Sind Tiere rational? Haben Tiere einen Geist? Haben Tiere Bewusstsein?
Diese Fragen werden von unterschiedlichen Philosophen auf völlig verschiedene Weisen beantwortet.
Zunächst einmal ist festzustellen, dass es einleuchtend erscheint Pflanzen keinen Geist, also keine rationales Verhalten- keine Rationalität- zuzuschreiben.
Obwohl Pflanzen komplexe Verhaltensmuster zeigen können- wie beispielsweise die Sonnenblume, die sich der Sonne zuwendet- können wir dieses Verhalten ausschließlich den genetischen Anlagen und Umweltbedingungen zuschreiben. So können die „Verhaltensweisen“ der Pflanzen nicht auf eine Tätigkeit ihres Geistes zurückgeführt werden, sondern auf ein Reiz-Reaktions-Schema, das genetisch bestimmt, was die Pflanze tut.
Menschen hingegen einen Geist zuzuschreiben scheint genauso eindeutig.
Aufgabe der Philosophie muss es sein, ein Merkmal dieses Geistes zu beschreiben, begrifflich zu klären und zu begründen. Merkmal dieses Geistes bzw. der Rationalität des Menschen könnte dabei sein, dass Menschen ein Bewusstsein haben, intentionalen Zuständen, dass sie über eine Sprache verfügen und die Möglichkeit haben, logisch zu denken. Diese Fähigkeiten können- entweder aufeinander aufbauend oder auch einzeln betrachtet- als Rationalitätskriterium genommen werden. Ein solches Kriterium kann eine Pflanze wohl nicht bestehen.
Der Unterschied zwischen Mensch und Pflanzen scheint sehr deutlich.
Was ist aber mit Tieren? Sind sie eine Zwischenstufe zwischen Pflanzen und Menschen? Und kann Ihnen dann Rationalität zugeschrieben werden oder nicht? Erfüllen sie ein Rationalitätskriterium und haben Bewusstsein?
Um das Streitbare dieses Problems herauszuheben, möchte ich zwei Zitate völlig verschiedener Standpunkte anbringen.
„[...] keine Wahrheit erscheint mir offenkundiger, als dass Tiere, genauso wie der Mensch, mit Denken und Vernunft ausgestattet sind. Die Gründe sind in diesem Falle so offensichtlich, dass sie nicht einmal dem Dümmsten und Unwissendsten entgehen“. (D. Hume, A Treatise of Human Nature 1)4
“Also haben die Tiere weder Intelligenz noch Seele, wie man es gewöhnlicherweise versteht. Sie fressen ohne Vergnügen, sie schreien ohne Schmerz, sie wachsen, ohne es zu wissen: sie ersehnen nichts, sie fürchten nichts, sie wissen nichts [...].“ (N. Malebranche, De la recherche de la vérité)5
Gliederung
1. Über den Autor Donald Davidson
2. Einführung in die Thematik
2.1. Motivation
2.2. Rationalitätskriterium Was ist Sprache?
3. Davidsons Standpunkt
3.1. Grundgedanke
3.2. Propositionale Einstellungen basieren auf Überzeugungen
3.2.1. Der Holismus propositionaler Einstellungen
3.2.2. Haben Tiere propositionale Einstellungen?
3.2.3. Gedanken machen rational
3.3. Um Überzeugungen zu haben benötigt man den Begriff Überzeugung
3.3.1. Beobachtbarkeit von Gedanken
3.3.2. Der Begriff Überzeugung
3.4. Der Begriff der Überzeugung setzt Sprache voraus
3.4. Zusammenfassung
4. Fußnoten
5. Quellen
1. Über den Autor Donald Davidson
Donald Davidson ist einer der bedeutendsten Philosophen der heutigen Zeit. Sein Werk, das nicht zusammenhängend sondern in einzelnen Aufsätzen vorliegt, übt seit den 60ern einen großen Einfluss auf fast alle Bereiche der Philosophie aus. Seine Aufsätze bauen ein einheitliches Bild der Sprache, des Geistes und der Handlung auf.
