In der vorliegenden Facharbeit geht es um das Thema Zwangsstörungen. Hierbei wird zuerst definiert, was eine solche Störung ist und welche Symptome es gibt. Danach wird auf die Ursachen und auf Therapiemöglichkeiten eingegangen. Im letzten Teil der Arbeit wird ein Fallbeispiel aufgezeigt und analysiert. Außerdem werden hier nochmal spezifisch mögliche Therapien empfohlen.
Das Thema Zwangserkrankung hat in den letzten Jahren immer mehr an öffentlichem Interesse gewonnen. Bis Mitte der 90er Jahre war die Erkrankung in der Bevölkerung noch sehr unbekannt. Mittlerweile ist erwiesen, dass bis zu drei Prozent der Menschen in Deutschland von einer Zwangsstörung betroffen sind, wobei die Dunkelziffer von Erkrankten wesentlich höher ist. Viele Betroffene schämen sich für ihre Krankheit und verheimlichen sie über Jahre, bevor sie professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Zwangsstörungen sind somit die vierthäufigste psychische Störung nach Phobien, Depressionen und Suchterkrankungen. Dabei gehen Forscher davon aus, dass die soziale Schicht sowie die Intelligenz einer Person keinen Einfluss auf das Vorkommen der Erkrankung hat und es keine geschlechtsspezifischen Unterschiede gibt. Bei vielen der Erkrankten zeigen sich die ersten auffälligen Symptome bereits im Kindesalter. Der eigentliche Beginn liegt jedoch meistens im jungen Erwachsenenalter. Zwangsstörungen haben viele verschiedene Erscheinungsformen und schränken das Leben der Betroffenen massiv ein. Hierbei reicht die Ausprägung der Zwangsstörung von einer nicht allzu beeinträchtigenden Intensität bis zum vollkommenen Verlust der Fähigkeit, sich selbst zu versorgen. Bleiben Zwangsstörungen unbehandelt, nehmen sie häufig einen chronischen Verlauf. Die Folge ist ein enormer Leidensdruck, sowohl für die zwangserkrankten Menschen als auch für deren Angehörige. Nicht selten mündet eine jahrelange Erkrankung in Suizid.
Meine Motivation, mich in meiner Facharbeit mit dem Thema Zwangsstörungen auseinanderzusetzen, liegt unter anderem darin begründet, dass ein angeheiratetes Familienmitglied seit vielen Jahren auffällige Verhaltensweisen zeigt. In unserer Familie wird mit dem Betroffenen über dieses Thema nicht offen gesprochen, da dies leider von ihm abgelehnt wird. Seine für uns sichtbaren Zwänge werden daher von meiner Familie so hingenommen und ihm gegenüber nicht hinterfragt. Meine Informationen über seine Verhaltensweisen stammen aus eigenen Beobachtungen und Gesprächen mit meiner Mutter und meiner Tante.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Was sind Zwangsstörungen?
