Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, dem Leser einen Überblick über das Phänomen der marinen Biolumineszenz zu geben, da Forscher schätzen, dass etwa 90% der Meeresbewohner Biolumineszenz erzeugen können. Der Blick in die verschiedenen Tiefen der Ozeane wirft die Frage auf, wie diese Meeresbewohner die Wirkmechanismen zur Entstehung des Phänomens der Biolumineszenz entwickelt haben und als Selektionsvorteil nutzen.
In dieser Arbeit wird zunächst der Lebensraum Ozean als Ökosystem dargestellt, der die ökologische Relevanz für die biolumineszenten Organismen bietet. Daran anschließend wird im dritten Kapitel der Begriff der Lumineszenz erläutert. Außerdem werden dort die verschiedenen Arten der Lumineszenz aufgezeigt.
Der Fokus der Arbeit liegt auf den Begriffen der Biolumineszenz und der Biofluoreszenz, die den Bereichen der Chemolumineszenz und Photolumineszenz untergeordnet sind. Die anderen Arten der Lumineszenz, die nicht bei den Lebewesen zu finden sind, werden in dieser Arbeit nicht weiter behandelt.
Im folgenden Kapitel wird die marine Biolumineszenz erklärt und die chemischen Grundlagen, der ihr zugrundeliegenden biochemischen Reaktionen, erläutert. Außerdem wird auf die evolutionäre Entwicklung der Biolumineszenz eingegangen, um ihre Entwicklung zu erklären. Danach werden die primäre und sekundäre Biolumineszenz konkretisiert. Das Ende des dritten Kapitels bildet ein kleiner Exkurs über die Biofluoreszenz, die neben der Biolumineszenz, ein besonderes Phänomen der marinen Organismen, beschreibt.
Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit den Anpassungen der marinen Organismen in Hinblick auf die Ausbildung und Entwicklung von Leuchtorgangen, die die Biolumineszenz ausstrahlen können und verschiedenen Augentypen, um biolumineszentes Licht wahrnehmen zu können.
Im fünften Kapitel werden verschiedene Funktionsweisen in Bezug auf die Interaktion mit Beutetieren, die Interaktion mit Räubern und die Kommunikation näher beleuchtet. Abschließend werden diese Funktionsweisen im sechsten Kapitel in Bezug auf ihre Überlebensstrategien beispielhaft an Vertretern ausgewählter mariner Tierstämmen beschrieben.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Ökosystem Meer
2.1 Biotope
2.2 Biozönosen
3. Lumineszenzen
3.1 Biolumineszenz
3.1.1 Chemische Grundlage der Biolumineszenz
3.1.2 Evolution der Biolumineszenz
3.1.3 Arten der Biolumineszenz
3.2 Biofluoreszenz
4 Sehen und gesehen werden
4.1 Leuchtorgane - Die Photophoren
4.2 Der Sehsinn
4.2.1 Kamera-Augen
4.2.2 Röhrenaugen
4.2.3 Facettenaugen
5 Funktionsweisen der Biolumineszenz
5.1 Interaktion mit Beutetieren (Angriff)
5.2 Interaktion mit Raubtieren (Abwehr)
5.3 Kommunikation
6. Die Spezialisierungen mariner Taxa bei der Nutzung von Biolumineszenz
6.1 Annelida
6.2 Cnidaria
6.3 Crustacea
6.4 Ctenophora
6.6 Mollusca
6.7 Pisces
6.8 Tunicata
7 Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Anhang
1. Einleitung
Der Mensch benötigt Licht zum Leben. Da das menschliche Auge nicht an das Leben in völliger Dunkelheit angepasst ist, schalten wir externe Lichtquellen ein, um uns orientieren zu können.
Biolumineszenz, die Emission von sichtbarem Licht, ist eine charakteristische Eigenschaft vieler mariner Organismen. Diesen Selektionsvorteil machen sich viele, im Dämmerlicht oder völliger Dunkelheit lebenden, Meeresbewohner zu nutzen. Die Tiere der Meere sind faszinierend und manchmal unergründlich. So besitzen bestimmte Fischarten leuchtende Köder, die wie an einer Angelrute befestigt sind. Anderen Meeresbewohner bringen das Meerwasser durch physikalische Reize zum Leuchten. Auch viele Quallen können in Regenbogenfarben blinken.
Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, dem Leser einen Überblick über das Phänomen der marinen Biolumineszenz zu geben, da Forscher schätzen, dass etwa 90% der Meeresbewohner Biolumineszenz erzeugen können (Jöstingmeyer, 2005). Der Blick in die verschiedenen Tiefen der Ozeane wirft die Frage auf, wie diese Meeresbewohner die Wirkmechanismen zur Entstehung des Phänomens der Biolumineszenz entwickelt haben und als Selektionsvorteil nutzen.
In dieser Arbeit wird zunächst der Lebensraum Ozean als Ökosystem dargestellt, der die ökologische Relevanz für die biolumineszenten Organismen bietet. Daran anschließend wird im dritten Kapitel der Begriff der Lumineszenz erläutert. Außerdem werden dort die verschiedenen Arten der Lumineszenz aufgezeigt. Der Fokus der Arbeit liegt auf den Begriffen der Biolumineszenz und der Biofluoreszenz, die den Bereichen der Chemolumineszenz und Photolumineszenz untergeordnet sind. Die anderen Arten der Lumineszenz, die nicht bei den Lebewesen zu finden sind, werden in dieser Arbeit nicht weiter behandelt. Im folgenden Kapitel wird die marine Biolumineszenz erklärt und die chemischen Grundlagen, der ihr zugrundeliegenden biochemischen Reaktionen, erläutert. Außerdem wird auf die evolutionäre Entwicklung der Biolumineszenz eingegangen, um ihre Entwicklung zu erklären. Danach werden die primäre und sekundäre Biolumineszenz konkretisiert. Das Ende des dritten Kapitels bildet ein kleiner Exkurs über die Biofluoreszenz, die neben der Biolumineszenz, ein besonderes Phänomen der marinen Organismen, beschreibt. Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit den Anpassungen der marinen Organismen in Hinblick auf die Ausbildung und Entwicklung von Leuchtorgangen, die die Biolumineszenz ausstrahlen können und verschiedenen Augentypen, um biolumineszentes Licht wahmehmen zu können. Im fünften Kapitel werden verschiedene Funktionsweisen in Bezug auf die Interaktion mit Beutetieren, die Interaktion mit Räubern und die Kommunikation näher beleuchtet. Abschließend werden diese Funktionsweisen im sechsten Kapitel in Bezug auf ihre Überlebensstrategien beispielhaft an Vertretern ausgewählter mariner Tierstämmen beschrieben. Auf Grundlage aktueller Forschungsergebnisse wird desweiteren die Gruppe der Tierstämme auf die Annelida, Cnidaria, Crustacea, Ctenophora, Dinoflagellata, Mollusca, Pisces und Tunicata eingegrenzt. Nicht beachtet werden terrestrisch lebende biolumineszente Arten, sowie die Anwendungsweise der Biolumineszenz oder Biofluoreszenz in der medizinischen Forschung.
2. Ökosystem Meer
Die salzhaltigen Meere bedecken etwa 361,1 Millionen km2 der Erde. Dies entspricht beinahe 71% der gesamten Erdoberfläche unseres Planeten. Die Ozeane verzeichnen eine durchschnittliche Wassertiefe von ungefähr 2400 bis 2500 Meter und ,,[g]anze 58% der Meeresoberfläche breiten sich über Tiefen von mehr als 4000m aus“ (Tardent, 2005, S. 1) (siehe Abbildung 1, Anhang).
Laut Herring (2002) sind ganze 88% der Ozeane tiefer als ein Kilometer. 67% der Ozeane sind sogar tiefer als drei bis sechs Kilometer. Das Vitiaz-Tief ist die größte je gemessene Meerestiefe und liegt bei -11.033 Metern. Es befindet sich im Mariannengraben, östlich der Philippinen und ist größer als der höchste gemessene Berg über Meereslevel, dem Mount Everest mit einer Höhe von 8.848m (Tardent, 2005).
Die Wichtigkeit dieses Ökosystems für die Arbeit besteht in der massiven Ansammlung von lebenden Organismen, die 99,5% des Lebens auf dem gesamten Planeten ausmachen (Herring, 2002).
