„Das Volk ist Träger der Staatsgewalt. Volkssouveränität bedeutet in diesem Kon- eine durch Wahlen legitimierte Herrschafts- bzw. Regierungsform mit verfassungsmäßig geregelter periodischer Zustimmung des Volkes.“ 2 Die Wahl zum Deutschen Bundestag setzt das in Artikel 20 des Grundgesetzes 3 festgeschriebene Demokratiegebot um. Als Teil der Legislative ist er das als einzig vom Volk direkt gewählte Verfassungsorgan auf Bundesebene. Er kontrolliert die Regierung und ist das politische „Forum der Nation“ 4 . Das Parlament und die darin vertretenen Parteien sind heute heftiger Kritik ausgesetzt. Das äußere Erscheinungsbild der parlamentarischen Arbeit und unliebsame oder schleppende Entscheidungen, verstärkt durch mediale Ausschlachtungen, tun ihr Übriges, dass die repräsentative Demokratie pauschal verurteilt wird. Des Weiteren existiert eine Vielzahl von Vorurteilen bei den Wählern, die oft genug nicht auf Kenntnissen, sondern Unkenntnissen oder auch Missverständnissen hinsichtlich der Funktionsbedingungen der parlamentarischen Demokratie beruhen. Vor diesem Hintergrund - und den vielen Repräsentativbefragungen über die Verdrossenheit 5 gegenüber Politikern und Parteien - ist es für die Lerner sinnvoll, sich mit den Basics des Prozesses zur politischen Willensbildung zu beschäftigen. Hierbei kommt den im Grundgesetz verankerten Parteien (Artikel 21) 6 eine tragende Rolle zu. Auch im Parteiengesetz 7 wird diese Position im Willensbildungsprozess unterstrichen. In der Verfassungswirklichkeit wird der deutsche Staat mithin von Parteien regiert. Dementsprechend häufig spricht man in Deutschland auch vom Parteienstaat 8 . Mit den vielfältigen Aufgaben, z. B. der Programmfunktion, die sie erfüllen, untermauern sie diese Stellung.
1 Vom Lehrplan zur Lernaufgabe
1.1 Bezug zum Lehrplan
Das Reihenthema „Partizipationsmöglichkeiten der Demokratie im Superwahljahr 2009“ leitet sich aus dem Bereich: „Menschenrechte und Grundzüge des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland“ des Lehrplans, im Fach Gemeinschaftskun-de/Sozialkunde ab. Für diesen Bereich sind für die Schule 40 Stunden im Fach Sozial-kunde vorgesehen. In diesem Rahmen sollen die Schüler/-innen[1] Verfassungsorgane und Partizipationsmöglichkeiten in der repräsentativen Demokratie durch Wahlen und Plebis-zite entdecken und bewerten. Die Lehrprobenstunde „Parteien – Greifen sie unsere Themen auf?“ bietet dem Lerner die Möglichkeit sich als mündiger Bürger ein Bild über die im Bundestag vertretenen Parteien zu verschaffen.
1.2 Beschreibung der Lernsituation
Die Unterrichtsreihe wurde mit folgenden Themen geplant und ist je nach akuten Inte-ressen der Schülerinnen und aktuellen Informationen zu den Wahlen inhaltsoffen:
1. Das Kreuz mit oder bei den Wahlen! – Wie funktioniert die Bundestagswahl?
2. Wer wird der Gewinner sein? – Wir wählen!
3. Parteien – Greifen sie unsere Themen auf?
4. Mehr Informationen = Mehr Stimmen?
5. Wahlwerbung – Waffenkammer der Parteien
1.3 Gestaltung der Lernaufgabe
Die Einstellungen der Schülerinnen haben gezeigt, dass die politische Mitwirkung nicht zu ihren Lieblingsaktivitäten gehört. Die politische Teilhabe beschränkt sich auf kritisierende Aussagen aus Konsumentensicht, auf den Rückzug auf die Aussage, dass man als Einzelner nichts bewirken könne oder man pauschal alles nicht verstehe.