2.1 Wieviel Zwang steckt in jedem von uns?
2.2 Definitionskriterien nach ICD-10
2.3 Definitionskriterien nach DSM-V
2.4 Symptome und Erscheinungsformen der Erkrankung
2.5 Zwangsgedanken
2.6 Zwangshandlungen
2.7 Häufige Begleiterkrankungen (Komorbidität)
3. Ursachen von Zwangsstörungen
3.1 Das psychoanalytische Erklärungsmodell
3.2 Das verhaltenstherapeutische Erklärungsmodell
3.2.1 Zwei-Faktoren-Theorie
3.2.2 Das kognitive Modell
4. Die Therapie von Zwangsstörungen.
5. Fallbeispiel
5.1 Lebensgeschichtlicher Hintergrund
5.2 Analyse des Fallbeispiels
5.3 Therapiemöglichkeiten
6. Schlusswort/Aussicht
7. Literatur-/Quellenverzeichnis
1. Einleitung
Das Thema Zwangserkrankung hat in den letzten Jahren immer mehr an öffentlichem Interesse gewonnen. Bis Mitte der 90er Jahre, war die Erkrankung in der Bevölkerung noch sehr unbekannt. Mittlerweile ist erwiesen, dass bis zu drei Prozent der Menschen in Deutschland von einer Zwangsstörung betroffen sind, wobei die Dunkelziffer von Erkrankten wesentlich höher ist. Viele Betroffene schämen sich für ihre Krankheit und verheimlichen sie über Jahre, bevor sie professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Zwangsstörungen sind somit die vierthäufigste psychische Störung nach Phobien, Depressionen und Suchterkrankungen (vgl. neurologen-und-psychiater-im-netz.org) Dabei gehen Forscher davon aus, dass die soziale Schicht sowie die Intelligenz einer Person keinen Einfluss auf das Vorkommen der Erkrankung hat und es keine geschlechtsspezifischen Unterschiede gibt (vgl. Althaus et al. 2008, S. 11/S. 32). Bei vielen der Erkrankten zeigen sich die ersten auffälligen Symptome bereits im Kindesalter. Der eigentliche Beginn liegt jedoch meistens im jungen Erwachsenenalter. Zwangsstörungen haben viele verschiedene Erscheinungsformen und schränken das Leben der Betroffenen massiv ein. Hierbei reicht die Ausprägung der Zwangsstörung von einer nicht allzu beeinträchtigenden Intensität bis zum vollkommenen Verlust der Fähigkeit, sich selbst zu versorgen (vgl. zwaenge.de). Bleiben Zwangsstörungen unbehandelt, nehmen sie häufig einen chronischen Verlauf (vgl. Althaus et al 2008, S. 31). Die Folge ist ein enormer Leidensdruck, sowohl für die zwangserkrankten Menschen als auch für deren Angehörige. Nicht selten mündet eine jahrelange Erkrankung in Suizid.
Meine Motivation mich in meiner Facharbeit mit dem Thema Zwangsstörungen auseinanderzusetzen, liegt unter anderem darin begründet, dass ein angeheiratetes Familienmitglied seit vielen Jahren auffällige Verhaltensweisen zeigt. In unserer Familie wird mit dem Betroffenen über dieses Thema nicht offen gesprochen, da dies leider von ihm abgelehnt wird. Seine für uns sichtbaren Zwänge werden daher von meiner Familie so hingenommen und ihm gegenüber nicht hinterfragt. Meine Informationen über seine Verhaltensweisen stammen aus eigenen Beobachtungen und Gesprächen mit meiner Mutter und meiner Tante.
Im ersten Teil meiner Facharbeit beschäftige ich mich mit dem Krankheitsbild von Zwangsstörungen. Ich werde hierbei auf die Diagnosekriterien sowie die Symptome und Erscheinungsformen einer Zwangserkrankung eingehen. Im zweiten Teil dieser Facharbeit möchte ich herausarbeiten, wodurch eine Zwangserkrankung entstehen kann und dabei insbesondere auf die psychologischen Erklärungsmodelle eingehen. Hieran anschließend werde ich aufzeigen, welche Möglichkeiten die Verhaltenstherapie bei der Behandlung von Zwangsstörungen hat und welche entscheidenden Faktoren hier berücksichtigt werden müssen.
Abschließend werde ich anhand eines Fallbeispiels, was die Zwangsstörungen meines Onkels zum Inhalt hat, einen genaueren Einblick in das Leben mit Zwängen, die möglichen Entstehungsbedingungen (teilweise fiktiv) und Therapiemöglichkeiten geben. Dabei werde ich mich auch der für mich entscheidendsten Frage widmen, warum es für die Betroffenen so schwierig ist, sich von ihren Zwängen – die doch mitunter so großes Leid verursachen - zu lösen. Mit „gesundem Menschenverstand“ erscheint es völlig irrational, wie Zwänge ein Leben auf so negative Weise beherrschen können. Und zwar nicht nur das Leben des Betroffenen, sondern auch seiner Angehörigen.