2.1 Biotope
Herring (2002) teilt die vertikale Dimension der Meere in drei verschiedene Bereiche ein, die aufgrund der Lichtintensität in klarem Meerwasser voneinander getrennt werden:
Das Epipelagial reicht von der Wasseroberfläche bis in 200 Meter Tiefe.
Zwischen 200 und 1000 Metern Tiefe befindet sich das Mesopelagial.
Darunter, bis in Tiefen von 6000 Metern, liegt das Bathypelagial.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Einige beschreibende Merkmale der ozeanischen Umwelt. Meso- und bathypelagische Bewohner sind durch einen Laternenfisch bzw. einen Seeteufel vertreten. Angegeben sind auch das Ausmaß der täglichen vertikalen Migration (DVM), die relative Biomasse des Zooplanktons, das Lichtregime und das Temperaturprofil eines warmen Ozeans (Quelle: Herring, 2002, S. 3).
Der erste Bereich, der Epipelagial, bildet eine Grenzschicht zum Mesopelagial und zur Atmosphäre. Dort findet der Gasaustausch zwischen dem Meerwasser und der Atmosphäre statt, wobei das Meerwasser den Sauerstoff aufnimmt und „respiratorisch erzeugtes Kohlendioxid an die Atmosphäre zurückerstattet“ (Tardent, 2005, S.18). Im Epipelagial ist ausreichend Tageslicht für die Photosynthese vorhanden, was dazu führt, dass dort der Großteil der Biomasse zu finden ist (Herring, 2002).
Im Mesopelagial nimmt die durchschnittliche Wassertemperatur stark ab und liegt, im unteren Bereich dieser Zone, bei etwa 5°C. Dort vermindert sich die Anzahl der Biomasse. Das Mesopelagial bildet, zusammen mit dem Epipelagial, den Bereich der täglichen vertikalen Migration der marinen Organismen (Herring, 2002).
Im Bathypelagial, unterhalb einer Wassertiefe von 1000 Metern, ist das Licht nicht mehr durchlässig und es wird stockdunkel. Die durchschnittliche Wassertemperatur beträgt dort 5°C. Das Abyssopelagial befindet sich in einer Tiefe unterhalb von 4000 Metern. Es wird dem Bathypelagial zugeordnet (Herring, 2002). Das Abyssal, der Meeresgrund, der zwischen 4000 und 6000 Metern Wassertiefe liegt, macht mit 68% den größten Anteil des Meeresgrundes aus (Tardent, 2005). Tiefseegräben, die sich in eine Tiefe von 6000 Metern und mehr erstrecken, werden dem Hadopelagial zugeordnet. In diesen Tiefen befindet sich kaum noch Biomasse (Herring, 2002).
Der aphotische Bereich umschließt die Räume des Mesopelagials, Bathypelagials und des Abyssopelagials. Dort leben nur heterotrophe marine Organismen, die sich an das Leben in der Dunkelheit angepasst haben. Sie sind „auf den vertikalen Energietransfer aus dem Epipelagial angewiesen“, um zu überleben (Tardent, 2005, S. 18).
2.2 Biozönosen
„Das Pelagial (griechisch pelagos = Meer) bezeichnet den gesamten Lebensraum des freien Wassers von der Oberfläche bis zum Meeresboden“ (Hempel, Bischof & Hagen, 2020, S. 27). Hempel und andere (2020) gehen davon aus, dass sich dort die größte Ansammlung an Biomasse des gesamten Planeten befindet. Die Organismen des Pelagials werden in zwei verschiedene Arten unterteilt:
Zum einen gibt es das Plankton, das im Wasser treibt.
Die andere Art bildet das Nekton, das im Wasser schwimmt.
