Mit dem Thema "Zum Verhältnis von Literaturauffassung und Biographie bei Albert Camus und Jean-Paul Sartre" soll untersucht werden, inwieweit die theoretischen Ansprüche an Literatur von Camus und Sartre mit ihrer eigenen Lebensweise und biographisch-bedingten Auffassungen korrespondieren.
Im Ablauf der Arbeit gliedert sich in drei Schritte. Zuerst wird Albert Camus mit dem theoretischen Werk "Der Mythos von Sisyphos" und seinem autobigraphischen Arbeit "Der erste Mensch" untersucht. Der zweite Teil analysiert Jean-Paul Sartres Position anhand der in "Was ist Literatur?" dargelegten Literaturtheorie und seiner Kindheitsbiographie "Die Wörter". Abschließend werden die beiden Autoren miteinanderverglichen.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Albert Camus
2.1 Literaturauffassung
2.1.1 Philosophie des Absurden
2.1.2 Literaturtheorie des absurden Kunstwerks
2.2 Biographie in Relation zur Literaturauffasssung
2.2.1 Die Autobiographie „Der erste Mensch“
2.2.2 Biographische Elemente im Verhältnis zu literatur-philosophischen Überlegungen
3 Jean-Paul Sartre
3.1 Literaturauffassung
3.1.1 Prosa und Poesie
3.1.2 Beziehung von Autor und Leser
3.1.3 Geschichtlichkeit des Schriftstellers
3.1.4 Literatur des 20. Jahrhunderts
3.2 Biographie in Relation zur Literaturauffassung
3.2.1 Die Autobiographie „Die Wörter“
3.2.2 Biographische Elemente im Verhältnis zu literatur-theoretischen Überlegungen
4 Vergleich von Albert Camus und Jean-Paul Sartre
5 Schlussbemerkung
6 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Mit dem Thema „Zum Verhältnis von Literaturauffassung und Biographie bei Albert Camus und Jean-Paul Sartre“ möchte ich untersuchen, inwieweit die theoretischen Ansprüche an Literatur von Camus und Sartre mit ihrer eigenen Lebensweise und biographisch-bedingten Auffassungen korrespondieren.
Im Verlauf der Untersuchung werde ich mich zuerst auf Albert Camus beziehen, um danach auf Jean-Paul Sartre einzugehen. Zuletzt werde ich beide Autoren miteinander vergleichen.
Aufgrund der Komplexität dieses Themas habe ich mich vor allem auf die Untersuchung von Primärquellen beschränkt.
Dafür in Frage gekommen sind für mich Camus‘ „Der Mythos von Sisyphos“ und „Der erste Mensch“ und Sartres „Was ist Literatur?“ und „Die Wörter“.
Bei der Darstellung von jeweils einer Position, werde ich so im ersten Schritt die philosophische Auffassung von Literatur darlegen, wie sie sich in einem entscheidenden philosophischen oder literatur-theoretischen Werk zeigt, um dann im zweiten Schritt durch die Vorstellung eines autobiographischen Werkes Bezüge zur vorher dargelegten Literaturtheorie herzustellen.
2 Albert Camus
2.1 Literaturauffassung
Da bei Camus Philosophie und Literaturauffassung sehr eng miteinander verbunden sind, werde ich im Folgenden Camus‘ Philosophie des Absurden kurz skizzieren, (hierbei habe ich als Grundlage „Der Mythos von Sisyphos“ benutzt,) indem ich die Schlüsselbegriffe erkläre. Damit werde ich auch bereits die zentralen Begriffe seiner Literaturtheorie vorwegnehmen, da nach Camus Kunst (und somit auch Literatur) das gleiche wie das Denken beinhalten soll[1]. Danach werde ich Camus‘ literatur-theoretischen Überlegungen explizit darlegen.
2.1.1 Philosophie des Absurden
Essentiell wichtig für Camus‘ Philosophie ist seine „Ausarbeitung der absurden Grundsituation des Menschen“[2].