2. Was sind Zwangsstörungen?
Unter dem Begriff Zwangsstörungen versteht man eine psychische Erkrankung, bei der die Betroffenen immer wieder bestimmte Handlungen, die völlig sinnlos erscheinen wiederholen und von quälenden Gedanken, die nicht abgestellt werden können, beeinträchtigt werden. Der betroffene Mensch verspürt dabei den inneren Drang, den Zwangshandlungen nach einem ritualisierten Muster nachzugehen und sich beispielsweise immer wieder die Hände waschen zu müssen. Bei den sogenannten Zwangsgedanken kann er nicht aufhören über verstörende, übermächtig erscheinende Gedanken zu grübeln. Dabei ist den Betroffenen durchaus bewusst, dass ihre Handlungen und Gedanken irrational und sinnlos sind. Sich ihnen zu widersetzen erscheint jedoch nicht möglich, da die Angst zu groß ist, dass daraufhin etwas Schlimmes passiert. Betroffene, welche unter einer Zwangsstörung leiden, weisen somit „gestörte Verhaltens- und Denkweisen auf, die von den üblichen Verhaltensmustern abweichen und den Alltag der Erkrankten massiv beeinträchtigen“ (vgl. zwaenge.de).
2.1 Wieviel Zwang steckt in jedem von uns?
Interessant ist die Frage, ob nicht alle Menschen einem gewissen Maß an Zwängen unterliegen und ab wann man von einer Erkrankung spricht. Tatsächlich steckt in jedem Menschen zwanghaftes Verhalten. Dabei kann es sich um abergläubische Vorstellungen, wie die als negativ empfundene Begegnung mit einer schwarzen Katze auf der falschen Straßenseite, aber auch um harmlose Rituale, wie beispielsweise die Kontrolle der Herdplatten vor Verlassen des Hauses handeln. Auch das Aufdrängen unangenehmer Gedanken, die sich nicht abstellen lassen, ist jedem von uns bekannt. Gerade wenn es sich um eine nicht alltägliche Situation handelt, wie beispielsweise das Absolvieren einer wichtigen Prüfung, neigen wir zu übermäßigen Kontrollen und planen alles ganz besonders sorgfältig. Auch darf der Talisman, der Situationen positiv beeinflussen soll, häufig nicht fehlen. Solche Verhaltensweisen ähneln zwar sehr dem Verhalten bei einer Zwangsstörung, sind jedoch bis zu einem gewissen Grad völlig normal und auch sinnvoll. Wann beginnt also ein Zwang zu einer sogenannten Störung zu werden? „Der Übergang von normalen Verhalten zur Zwangsstörung ist fließend. Grundsätzlich gilt eine Zwangsstörung nur als dann gegeben, wenn der Betroffene selbst darunter leidet oder in seinem Alltag massiv eingeschränkt wird“ (netdoktor.de). An dieser Definition ist klar zu erkennen, wie schwierig es ist, Zwangsstörungen richtig zu erfassen und einzugrenzen.
2.2 Definitionskriterien nach ICD-10
Damit offiziell eine Zwangsstörung diagnostiziert werden kann, müssen verschiedene Kriterien erfüllt sein. Diese Kriterien wurden in internationalen Klassifikationssystemen festgelegt, damit sichergestellt wird, dass alle Länder unter einer bestimmten Erkrankung auch das Gleiche verstehen.
Das ICD-10 „International Classification of Disorders“ ist ein in vielen Teilen der Welt eingesetztes System zur Klassifikation von körperlichen Erkrankungen und psychischer Störungen, das in unterschiedliche Kapitel eingeteilt ist. Nach der in Deutschland derzeit gültigen ICD-10 WHO Version 2019 müssen folgende Kriterien für eine Zwangsstörung vorliegen:
1. Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen treten innerhalb eines Zeitraums von zwei Wochen an den meisten Tagen auf.