3. Lumineszenzen
In der Lumineszenzforschung geht es um Stoffe, „die leuchten können ohne dabei Wärme zu produzieren“ (Hallmann, 2011, S. 4). Der Begriff der Lumineszenz kommt aus dem Lateinischen und stammt vom Wort „lumen“ ab, welches als „Licht“ übersetzt werden kann. Die Lumineszenz wird in sieben Kategorien unterteilt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Diese Kategorien besitzen weitere untergeordnete Formen. In dieser Arbeit wird sich überwiegend mit der Biolumineszenz beschäftigt, die eine Unterordnung der Chemolumineszenz darstellt. Die Biofluoreszenz, die der Photolumineszenz untergeordnet ist, wird erwähnt, da bei ihr ebenfalls Leuchterscheinungen bei Lebewesen stattfinden. Alle anderen Formen von Lumineszenzen werden nicht bei Lebewesen ausgemacht, wie beispielsweise bei der Elektrolumineszenz, bei der die Lichterzeugung durch elektrischen Strom erzeugt wird oder wie bei der Radiolumineszenz, bei der Röntgen-Strahlung für das Leuchten sorgt (Hallmann, 2011).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Die verschiedenen Formen von Lumineszenz (blau) mit den jeweils verantwortlichen Energiequellen (gelb). Besonderheiten sind rot hinterlegt und Lumineszenz bei Lebewesen ist grün markiert (Quelle: Hallmann, 2011, S. 4). 7
3.1 Biolumineszenz
Biolumineszenz ist ein Lichterzeugnis, das durch lebendige Organismen erzeugt und abgegeben wird. Im östlichen Nordatlantik sind mehr als 90% der Individuen lumineszent. Etwa 80% der Individuen, die zwischen der Wasseroberfläche und einer Wassertiefe von 500 Metern leben, verwenden Lumineszenz. In einer Wassertiefe von 500 bis 1000 Metern sind noch etwa 41% der Individuen lumineszent (Herring, 2002).
Durch die Forschungen und Experimente von Isaac Newton ist deutlich geworden, dass „die Zusammensetzung von weißem Licht aus farbigem Licht unterschiedlicher Wellenlängen“ besteht (Bühler, Schlaich & Sinner, 2018, S. 3). Die unterschiedlich starken Brechungen des weißen Lichtes durch ein Prisma lässt ein Farbspektrum von „Rot über Gelb, Grün und Cyan bis Blau“ erscheinen (Bühler u.a., 2018, S. 3). Jedoch sind nicht alle Farben des Farbspektrums für das menschliche Auge zu erfassen. Der Mensch kann nur einen kleinen Spektralbereich von 380 nm bis zu 760 nm sichtbar erfassen (Bühler u.a., 2018).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Das für den Menschen sichtbare Lichtspektrum (Quelle: Bühler u.a., 2018, S. 3).
In der Natur gibt es Licht, dessen Lichtausbeute bei nahezu 100% liegt, während bei einer Glühbirne beispielsweise 90% der Energie als Wärme abgegeben wird (Podbregar & Lohmann, 2013). Beim Erzeuger wird die Körpertemperatur durch das sogenannte kalte Licht nicht erhöht, da kein infrarot beigemengt ist. Aufgrund der meist bläulich-grünen Farbstrahlung der Biolumineszenz im Meer, verweist Müller (2017) darauf, dass es aus psychologischer Sicht, ebenfalls kalt ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Die unterschiedliche Eindringtiefe der einzelnen Spektralbereiche des ins Meer einfallenden Lichts (Quelle: Hempel u.a., 2020, S. 33).
Herring (2002) erläutert, dass die häufigste anzutreffende Farbe des Biolumineszenzlichtes im Meer blau ist. Eine gewisse Variabilität der Farben ist dennoch vorhanden. Benthische und küstennahe lebende marine Organismen verwenden eher ein grünes biolumineszentes Licht. Terrestrisch lebende Organismen nutzen hingegen ein gelbes Biolumineszenzlicht. Dies hängt vor allem von den Faktoren der Reflexion, der Attenuation und den spektralen Eigenschaften der Strahlung des Sonnenlichtes, die auf das Meerwasser trifft und in dieses Der Bereich der oberflächlichen Wasserschichten, in die die Strahlung des Sonnenlichtes reicht, macht nur etwa 6% der gesamten Wassermenge der Ozeane aus. Der Rest besteht aus der dunklen Tiefe. Die einfallende Strahlung des Sonnenlichtes in das Meerwasser bewirkt eine Erhöhung der Wassertemperatur in den obersten Wasserschichten. Die Strahlung wird dort in Wärme umgewandelt und gespeichert. Zudem beeinflusst das einfallende Licht die Verhaltensweisen der Meeresorganismen. Es löst die vertikale Migration vieler Meeresorganismen aus und verhilft Jägern, die sich auf ihre visuellen Fähigkeiten verlassen, ihre Beutetiere zu sehen. Ein Teil der Sonnenstrahlen wird schon beim Auftreffen auf die Wasseroberfläche reflektiert. Der Stand der Sonne und der damit einhergehende Einfallswinkel der Sonnenstrahlen spielt dabei eine große Rolle. Sie bestimmt, wie hoch die Menge an Sonnenenergie sein wird, die vom Meerwasser aufgenommen werden kann. Weitere Faktoren, die die Reflexionsmenge und die Menge der Sonnenstrahlen beeinflusst, sind die Wellenbewegungen, die Tages- und Jahreszeit und auch die geografische Lage. „Insgesamt nimmt die Menge der jährlichen Einstrahlung in das Meerwasser zum Äquator hin zu“ (Hempel u.a., 2020, S. 32).
