In dieser Arbeit soll das Ziel verfolgt werden, einen oder mehrere Exklusionseffekte des Anerkennungsgesetzes vom April 2012 aufzudecken. Dabei werden ebenso die aufenthaltsrechtlichen Regelungen betrachtet, da eine getrennte Betrachtung vom Anerkennungsgesetz nicht zielführend ist.
In unserer Priorisierung soll der mangelnde Nutzen des Anerkennungsgesetzes durch Exklusionseffekte aufgezeigt werden. In der zweiten Priorität steht der Einfluss des Aufenthalts- beziehungsweise Asylgesetzes auf den Exklusionseffekt des Anerkennungsgesetzes. Dabei soll der Zweck verfolgt werden, eben diese Exklusionseffekte und deren Folgen darzustellen, um so dieses Problem deutlich zu machen und Handlungsempfehlungen ansprechen zu können.
Hinsichtlich der Reichweite unserer Fragestellung bezieht sich diese auf Gesetze, welche Asylsuchende und Migranten ohne Niederlassungserlaubnis betreffen. Ausgegrenzt werden bei dieser Betrachtung die Migranten, die durch ihren rechtlichen Status der einheimischen Bevölkerung hinsichtlich der Allokation von Privilegien gleichgestellt sind.
Die demografische Entwicklung der Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland stellt nach derzeitigen Daten des statistischen Bundesamtes ein erhebliches Problem zur Deckung des zukünftigen Fachkräftebedarfes dar. Die Bevölkerung reduziert sich mit voranschreitender Zeit durch mangelnde Fertilität in Relation zu steigender Mortalitätsrate. Einwanderung beziehungsweise Migration wird dadurch zu einem immer wichtigeren Bestandteil, um einem zukünftig ausgeprägten Fachkräftemangel begegnen zu können.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung Groth, Norman
1.1 Problemlage und Fragestellung
1.2 Zielsetzung, Zweck und Reichweite der Fragestellung
1.3 Struktur der Arbeit
2. Exklusionstheorien Groth, Norman
2.1 Die Irrelevanz der Exkludierten? - systemtheoretisches Paradigma
2.2 Soziale Schließung der Gesellschaft - handlungstheoretisches Paradigma
2.3 Organisational inkludierende Exklusion - devianztheoretisches Paradigma
2.4 „Die Anderen“ und stratifizierte Rechte - migrationspädagogisches Paradigma
3. Fachkräftemangel in Deutschland Groth, Norman
3.1 Der demografische Wandel - Definition, Prognose und Herausforderung
3.2 Flüchtlinge und Migranten - Die Paradoxie zwischen Exklusion und Mangel
3.2.1 Wanderungsbilanz
3.2.2 Partizipation am Arbeitsmarkt
3.2.3 Fachkräftemangel, Vakanzzeiten und Folgen für Wirtschaft und Sozialsystem
4. Rechtliche Grundlagen
4.1 Das Grundgesetz
4.2 Das Asylverfahrensgesetz
4.2.1 Definition
4.2.2 Das Asylverfahren
4.3 Das Aufenthaltsgesetz
4.3.1 Befristete Aufenthaltserlaubnis
4.3.2 Niederlassungserlaubnis
4.3.3 Duldung
4.3.4 Blaue Karte EU
4.4 Das Anerkennungsgesetz
4.4.1 Gleichwertigkeitsfeststellung
4.4.2 Das Anerkennungsverfahren
4.5 Exkurs: Deutscher und Europäischer Qualifikationsrahnien
4.5.1 Der Europäische Qualifikationsrahnien
4.5.2 Der Deutsche Qualifikationsrahnien
4.6 Zusaninienfassende Betrachtung
5. Exklusion durch Gesetze und deren Umsetzung
5.1 Oberflächliche Betrachtung
5.2 Exklusion im Wohlfahrtsstaat
6. Aktuelle Forderungen in der Flüchtlingsdebatte
7. Fazit
8. Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Erweiterung des handlungstheoretischen Ansatzes nach Parkin
Abb. 2: Wirkungsketten der Segregation
Abb. 3: Pädagogische Antwort auf das Phänomen des ,Anderen‘
Abb. 4: Bevölkerungsverteilung nach Alter und schwacher Zuwanderung
Abb. 5: Bevölkerungsverteilung nach Alter und starker Zuwanderung
Abb. 6: Wanderungsbilanz im geschichtlichen Verlauf
Abb. 7: Arbeitslosenquoten im Vergleich zwischen Ausländern und Deutschen
Abb. 8: Verteilung der Bevölkerung 2013
Abb. 9: Arbeitslosigkeit nach Strukturmerkmalen 2013
Abb. 10: Makroökonomische Darstellung eines Nachfrageüberschusses mit Demografieeffekt
Abb. 11: Vakanzzeiten für Fachkräftemangelberufe
Abb. 12: Professionsrechtliche Restriktion
Abb. 13: Beispielstruktur eines Niveaus des Europäischen Qualifikationsrahmens
Abb. 14: Beispielstruktur eines Niveaus des Deutschen Qualifikationsrahmens
Abb. 15: Einordnung der Qualifikationen
1. Einleitung
Die Einleitung unserer Arbeit wird sich nach drei Unterpunkten gliedern, um die Struktur übersichtlich darstellen zu können. In dem ersten Abschnitt werden Problemlage und Fragestellung vorgestellt, indem auch unser Erkenntnisinteresse dargestellt wird. Im zweiten Abschnitt zeigen wir die Zielsetzung, den Zweck und die Reichweite unserer Fragestellung auf. Im abschließenden, dritten Abschnitt der Einleitung werden wir den Aufbau der Arbeit vorstellen.
Es sei darauf verwiesen, dass auf eine gegenderte Bezeichnung aufgrund der Lesbarkeit verzichtet wurde. Alle Begriffe sind an beide Geschlechter adressiert.
1.1 Problemlage und Fragestellung
Die demografische Entwicklung der Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland stellt nach derzeitigen Daten des statistischen Bundeamtes ein erhebliches Problem zur Deckung des zukünftigen Fachkräftebedarfes dar. Die Bevölkerung reduziert sich mit voranschreitender Zeit durch mangelnde Fertilität in Relation zu steigender Mortalitätsrate. Einwanderung beziehungsweise Migration wird dadurch zu einem immer wichtigeren Bestandteil, um einen zukünftig ausgeprägten Fachkräftemangel begegnen zu können. Der Fachkräftemangel drückt sich bereits heute durch zunehmende Engpässe in identifizierten Fachkräftemangelberufen aus, da Unternehmen oder andere Organisationen Schwierigkeiten haben, diese langfristig decken zu können. Der Bewerberpool scheint nach derzeitigem Stand kaum auszureichen. Der Diskurs über den Fachkräftemangel wird schon seit mehreren Jahrzehnten in der Wissenschaft diskutiertjedoch wurden bisherige Prognosen kaum in der gesellschaftspolitischen Debatte berücksichtigt. Die Herausforderung der Begegnung des Fachkräftemangels stellt daher eine zentrale Herausforderung für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft dar.