2. Die Zwangsgedanken und die Zwangshandlungen haben die folgenden Merkmale:
- Sie werden als Produkte des eigenen Geistes erkannt und folglich nicht als von Personen oder äußeren Einflüssen eingegeben betrachtet
- Sie treten wiederholt auf und werden als unangenehm erfahren, wobei mindestens ein Zwangsgedanke oder eine Zwangshandlung als übertrieben oder unangemessen erkannt wird
- Der Patient versucht sie zu unterdrücken. Es gibt mindestens einen Zwangsgedanken oder eine Zwangshandlung, die nicht erfolgreich unterdrückt werden kann.
Das Auftreten des Zwangsgedankens oder die Ausführung der Zwangshandlungen an sich wird als unangenehm erfahren.
3. Die Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen verursachen Beschwerden oder beeinträchtigen das soziale Leben bzw. die Bewältigung des Alltags des Patienten, und zwar meistens aus Zeitmangel.
4. Häufigstes Ausschlusskriterium: Die Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen sind nicht das Ergebnis einer anderen psychischen Störung, wie Schizophrenie oder verwandten Störungen (Emmelkamp/van Oppen 2000, S. 3)
Obwohl diese Kriterien doch sehr klar und eindeutig formuliert sind, werden Zwangsstörungen in sehr vielen Fällen immer noch nicht erkannt und dementsprechend auch nicht richtig behandelt. Das liegt vor allem daran, dass die meisten Patienten versuchen, ihre Zwänge zu verheimlichen und sie so lange wie möglich verleugnen. Fragen Ärzte nicht explizit danach, werden diese Störungen daher sehr häufig nicht bemerkt. Wenn der Patient nicht bereit ist, sich zu öffnen und sich seinen Zwängen zu stellen, wird es kaum möglich sein, diese behandeln zu lassen.
2.3 Definitionskriterien nach DSM-V
Die Zwangsstörungen werden im amerikanischen Klassifikationssystem, dem „Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, fourth edition“ DSM-V noch etwas genauer beschrieben, als dies im ICD-10 der Fall ist. Im DSM-V gibt es keinen Unterschied zwischen Zwangshandlungen und Zwangsgedanken und die Grenze für die Diagnose liegt hier höher. Nach dem DSM-V müssen Zwangshandlungen und Zwangsgedanken sehr viel Raum im Leben des Betroffenen einnehmen, dadurch beträchtliche Probleme verursachen und sehr zeitintensiv sein. Der Alltag, Berufsausübung, Beziehung zu Mitmenschen müssen stark beeinträchtigt sein. Außerdem werden die Ausschlusskriterien im DSM-V besser beschrieben, als in der ICD-10 (vgl. Emmelkamp/van Oppen 2000, S. 4). Allerdings gibt es am amerikanischen Klassifikationssystem einige Kritikpunkte. Unter anderem fand eine Studie heraus, dass die Autoren des DSM von der Pharmaindustrie finanziell unterstützt werden. Dies legt die Vermutung nahe, dass hier eine nicht unerhebliche Beeinflussung vorliegt (wikipedia.org).
2.4 Symptome und Erscheinungsformen der Erkrankung
Das Hauptsymptom einer Zwangsstörung sind wiederkehrende Zwangsgedanken („obsessions“) und/oder Zwangshandlungen („compulsions“). Während die Zwangshandlungen tatsächlich ausgeführt werden, spielen sich die Zwangsgedanken nur im Kopf ab. Zumeist leiden die Betroffenen an beiden Störungen. Die englische Bezeichnung der Erkrankung lautet „Obsessive Compulsive Disorder“, die damit beiden Symptomen gerecht wird. (vgl. Althaus et al 2008, S. 25). Aus den Angst und Anspannung auslösenden Zwangsgedanken „Obsessionen“ ergeben sich die Zwangshandlungen „compulsions“, die angstlösend sind und eine kurzfristige Erleichterung bringen können.
