Es ist zwar möglich, dass es sich bei Unaufrichtigkeit um eine vernünftige Strategie handelt, um gewissen Problemen aus dem Weg zu gehen und dadurch einen Grad an Handlungsfähigkeit zu wahren, doch in vielen Fällen geht diese mit einer Verleugnung der eigenen Verantwortung einher. In der folgenden Arbeit soll die These überprüft werden, ob es sich aus diesem Grund bei dieser Art der Konfliktvermeidung um ein moralisches Problem handelt. Es wird versucht, dieses Problem auf Grundlage der von Sartre definierten Begriffe „Verantwortung“ und „Unaufrichtigkeit“ sowie, für das Verständnis der anderen beiden unerlässlich, „Freiheit“ zu skizzieren. Die Erklärung der einzelnen Komponenten dieses Dreigestirns erfolgt in den Kapiteln zwei und drei. In Kapitel vier wird versucht, die zuvor gewonnen Erkenntnisse aufeinander zu beziehen und die aufgestellte These des moralischen Problems der Unaufrichtigkeit abschließend zu verifizieren oder widerlegen. Es wird anschließend auf einige Probleme eingegangen, die mit dem Versuch eine existentialistische Ethik aufzustellen verbunden sind.
Jean-Paul Sartre führt den Begriff der Unaufrichtigkeit (mauvaise foi) in „Das Sein und das Nichts“ als analytische Kategorie ein, um auf ihrer Grundlage Aussagen über das Sein der menschlichen Realität treffen zu können. Sie wird, neben dem Begriff der Freiheit, zu einem der zentralsten Themen seiner Philosophie. Auch wenn eine ethische Deutung des Begriffs zunächst naheliegend erscheint, distanzierte sich Sartre selbst davon, dass Unaufrichtigkeit als moralischer Terminus benutzt wird, was sicher an seiner ursprünglich analytischen Verwendungsweise liegt. Die obigen Beispiele sowie einige Passagen in „Das Sein und das Nichts“ scheinen dies jedoch zu widerlegen. Sartre bettet den Begriff der Unaufrichtigkeit in moralisch gehaltvolle Situationen ein und argumentiert an verschiedenen Stellen für eine Überwindung dieses Zustandes. Während der französische Existentialismus für sich beansprucht, eine lebensnahe, „konkrete“ Philosophie zu sein, hat Sartre es nicht geschafft, eine eigene Moralphilosophie zu entwickeln. Ausgangspunkt für eine solche könnte, über den analytischen Hintergrund hinwegsehend, die Unaufrichtigkeit sein.
Inhaltsverzeichnis
- Unaufrichtigkeit - Ein analytischer Begriff ethischen Gehalts
- Freiheit und Verantwortung
- Sartres Analyse der Unaufrichtigkeit
- Bewusstsein, das Problem der Unaufrichtigkeit und die Lösung der Psychoanalyse
- Die unaufrichtigen Verhaltensweisen
- Das epistemologische Problem der Unaufrichtigkeit
- Unaufrichtigkeit als Verleugnung der eigenen Verantwortung
- Eine Ethik für Sartre?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die moralische Bedeutung von Unaufrichtigkeit in der Philosophie von Jean-Paul Sartre. Sie analysiert Sartres Konzept der Unaufrichtigkeit (mauvaise foi) in Bezug auf seine zentralen Thesen von Freiheit und Verantwortung. Der Fokus liegt darauf, zu ergründen, ob Unaufrichtigkeit ein ethisches Problem darstellt und welche Auswirkungen sie auf das Selbstverständnis und die Handlungsfähigkeit des Einzelnen hat.
- Sartres Konzept der Unaufrichtigkeit
- Das Verhältnis von Freiheit und Verantwortung
- Die Rolle des Bewusstseins bei der Entstehung von Unaufrichtigkeit
- Die moralischen Implikationen der Unaufrichtigkeit
- Die Herausforderungen einer existentialistischen Ethik
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 führt den Begriff der Unaufrichtigkeit anhand verschiedener Beispiele ein und stellt Sartres analytische Verwendung des Begriffs in „Das Sein und das Nichts“ vor. Es wird auf den potenziellen ethischen Gehalt des Begriffs hingewiesen und die Notwendigkeit einer Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Unaufrichtigkeit, Freiheit und Verantwortung begründet.
Kapitel 2 beleuchtet Sartres Verständnis von Freiheit und Verantwortung. Es werden zentrale Aussagen aus „Das Sein und das Nichts“ und „Der Existentialismus ist ein Humanismus“ herangezogen, um die enge Verbindung zwischen Freiheit und Verantwortung im Werk Sartres zu verdeutlichen.
Kapitel 3 analysiert Sartres Analyse der Unaufrichtigkeit in Bezug auf das menschliche Bewusstsein und die psychoanalytische Perspektive. Es werden verschiedene Arten unaufrichtigen Verhaltens sowie die epistemologischen Herausforderungen, die mit der Unaufrichtigkeit verbunden sind, beleuchtet.
Schlüsselwörter
Unaufrichtigkeit, Sartre, Existentialismus, Freiheit, Verantwortung, Bewusstsein, Ethik, Moral, Selbsttäuschung, Handlungsfähigkeit, Determinismus, „Das Sein und das Nichts“
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- Fabian Fischbach (Author), 2020, Die moralische Bedeutung der Unaufrichtigkeit. Versuch einer ethischen Deutung Sartres, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1309655