Die Bundesrepublik Deutschland hat ebenso mit zunehmenden Flüchtlingsbewegungen zu tun, was durch die Medienlandschaft tagtäglich dargestellt wird. „Schon vor einem Tag kursierten Zahlen, nun sind sie offiziell: Die Bundesregierung rechnet in diesem Jahr mit bis zu 800.000 Asylbewerbern. Das teilte Bundesinnenminister Thomas de Maizière(CDU) am Mittwoch in Berlin mit. Dies wäre der größte Zustrom von Flüchtlingen seit Bestehen der Bundesrepublik. ,Das ist eine Herausforderung für uns alle’."1 Daraus ergibt sich auch ein dementsprechendes Erkenntnisinteresse aus der Kombination beider Herausforderungen. Dies ist begründet darin, wie mit beiden Herausforderungen umgegangen werden kann oder ob nicht sogar die Herausforderung der zunehmenden Flüchtlingsströme einen Teil der Lösung der Herausforderung des Fachkräftemangels darstellen kann. Dabei muss ebenso berücksichtigt werden, wie derzeitig mit Asylsuchenden und Migranten in der Bundesrepublik hinsichtlich der Partizipation am Arbeitsmarkt umgegangen wird. Die Bunderepublik Deutschland gibt dies durch die entsprechende Gesetzgebung vor, die eine Inklusion oder eine Exklusion nach sich ziehen kann. Da bei der Besetzung von Stellen auf dem Arbeitsmarkt auch immer Qualifikationen des Bewerberpools in Betracht gezogen werden, ist es von Interesse, wie dies bei Migranten in Deutschland umgesetzt wird. Daraus ergibt sich in dieser Arbeit folgende Fragestellung: Führt das Anerkennungsverfahren ausländischer Bildungsabschlüsse vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels zu einem Exklusionseffekt von Migranten beziehungsweise Asylsuchenden?
1.2 Zielsetzung, Zweck und Reichweite der Fragestellung
In dieser Arbeit soll das Ziel verfolgt werden, einen oder mehrere Exklusionseffekte des Anerkennungsgesetzes vom April 2012 aufzudecken. Dabei werden ebenso die aufenthaltsrechtlichen Regelungen betrachtet, da eine getrennte Betrachtung vom Anerkennungsgesetz nicht zielführend ist. In unserer Priorisierung soll der mangelnde Nutzen des Anerkennungsgesetzes durch Exklusionseffekte aufgezeigt werden. In der zweiten Priorität steht der Einfluss des Aufenthalts- beziehungsweise Asylgesetzes auf den Exklusionseffekt des Anerkennungsgesetzes. Dabei soll der Zweck verfolgt werden, eben diese Exklusionseffekte und deren Folgen darzustellen, um so dieses Problem deutlich zu machen und Handlungsempfehlungen ansprechen zu können. Hinsichtlich der Reichweite unserer Fragestellung bezieht sich diese auf Gesetze, welche Asylsuchende und Migranten ohne Niederlassungserlaubnis betreffen. Ausgegrenzt werden bei dieser Betrachtung die Migranten, die durch ihren rechtlichen Status der einheimischen Bevölkerung hinsichtlich der Allokation von Privilegien gleichgestellt sind.
1.3 Struktur der Arbeit
Im ersten Kapitel betrachten wir vier exklusionstheoretische Ansätze, welche jeweils in vier Unterkapiteln separat beleuchtet werden. Im ersten Unterkapitel betrachten wir das systemtheoretische Paradigma, indem wir zunächst Luhmanns Betrachtung auf Exklusion darstellen. Dem gegenübergestellt zeigen wir die kritische Reflexion von Luhmann durch Nassehi auf, welche die Irrelevanz der Exkludierten bezweifelt. Dabei soll vor allem das Verhältnis von Funktionssystemen zu Exkludierten dargestellt werden. Im zweiten Unterkapitel betrachten wir das handlungstheoretische Paradigma, das besonders durch die Theorie sozialer Schließung zu erklären ist. Dabei gehen wir zunächst auf Webers handlungstheoretischen Ansatzes ein, danach betrachten wir die zwei Erweiterungen des Weberschen Ansatzes nach Parkin und Murphy. Dabei sollen vor allem die Schließungsprozesse von Exklusion sowohl formal als auch informell dargestellt werden. Im dritten Unterkapitel betrachten wir das devianztheoretische Paradigma, indem wir den Staat als formal lenkende Organisation in Exklusionsprozessen darstellen. Dabei erweitern wir den Begriff der inkludierenden Exklusion um die organisationale Dimension. Im abschließenden Unterkapitel betrachten wir das migrationspädagogische Paradigma, was vor allem die Symbolik in der Zuschreibung von Fremdheit darstellen soll und somit Exklusion als informell wirkenden Prozess begreiflich machen kann.
Im zweiten Kapitel betrachten wir die Arbeitsmarktdaten hinsichtlich der demografischen Entwicklungen und dem Fachkräftemangel. Zu Beginn werden wir zunächst auf die demografischen Veränderungen eingehen, welche deutlich machen sollen, dass die Herausforderung eines Fachkräftemangels durch die zunehmende Veralterung der Gesellschaft hervorgerufen wird. Darauf folgend stellen wir die Paradoxie von Mangel und Exklusion dar, indem Wanderungsbilanzen und Arbeitslosenquoten von Ausländem ins Verhältnis zu den Prognosen des demografischen Wandels betrachtet werden. Danach betrachten wir den Fachkräftemangel an sich, also was dieser bedeutet und wie er sich wirtschaftlich und sozial in der Bundesrepublik auswirken könnte.
Im dritten Kapitel betrachten wir daraufhin die gesetzlichen Grundlagen der bestehenden Ausländergesetzgebung und dem Anerkennungsgesetz vom April 2012. Dabei sollen das Gerüst, die das Grundgesetz bildet dargestellt werden. Darauf aufbauend werden das Asylverfahren und die Aufenthaltsrechtlichen Bedingungen erläutert. Dies soll als Grundlage dienen, um im nachfolgenden Kapitel der kritischen Reflexion Exklusionseffekte aufdecken zu können und zugleich die prekäre Problemlage zu verdeutlichen.
Im vierten Kapitel gehen wir auf die rechtlich bedingten Exklusionseffekte ein, indem wir darstellen, wie unter Berücksichtigung der exklusionstheoretischen Ansätze, Exklusionseffekte generiert werden. Dabei wollen wir herausstellen, dass ein Exklusionseffekt gemäß der handlungstheoretischen Grundlage auf zwei Ordnungen zu beziehen ist.
Im fünften Kapitel gehen wir auf die aktuellen Forderungen aus Gesellschaft, Politik und Wirtschaft ein, indem wir zum einen Exklusionsbestrebungen als auch Inklusionsbestrebungen darstellen. Dabei soll deutlich werden, dass Inklusion nur dann Sinn macht, wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen ihre Grenzen neu definieren und somit einen Abbau von Exklusionsmechanismen begünstigen.
Im abschließenden Fazit fassen wir unsere Ergebnisse zusammen, um so die Fragestellung zu beantworten und einen Ausblick und gegebenenfalls Handlungsempfehlungen zu generieren.