Richard Rorty1 sagte über ihn: „Donald Davidson war ein systematischer Philosoph von ungeheurer Originalität und großem Wagemut, der in unbekannten Gewässern des Denkens segelte. Seine Schriften sind von radikal-subversiver Kraft.“
Im März 1917 geboren, studierte er in Harvard zuerst klassische Philologien und englische Literatur, danach Philosophie u.a. bei Quine2, der großen Einfluss auf ihn hatte.
Danach lehrte er als Professor u.a. in New York, Princeton, Chicago und Paris. Zuletzt war er an der University of California in Berkeley, wo er bis zu seinem Tod wirkte. 2003 starb er überraschend.
Außer mit Erkenntnis- und Handlungstheorie beschäftigte sich Davidson mit der Philosophie des Geistes.
„Rationalität, so Davidsons Generalthese, ist dabei eine notwendige Bedingung, um das Denken, Sprechen und Handeln anderer interpretieren, d. h. verstehen zu können, und sie spielt eine tragende Rolle bei der Frage, welchen Wesen wir überhaupt einen Geist zusprechen können.“3
Welchen Wesen wir überhaupt einen Geist zusprechen können, ist Thema dieser Arbeit. Davidson spricht nur den Menschen einen Geist zu und legt dies in einer schlüssigen Argumentation in seinem Aufsatz „Vernünftige Tiere“, den er unter dem Namen „Rational animals“ 1982 veröffentlichte, dar. In der folgenden Arbeit werde ich zunächst die allgemeinen Probleme, die bei der Themenstellung „Rationalität von Tieren“ auftreten, erklären, um anschließend Davidsons Standpunkt anhand seines Aufsatzes nachzuzeichnen.
2. Einführung in die Thematik
2.1. Motivation
Sind Tiere rational? Haben Tiere einen Geist? Haben Tiere Bewusstsein?
Diese Fragen werden von unterschiedlichen Philosophen auf völlig verschiedene Weisen beantwortet.
Zunächst einmal ist festzustellen, dass es einleuchtend erscheint Pflanzen keinen Geist, also keine rationales Verhalten- keine Rationalität- zuzuschreiben.
Obwohl Pflanzen komplexe Verhaltensmuster zeigen können- wie beispielsweise die Sonnenblume, die sich der Sonne zuwendet- können wir dieses Verhalten ausschließlich den genetischen Anlagen und Umweltbedingungen zuschreiben. So können die „Verhaltensweisen“ der Pflanzen nicht auf eine Tätigkeit ihres Geistes zurückgeführt werden, sondern auf ein Reiz-Reaktions-Schema, das genetisch bestimmt, was die Pflanze tut.
Menschen hingegen einen Geist zuzuschreiben scheint genauso eindeutig.
Aufgabe der Philosophie muss es sein, ein Merkmal dieses Geistes zu beschreiben, begrifflich zu klären und zu begründen. Merkmal dieses Geistes bzw. der Rationalität des Menschen könnte dabei sein, dass Menschen ein Bewusstsein haben, intentionalen Zuständen, dass sie über eine Sprache verfügen und die Möglichkeit haben, logisch zu denken. Diese Fähigkeiten können- entweder aufeinander aufbauend oder auch einzeln betrachtet- als Rationalitätskriterium genommen werden. Ein solches Kriterium kann eine Pflanze wohl nicht bestehen.
Der Unterschied zwischen Mensch und Pflanzen scheint sehr deutlich.
Was ist aber mit Tieren? Sind sie eine Zwischenstufe zwischen Pflanzen und Menschen? Und kann Ihnen dann Rationalität zugeschrieben werden oder nicht? Erfüllen sie ein Rationalitätskriterium und haben Bewusstsein?
Um das Streitbare dieses Problems herauszuheben, möchte ich zwei Zitate völlig verschiedener Standpunkte anbringen.