2.5 Zwangsgedanken
Unter Zwangsgedanken versteht man negative und belastende Ideen, Vorstellungen und Impulse, die den Betroffenen unter enormen inneren Druck setzen. Die Gedanken wiederholen sich dabei ständig und können kaum abgestellt werden. Zu den häufigsten Zwangsgedanken zählen:
- die übertriebene Angst, sich mit einer ansteckenden Krankheit zu infizieren
- die belastende Sorge, dass man aus Unachtsamkeit etwas Schreckliches auslöst (z.B. einen Wohnungsbrand)
- die Vorstellung, jemanden mit dem Auto zu überfahren ohne es zu bemerken
- die übertriebene Angst vor Umweltgiften oder Strahlen
- die große Angst vor Keimen auf Türgriffen, Stühlen, im Schwimmbad, im Zug etc.
- die Vorstellung, gewisse Dinge immer auf eine bestimmte Art und Weise durchführen zu müssen, da sonst etwas Negatives passiert (magisches Denken)
- der starke Impuls, eine Handlung sofort ausführen zu müssen, wie beispielsweise die Berührung eines Gegenstandes (vgl. zwangsgedanken-besiegen.de)
Zwangsgedanken können dabei jeden Bereich des Alltags betreffen und sind sehr häufig mit dem Gefühl von Ekel, Angst, Scham und Unsicherheit verbunden. Zwangserkrankten ist dabei durchaus bewußt, dass die sich ihnen aufdrängenden Gedanken nur von ihnen selber erschaffene Vorstellungen sind, dennoch ist es ihnen nicht möglich, diese auszuschalten. Häufig versuchen die Erkrankten, die aufkommenden negativen und bedrohlichen Gedanken zu unterdrücken. Dadurch verstärken sie sich jedoch nur und ein Teufelskreis beginnt (vgl. zwangsgedanken-besiegen.de).
2.6 Zwangshandlungen
Unter Zwangshandlungen versteht man sich wiederholende Verhaltensweisen, die häufig nach selbst festgelegten Regeln und einem ritualisierten Schema ausgeführt werden. Die Betroffenen versuchen so, die aus Zwangsgedanken hervorgerufene innere Anspannung loszuwerden und bedrohliche und negative Gedanken zu neutralisieren. Die Zurückgewinnung der inneren Sicherheit ist dabei oberstes Ziel. Zu den häufigsten Zwangshandlungen zählen:
- Exzessives Waschen von Körperteilen nach strengen Regeln, insbesondere der Hände, um sich vor möglichen gefährlichen Keimen zu schützen bzw. zu befreien
- Exzessives Putzen von bestimmten Bereichen des alltäglichen Umfelds, ohne das eine erkennbare Verschmutzung vorliegt. Das Putzen führt bei den Betroffenen dabei nicht zu dem Gefühl, dass die geputzte Stelle sauber ist, weshalb die Reinigung ständig wiederholt wird. Dabei kann es vorkommen, dass der Putzzwang so viel Zeit in Anspruch nimmt, dass bestimmte Bereiche steril sauber sind, während andere einen aus Zeitmangel eher ungepflegten Eindruck machen
- Zwanghaftes Kontrollieren von Dingen, wie beispielsweise ob Fenster und Türen geschlossen, der Herd ausgeschaltet und die Wasserhähne zugedreht sind. Die Kontrolle erfolgt meist in immer gleicher Reihenfolge mit dem ständigen Gefühl, letztendlich doch etwas übersehen zu haben, was dann zu einem großen Unglück führen kann
- Wiederholen von Handlungen nach einem festgelegten Ablauf und einer vorgegebenen Häufigkeit. Dabei muss das Zwangsritual immer wieder exakt gleich durchgeführt werden, bis sich ein gutes Gefühl einstellt.
- Anordnen von Gegenständen nach komplexen Kriterien. Die Betroffenen haben dabei das ständige Bedürfnis, bestimmte Dinge nach einem von ihnen festgelegten Ordnungssystem zu sortieren oder nach einer immer gleichen Symmetrie auszurichten. Dabei muss beispielsweise der Bleistift grundsätzlich im rechten Winkel zum Block auf dem Schreibtisch liegen oder die Kleidung im Schrank nach bestimmten Kriterien sortiert sein. Unordnung ist für die Betroffenen prinzipiell nicht zu ertragen, so dass sie viel Zeit investieren, um ihr eigenen Ordnungsvorgaben aufrechtzuerhalten. Die Gedanken kreisen somit ständig um Ordnung und deren Umsetzung.