2. Exklusionstheorien
Um das Phänomen der Exklusion in einer Gesellschaft begreifen zu können, bedarf es der Hinterlegung von theoretischen Überlegungen. Wie sich in der Einleitung gezeigt hat, ist die Bundesrepublik Deutschland mit vermehrten Flüchtlingsströmungen konfrontiert, mit denen es umgehen muss. Die Bundesrepublik Deutschland ist als Organisation zu verstehen, welche als Bestandteil des Systems der Gesellschaft Einfluss auf Exklusion und Inklusion nehmen kann. „[---] von Ausschluss zu sprechen führt dazu, Grenzsituationen zu verselbstständigen, die aber nur Sinn annehmen, wenn man sie in einen Prozess zurückversetzt. Unter Exklusion ist nämlich der Zustand all derer zu verstehen, die sich außerhalb der lebendigen sozialen Austauschprozesse gestellt sehen.“2
Exklusion kann also nicht aus einer einzelnen Situation heraus entstehen, sondern stellt einen Prozess innerhalb eines sozialen Systems dar. Exklusion beschreibt dabei den Prozess des Ausschlusses in Bezug auf unterschiedliche Randgruppen. Die Reichweite unserer Fragestellung bezieht sich in dieser Arbeit auf die Exklusion von Migranten, in derer auch die Gruppe der Asylsuchenden inkludiert ist, da sie voneinander nicht zu trennen sind. Armut wird als Ursprungsdebatte zur Exklusion in der Wissenschaft identifiziert, was den Bezug nimmt auf den Wegfall der sozialen Identität durch den Verlust der Arbeit und somit dem Verlust der Partizipation an der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebenswelt. Die Folge einer Exklusion istjedoch unabhängig ihres Ursprunges sehr ähnlich. So beschreibt Bude die Exklusion implizit als Degradierung des sozialen Status. „Exklusion bezeichnet heute in den meisten Fällen Situationen, die eine Degradierung gegenüber einer früheren Position beinhalten.“3 Wie im späteren Unterkapitel der migrationspädagogischen Perspektive erkennbar sein wird, ist diese Degradierung ebenso auf die Reichweite unserer Fragestellung anwendbar. Die Asylbewerber, also Migranten, die aus einer Notsituation heraus, ihr Heimatland verlassen mussten, unterwerfen sich einen organisational bestimmten Sozialstatus, da sie ihr früheres soziales und wirtschaftliches Gefüge aufgeben mussten. Der soziale Status eines Fremden, oder ,die Anderen‘, wie Mecheril diese phänomenologische und gesellschaftliche Zuteilung beschreiben würde, impliziert zunächst eine Unterscheidung von Einheimischen und Ausländem. Die Degradierung erscheint somit zunächst vollkommen in der Separation der mehrheitlichen einheimischen Bevölkerung beziehungsweise Gesellschaft.
„In den meisten Fällen ist der ,Ausgeschlossene‘ in Wirklichkeit ein Entkoppelter, Entbundener (désaffilié), dessen Bahn aus einer Reihe von Abkoppelungen von früheren, mehr oder weniger stabilen oder instabilen Gleichgewichtszuständen besteht.“4 Diese Entkoppelung von dem sozialen Leben geht aus einer komplizierten Kombination von Zuschreibung einher. „Erst komplizierte Kombinationen von Zugehörigkeit und Nichtzugehörigkeit, von Teilnahme und Ausgeschlossen sein können die sich wandelnden sozialen Teilhabeformen der Fremden und der Armen adäquat beschreiben.“5 Zugehörigkeit und Nichtzugehörigkeit kann dabei von der organisationalen Struktur eines Staates vorgenommen werden sowie durch die Struktur innerhalb einer Gesellschaft. Dies beschreibt die Zuschreibung des Status eines Fremden, indem die Nicht-Fremden sich von diesen abzugrenzen versuchen. Dies kann durch die Symbolik, wie den Besitz eines deutschen Passes, die Fremden eindeutig von den Nicht-Fremden abgrenzen, indem durch den deutschen Pass den Nicht-Fremden eine Teilhabe von Macht und Status zusichert.
„Wer fremd ist, lässt sich nur darüber bestimmen, wer nicht fremd ist; wer arm ist, darüber, wer nicht arm ist.“6 In Bezug auf die Asylsuchenden ist allein der Status des Fremdseins einhergehend mit dem Status der Armut. Im späteren Kapitel der Gesetzgebung, hier besonders das Aufenthaltsrecht, wird sich zeigen, dass die Asylsuchenden keine Arbeitserlaubnis haben und somit auf die wirtschaftliche Unterstützung angewiesen sind, die lediglich einen Mindestbedarf darstellt. Teilhabe ist somit durch organisationale Strukturen gekennzeichnet. „Armut ist - so zeigt die historische Forschung - über Einfluss, Besitz, über Teilhabe bzw. Nichtteilhabe an Macht, Kultur, Eigentum oder über Bedürftigkeit definiert worden.“7 Fremdheit kann, so paradox es auch klingt, unter anderem durch Typisierungen ähnlich dem deutschen Antidiskriminierungsgesetz abgeleitet werden. „Fremdheit kann über Herkunft, Ethnizität, Religion, Nation, Sprache, Kultur oder Zukunft definiert werden.“8 Diese Zuschreibungen können im Rahmen der Institution Gesellschaft sowohl positiv als auch negativ konnotiert wahrgenommen werden. Bei der Beschreibung von Exklusion und Inklusion ist nach Bohn die Einbeziehung von Beobachtungen unabdingbar. Es macht die Phänomene greifbarer und wesentlich geeigneter für die Analyse von Exklusions- und Inklusionszuschreibungen. „Man könnte sie unter den Überschriften: Prekarisierung, innen-Außen-Differenz, Segregation und Grenzziehung zusammenfassen.“9
Diese sowohl negative als auch positive Zuschreibung von Fremdheit ist angesichts der in der Einleitung erwähnten ansteigenden Zahl von Asylsuchenden in Deutschland und der damit einhergehenden Reaktion der Gesellschaft als Phänomen beschreibbar. Die in den Medien berichtete Verbreitung der Pegida Bewegung gegen Asylsuchende ist hier ein Beispiel für die negative Zuschreibung von Fremdheit. So wurden die Fremden dadurch identifiziert, dass sie einer anderen Religion angehörten als die der eigenen. Jedoch war schnell zu bemerken, dass eine angebliche Angst vor der Islamisierung ein Deckmantel für fremdenfeindliches Gedankengut stand. Diese Bewegung lehnt eine Inklusion von Asyl in die Gesellschaftsstruktur ab. Hingegen dieser negativen Zuschreibung, gab es jedoch einen Großteil der Bevölkerung, der sich zu einer positiven Zuschreibung von Fremdheit entschloss. Dieser Teil der Bevölkerung solidarisiert sich mit den asylsuchenden Migranten, indem sie diese Gruppe als inklusiv und nicht als exklusiv betrachten.
Diese Divergenz zwischen positiver und negativer Konnotierung von Fremdheit zeigt auf, dass Inklusion und Exklusion nicht unmittelbar in Bezug ihrer Erscheinung im Phänomen selbst zu trennen sind.
Daher möchten wir an dieser Stelle eine systemtheoretische Unterscheidung der Begriffe Inklusion und Exklusion unter Bezugnahme von Luhmann durchführen. Dies ist in dieser Weise sinnvoll, da wir im dritten Unterkapitel auf den von Bohn geprägten Begrifflichkeit der inkludierenden Exklusion eingehen werden.