Die Sonnenstrahlung wird nicht komplett reflektiert. Sie dringt unter gleichzeitiger Brechung in das Meerwasser ein. Die Intensität der Sonnenstrahlen verringert sich mit zunehmender Wassertiefe. Der Vorgang dieses Intensitätsverlustes wird auch Attenuation genannt. Diese entsteht durch die „Streuung und Absorption durch Wassermoleküle, gelöste Stoffe (z. B. Kohlenstoffdioxid, Natriumchlorid), Schwebstoffe und Planktonorganismen“ (Hempel u.a., 2020, S. 32).
Die Lumineszenz in der Tiefe ist geringer als das Tageslicht. Daher geht Herring (2002) davon aus, dass die Biolumineszenz in oberflächennahen Gewässern tagsüber nahezu unwirksam ist. Dafür haben die marinen Organismen der Ozeane sich darauf spezialisiert, dieses Licht in den dunklen Tiefen der Ozeane zu verwenden.
Darüber hinaus filtert das Meerwasser die verschiedenen Wellenlängen der Sonnenstrahlen unterschiedlich stark. Langwelliges ultraviolettes und infrarotes Licht wird in den ersten zwei bis drei Metern Wassertiefen absorbiert. Kürzere Wellenlängen, wie bei blauer und grüner Strahlung, werden weniger stark absorbiert und dringen daher tiefer in das Meerwasser ein (Hempel u.a., 2020).
Rotes und gelbes Licht wird komplett absorbiert und kann nicht reflektiert werden. Daher „sehen wir die Meere in den Gegenfarben Blau bis Grün“ (Müller, Frings & Möhrlen, 2015, S. 681).
3.1.1 Chemische Grundlage der Biolumineszenz
Es gibt eine Vielzahl an unterschiedlichen Biolumineszenzreaktionen. Aus diesem Grund kann eine allgemeine Definition nicht abgeleitet werden. Rees (1998) erklärt die Reaktion als ein, in einem lebenden Organismus aufitretendes, ökologisch funktionales Erzeugen von Licht.
Im 19. Jahrhundert fanden erste Studien statt, bei denen die Physiologie, Taxonomie und das natürliche Vorkommen von lumineszenten Organismen begutachtet wurden. Der Forscher R. DuBois erkannte bei einem Experiment mit Zellextrakten der Leuchtmuschel Pholas dactylus, dass für jede biolumineszente Reaktion das Enzym Luziferase und ein Substrat, das Luziferin, benötigt werden (Winkler & Sicher, 1996).
Die meisten Leuchtreaktionen laufen intrazellulär ab. Sie können auch außerhalb des Individuums stattfinden, wenn Luziferin und Luziferase vom Organismus in das umgebende Medium ausgeschieden werden. Aus physikochemischer Sicht wird bei diesen Leuchtreaktionen kaltes Licht in sichtbarer Wellenlänge ausgestrahlt. Dies beruht „auf der direkten Umwandlung von chemischer Energie in elektronische Anregungsenergie“ (Hoffmann, 1981, S. 98).
Durch die Entwicklung von Luziferasen, bei denen es sich um Oxygenasen mit gemischten Funktionen handelt, wird molekularer Sauerstoff als Elektronenrezeptors verwendet. Die Individuen, die diese Luziferasen entwickelt haben, erhalten einen Selektionsvorteil, weil dadurch die Stoffwechselkapazität erhöht wird. Nicht nur die Oxidation von Luziferasen, sondern auch von organischen Molekülen, wie beispielsweise Proteinen, Lipiden oder auch DNA, führen zu einer Lichterzeugung. Das Licht der organischen Moleküle erzeugt nicht genügend Leuchtintensität, um ihnen beim Überleben zu helfen. Es könnte sich dabei allerdings um die Grundlage für die darauf aufbauenden Biolumineszenzmechanismen gehandelt haben, bei denen die Ausbeute, Kinetik, Spektrum und Lokalisierung als Selektionsparameter dienten (Rees, 1998).