Mit dem Gefühl der Absurdität beschreibt Camus das „Ende eines mechanischen Lebens“[3] und den „Anfang einer Bewußtseinsregung“[4], da der Mensch durch Infragestellen seines Alltags aus genau diesem und der „fraglosen Sinnhaftigkeit“[5] herausgerissen wird. In dieser Situation kommt es zu einem Konflikt im Leben des Menschen.
Um das Verhältnis des Menschen in dieser Konfliktsituation zur Welt zu erläutern, hat Camus den Begriff des Absurden gewählt, den ich nun näher erklären werde.
Das Absurde besteht aus der untrennbaren „Dreieinigkeit“[6] der Elemente Mensch, Welt und dem Zwiespalt als dem einzigen Band, das Mensch und Welt verbindet.[7]
Auf der einen Seite befindet sich der Mensch mit seiner Sehnsucht nach Klarheit und einem Sinn des Lebens und dem Wunsch nach Einheit mit der Welt. Demgegenüber aber steht die Welt, die Realität, mit der Endlichkeit des Lebens, dem Tod, in dem sich die Sinnlosigkeit des Lebens manifestiert. Als drittes Element des Absurden ist das Band zwischen Mensch und Welt, der Zwiespalt, zu sehen.
Da sich aus dem Konflikt, in dem der Mensch sich befindet, anscheinend der Selbstmord als einzige Lösung anbietet, deklariert Camus diesen als einzig „wirklich ernstes philosophisches Problem“[8].
Aus seinen Überlegungen folgt für Camus aber letztlich, daß Selbstmord keine Lösung für den Menschen sein kann.[9]
Seine Haltung begründet Camus damit, daß die einzige Wahrheit des Menschen das Absurde ist; hat man aber einmal eine Wahrheit gefunden, so muß man an dieser festhalten – so seine These. Aus diesem Grund muß man seinen „Gewißheiten alles opfern und muß ihnen ins Gesicht sehen“[10]. Selbstmord dagegen kann man nur als Flucht interpretieren, insofern man nicht in der Absurdität des Daseins ausharrt.
So ist Camus‘ „Gegenstück zum Selbstmörder der zum Tode Verurteilte“[11]. Während der Selbstmörder vor der Realität flieht, schöpft der zum Tode Verurteilte den Rest des Lebens, der ihm noch verbleibt, aus.[12]
Nach Camus resultieren aus dem Absurden drei Konsequenzen als Maximen für das Leben des Menschen, der das Absurde erkannt hat: Auflehnung, Freiheit und Leidenschaft.[13]
Mit dem Begriff der Auflehnung meint Camus, daß die Wahrheit des Absurden zu einer Herausforderung für den Menschen wird. Aufgrund der Tatsache, daß es weder Hoffnung noch einen Gott gibt, ist der Mensch auf sich allein gestellt. Indem er an seiner einzigen Gewißheit festhält, lehnt er sich auf.
Mit dem Begriff der Freiheit verbindet Camus eine Freiheit „des Geistes und des Handelns“[14], da uns die Grenze des Todes die Unmöglichkeit einer ewigen Freiheit zeigt. Gleichzeitig gibt uns aber das Universum ohne Gott eine ganz neue Freiheit, weil es kein durch Gott geschaffenes Wertesystem von gut und böse mehr geben kann und somit alles erlaubt zu sein scheint. In dieser Freiheit des Menschen manifestiert sich gleichzeitig auch seine Verantwortlichkeit für die eigenen Taten.