2.1 Die Irrelevanz der Exkludierten? - systemtheoretisches Paradigma
Luhmann bezeichnet die Inklusion als Mechanismus, welcher durch Kommunikationszusammenhänge in einem sozialen System entsteht und Menschen eine Relevanz innerhalb dieses Systems zuschreibt.10 Inklusion betrachtet nach Luhmann nicht das Individuum an sich in seiner psychischen Disposition in Inklusions- und Exklusionszusammenhängen, sondern betrachtet es als Teil eines sozialen Systems, welches durch Kommunikationszusammenhänge, Ausschluss und Einschluss steuert. Ausgeschlossene, also die Menschen, die im Gegenstandbereich der Kommunikationszusammenhänge im sozialen System keine Relevanz darstellen, werden nach Luhmanns Überlegung als Exkludierte betrachtet. Wenn von Systemen hier die Rede ist, handelt es sich nach Luhmann um Funktionssysteme, dessen exkludierte Menschen als nicht relevant und für Luhmann als unsichtbar erscheinen. Nassehi kritisiert bei dieser theoretischen Überlegung Luhmanns, dass sich phänomenologisch betrachtet, Abweichungen von realitätsbezogenen Debatten ergeben.11 „Dauerarbeitslose etwa oder Arme, Nicht-Sesshafte oder illegale Einwanderer, Bewohner von Banlieus oder Mitglieder sogenannter Parallelgesellschaften. Trotzdem, auch die gerne herangezogenen Extrembeispiele lassen nicht recht plausibel erscheinen, dass hier Personen nicht für relevant gehalten werden.“12 Luhmann deutet in der ersten Ausprägung seiner Auslegung von Inklusion und Exklusion zum einen auf die Exklusionsindividualität und zum anderen auf den Exklusionsbereich hin. Die Exklusionsindividualität leitet sich aus dem Defmitionsbereich des Individuums hinsichtlich seiner Positionierung im sozialen System beziehungsweise im Funktionssystem ab. Demnach kann das Individuum nur noch über die Exklusion definiert werden.13 Das Individuum muss sich stetig selbst beschreiben, um sich selbst in einer multiinklusiven Welt der Funktionssysteme selbst managen zu können. Aus dem Exklusionsbereich der Funktionssysteme heraus muss sich das Individuum einer Selbstbeschreibung unterziehen. Der Erwartungshorizont der Funktionssysteme gegenüber des Individuums wird durch dessen Routinen induziert.14 Die Funktionssysteme geben die Rahmenbedingungen vor, die es einem Individuum ermöglicht beziehungsweise vorgibt, wie weit die Selbstbeschreibung des Individuums selbst zu einem inkludierten Teil oder exkludierten Teil des Funktionssystems tendiert. Der Exklusionsbereich stellt dabei die Differenzierung der Selbstbeschreibung des Individuums zur Gesellschaft und derer Funktionssysteme dar, durch dessen Strukturen das Individuum eine Anerkennung seiner Selbstbeschreibung erfährt oder auch nicht. Nassehi beschreibt diesen Prozess als „organisierte Inklusion in Funktionssysteme“.15 Aus diesem Prozess ergeben sich wiederum soziale Karrieren, wie Nassehi es beschreibt, die sich auf die Inklusionschancen einesjeden Individuums ergeben. Luhmann sieht diese Inklusionschancen im direkten Kommunikationszusammenhang zwischen dem Individuum und demjeweiligen Funktionssystem. Hat das Individuum keine Inklusionschancen, so ist es dem Exklusionsbereich zuzuordnen, der seine eigene Selbstbeschreibung von der Intention des Funktionssystems als differenziert betrachtet. Karrieren werden hier im Sinne einer Allokation von Inklusionschancen betrachtet.
Als Beispiel sei an dieser Stelle anzuführen, dass es sich hinsichtlich unserer Fragestellung um die Gruppe der Asylbewerber und bereits Geduldeten handelt, welche sich durch ihre eigene Selbstbeschreibung von der Gesellschaft und derer Funktionssysteme differenzieren. So kann eine Inklusionschance damit verwirkt werden, dass der Asylbewerber nach Durchlaufen seines Asylverfahrens, den Status eines Geduldeten erhält. Somit induzieren die Funktionssysteme die Inklusionschancen auf den Bereich des Aufenthaltsrechtes. Wie im späteren Kapitel der rechtlichen Rahmenbedingungen erkennbar sein wird, gibt der Status eines Geduldeten wieder, inwieweit eine Inklusion derer überhaupt von den Funktionssystemen erwartet wird. So ist die Inklusionschance hinsichtlich des Eintritts in den Arbeitsmarkt gleich null, da eine Arbeitsaufnahme per se nicht vorgesehen ist. Das Funktionssystem der rechtlichen Dimension schließt in diesem Fall den Zugang zum Funktionssystem der ökonomischen Dimension aus, welches wiederum einen negativen Verlauf von Karrieren andeutet.16
Hinsichtlich der Bedeutungsvariante der Begriffe Inklusion und Exklusion der systemtheoretischen Betrachtung, ergibt sich hier die zweite Ausprägung. Die negativ verlaufenden Karrieren bezeichnen dabei einen Ausschluss aus den Funktionssystemen, was wiederum nach Luhmanns Verständnis, das Nichtrelevant halten von Menschen impliziert. Bei der Beschreibung von Inklusion bezieht sich Luhmann in seiner Logik auf den Vollzugang einesjeden Menschen zu allen Funktionssystemen, was wiederrum durch seine Beschreibung von Exklusion relativiert wird.17 „Funktionssysteme schließen, wenn sie rational operieren, Personen aus oder marginalisieren sie so stark, dass dies Konsequenzen hat für den Zugang zu anderen Funktionssystemen.“18 Da Luhmann die Inklusion zu allen Funktionssystemen, für die Lösung der Problematik sieht, stellt Nassehi heraus, dass eben diese Logik Luhmann zu einem Postulat umgewandelt wird.
„Zum einen ist das auf theoriekonstruktive Ursachen zurückzuführen - wer von Inklusion spricht, muss auch Exklusion zulassen, sonst kann der Begriff nichts qualifizieren“19, was wiederum der funktionalen Differenzierung, wie Luhmann dies beschreibt, widerspricht, da Exklusion sichtbar wird und für relevant gehalten wird. „Zum anderen scheinen auch hier die vielbeschworenen Phänomene sichtbar geworden zu sein. Liegt es nicht nahe, Exklusion zu sehen, wenn unproblematische Inklusionen in organisationsgestützten Karrieren prekärer werden und wenn die gewohnte inklusive Kraft nationalstaatlicher Arrangements nicht mehr greift?“20 An dieser Stelle sei zu erwähnen, dass sich dieses Paradoxon durch eine wechselseitige Rekursion begründet sieht, da Inklusion nicht unter Bezugnahme der Exklusion definiert werden kann und umgekehrt. Dies ist ebenso einhergehend mit der Annahme, dass keine Koordination von Inklusion unabhängig von Exklusion geben kann, da sich die individuellen Karrieren an knappe Inklusionschancen der Funktionssysteme gekoppelt betrachten lassen.21 So ist eine Irrelevanz von Menschen im Exklusionsbereich nicht gegeben, da sie mit den Inklusionschancen einhergehen.
Daher ist eine Unterscheidung der Begrifflichkeiten von Inklusion und Exklusion in ihrem operativen Zusammenhang unabdingbar. Dabei tritt besonders der soziologische Kontext von Organisationen in Erscheinung, welche in denjeweiligen Funktionssystemen eingebunden sind. Besonders wird die Rolle von Organisationen im zweiten Unterkapitel bezüglich einer inkludierenden Exklusion betrachtet, welches Aufschluss darüber geben wird, dass eben die Inklusion nicht getrennt von der Exklusion betrachtet werden kann und somit Luhmanns Annahme im realitätsbezogenen phänomenologischen Diskurs keine Anwendung finden kann, da er den Kommunikationszusammenhang mit Exkludierten per se für ausgeschlossen hält.