Während der biochemischen Reaktion der Biolumineszenz werden die Leuchtstoffe durch Luftsauerstoff oxidiert und gleichzeitig wird Kohlenstoffdioxid abgespaltet. Forscher vermuten, dass der frühere eigentliche Nutzen der Biolumineszenz darin bestand, einen Entgifitungsprozess durchzuführen, um Sauerstoff zu entfernen (Dettner, 2003).
Der chemische Prozess, der bei einer biolumineszenten Reaktion zugrunde liegt, ist eine Oxidationsreaktion, bei der Sauerstoff aufgenommen, in einen energiereicheren Zustand überführt wird und die zusätzliche Energie in Licht abgibt.
„Unter der Luciferin-Luciferase-Reaktion versteht man die Lichtemission durch Bioluminescenz als Resultat einer durch ein Enzym (eine Luciferase) katalysierten Oxidation (gewöhnlich mit Sauerstoff) eines Substrats (eines Luciferins)“ (Goto & Kishi, 1968, S. 417).
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Abbildung 6: Diagramm der biolumineszenten Reaktion (Quelle: Herring, 2002, S. 199).
Der Luziferin-Luziferase-Reaktion muss ausreichend Energie zugefuhrt werden, um ein angeregtes Molekül im Singulett-Zustand zu erzeugen. Diese Moleküle sind dann in der Lage, beim Rückgang in den Grundzustand, unter Sauerstoffabgabe, sichtbare Photonen zu erzeugen. Die Luziferase wirkt in dieser biolumineszenten Reaktion als Katalysator. Dieser Katalysator erbringt die Aktivierungsenergie für die Anregung des Sauerstoffmoleküls und wird während der Reaktion nicht, wie das zugeführte Luziferin, verbraucht (Widder, 2010). Um die Reaktion erneut zu starten oder ein länger anhaltendes Leuchten zu erzeugen, muss der Organismus neue Luziferine liefern, die sie „entweder über die Nahrung oder durch Synthese im Lebewesen selbst“ erhalten (Jöstingmeyer, 2013, S. 128).
Bei Bakterien wird ein langanhaltendes Leuchten erzeugt, indem ein langkettiger alphatischer Aldehyd (RCHO) durch molekularen Sauerstoff und Luziferase, während der Reaktion verbraucht. Der Aldehyd wird kontinuierlich von den Bakterien synthetisiert. „Nach der Oxidation durch molekularen Sauerstoff emittiert das enzymgebundene angeregte Riboflavin-5-phosphat beim Übergang in den Grundzustand und der Freisetzung der Luciferase Licht von X = 490 nm“ (Hoffmann, 1981, S. 98).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Reaktionsgleichung der bakteriellen Biolumineszenz (Quelle: Bryan, 2009, S. 40).
Ostracoda verwenden ein Luziferin, das aus drei Aminosäuren besteht. Es wird auch als Cypridina- oder Vargula-Luziferin bezeichnet. Imidazopyrazin synthetisiert Tryptophan (Trp), Arginin (Arg) und Isoleucin (Ile). Coelenterazin synthetisiert drei Aminosäuren, Phenylalanin und zwei Tyrosine. Die Einzelheiten der Biosynthese des Coelenterazins und des Imidazopyrazins sind bisher nicht bekannt (Widder, 2010).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8: Strukturformel des Cypridina- / Vargula-Luziferins. Oben links: Tryptophan; unten links: Arginin und rechts: Isoleucin (Quelle: verändert nach Hildebrandt, Bleckmann & Homberg, 2021, S. 946).
Das Dinoflagellaten-Luziferin, das aus einem linearen Tetrapyrrol besteht, ähnelt vom Aufbau her dem des Chlorophylls. Ihm liegt ein photosynthetischer Ursprung zugrunde (Widder, 2010).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9: Eine Gegenüberstellung der Strukturformeln des Dinoflagellaten-Luziferins (links) und des Chlorophylls (rechts) (Quelle: verändert nach: Rees, 1998, S. 1212 & Fleming 1967, S. 152).