„[...] keine Wahrheit erscheint mir offenkundiger, als dass Tiere, genauso wie der Mensch, mit Denken und Vernunft ausgestattet sind. Die Gründe sind in diesem Falle so offensichtlich, dass sie nicht einmal dem Dümmsten und Unwissendsten entgehen“. (D. Hume, A Treatise of Human Nature 1)4
“Also haben die Tiere weder Intelligenz noch Seele, wie man es gewöhnlicherweise versteht. Sie fressen ohne Vergnügen, sie schreien ohne Schmerz, sie wachsen, ohne es zu wissen: sie ersehnen nichts, sie fürchten nichts, sie wissen nichts [...].“ (N. Malebranche, De la recherche de la vérité)5
Ich werde betrachten, zu was Tiere generell fähig sind, welchen Geist man ihnen „höchstens“ zuschreiben kann. Dass einer Fliege nicht dasselbe Bewusstsein wie einem Affen zuzuschreiben ist, scheint mir logisch. Ich möchte aber generell, das Rationalitätspotential von Tieren betrachten und da Donald Davidson ohnehin keinem Tier Rationalität zuspricht, ist eine Kategorisierung der Tiere in meiner Arbeit nicht nötig.
2.2. Rationalitätskriterium
In den in 1.1. aufgeworfenen Fragen, wird deutlich, dass die Frage zu klären ist, welches Kriterium als Rationalitätskriterium gelten kann. Muss ein Tier sprachfähig sein, um rational genannt werden zu können oder reicht es wenn wir ihm Bewusstsein zuschreiben können? Was bedeutet sprachfähig? Welche Handlung eines Wesens bringt uns dazu es rational zu nennen? Was muss man fordern?
Die übliche Forderung ist die nach Bewusstsein und intentionalen Zuständen und je nach Theorie auch die Forderung nach Sprachfähigkeit und logischem Denken.
Eine solche Forderung wirft allerdings Probleme auf. Verlangt man, dass ein rationales Wesen Bewusstsein hat, stellt sich die Frage, wie man überprüfen kann, ob etwas Bewusstsein hat. Ein solches Kriterium ist doch nur an einem selbst überprüfbar. Wie soll man sich in das Tier hereinversetzen und sein Bewusstsein erforschen? Thomas Nagel6 bringt die Frage auf den Punkt: Wie sollen wir wissen wie die Fledermaus sich fühlt eine Fledermaus zu sein? Schließlich können wir doch immer nur aus unserer Sicht argumentieren. Dieses methodologische Problem kann dazu führen, tierisches Verhalten wie das des Menschen zu beschreiben und zu evaluieren, es kann zu Anthropomorphismus führen. Bei der Zuschreibung bestimmter Bewusstseinszustände an tierische Verhaltensmuster bewegt man sich auf einem schmalen Grad zwischen, möglicherweise nicht gerechterfertigter, Zuschreibung von intelligentem Handeln und der Zuschreibung eines Reiz-Reaktions-Schemas.
Wenn ein Affe beispielsweise fähig ist, zu erkennen, wie er handeln muss, um etwas zu essen zu bekommen, ist das Essen dann der Reiz und die Reaktion das Handeln? Oder ist der Affe fähig, zu überlegen, wie er an sein Ziel kommt und handelt somit intelligent? Hat er also intentionale Zustände?
Auf diese Frage kann ein Rationalitätskriterium Antwort geben. Genügt das antrainierte, aber reflektierte Handeln oder müssen die Zusammenhänge im Kopf des Affen komplexer und Gedanken beliebig kombinierbar sein? Welche Merkmale muss das Handeln haben, damit es einem Kriterium genügt?
Um ein Rationalitätskriterium gültig zu machen, müssen wir dieses begrifflich klären und dann anhand der bisher beobachteten Verhaltensweisen bewerten, ob Tiere diesem Kriterium genügen. Eine Frage wird offen bleiben: Schätzen wir das richtig ein? Das methodologische Problem ist nicht völlig zu vernachlässigen.
