer & Riedesser 2009 S.64). Gegebenheit meint in diesem Zusammenhang wie sich Situationsfaktoren für das erlebende Subjekt darstellen. Das Thema einer Situation wird durch subjektive und objektive Aspekte bestimmt. Die Situation einer Vergewaltigung an einem jungen Mädchen zum Beispiel ergibt sich aus den objektiven Faktoren , wie z.B. Umweltbedingungen (wo fand die Vergewaltigung statt) und den subjektiven Bedeutungszuschreibungen, wie z.B. Intensität, Intensität meint den Schweregrad des Traumas für die Betroffene oder Häufung traumatischer Ereignisse aber auch Verhältnis zwischen Täter und Opfer (kam die Vergewaltigung nur einmal vor? kannten sich Täter und Opfer?).
2. Phase: traumatisches Erleben bzw. traumatische Reaktion
In der zweiten Phase geht es im Wesentlichen darum, wie das betroffene Individuum eine Situationserfahrung, die ihre subjektive Verarbeitungskapazität überschreitet am besten verarbeitet. Wie das Trauma erlebt wird, ist zum einen abhängig vom aktuellen Zustand des Betroffenen, z.B. die psychische und physische Fitness oder aktuelle Belastungen. Zum anderen von den überdauernden Dispositionen wie Einstellungen, Wissen, Persönlichkeit und Vorerfahrungen. Dabei wirken verschiedene Schutz und Risikofaktoren als Mediatoren, die die Wirkung des traumatischen Ereignis verstärken oder auch mindern können. Wichtig zu erwähnen ist der bereits genannte dynamische und wechselseitige Verlauf zwischen Ereig- nis/Situation und dem Erleben /Reaktion. Je nachdem welche Aspekte der Situation wahrgenommen werden, kann diese mehr oder weniger bedrohlich wirken. Zudem kann das Verhalten der betroffenen Person die Situation bis zu einem gewissen Grad mitbestimmen, z.B. Weglaufen oder Bleiben, Erdulden oder Wehren.
3. Phase traumatischer Prozess
Die dritte Phase ist durch den traumatischen Prozess gekennzeichnet, der zu unterschiedlichen Traumfolgen führen kann. Die direkten Auswirkungen des Traumata, lassen sich in Kurz- und Langzeitfolgen unterteilen. Zu den Kurzeitfolgen zählen akute psychische Symptome, die unmittelbaren Notfallreaktionen und die ersten unmittelbaren Bewältigungsversuche. Zu den Langzeitfolgen zählen chronische Symptome und Störungen, wie z.B. die Posttraumatische Belastungsstörung und die damit verbundenen dauerhaften Defizite, aber auch verzögerter Symptombeginn und halb- oder unbewusste Wiederholungen der traumatischen Situation. Korrektive Faktoren beeinflussen die akuten Folgen des Traumas. Dazu zählen körperliche Erholung oder Copingstrategien. Der Begriff Copingstartegien meint im Deutschen die Stressbewältigung. Es sind Strategien und Versuche, den inneren oder äußeren Anforderungen, die als belastend, unangenehm oder überfordernd wahrgenommen werden, so zu begegnen, dass negative Folgen vermieden werden (Lazarus & Falkman 1984).
Zudem haben korrektive Faktoren das Potenzial der Entstehung von Langzeitfolgen entgegenzuwirken.
Weitere indirekte Folgen sind in diesem Kontext, dass Traumatisierungen auch immer Folgen für den Betroffen und sein Umfeld haben können. Das Trauma erleben kann andere bestehende oder später auftretende Belastungen verstärken, in Schlüsselsituationen aktualisiert werden und gravierende soziale Folgen haben (Familie, Arbeit, Freundeskreis). In manchen Familien wird ein erlittenes Trauma an die nächste Genration weitergegeben. Hier knüpft Hausmann 2003 an das Modell an und spricht von „Opferkinder-Täterkinder“.
4. Risikogruppen
Derzeit gibt es kaum Literatur über das Thema Risiko in Verbindung mit Traumatisierung bei Jugendlichen. Dennoch lassen sich auf Grund von einigen Studien und Artikeln zum Thema einige Risikogruppen bilden.
Im Folgenden werden Gruppen von Jugendlichen genannt, die häufig traumatische Erfahrungen ausgesetzt sind.