Coelenterazin benötigt für die Leuchtreaktion vier Proteine. Dazu gehört eine monomere Luziferase, eine Luziferin-Sulfokinase, ein luziferinbindendes Protein und ein dimeres Grün-Fluoreszenz-Protein (GFP), sowie zwei Calciumbindungsstellen (siehe Abbildung 10, Anhang). Das GFP dient in der Reaktion dazu, eine erhöhte Lichtausbeute zu erzielen. Eine Photonenausbeute von maximal 509 nm kann nur durch die Anwesenheit des GFP erreicht werden. Fehlt dieses GFP, liegt die Photonenausbeute bei maximal 480 nm (Hoffmann, 1981).
Bei der Qualle Aequorea victoria wird das biolumineszente Protein, die Luziferase, Äquorin dadurch aktiviert, dass Calcium-Ionen (Ca2+-Ionen) periodisch ffeigesetzt werden. Die Luziferase regt das äquoringebundene Coelenterazin an und es reagiert zu Coelenteramid. Die GFP nehmen einen Teil der Energie, die bei dieser Reaktion entsteht, auf. Dadurch werden sie in einen angeregten Zustand überfuhrt. Bei der Rückkehr der GFP in den Grundzustand, wird fluoreszierendes grünes Licht ausgesendet (Hildebrandt u.a., 2021). GFP absorbiert die blaue Strahlung des Äquorins und sendet grünes Licht aus. Es entsteht „eine Kombination aus Fluoreszenz und Biolumineszenz“ (Jöstingmeyer, 2013, S. 128).
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Abbildung 11: Die äquorinvermittelte Reaktion zur biolumineszenten Lichterzeugung in den Leuchtorganen von Aequorea (Quelle: Hildebrandt u.a., 2021, S. 949).
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Diese Darstellung vereint die chemische Struktur der vier bekanntesten Luziferine und die Klassen, die diese Luziferine zur Biolumineszenz verwenden. Zu diesen Luziferinen gehören:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der Großteil der Klassen hat sich auf eine Art der Luziferine beschränkt. Das Bakterien- Luziferin wird beispielsweise nicht nur von freilebenden Bakterien genutzt, sondern auch von symbiontischen Bakterien, die in den Klassen der Fische, wie Melanocetous johnsoni und Cephalopoda, wie Heteroteuthis dispar, auftreten. Das Dinoflagellaten-Luziferin wird nicht nur von Dinoflagellata verwendet, sondern auch von Euphasiidae. Die meisten Klassen benötigen Coelenterazin zur Lichterzeugung. Dazu zählen die Radiolaria, Cnidaria, Ctenophora, Ostracoda, Copepoda, Decapoda, Fische und Cephalopoda. Cypridina- Luziferin wird von den Klassen der Ostracoda und Fischen verwendet. Die Fische sind die einzige Klasse, die drei der vier vorgestellten Luziferin-Arten verwenden können, um Licht zu erzeugen (Widder, 2010).
3.1.2 Evolution der Biolumineszenz
Die Forschung geht davon aus, dass sich die Biolumineszenz vor einigen hundert Millionen Jahre entwickelt hat. Vor etwa 400 Millionen Jahren trennten sich zwei Linien von Ostracoda, die Halocyprida und die Myodocopida. Beide verwendeten jeweils ein unterschiedliches Luziferin. Aufgrund der dauerhaften Lumineszenz bei der Fischordnung der Stomüformes, einer Ordnung der Knochenfische, wird davon ausgegangen, dass ihre Lumineszenz vor etwa 100 Millionen Jahren entstanden sein muss (Haddock, Moline & Case, 2010).
Davis, Sparks und Smith (2016) vermuten, dass sich das Vorkommen von Biolumineszenz bei den Strahlenfischen zwischen der frühen Kreidezeit, vor ungefähr 150 Millionen Jahren, bis zum Känozoikum, das bis heute andauert, entwickelt hat.
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- Luca Felix Happke (Autor), 2022, Das Phänomen der Biolumineszenz bei marinen Organismen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1318765