„Unterlegt man diese operative Theorieanlage, dann muss das auch Auswirkungen auf ein präzises Verständnis von Inklusion und Exklusion haben. So heißt es bei Luhmann explizit, Inklusion bezeichne die Bezeichnung von Menschen im Kommunikationszusammenhang. Was heißt dann Exklusion? Hier scheinen mir die Auskünfte von Luhmann widersprüchlich zu sein. So schreibt er, die Unterscheidung Inklusion/Exklusion sei eine ,systeminteme Unterscheidung', die insofern asymmetrisch gebaut sei, als nur die Innenseite der Unterscheidung, also Inklusion, sichtbar werde, die Außenseite aber, Exklusion, gewissermaßen als unsichtbarer Nebeneffekt mitlaufe. Die Beobachtung auf die andere Seite der Unterscheidung zu lenken, sei kaum möglich, denn das Unsichtbare könne manja nicht sehen.“22
In Funktionssystemen geht es dabei darum, dass diese ihre Anschlussfähigkeit aufrechterhalten können und dies dann ebenso eine Art Ordnung beschreibt. Doch wenn man von der Exklusion ausgeht, die eine Irrelevanz von Menschen nach Luhmann darstellt, so können Funktionssysteme eben dadurch ihren Anschluss verlieren, da sie auf bestimmte Optionen nicht zugreifen. Ebenso wäre es fatal zu behaupten, dass Menschen, die den Exkludierten zugeordnet werden, nicht ihre Irrelevanz kommunizieren zu wollen. „Damit bekommt die Unterscheidung Inklusion/Exklusion eine paradoxe Form, denn die Exklusion ist dann eine Inklusion [...]. Inklusion ist unvermeidlich, weil Kommunikation stattfindet, und Exklusion ist möglich, weil Kommunikation und weitere Folgen kommunikativ abgelehnt werden können.“23
Exkludierte werden dann in der sozialen Ordnung sichtbar, wenn die Selbstbeschreibung der Funktionssysteme hinsichtlich des Exklusionsbereiches ihren Rejektionswert definiert. Im rationalen Umgang mit dem Rejektionswert kann dann neu definiert werden, wenn sich neue Optionen auf neue Handlungsfelder eröffnen. So ist die von Luhmann getroffene Annahme der Irrelevanz von Exkludierten schnell verworfen, wenn es darum geht die Anschlussfähigkeit des Funktionssystems zu erhalten. So zeigt sich im dritten Kapitel, dass zum Beispiel der demographische Wandel hinsichtlich dessen Auswirkungen auf den Fachkräftemangel, eine Veränderung des Rejektionswertes des ökonomischen Funktionssystems erforderlich macht, da gerade diesem System durch den Wegfall von qualifizierten Nachwuchskräften in ihrer Anschlussfähigkeit bedroht ist. „Exklusion ist für Funktionssysteme in diesem Sinne nicht im Geringsten ein blind waltender Vorgang, sondern im Gegenteil die Konfrontation mit dem eigenen Rejektionswert, die schnell vergessen wird, sobald sich andere, gewohnte Optionen eröffnen.“24
Aus dieser Einführung zu diesem Kapitel kann somit festgehalten werden, dass eine separate Unterscheidung von Inklusion und Exklusion im realitätsbezogenen phänomenologischen Diskurs nicht möglich ist, da Inklusion und Exklusion sich gegenseitig bedingen. Dies bezeichnen wir als wechselseitige Rekursion. Vielmehr ist die Einheit von Inklusion und Exklusion, so paradox es auch scheint, zu betrachten, da auf operativer Ebene der Funktionssysteme dessen Rejektionswert verändert werden kann. Diese Veränderung beschreibt dann das Ziel der Aufrechterhaltung der Anschlussfähigkeit, wie dies auch im dritten Kapitel unter Betrachtung des Fachkräftemangels gezeigt wird. Im nächsten Unterkapitel betrachten wir daher zunächst, wie sich Exklusion hinsichtlich der sozialen Schließung ausdrückt und betrachten dies als eine Theorie, die das Phänomen der Exklusion beschreiben soll.
2.2 Soziale Schließung der Gesellschaft - handlungstheoretisches Paradigma
In diesem Unterkapitel werden wir uns kurz mit der Theorie der sozialen Schließung, indem aufgezeigt wird, wie Parkins und Raymond Murphy die Theorie von Max Weber erweitert haben, sodass dieser handlungstheoretische Ansatz in Bezug auf mehrere soziale Beziehungen angewendet werden kann, um Inklusions- und Exklusionsmechanismen erkennen zu können. Weber beschreibt die Offenheit und Geschlossenheit als Grundlage der Theorie einer sozialen Schließung innerhalb einer Gesellschaftsordnung. Es geht bei ihm darum, dass eine Monopolisierung hinsichtlich der Allokation gesellschaftlicher Zugangschancen von Ressourcen vorgenommen wird.23 24
„Der Schwerpunkt liegt dabei auf jenen Prozessen, in denen sich gesellschaftliche Gruppen durch Mechanismen der Maximierung ökonomischer Chancen und der Monopolisierung gesellschaftlicher Ressourcen andere unterordnen.“25 Diese Prozesse von Offenheit und Geschlossenheit in einer Gesellschaft können nach Weber „traditionell, affektuell, wert- oder zweckrational bedingt sein.“26 Diese einzelnen Bedingtheiten ordnet Weber der Geschlossenheit sozialer Beziehungen zu. Traditionell bedingte Prozesse der Geschlossenheit meinen in seinem Sinne, die Geschlossenheit der Familie zu bewahren. So grenzt sich die Familie durch dementsprechende Zugehörigkeitsordnungen, zum Beispiel durch biologische Abstammung, von den anderen ab. In der affektuellen Bedingtheit geht es vielmehr um die zwischenmenschlichen Beziehungen, welche sich von anderen Beziehungen abgrenzen. Wertrationale Geschlossenheit kann zum Beispiel durch der Glaubenszugehörigkeit oder der Zugehörigkeit einer Wertegemeinschaft hergestellt werden. So können demnach Zuwanderer aus einer anderen Nation, die eine andere Werteordnung zugewandt sind, als ,Andere‘ nach dem Mecherilschen Verständnisses von der eigenen Werteordnung exkludiert werden. Zweckrational bedeutet im Weberschen Kontext den Prozess der Geschlossenheit im ökonomischen Kontext. Nach Weber folgt der Schließungsprozess dem Ziel, dass die Konkurrenz um die Verteilung von Ressourcen möglichst gering zu halten ist, um den eigenen Monopolanspruch zu sichern. Weber beschränkt sich dabei aber nur auf die ökonomischen Chancen der Maximierung. „Weber geht davon aus, dass irgendein ,äußerlich feststellbares Merkmal eines Teils der (aktuell und potentiell) Mitkonkurrierenden: Rasse, Sprache, Konfession, örtliche oder soziale Herkunft, Abstammung, Wohnsitz usw. von den anderen zum Anlass genommen wird, ihren Ausschluss vom Mitbewerb zu erstreben.“27
Diese Ausführungen geben zumindest ein Indiz dafür, dass durch negative Diskriminierung als informelle Praktik, Exklusion gefördert werden kann. Da Weber nur auf die Maximierung von ökonomischen Chancen hinsichtlich der Theorie der sozialen Schließung Bezug nimmt, möchten wir die Ökonomie als Beispiel verwenden, um einen Bezug auf unsere Fragestellung herzustellen. Die informelle Praktik, die hier impliziert wird, kann zum Beispiel das Verlangen eines Unternehmens darstellen, sich die Qualifikationen, die benötigt werden, stets formal belegen zu lassen. So wird der Mitbewerberpool, also die Konkurrenz, kleiner, wenn zum Beispiel Asylbewerber beziehungsweise die Migranten aufgrund von Flucht und so weiter, keine Möglichkeit sehen, ihre Qualifikationen formal darlegen zu können. Diese Praktik ist insoweit informell, da kein Regulatorium seitens des Staates existiert, die eine Darlegung von formalen Qualifikationsnachweisen zur Aufnahme einer Beschäftigung fordert. Die Unternehmen sind also dabei frei in ihrer Entscheidung. Die Ausnahme bilden natürlich bestimmte Berufe, wie die medizinischen Tätigkeitsfelder. Weber beschränkt sich also hinsichtlich seines Schließungsmodells lediglich auf die Chancen der ökonomischen Maximierung. Jedoch zeigt sich, dass Weber in seinem Ansatz, die Exkludierten, also diejenigen, die von sozialer Schließung betroffen sind, keinesfalls aus der Betrachtung fällt. „Vielmehr definiert Weber mit den Möglichkeiten eines beschränkten Ausschlusses sowie der unter spezifischen Bedingungen möglichen Zulassung jene Kriterien, die die soziologisch interessante Perspektive des Schließungsansatzes auf differenzielle Grade der Inklusion und Exklusion von Individuen eröffnet.“28 29 Diese differenzielle Betrachtung unterscheidet sich maßgeblich von der systemtheoretischen Betrachtung Luhmanns. Von einer Nichtbeachtung von Exkludierten kann daher in der Weberschen Annahme nicht die Rede sein.