- Wiederholtes Zählen von Objekten und/oder Durchführung von Zählritualen. Dabei müssen beispielsweise bestimmte Zahlenabfolgen immer wieder gedanklich durchgegangen werden oder ausgewählte Objekte (z. B. vorbeifahrende Autos, Verkehrsschilder, Fusseln auf Kleidungsstücken etc.) gezählt werden. Zudem können mit dem Zählzwang bestimmte Rituale verbunden werden, wie z.B. genau fünfmal kauen zu müssen, bevor das Essen runtergeschluckt wird (vgl. zwaenge.de).
Die Betroffenen empfinden die ständige Ausführung der Handlungen als extrem unangenehm und belastend und sind sich durchaus darüber bewusst, dass sie keineswegs sinnvoll sind. Teilweise werden die Ausführungen der Handlungen bis zur Erschöpfung praktiziert und führen zu einer erheblichen Einschränkung des alltäglichen Lebens. Im Extremfall kann es vorkommen, dass ein Zwangserkrankter nicht mehr in der Lage ist sein Haus zu verlassen oder einer Arbeit nachzugehen. Ihr ganzes Leben kreist nur noch um die Ausführung der Zwangshandlungen und lässt keinen Platz mehr für einen „normalen“ Tagesablauf. Wenn es Betroffenen nicht möglich ist ihre Zwangshandlungen sofort auszuführen, können sie ihren Zwang nur insofern kontrollieren, als dass er dann zu einem späteren Zeitpunkt ausgeführt werden muss (vgl. Rachman, 2000, S. 146).
2.7 Häufige Begleiterkrankungen (Komorbidität)
Zwangsstörungen treten sehr häufig in Kombination mit anderen Krankheiten auf. Die Abgrenzung der einzelnen Krankheitsbilder gestaltet sich jedoch sehr schwierig. Eine sorgfältige Diagnostik ist daher unerlässlich.
Zu den wichtigsten Begleiterkrankungen zählen:
- Depressionen
- Ängste und Phobien
- Sucht und Abhängigkeit
- Persönlichkeitsstörungen
3. Ursachen von Zwangsstörungen
Zwänge und deren Ursachen sind nach wie vor ungewöhnlich rätselhaft und stellen Therapeuten und Patienten immer wieder auf eine harte Probe. Auch heute noch sind Experten weit davon entfernt, eine einheitliche Theorie der Entstehung und Aufrechterhaltung von Zwängen vorweisen zu können. Nach heutiger Erkenntnis spielen verschiedene Faktoren eine entscheidende Rolle. So können genetische Veranlagungen, biografische Lebensereignisse mit spezifischen und oftmals traumatischen Belastungssituationen, neurobiologische und neurochemische Faktoren sowie psychologische Faktoren für eine Zwangsstörung verantwortlich sein. Häufig bedingt kein einzelner Faktor für sich alleine das Auftreten einer Zwangsstörung, sondern verschiedene Gründe sind für den letztendlichen Ausbruch dieser Erkrankung verantwortlich. Bei jedem Menschen muss daher individuell auf die Ursache für die Entstehung einer Zwangserkrankung eingegangen werden. „Das Zusammentreffen einer vorhandenen erblichen Veranlagung und einer akuten psychischen Belastung“ (Althaus et al 2008, S. 101) scheint jedoch oftmals ein entscheidender Auslöser zu sein. Daher werde ich im Folgenden die psychologischen Erklärungsmodelle näher erläutern.