Davidson wählt als Rationalitätskriterium den Besitz propositionaler Einstellungen. Darunter versteht er intentionale Zustände, die aus einem Bewusstsein heraus entstehen. Der, der etwas glaubt, wünscht oder beabsichtigt, hat solche propositionalen Einstellungen. Dies ist Davidsons Rationalitätskriterium. Denn wer propositionale Einstellungen hat, ist logikfähig und somit rational. Ein Lebewesen, das denkt, muss ein ganzes Netz von Überzeugungen haben. Nur eine Ansicht haben geht nicht, nach Davidson, denn sie würde eine Gewissheit von einer Überzeugung voraussetzen, eine Gewissheit setzt aber viele andere propositionale Einstellungen voraus und eine propositionale Einstellung kann nicht für sich alleine genommen werden. Mit dieser holistischen Argumentation folgert Davidson, dass aus dem Besitz propositionaler Einstellungen so viele Einstellungen folgen, dass es unmöglich ist, diese Einstellungen Tieren zuzuschreiben. Denn schließlich könne man keinem Tier unterstellen, einen Begriff von etwas zu haben, was aus dem Holismus der propositionalen Einstellungen aber folgen würde. Und genau hier kommt die Argumentation an ihre Grenzen. Denn diese „einleuchtende“ Folgerung, dass Tiere keinen Begriff von etwas haben können, ist nicht beweisbar, sie ist „nur“ einleuchtend.
Davidson fordert mehr. Er ist davon überzeugt, dass ein Wesen, das über den Begriff von etwas verfügt, auch sprachfähig sein muss. Ein Merkmal der propositionalen Eigenschaften ist die Sprache. Sprachfähigkeit spricht er Tieren generell ab.
Mit Davidson kann man also folgern: Ist ein Wesen sprachfähig, so ist es rational.
Was ist Sprache?
Was ist Sprache? Sprache ist nicht „einfach eine Ansammlung von Lauten oder Buchstaben [..], sondern ein System von konventionell festgesetzten Zeichen, die eine Bedeutung haben, im Normalfall auf etwas Bezug nehmen und in einem bestimmten Kontext zu bestimmten Zwecken verwendet werden. Dank der Sprache gelingt es uns die Umwelt zu beschreiben, in verschiedene Kategorien einzuteilen und uns mit anderen über die Kategorisierung auszutauschen.“7
Die Frage, ob Sprachfähigkeit überhaupt nötig ist, um etwas Geist zuzuschreiben, wird mit Davidson im folgenden Aufsatz erklärt werden.
Jedoch besteht unabhängig davon die Frage, ob man Tiere nicht sprachfähig nennen kann.
„D. L. Cheney und R.M. Seyfarth haben die Lautäußerungen von Grünen Meerkatzen [...] untersucht und dabei festgestellt, dass einige dieser Äußerungen Informationen über Raubfeinde wie Leoparden, Schlangen oder Adler übermitteln. Sobald ein Raubfeind auftauchte, stieß eine Meerkatze einen bestimmten Laut aus, worauf alle Artgenossen in der Gruppe die Flucht ergriffen. Für jede Art von Raubfeind gab es einen spezifischen Laut. [...] junge Meerkatzen lernten, diese Laute zu imitieren und so zu verfeinern, dass sie der Lautverwendung der Erwachsenen in der Gruppe entsprachen. [...] Nahte tatsächlich ein Raubfeind, wurde der Laut von einem Erwachsenen wiederholt.“8
Ist das nicht Sprachvermögen?
„Ob jemand den Tieren eine Sprache zuschreibt, hängt davon ab, welchen Begriff von Sprache er verwendet- bildlich gesprochen: wie tief oder wie hoch er die Messlatte ansetzt, die ein Tier überwinden muss. [...] nur wenn man sich klar darüber wird, welchen Begriff von Sprache man zur Anwendung bringt, lässt sich auch bestimmen, welches Phänomen überhaupt in den Blick genommen [...] werden soll.“9
Davidson hat einen sehr starken Sprachbegriff. Für ihn kann etwas erst dann sprechen, wenn es eigene Überzeugungen hat und auch die Überzeugungen anderer verstehen kann. Sprache ist bei ihm Ausdruck von Rationalität.
[...]
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