Mit dem Begriff der Leidenschaft spiegelt sich Camus‘ Forderung nach einem Leben voll Quantität an Erfahrung anstelle derer Qualität wider. Dieses folgt daraus, daß der Glaube an den Sinn des Lebens auch eine Werteskala voraussetzt. Weil der absurde Mensch um die Sinnlosigkeit des Lebens weiß, kommt für ihn jeder Erfahrung der gleiche Wert zu. Daraus resultiert, daß es allein um eine Vielzahl dieser gehen kann. Das heißt, man muß versuchen „so lange wie möglich zu leben“[15], um vor allem die Intensität des Lebens auszukosten.[16]
Als Beispiel für einen absurden Menschen möchte ich Camus‘ Bild des Eroberers vorstellen. So wie die Begriffe Leidenschaft und Freiheit die besondere Bedeutung der Tat implizieren, so steht auch bei der Person des Eroberers die Tat im Vordergrund. Indem der Eroberer um die Nutzlosigkeit jeglicher Tat weiß, weiß er, daß die einzig sinnvollen Verbesserungen – die des Menschen und der Welt – unmöglich sind. Demnach geht es darum so zu tun „ ,als ob‘ “[17] diese positiven Veränderungen möglich seien. Weil es nie ein dauerhaft erreichbares Ziel geben kann, sind die einzigen Wert des Eroberers „Glück und Mut, Lohn und Gerechtigkeit“[18], wiederum sehr vergängliche Ziele, womit der Eroberer in Opposition zur Kirche, die ewige Werte propagiert, steht.
Camus‘ Darstellung der Philosophie des Absurden kulminiert in der Beschreibung der mythischen Gestalt Sisyphos‘ als der Held des Absurden, den wir uns trotz unnützer und ewig-währender Arbeit als glücklichen Menschen vorstellen müssen.[19]
2.1.2 Literaturtheorie des absurden Kunstwerks
In der Literaturauffassung Camus‘ geht es um die für ihn absurdeste Gestalt überhaupt: den schöpferischen Mensch, also den Künstler.[20] Aus diesem Grund nennt er „das Kunstwerk die absurde Freude par excellence “[21].
Wie bereits angesprochen sollen die Kunst und das Kunstwerk – dieses spiegelt sich in der Literaturtheorie wider – dasselbe wie das Denken enthalten, nämlich Auflehnung, Freiheit und Mannigfaltigkeit (bzw. Leidenschaft). Im Vergleich zwischen dem Eroberer und dem Künstler verdeutlicht Camus, daß sich beide Gestalten der Sinnlosigkeit ihres Schaffens bewußt sind, und dennoch nicht aufgeben.[22] Wichtig ist außerdem, daß das Kunstwerk dem absurden Menschen, der in der beständigen Spannung lebt, alles aufzunehmen, die Chance gibt, das Erlebte zu fixieren.[23] Außerdem darf auch nicht vergessen werden, daß man, auch wenn man die schöpferische Haltung bevorzugt, gleichzeitig der absurden Haltung treu bleiben muß, was eben das Wissen um die Willkür des Kunstwerkes impliziert.[24]
[...]
[1] Camus, Albert: Der Mythos von Sisyphos. Ein Versuch über das Absurde, Neuausgabe, Reinbek 1998, 120
Im Folgenden zitiert als: Camus, Sisyphos
[2] Müller-Lauter, Wolfgang: Thesen zum Begriff des Absurden bei Camus. In: Schlette, Heinz Robert (Hrsg.): Wege der deutschen Camus-Rezeption. Darmstadt 1975, S.116–131, 117
Im Folgenden zitiert als: Müller-Lauter, Thesen
[3] Camus, Sisyphos, 20
[4] Camus, Sisyphos, 20
[5] Müller-Lauter, Thesen, 118
[6] Camus, Sisyphos, 38
[7] Camus, Sisyphos, 28, 37
[8] Camus, Sisyphos, 10
[9] Camus, Sisyphos, 69
[10] Camus, Sisyphos, 28
[11] Camus, Sisyphos, 60
[12] Janke, Wolfgang: Existenzphilosophie. Berlin, New York 1982, 90
[13] Camus, Sisyphos, 69
[14] Camus, Sisyphos, 62
[15] Camus, Sisyphos, 66
[16] Camus, Sisyphos, 68
[17] Camus, Sisyphos, 91
[18] Camus, Sisyphos, 93
[19] Camus, Sisyphos, 128
[20] Camus, Sisyphos, 95
[21] Camus, Sisyphos, 98
[22] Camus, Sisyphos, 120
[23] Camus, Sisyphos, 98-99
[24] Camus, Sisyphos, 106
- Quote paper
- M.A. Andrea Frohleiks (Author), 2001, Zum Verhältnis von Literaturauffassung und Biographie bei Albert Camus und Jean-Paul Sartre, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/132020
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