3.1 Das psychoanalytische Erklärungsmodell
Eine erste umfassende psychologische Erklärung für Zwangsstörungen lieferte 1894 Sigmund Freud mit dem Modell der sogenannten Zwangsneurose. Demnach stehen „triebhafte und unmoralische Wünsche“ einerseits und „Forderungen des Gewissens“ andererseits in Widerstreit und führen zu Zwangsstörungen (Althaus et al 2008, S. 83). Zwänge sind somit „das Ergebnis eindeutig benennbarer psychischer Prozesse“ und wurden mit dieser Definition erstmalig als psychische Erkrankung betrachtet (Althaus et al 2008, S. 83). Freud ging davon aus, dass Zwangsneurosen ein einheitliches Krankheitsgeschehen darstellen, welches in einem Konflikt in der analen Phase begründet liegt. In der analen Phase strebt das Kind nach Eigenständigkeit, wodurch es in Konflikt mit den Eltern geraten kann (vgl. zwaenge.info). Wird das Bedürfnis nach Autonomie wiederholt eingeschränkt oder bestraft, kann dies zu einem sehr strengen Über-Ich führen. Aufkommende sexuelle oder aggressive Triebimpulse werden dann von dem strengen Über-Ich verurteilt, so dass ein Konflikt zwischen Über-Ich und Es entsteht. Das „Es“ repräsentiert dabei die unbewusst wirkenden Triebkräfte eines Menschen (vgl. zwaenge.info/Althaus et al 2008, S. 84). Als Folge daraus entstehen die Zwangsstörungen, mit deren Hilfe versucht wird die Triebimpulse durch die Zwangsrituale zu neutralisieren. Die Zwangssymptome sind somit laut Freud „das Ergebnis eines ständigen Kampfes zwischen den Trieben einerseits und den Abwehrmechanismen andererseits“ (Althaus et al 2008, S. 84).
Freuds Konzept der Zwangsneurose wurde seitdem vielfach überarbeitet und diente als Inspiration für viele Psychiater und Psychotherapeuten. Jedoch musste Freud für sein Modell auch viel Kritik hinnehmen. Trotz komplexer, psychodynamischer Erklärungsansätze erwies sich die Therapie von Zwängen als sehr hartnäckig und große Erfolge blieben meistens aus (vgl. Althaus et al 2008, S. 88). Daher hatte die Erkrankung irgendwann den Ruf schwer oder gar nicht behandelbar zu sein. Mitte des 20. Jahrhunderts gewannen dann die lern- und verhaltenstherapeutischen Modelle sowie kognitive Konzepte eine tragende Rolle bei der Erklärung von Zwängen. Geblieben ist bei allen psychoanalytischen Ansätzen jedoch die Überzeugung, dass bei der Entstehung von Zwangsstörungen „ungelöste innerpsychische Konflikte“ eine bedeutende Rolle spielen und ihre wesentliche Funktion in der „Bewältigung unterschiedlicher Formen und Facetten von Ängsten liegen“ (Althaus et al 2008, S. 87). Was aus psychoanalytischer Sicht besonders bedeutsam ist, ist die Möglichkeit für den Erkrankten, durch die Ausführung und exzessive Beschäftigung mit seinen Zwängen, den dafür verantwortlichen Konflikt zu verdrängen. Dieses Phänomen wird auch als „primärer Krankheitsgewinn“ bezeichnet und hat sehr negative Auswirkungen (Althaus et al 2008, S. 83/87). Das Erkennen von verdrängten Konflikten scheint demnach ein bedeutender Schritt zu sein, um dem Phänomen der Zwangsstörungen etwas näher zu kommen.
3.2 Das verhaltenstherapeutische Erklärungsmodell
Aus verhaltenstherapeutischer Sicht handelt es sich bei Zwangsstörungen um ein erlerntes Verhalten, wodurch die Möglichkeit besteht, dieses Verhalten auch wieder zu „verlernen“ (vgl. Althaus et al 2008, S. 89).
Zwei der bekanntesten Erklärungsmodelle sind die Zwei-Faktoren-Theorie von Orval Hobart Mowrer sowie das kognitive Modell von Paul Salkovski.
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- Quote paper
- Anonymous,, 2021, Verhaltenstherapie bei Zwangsstörungen. Ursachen und Therapiemöglichkeiten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1321613
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