Einzig kann Weber vorgeworfen werden, dass es sich hinsichtlich seiner Reichweite zur Annahme von Schließungsprozesses um ökonomisch basierte, soziale Beziehungen handelt. Daher nimmt Parkin sechs Erweiterungen des handlungstheoretischen Ansatzes vor, welcher sich auf allen Ebenen sozialer Schließungsprozesse anwenden lassen könne. Dazu zeigen wir in der nachfolgenden Abbildung auf, welche zentralen Weiterentwicklungsschritte durch Parkin aufgezeigt werden, um eine höhere Reichweite hinsichtlich der Schließungsprozesse vorzunehmen ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Erweiterung des handlungstheoretischen Ansatzes nach Parkin29
„Ein erster Schritt in diese Richtung geht dahin, den Begriff der Schließung so auszudehnen, dass er auch andere Formen sozialen Konkurrenzhandelns einbezieht, bei denen es um die Maximierung von kollektiven Ansprüchen auf Vorteile und Erfolgschancen geht.“30 Daher ist eine Reduzierung der informellen Praktiken auf die soziale Schließung hinsichtlich auf den ökonomischen Zusammenhang inopportun, da die Reichweite von sozialer Schließung auf andere Phänomene in der Gesellschaft ebenfalls anwendbar erscheinen. Gerade hinsichtlich der Ausgrenzung von Menschen mit Migrationshintergrund und ebenso impliziert mit geringem sozioökonomischen Status zeigt sich hier eine Erweiterung der Theorie der Schließung erforderlich zu sein.31
Die erste Ausprägung, die wir hier erläutern werden, ist die Aktion und Reaktion. Parkin beschreibt dabei zwei Mechanismen, welche dieser Ausprägung in ihrer reziproken Dimension Ausdruck verleiht. Er geht davon aus, dass zumeist die Ausschließungsstrategien innerhalb einer Gesellschaft dominieren. Dies bedeutet, „dass eine soziale Gruppe den Versuch unternimmt, ihre Privilegien durch die Unterordnung einer anderen Gruppe zu erhalten oder zu vermehren, d.h. eine andere Gruppe oder Schicht als unter der eigenen stehend auszugrenzen.“32 Die Reziprozität entsteht dadurch, dass die Ausgegrenzten wiederum ihre Ressourcen beschränken und somit nach Parkin die Anzahl an Subgruppen erhöht werden. Dieser Prozess wird als Usurpationsstrategie bezeichnet, was den Widerstand der Ausgegrenzten ausdrückt, die bestehende Herrschaftsstruktur nicht annehmen zu wollen. Exklusion und Inklusion steht daher in einem wechselseitigen Zusammenhang um den Kampf der Allokation der Ressourcen. „Das Ringen um Exklusion oder Usurpation wird somit von zwei Seiten konzipiert: von der der Ausschließenden und von jener der Ausgeschlossenen, die je spezifische Strategien verfolgen. Schließung wird so als Resultat gesellschaftlicher Konflikte begriffen.“33 Parkin bezeichnet diesen Vorgang als Schließungsgleichung.
In der dritten Ausprägung beschreibt Parkin, den Einfluss von Machtverhältnissen, welche nicht untrennbar mit dem der Herrschaft zu betrachten ist. Ebenso spielt der Staat als Organisation eine zentrale Rolle. Macht bezeichnet nach dem Verständnis von Weber, dass eine Gruppierung ihre Interessen auch bei Widerstand einer anderen Gruppierung durchsetzen will, um so das Monopol von Herrschaft zu erlangen. Die Allokation von Macht innerhalb einer Gesellschaftsordnung kann somit als Auslöser der Schließungsgleichung sein, da sich die Mächtigen und die Unterdrückten in einem gesellschaftspolitischen Konflikt gegenübertreten.
Somit wird auch die vierte Ausprägung verständlicher, da beide Seiten der Schließungsgleichung jeweils ihre eigene politische Strategie verfolgen. Die Seite der Ausschließungsstrategie versucht ihr Verständnis von Macht ihres Herrschaftsgefüges zu stabilisieren und zu behaupten. Die Seite der Usurpationsstrategie hingegen, versucht diese Macht einer Neuallokation zu unterwerfen. Dabei ist es zunächst unerheblich, ob eine Gruppe für sich alleine steht oder durch den Raum der Unterstützer Solidarität erfährt. Im aktuellen Diskurs fordern Unterstützer von Asyl und Migration vermehrt eine Entschärfung der Aufenthaltsgesetzgebung einhergehend mit der Asylgesetzgebung. Somit stellt diese Forderung einen Widerstand gegen das bestehende Machtverhältnis dar, da sie ihr Herrschaftsgefüge verändern sollen.
In der fünften Ausprägung spricht Parkin von dem Phänomen der dualen Schließung innerhalb der exkludierten Gruppierung. Als Beispiel kann das aktuelle Konfliktpotential zwischen Roma und anderen Migrationsgruppen betrachtet werden. In der Realität ist es so, dass sich andere Migrationsgruppen von den Roma zu distanzieren versuchen und diese aus ihrer eigenen Gruppierung exkludieren.
In der sechsten Dimension betrachtet Parkin die Einflussnahme des Staates hinsichtlich sozialer Schließungsprozesse. So kann der Staat durch rechtliche Normierung, soziale Schließung als auch soziale Öffnung begünstigen. So wird sich im Kapitel der rechtlichen Rahmenbedingungen zeigen, dass Gesetze neben der informellen Praktiken, eine Schließung eines bestimmten sozialen Raumes schaffen.
Raymond Murphy erweitert die Schließungstheorie dahingehend, dass er zwischen der strukturellen Schließungsbeziehungen erster Ordnung und zweiter Ordnung unterscheidet.34 So beziehen sich die strukturellen Schließungsbeziehungen erster Ordnung und zweiter Ordnung auf die primären, abgeleiteten und kontingenten Formen von Schließungsprozessen.
Die primäre Form im Schließungsprozess bezeichnet zum Beispiel die rechtlichen Rahmenbedingungen, die ein bestehendes Herrschaftsgefüge implementiert. „Die primäre Exklusionsform bezieht sich auf ein Set von Schließungsregeln, das vom Rechtssystem (und daher letztlich auch vom militärischen) des Staates geschützt wird. Der Staat ist der entscheidende Akteur, der über Zugang zu oder Ausschluss von Macht, Ressourcen und Chancen in einer Gesellschaft entscheidet.“35 Nach Raymond Murphys Erweiterung des Werberschen und Parkinschen Ansatzes, ist der Staat im Mittelpunkt bei Exklusions- und Inklusionsprozesse eingebunden. Durch seine Macht der legislativen Gewalt, gibt er die Rahmenbedingungen vor, welche darüber entscheiden, wer als Exkludierter oder Inkludierter gilt.