„ Flüchtlingskindern und Jugendlichen “:
Kinder und Jugendliche, die mit oder ohne ihre Eltern flüchten müssen, erleben häufig vor der Flucht eine Reihe traumatischer Ereignisse. Diese Ereignisse können im Zusammenhang mit Krieg und den daraus resultierenden Todesopfern (auch innerhalb der Familie) oder generell verschlechterten Lebensbedingungen stehen. Hinzu kommt, dass die Flucht häufig zu traumatischen Erlebnissen führt und die Situation im Zielland wird häufig mit Unsicherheit verknüpft. „Hinzu kommen traumatisierte Eltern, Sprachprobleme und eine Anpassung an die neuen Lebensbedingungen“(Ehnthold & Yule 2006 zit.nach Steil & Rosner 2009 S.20,).
„Pflegekinder und Jugendliche“:
Wenn sich das Jungendamt entscheidet, Kinder und Jugendliche aus deren Familien zu nehmen um sie in Heime oder dauerhafte Pflegefamilien zu geben, so liegen dem Jungendamt meist nur Informationen vor, welche der Grund für die Inobhutnahme sind. Dieser Grund ist meist der Endpunkt einer Reihe von Ereignissen, welche für den Jugendlichen sehr traumatisch und belastend waren und sind. „Auch in dieser Konstellation von Lebensbedingungen finden sich eine Reihe potenzieller Risikofaktoren, wie psychische Erkrankung der Eltern (z.B. Drogenmissbrauch oder Depression (Steil &. Rosner 2009 S. 21).
Des Weiteren erhöht die mangelnde Aufsichtspflicht sowie die Fürsorge der Eltern die Wahrscheinlichkeit, dass Jugendliche ein traumatisches Ereignis erleben.
Der dann nötige Wechsel von Bezugspersonen im Kontext der Inobhutnahme ist ein wichtiges Indiz, welches die Bewältigung der negativen Situation erschwert (ebd.).
5. Reaktionen und Symptombildungen als Folge des Traumas
Wie bereits erwähnt, ist der Mensch bei traumatisierenden Ereignissen, Gefühlen wie plötzlich starker Angst und Furcht ausgesetzt. Diese Situationen und Umstände wirken auf den Betroffenen sehr bedrohlich und können akute traumatische Reaktionen, aber auch langfristige psychische Symptome und Störungen verursachen (Hausmann 2003).
Die meisten Menschen verarbeiten ein traumatisches Erlebnis mit Hilfe ihrer inneren und äußeren Ressourcen. Dennoch entwickelt ein Teil der Betroffenen in Abhängigkeit von Art und Stärke des Stressors, von biographischen protektiven und Belastungsfaktoren sowie von situativen Variable spezifische Posttraumatische Störungen (Senf & Broda 2005).
Im Folgenden werde ich auf die Reaktionen in Form von Symptomen nach einem traumatischen Erlebnis eingehen. Beginnen werde ich mit der ersten Reaktion auf ein traumatisches Erlebnis, dem psychischem Schock. Dem folgt die Vorstellung der akuten Belastungsreaktion und der Posttraumatischen Belastungsstörung.
5.1 Psychischer Schock
Die erste Reaktion, die unmittelbar nach oder noch während dem auslösendem traumatischen Ereignis einsetzt, wird meist als Schockzustand beschrieben. Dieser Zustand macht sich in veränderter Wahrnehmung und verändertem Zeiterleben bemerkbar. „Im Akutzustand sind Schockanzeichen an bleicher Hautfarbe, schneller und flacher Atmung, starkem Zittern, leerem Blick, Verwirrtheit, Schwindel, Übelkeit oder Erstarrung zu erkennen“ (Fischer & Krüger 2007 zit. nach Scherwath & Friedrich 2014 S. 164).
Menschen, die gerade ein Trauma erlebt haben, sprechen in diesem Zusammenhang meist von einem einschneidenden Erlebnis, welches die eigenen Vorstellungen und Reaktionsmöglichkeiten völlig übersteigt. Zudem empfinden sie das Gefühl, „völlig aus der Bahn geworfen“ zu werden. Der Zustand kann schwer beschrieben werden. Anstatt werden meist Bilder verwendet, wie z.B. „wie hinter Glas“, „aus dem Körper“, „losgelöst von allem“ oder „nicht mehr in dieser Welt“. Die Betroffenen haben in der Schockphase das Gefühl, dass die Welt sich verändert hat, und dass nichts mehr so sein wird wie es vorher war. Dieses innere Erleben muss nicht immer nach außen erkennbar sein, es kann sich auch nur innerlich abspielen. Die Betroffenen wirken dann nach außen unauffällig und reagieren völlig adäquat.