Dadurch bildet der ikonische Einstieg über das Wahlergebnis der selbst erlebten Wahl gute Anknüpfungspunkte zum Stundeninhalt. Einerseits sollten sich Nicht-Wähler nicht über das Wahlergebnis und die bereitgestellten Programme beschweren. Andererseits wollen sich die Wähler nicht nachsagen lassen, dass sie von dem, was sie gewählt ha-ben, wenig Kenntnisse besitzen.
2 Von der Lernaufgabe zur Lernhandlung
2.1 Sachanalyse
„Das Volk ist Träger der Staatsgewalt. Volkssouveränität bedeutet in diesem Kon-text eine durch Wahlen legitimierte Herrschafts- bzw. Regierungsform mit verfas-sungsmäßig geregelter periodischer Zustimmung des Volkes.“[2] Die Wahl zum Deut-schen Bundestag setzt das in Artikel 20 des Grundgesetzes[3] festgeschriebene Demokra-tiegebot um. Als Teil der Legislative ist er das als einzig vom Volk direkt gewählte Verfassungsorgan auf Bundesebene. Er kontrolliert die Regierung und ist das politische „Forum der Nation“[4]. Das Parlament und die darin vertretenen Parteien sind heute hef-tiger Kritik ausgesetzt. Das äußere Erscheinungsbild der parlamentarischen Arbeit und unliebsame oder schleppende Entscheidungen, verstärkt durch mediale Ausschlachtun-gen, tun ihr Übriges, dass die repräsentative Demokratie pauschal verurteilt wird. Des Weiteren existiert eine Vielzahl von Vorurteilen bei den Wählern, die oft genug nicht auf Kenntnissen, sondern Unkenntnissen oder auch Missverständnissen hinsichtlich der Funktionsbedingungen der parlamentarischen Demokratie beruhen. Vor diesem Hinter-grund – und den vielen Repräsentativbefragungen über die Verdrossenheit[5] gegenüber Politikern und Parteien – ist es für die Lerner sinnvoll, sich mit den Basics des Prozes-ses zur politischen Willensbildung zu beschäftigen. Hierbei kommt den im Grundgesetz verankerten Parteien (Artikel 21)[6] eine tragende Rolle zu. Auch im Parteiengesetz[7] wird diese Position im Willensbildungsprozess unterstrichen. In der Verfassungswirklichkeit wird der deutsche Staat mithin von Parteien regiert. Dementsprechend häufig spricht man in Deutschland auch vom Parteienstaat[8]. Mit den vielfältigen Aufgaben, z. B. der Programmfunktion, die sie erfüllen, untermauern sie diese Stellung. In der gegenwärtig schwierigen Situation im Bereich Wirtschaft, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik ist die Wählerschaft sehr empfindlich bei der Beurteilung der Parteien und den Parlamenta-riern. Hier kommt ein Dilemma zum Vorschein, welches sich zum einen auf die kaum unterscheidbaren Parteiprogramme und Wahlaussagen, die dann doch nicht eingehalten werden (aus welchen Gründen auch immer) bezieht und zum anderen auf das Beharren auf parteipolitische Positionen, wenn es um die Konsensfindung bei parlamentarischen Problemen geht. Den Parteien fällt es damit zunehmend schwerer ihre Aufgaben zu er-füllen. Insbesondere Jugendliche oder Jungwähler nutzen in den letzten Jahren verstärkt die Möglichkeit, ihre Anliegen in einer Interessengruppe einzubringen, anstatt sich in einer Partei zu engagieren oder sich mit ihrer Programmatik genauer zu beschäftigen.