Daran schließt sich dann die abgeleitete Exklusionsform an, welche sich aus der primären Exklusionsform ergibt. Hinsichtlich unserer Fragestellung zu einem Exklusionseffekt, der durch das Anerkennungsgesetz impliziert wird, lässt sich demnach folgendes festhalten. Der Staat gibt durch das Anerkennungsgesetz den Migranten und Asylsuchenden die Möglichkeit bestehende Bildungsabschlüsse anerkennen zu lassen, um einer Monopolisierungswirkung durch die abgeleitete Exklusion zu entgehen. Beschrieben werden kann dies besonders mit dem Kredentialismus. „Individualistische Ausschließungsregeln werden besonders deutlich im ,Kredentialismus‘; gemeint ist damit das Vertrauen auf Prüfungszeugnisse, wenn es darum geht, den Zugang zu wichtigen Positionen in der Arbeitswelt zu kontrollieren.“36
Abgeleitet meint in diesem Zusammenhang die Wirkung von staatlichen Rahmenbedingungen in der Wirtschaft und dessen Akteure. Während des Asylverfahrens habenjedoch die Asylsuchenden kein Recht eine Beschäftigung aufzunehmen. Gleiches gilt für die Menschen mit Migrationshintergrund, die den Status einer Duldung zugewiesen wurde und diese keine Arbeitserlaubnis erhalten haben. Daher kommt eine Anerkennung für diese Gruppierungen in ihrer Nutzenerfassung kaum zum Tragen, da diese durch die primäre Exklusionsform vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden.
In der kontingenten Exklusionsform zeichnet sich der Ausschluss von bestimmten Karrieren ab. So kann ein bestimmter Zulassungsgrund zu einer Berufssparte besonderen staatlichen Regeln unterliegen, welche eine Teilnahme an bestimmten Karrieren für bestimmte Gruppen ausschließt. So können Migranten, welche in ihrem Heimatland einen medizinischen Beruf ausgeübt haben, in Deutschland an der Zulassungsvoraussetzung scheitern, sodass selbst das Anerkennungsverfahren kaum Wirkung erzielen dürfte. Dies wird näher im fünften Kapitel der kritischen Reflexion unter Bezugnahme der aufgezeigten exklusionstheoretischen Annahmen betrachtet.
Diese drei Formen von Exklusionsformen bauen teilweise aufeinander auf und teilweise verlaufen diese emergent. Dies kann sich in der ersten Ausprägung um die eingangs benannte strukturelle Schließungsbeziehung erster Ordnung handeln, wenn ein Exklusionsmechanismus angesprochen wird. Zieht dieser eine Exklusionsmechanismus weitere Exklusionsmechanismen nach sich, spricht Murphy von der strukturellen Schließungsbeziehung zweiter Ordnung. Das heißt de facto, dass durch das Aufenthaltsgesetz die Gruppe der Geduldeten von bestimmten Zugängen abgehalten werden, wie der Aufnahme einer Beschäftigung und so weiter. Also ist die erste Schließung durch das Aufenthaltsgesetz und der Zuordnung eines Status geschehen, die die Gruppe der Geduldeten als Nicht-Zugehörig kennzeichnet. Darauf folgt ein weiterer sowohl formal als auch informell. Formal bedeutet dies, dass diese Gruppe vom Zugang zum Arbeitsmarkt abgehalten wird, als auch die Teilnahme an Integrationssprachkursen nicht für Geduldete vorgesehen ist. Informell findet ein Segregationsprozess statt, die sich durch den Begriff ,ghetto poor‘ von Wilson bestätigt sehen kann. Auch wenn der Staat durch die Einführung eines Anerkennungsgesetzes die Integration suggeriert, sindjedoch die Geduldeten in dem Nutzen dieses Gesetzes benachteiligt, da ihr Aufenthaltsstatus zu einer langfristigen Unterwerfung von strukturellen Schließungsbeziehungen zweiter Ordnung nach sich zieht.
Die informelle Folge ist daher ebenso in der Segregation zu suchen, die eine Schließung in der Gesellschaft begünstigt. Die auf der nachfolgenden Seite dargestellte Grafik nach Häußermann gibt einen kleinen Überblick darüber, wie Segregation stattfmden kann. Vorweg sei zu erwähnen, dass dies nicht nur auf Migration angewendet werden kann sondern ebenso auf andere Felder der Exklusionspraktiken.
Häußermann spricht dabei von langfristiger Isolation von Menschen, die eine langfristige Exklusion gerade bei Menschen mit anderem kulturellen Background begünstigen kann.
„Der integrative Charakter einer ethnischen Kolonie kann sich aber ändern und in sein Gegenteil verkehren, wenn sich illiberale Strukturen entwickeln, die zum Beispiel mit religiösen Begründungen ein bestimmtes Verhalten erzwingen, das die Bewohner von der Aufnahmegesellschaft isoliert. Das ist abhängig von der Verweildauer in einer solchen Subkultur - insbesondere aber davon, ob die Bewohner freiwillig oder erzwungen in einer solchen Kolonie leben. Bei unfreiwilliger Konzentration führt die Kolonie zu erzwungener Isolation.“37
Die primäre Schließungsform führt demnach zu sozialer Ungleichheit, was sich wiederum an der Teilhabe an Wohlstand und Zugängen zu Funktionssystemen ausdrücken kann. Dies führt dann zu einer negativen Diskriminierung der Gruppe der geduldeten Migranten und Asylbewerber von der Obrigkeitsgesellschaft. Hinsichtlich der Zuweisung von Wohnraum, werden Geduldete nach ihrem Asylverfahren auf einen bestimmten Standort verwiesen, die sich durch segregierte Gebiete ausweisen. Bei Asylbewerbern sind dies die Erstaufnahmelager und bei Geduldeten zum Teil betreute Wohnunterkünfte. Dabei besteht für diese Gruppen eine Residenzpflicht, das heißt, dass sie sich nicht ohne Genehmigung außerhalb des zugewiesenen Distriktes aufhalten dürfen. Daraus ergibt sich eben diese räumliche Ungleichheit zwischen den Bürgern des Aufnahmelandes und den Menschen mit Residenzpflicht. Die informelle Praktik wird durch diesen Fahrstuhleffekt generiert, da eine Integration durch die Einrichtung von ,ghetto poor‘ Bereichen unmöglich erscheinen lässt. Dies wird faktisch durch die erzwungene Isolation verstärkt. Es ergibt sich eben aus dieser Betrachtung und der impliziten Darstellung von struktureller Schließung erster und zweiter Ordnung zu Problemgebiete, die eine soziale Exklusion darstellen. Durch die Schließung des Zuganges zu dem Arbeitsmarkt, erfahren diese Gruppen Benachteiligung und Ausgrenzung, die durch informelle Praktiken eben diese Bestärkung erfahren.
Dieses Teilkapitel sollte unter Bezugnahme unserer Fragestellung die handlungstheoretische Perspektive von Exklusion und Inklusion darstellen, insbesondere die der Exklusion. Dabei wurde die Ausprägung der Schließungstheorie von Weber über Parkin bis zu Murphy skizziert und auf der Grundlage unserer Fragestellung mit Beispielen angewendet. In dem nächsten Unterkapitel betrachten wir die dritte Perspektive von Exklusion und Inklusion - das devianztheoretische Paradigma und der organisational inkludierenden Exklusion. Dabei steht der Staat als Organisation im Mittelpunkt der Betrachtung, da dieser bereits in der handlungstheoretischen Perspektive hervorgehoben wurde hinsichtlich seiner Beteiligungsmacht bei Inklusions- und Exklusionsprozessen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.3 Organisational inkludierende Exklusion - devianztheoretisches Paradigma
Wie in vorherigen Unterkapitel gezeigt wurde, hat der Staat selbst eine der tragenden Rolle in Inklusions- und Exklusionsprozessen. Den Staat möchten wir hier als Organisation nach der Luhmannschen Kategorisierung begreifen. „Der Soziologe Niklas Luhmann nutzt drei Merkmale - Mitgliedschaft, Zwecke, Hierarchien - , um die Besonderheit von Organisationen in der modernen Gesellschaft deutlich zu machen.39 Diese Merkmalsbeschreibung soll dabei helfen, dass devianztheoretische Paradigma der inkludierenden Exklusion zu deuten, insbesondere wie der Staat als Organisation mit der Abweichung der Normalität in Bezug auf Asyl und Migration umgeht. In Bezug auf die Mitgliedschaft, kann eine Organisation selbst entscheiden, wer überhaupt dazu gehören soll.40 In einem Staat kann dies durch die Ausweisung des Passes oder eines Aufenthaltsstatus symbolisch und rechtlich ausgedrückt werden. So schafft ein Staat eine gewisse Ordnung in ihrem Sinne, indem der Zugang zu bestimmten Ressourcen, den zugewiesenen Mitgliedern vorbehalten bleibt. Ebenso bestimmt der Staat als Organisation über die Anerkennung von Bildungstiteln für diejenigen, die sich innerhalb des Staatsgebietes aufhalten. Bourdieu beschreibt dies als Monopol der symbolischen Gewalt, welche ebenso über Exklusion und Inklusion entscheiden kann.41 Was aber genau bezüglich des Anerkennungsgesetzes einhergehend mit dem Aufenthaltsgesetz für ein Exklusionseffekt generiert wird, wird an späterer Stelle noch erläutert.