Im Nachhinein zeigt sich häufig, dass es sich dabei um einen dissoziativen Zustand handelte und sich die Betroffenen teilweise gar nicht mehr an ihr Handeln in der Schockphase erinnern können (Beckrath-Wilking et al., 2013).
5.2 Akute Belastungsreaktion
„Das Erleben eines Notfalls, eines schweren Unfalls, einer Naturkatastrophe, einer Gewalttat oder eines Anschlags ist immer mit einer psychischen Belastung und einer Anpassungsreaktion verbunden“(Maercker et al., 2013,S. 176).
Im Umgangssprachlichen verwendet man für das Wort Belastungsreaktion häufig Krisen oder psychischer Schockzustand. Das Klassifikationssystem der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vermeidet den Begriff „Störung“ und bezeichnet die Situation als „akute Belastungsreaktion“. „Die Reaktion beginnt innerhalb weniger Minuten, wenn nicht sofort nach dem Ereignis und klingt häufig innerhalb von Stunden oder Tagen ab“(ebd.).
Wichtig ist, dass die Symptome am ersten oder zweiten Tag wieder abklingen. Die akute Be- lastungsreaktion ist gekennzeichnet durch Ängste, Verzweiflung, Ärger, Rückzug und Hy- peraktivtät (ebd.). „Kein Symptom ist längere Zeit vorherrschend, die Symptome sind rasch rückläufig und klingen längstens innerhalb weniger Stunden ab, wenn eine Entfernung aus der belastenden Umgebung möglich ist“(Dilling 1993 zit.nach Maercker et al., 2013 S.176). Die Bezeichnung “Reaktion“ soll darauf hinweisen, dass es sich zunächst um eine normale physiologische bzw. psychologische Reaktion auf das traumatische Erlebnis handelt. Die typischen Symptome der Belastungsreaktion unterscheiden sich im Wesentlichen nicht von denen der Posttraumatischen Belastungsstörung. Da sie aber von kurzer Dauer sind, können sie durch den Selbstheilungsprozess des Organismus überwunden werden.
5.3 Posttraumatische Belastungsstörung
Erst wenn sich diese oben beschriebenen unter traumatischem Stress entstandenen Symptome intensivieren, ausbreiten und nach vier Wochen keine deutliche Linderung eintritt, kann von einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) ausgegangen werden (Huber 2009). Zudem ist es möglich, dass sich spontane Belastungsreaktionen zunächst zurückbilden und der Mensch in seinem Alltagsleben gut funktioniert, traumatisches Material jedoch nicht verarbeitet und vom Organismus so weit in den Hintergrund verdrängt und abgespaltet wurde, dass es wie eine Zeitbombe jederzeit gezündet werden kann. Fischer & Riedesser (2003) sprechen dabei von einer verzögerten Posttraumatischen Belastungsstörung.
Fischer und Riedesser (2003) gehen von der Faustregel aus, dass sich bei ca. einem Drittel der Betroffenen klinisch relevante Symptomen nach einem Trauma bemerkbar machen Betrachtet man Studien, so liegen wenig repräsentative Ergebnisse im Jugendalter vor. Eine von Lipschitz et al., im Jahr 1999 angelegte Studie kam zu dem Ergebnis, dass von 74 in einer psychiatrischen Klinik hospitalisierten Jugendlichen 93% zumindest ein traumatisches Ereignis berichteten. 32% erfüllten die Kriterien einer Posttraumatischen Belastungsstörung (Maercker et al., 2013).
Im Jahr 1999 fand Essau et al. in einer großen epidemiologischen Studie mit 1035 Jugendlichem im Alter von 12-17Jahren heraus, dass bei einer Diagnostik nach DMS-IV die Lebenszeitprävalenz der Posttraumatischen Belastungsstörung im deutschsprachigen Raum bei 1,6% liegt.
Bei einer Amerikanischen Studie von Giaconia et al., (1995) mit Jugendlichen im Alter von 18 bis 30 Jahren lag die Lebenszeitprävalenz bei 6,3%
Anzumerken an dieser Stelle ist, dass die meisten repräsentativen Studien sich mit dem Erleben von traumatischen Situationen anstatt mit der daraus entstehenden Häufigkeit einer Posttraumatischen Belastungsstörung beschäftigen.
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- Arbeit zitieren
- Gordon Kruse (Autor:in), 2015, Posttraumatische Belastungsstörung bei Jugendlichen. Entwicklung einer Informationsbroschüre über Behandlungsmöglichkeiten für Betroffene, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1323468
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