Wahlprogramme, wie sie deshalb hier vorgestellt werden, dienen der Orientierung der Wähler und der Identifikation der Mitglieder. In ihnen sind die Ziele und Standpunkte zu verschiedenen Politikbereichen der Parteien enthalten. Die junge Wählerschaft kann besonders bei den Volkparteien ähnliche Positionen entdecken, die sich meist nur in ihrer Gewichtung unterscheiden. Die neueren Parteien weisen Konturen auf, welche die Wähler aber weniger stark polarisieren, wie man zunächst annehmen könnte.[9]
Der Allgegenwärtigkeit der Parteien und ihrer Vertreter nicht nur im Meinungsbil-dungsprozess, sondern auch in öffentlichen Institutionen oder privatwirtschaftlichen Entscheidungsgremien haftet nicht nur ein negatives Image an, sondern sie wird auch mit einer stetig sinkenden Mitgliederzahl und weiter fallenden Wahlbeteiligungen quit-tiert. Dieser Trend schadet nicht nur dem Ansehen und der Akzeptanz der Parteien, sondern auch der aktiven Beteiligung in einer repräsentativen Demokratie.[10]
2.2 Didaktische Analyse
Die hier ausgewählten Materialien und die mit ihnen verbundenen Arbeitsaufträge sollen dazu beitragen, dass sich die Schülerinnen ein differenziertes Urteil über die ju-gendpolitischen Inhalte in den Bundestags-Wahlprogrammen der zur Zeit im Bundestag vertretenen Parteien bilden können. Das Thema ist im Superwahljahr sehr aktuell, da ge-rade Bundespräsident Köhler in seinem Amt bestätigt wurde, die Wahlen zum Europäi-schen Parlament stattgefunden haben und die Kommunen in Rheinland-Pfalz zur Wahlur-ne riefen. Im September stehen dann noch die Parlamentswahlen auf Bundesebene bevor.
In der Klasse finden sich 14 Erstwähler, die wie die anderen Lerner sich überwiegend kri-tisch gegenüber den Institutionen und den Politikern geäußert haben. Sie bejahen die De-mokratie, unterstellen den politisch Handelnden aber eigennützig zu agieren und bei der Lösung von Problemen, die große Teile der Bevölkerung betreffen, unfähig zu sein. Nicht selten war zu hören, dass man den Akteuren der politischen Bühne wenig bis kein Ver- trauen entgegen bringt. „Die Politiker halten sich nicht an ihre Aussagen und was wir wollen, interessiert sie nicht!“, war der Tenor in der Klasse. Auf die Frage, wo man Wahl-aussagen recherchieren kann, nannten die Schüler das Medium Internet, Infostände und Plakate. In einer Umfrage zu Beginn der Unterrichtsreihe kam auch heraus, dass einige Schülerinnen die Namen der Parteien nicht kennen und auch die politischen Persönlich-keiten, die oft in den Medien zu sehen sind, nicht zuordnen können. Hier ist erhöhter Aufklärungsbedarf erforderlich. Die Schülerinnen müssen für ihre Partizipationsmöglich-keiten sensibilisiert werden, da es nur wenige gab, die davon überzeugt waren, dass Wäh-len eine wichtige Sache in einer Demokratie ist. Häufig wird übersehen, dass politische Willensbildung und Problemlösungsprozesse in Demokratien langfristig angelegt sind. In Deutschland ist Politik vor allem zwischen den konkurrierenden Parteien vielmehr ein Wettstreit, der sich unter bestimmten Restriktionen vollzieht. Um sich in diesem Wett-streit ein Urteil bilden zu können, muss man sich informieren und die Ziele und Vorstel-lungen der Kombattanten vergleichen können.