Der Zweck ist durch die Ordnung innerhalb einer Organisation bestimmt. So versucht der Staat als Organisation das Zusammenleben in ihrem Interesse zu regeln und zu gestalten. Genauso wie bei der Regelung zur Mitgliedschaft, bestimmt der Staat selbst, welcher Zweck direkt verfolgt wird. Hierarchien werden dadurch bestimmt, indem die Organisationen, wer welche Stellung — innerhalb der Organisation innehat und dadurch über eine gewisse Macht gegenüber anderen Personen verfügt. Auch wenn die Gesellschaft der Hierarchie des Staates eher eine untergeordnete Rolle einräumt, so ist durch ihre gesetzten Regeln eine Hierarchie durch dessen erzwungene Umsetzung nicht vollständig wegzudenken.
Devianz beschreibt die Abweichung von der gesellschaftspolitischen Definition von Normalität. Diese Abweichungen können über die Foucaultsche Auslegung in Bezug auf die Gefangenen auf Migration und Asylbewerber erweitert werden. Foucault beschreibt die Gefangenen eines Staates als Mitglieder der Gesellschaft und somit sind diese inkludiert. Jedoch werden sie durch ihre Isolation von Gesellschaft exkludiert. Überträgt man dies auf die Asylbewerber und Migranten mit Duldungsstatus, so lässt sich ein ähnliches Phänomen feststellen. Denn die Migranten und Asylbewerber sind allein durch ihre Anwesenheit und Interaktion mit der staatlichen Organisation inkludiert. Doch durch die rechtlichen Rahmenbedingungen in Form der Aufenthaltsgesetzgebung sind sie ebenfalls exkludiert, indem ihnen der Zugang zu bestimmten Privilegien verwehrt bleibt. Wie bereits oben beschrieben, haben Asylbewerber und Migranten mit Duldungsstatus eine Residenzpflicht und müssen sich daher in einem bestimmten zugewiesenen Distrikt aufhalten. „Während vormodeme Inklusionsund Exklusionspraktiken von einem Außen oder einemjenseits der Gesellschaft ausgehen, besteht das typisch moderne Inklusions-/ Exklusionsmuster - so meine Lesart des devianztheoretischen Paradigmas - in der Einrichtung von Asylen und Anstalten. Exklusion vollzieht sich jetzt nicht mehr durch Distanznahme und Meldung [...], sondern als kontrollierte Form der Distanznahme durch Überwachung.“42 Bohn beschreibt dieses Devianzphänomen als Folge der sozialen Ausgrenzung durch die Bestimmung der Abweichung von der Normalität in Form von Andersartigkeit als inkludierende Exklusion. Abweichungen von Normalität kann ebenso in der Kultur oder Ethnizität begründet sein, dessen Unanpassbarkeit in der Gesellschaftsordnung des aufnehmenden Staates begründet liegen kann.
Hierarchien werden dadurch bestimmt, indem die Organisationen, wer welche Stellung innerhalb der Organisation innehat und dadurch über eine gewisse Macht gegenüber anderen Personen verfügt. „Das Kerkersystem, wie Foucault die moderne Form des devianztheoretischen Inklusions-/ Exklusionsparadigmas nennt, ,stößt den Unanpaßbaren nicht in eine vage Hölle; es hat kein Außen. Wen es auf der einen Seite auszuschließen scheint, dessen nimmt er sich auf der anderen Seite wieder an‘.“43
Da der Staat, wie zu Beginn skizziert, eine Organisation darstellt, die durch die Festlegung von Mitgliedschaft einen Einfluss auf Exklusions- und Inklusionsmuster hat, sei eine Erweiterung des Begriffes der inkludierenden Exklusion um den Zusatz des Organisationalen notwendig. Um auf unsere Fragestellung Bezug zu nehmen, scheint die Annahme zu verfolgen, dass es sich um organisational inkludierende Exklusionsprozesse handelt, welcher sich in einem Exklusionseffekt innerhalb des Anerkennungsgesetzes einhergehend mit dem Aufenthaltsgesetz ergibt.
Formale Richtlinien, die durch die Organisation des Staates eingeführt werden, haben ebenso einen Bezug zu informellen Exklusionspraktiken hinsichtlich der Isolation von der Gesellschaft. Eine Teilhabe an Privilegien bezüglich des Anerkennungsverfahren schließt zunächst die Asylbewerber und Migranten mit Duldungsstatus ein, werden jedoch durch ihren Aufenthaltstitel in der Nutzeneinschätzung hinsichtlich des Zuganges zum arbeitsmarktpolitischen Umfeld gehindert. Dies wurde bereits im handlungstheoretischen Ansatz deutlich und wird in der kritischen Reflexion weiter vertieft.
Im nachfolgenden Kapitel wird die Devianz weiter deutlich, indem aus migrationspädagogischer Sicht die Abweichung von Normalität im devianztheoretischen Kontext hergestellt wird. Dabei geht es nicht nur um formale Strukturen von Zugehörigkeit und Nichtzugehörigkeit, sondern vielmehr um die informelle Praktik der Zuschreibung der Andersartigkeit mit dem von Mecheril geprägten Begriff des ,Anderen‘.
[...]
1 Spiegel Online, 2015
2 Bude, Willisch, 2008: 71
3 ebd.: 72
4 Bude, Willisch, 2008: 72
5 Bohn, 2008: 171
6 ebd.
7 Bohn, 2008: 172
8 ebd.
9 ebd.
10 vgl. Luhmann, 1994: 20
11 vgl. Nassehi, 2006: 50
12 Nassehi, 2006: 51
13 vgl. Luhmann, 1989: 158
14 vgl. Nassehi, 2006: 51
15 Nassehi, 2006:51
16 vgl. Nassehi, 2006: 52
17 vgl. Luhmann 1980: 168
18 Luhmann, 1995: 148
19 Nassehi, 2006: 53
20 ebd.
21 vgl. Nassehi, 2006: 53
22 Nassehi, 2006: 55
23 ebd.
24 ebd.
25 Mackert, 2004: 16
26 ebd.
27 Mackert, 2004: 16
28 Mackert, 2004: 16
29 vgl. ebd.: 17
30 Parkin, 2004: 30
31 vgl. Gaitanides, 2013: 256
32 Parkin, 2004: 31
33 Mackert, 2004: 17
34 vgl.Mackert, 2004: 18
35 Murphy, 2004: 97
36 Parkin, 2004: 34
37 Häußermann, 2006: 304
- Arbeit zitieren
- Norman Groth (Autor:in), 2015, Fachkräftemangel in Deutschland. Herausforderung der Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1320833
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