Aus den vorgenannten Gründen werden in dieser Unterrichtsstunde die Wahlprogramme der Parteien vorgestellt und bewertet. Die in der Vorstunde stattgefundene Wahl be-stimmt durch ihre Ergebnisse die vorzustellenden Programme. Somit sind die Schüle-rinnen demokratisch in die Gestaltung des Stundeninhalts eingebunden. An dieser Stelle ist es natürlich nicht möglich, die Programme in ihrer ganzen Länge zu behandeln, da sie, alleine von den im Bundestag vertretenen Parteien, über 400 Seiten umfassen. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los, da in 45 Minuten nicht mehr als vier Parteien verständlich zu präsentieren sind. Die Mutmaßungen, dass die Parteien nichts zu The-men der jungen Wähler und Jugendlichen sagen, hat mich auf die Idee gebracht, die Programme auf die Begriffe „junge Frauen“, „junge Männer“ und „Jugend“ zu durch-forsten. Dabei erhielt ich so viele Treffer, dass ich auch hier eine Auswahl treffen muss-te. Hierbei versuchte ich sowohl ähnliche als auch unterschiedliche Standpunkte der Parteien herauszufiltern, damit sie in der Anwendungsphase vergleichbarer sind und die Thematik besser einzuschätzen ist. Die Auszüge der Programme sind so aufgearbeitet worden, dass auch die Schülerinnen mit Verständnisproblemen den Argumenten folgen können. Um der Heterogenität und dem Leistungsvermögen der Schülerinnen zu ent-sprechen, sind die Programme mit unterschiedlich vielen Forderungen ausgestattet. Um weiterhin ihre Urteilsfähigkeit zu fördern, dürfen sie bei der Zusammenstellung ihrer Parteipunkte eine Gewichtung vornehmen. Hierdurch wird auch erreicht, dass sie sich auf speziell diese Auswahl konzentrieren, um ihrer Vorstellung eine höhere Bedeutung zukommen zu lassen. Die Präsentation sollte zu einer regen Diskussion führen, die die Schülerinnen in die Lage versetzt sich über den Nutzen des Themas zu äußern. Span-nend sollte es auch werden, wenn es darum geht, ob sie ihr Wahlverhalten aufgrund der Vorstellungen verändern würden und auch kritisch die Parteiprogramme reflektieren. Um die Schülerinnen bei der Bearbeitung der Materialien nicht zu überfordern, werden die Fragen zur Beurteilung und des Transfers im fragend-entwickelnden Verfahren er- arbeitet. Die Aufteilung in mehrere kleine Arbeitsschritte lässt das Konzentrationsniveau der Gruppe weniger schnell sinken.
[...]
[1] Zur Vereinfachung des Leseflusses wird in den folgenden Formulierungen auf die männliche Form verzichtet.
[2] Karl-Rudolf Korte, Wahlen in der Bundesrepublik Deutschland, 4., überarb. u. akt. Aufl., Bonn: Bundeszent-rale für politische Bildung, 2003, S. 9.
[3] Vgl. Landeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Euro-päische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Verfassung für Rheinland-Pfalz. Gemeindeordnung. Landesverfassung, 44. Aufl., Mainz, 2002, S. 19 f.
[4] Horst Pötzsch, Die deutsche Demokratie, 3., akt. Aufl., Bonn: Bundeszentrale der politischen Bildung, 2003, S. 66.
[5] Vgl. 15. Shell Jugendstudie, http://www-static.shell.com/ static/deu/downloads/aboutshell/our_commitment/ shell_youth_study/2006/youth_study_2006_exposee.pdf aufgerufen am 31.05.2009.
[6] Vgl. Landeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Euro-päische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Verfassung für Rheinland-Pfalz. Gemeindeordnung. Landesverfassung, S. 20.
[7] Vgl. PartG §1, Gesetz über die politischen Parteien, http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/partg/gesamt.pdf aufgerufen am 01.06.2009.
[8] Vgl. Ulrich von Alemann, Das Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland, Opladen: Leske + Budrich, 2003, S. 81 ff.
[9] Vgl. Karl-Rudolf Korte, Wahlen in der Bundesrepublik Deutschland, S. 123 f.
[10] Vgl. Gabor Steingart, Die Machtfrage. Ansichten eines Nichtwählers, München: Piper, 2009, S. 180 ff.
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