Die vorsätzliche und planmäßige Vernichtung von sechs Millionen Juden durch die Nationalsozialisten während des zweiten Weltkrieges ist an Unmenschlichkeit einzigartig in der Geschichte. Angesichts des schier unglaublichen Ausmaßes des Holocausts kommt der Frage nach der Haltung der deutschen Bevölkerung zu diesem Verbrechen zentrale Bedeutung zu. [...]
Viele Forscher gehen davon aus, dass die Verwendung moderner Propagandatechnologien ein entscheidendes Element des »totalitären Staates« war und eine Gesellschaft schuf, welche sich bedingungslos für jede Art von nationalsozialistischer Politik mobilisieren ließ.4 Diese »totalitären Ansätze« beschränken sich meist darauf, die zweifelsohne sehr beeindruckende Propaganda darzustellen und daraus Schlüsse auf ihre Wirkung zu ziehen. Ian Kershaw bemerkt dazu: „Studies of propaganda have generally been premised upon the implicit or explicit notion that Nazi propaganda, from the regime´s point of view, was a success story.”
[...] In der neueren Forschung vertritt Daniel J. Goldhagen, der mit seinem Buch „Hitlers willige Vollstrecker“, die „[…] beinahe nicht stattgefundene Kontroverse“ bezüglich der Deutschen und dem Holocaust neu entfacht hat, den Ansatz, dass Propaganda und Terror kaum Wirkung hatten, bzw. gar nicht notwendig waren. Er erklärt das Phänomen des Holocausts mit seiner These vom „eliminantorischen Antisemitismus“, der schon lange vor dem »Dritten Reich« tief im kollektiven deutschen Unterbewusstsein verankert gewesen sei. Angeblich konnte der Holocaust daher auch nur in Deutschland stattfinden. Seine Untersuchung läuft auf die provokante These hinaus, die »Endlösung« sei mit dem Wissen und der stillschweigenden Billigung von Millionen Deutschen durchgeführt worden.Konsequent misst Goldhagen der Wirkung antisemitischer Propaganda als vorbereitendem und unterstützendem Element daher keine Bedeutung bei – es hätte ihr aufgrund des historisch gewachsenen deutschen Antisemitismus gar nicht mehr bedurft. Dementsprechend sei die These zu verwerfen, „[…] daß der Antisemitismus Folge einer ´Gehirnwäsche´ gewesen sei, wie so viele meinen, die sich mit dem NS-Deutschland befasst haben“.
Angesichts der beiden konträren Positionen ist die Fragestellung dieser Arbeit folgende: Hat die antisemitische Propaganda die Einstellungen der deutschen Bevölkerung gegenüber der Minderheit negativ beeinflusst und falls ja in welchem Ausmaß?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der historische Antisemitismus vor Hitler
- Entwicklung antisemitischer Propaganda in der „Kampfzeit“ der NSDAP
- Einzelne Konzepte nationalsozialistischer Propaganda
- Hitlers massenpsychologisches Theorem
- Goebbels' differenzierterer Ansatz
- Führermythos und ideologischer Hintergrund antisemitischer Propaganda
- Einzelne Konzepte nationalsozialistischer Propaganda
- Antisemitische Propaganda im Dritten Reich
- Die Massenmedien
- Alltagspropaganda
- Die Sprache als Träger antisemitischer Propaganda
- Das visuelle Judenbild
- Karikatur
- Plakat
- Antisemitische Propaganda als Instrument sozialer Kontrolle
- Antisemitische Propagandakampagnen und Ihre Wirkung
- Die Messbarkeit der Wirkung antisemitischer Propaganda
- Drei Wellen antisemitischer Propaganda
- Der Boykott jüdischer Geschäfte im April 1933
- Antisemitische Krawalle und die Nürnberger Gesetze 1935
- Wirkung antisemitischer Propaganda in der NSDAP
- Wirkung der antisemitischen Kampagnen in der allgemeinen Bevölkerung
- Die Nürnberger Gesetze
- Der Novemberpogrom 1938
- Die Propagandainszenierung des Novemberpogroms
- Die Reaktionen auf den Novemberpogrom
- Die „Endlösung“
- Propaganda für die Massenvernichtung
- Die Haltung der Bevölkerung zur „Judenfrage“ während der Kriegsjahre
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Einfluss antisemitischer Propaganda der NSDAP und des Dritten Reichs auf die deutsche Bevölkerung. Sie hinterfragt die gängigen Theorien, die entweder von einer allmächtigen Propaganda oder von einem bereits tief verankerten Antisemitismus ausgehen. Das Ziel ist es, das Ausmaß des Einflusses der Propaganda auf die Einstellungen und das Verhalten der Bevölkerung zu bestimmen.
- Der historische Kontext des Antisemitismus in Deutschland
- Die Strategien und Methoden der nationalsozialistischen Propaganda
- Die Rolle der Massenmedien und des Alltags in der Verbreitung antisemitischer Botschaften
- Die Wirkung der Propaganda auf verschiedene Bevölkerungsgruppen
- Die Messbarkeit des Einflusses der Propaganda
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung stellt die zentrale Forschungsfrage nach dem Einfluss antisemitischer Propaganda auf die deutsche Bevölkerung im Kontext des Holocausts. Sie skizziert die gegensätzlichen Forschungsansätze, die entweder von einer allmächtigen Propaganda oder von einem bereits tief verankerten Antisemitismus ausgehen, und benennt das Ziel der Arbeit: die Klärung des Ausmaßes des Einflusses der Propaganda. Die Einleitung hebt die Bedeutung der Frage nach der Passivität der Bevölkerung gegenüber der Judenverfolgung hervor und führt in die Thematik ein.
Der historische Antisemitismus vor Hitler: Dieses Kapitel beleuchtet den historischen Kontext, indem es den Antisemitismus in Deutschland vor der NS-Zeit untersucht. Es analysiert die Wurzeln und die Entwicklung des Antisemitismus, um den Nährboden für die nationalsozialistische Propaganda zu verstehen. Dieser historische Überblick liefert die Grundlage für die Beurteilung des Einflusses der NS-Propaganda auf eine bereits vorhandene antisemitische Gesinnung.
Entwicklung antisemitischer Propaganda in der „Kampfzeit“ der NSDAP: Dieses Kapitel analysiert die Entstehung und Entwicklung der antisemitischen Propaganda in der Zeit vor der Machtergreifung. Es untersucht die Strategien und Konzepte von Hitler und Goebbels, die unterschiedliche Ansätze verfolgten, um die Massen zu beeinflussen. Das Kapitel verdeutlicht die Bedeutung des Führermythos und des ideologischen Hintergrunds für die Form und Verbreitung antisemitischer Botschaften.
Antisemitische Propaganda im Dritten Reich: Dieses Kapitel untersucht die verschiedenen Kanäle und Methoden der antisemitischen Propaganda während der NS-Herrschaft. Es analysiert die Rolle der Massenmedien, die Bedeutung der Alltagspropaganda, die Verwendung von Sprache und visuellen Elementen (Karikaturen, Plakate) sowie die Funktion der Propaganda als Instrument sozialer Kontrolle und der Schaffung eines antisemitischen Konsenses.
Antisemitische Propagandakampagnen und Ihre Wirkung: Dieses Kapitel analysiert die Wirkung spezifischer antisemitischer Propagandakampagnen. Es untersucht drei Wellen antisemitischer Propaganda: den Boykott jüdischer Geschäfte, die Nürnberger Gesetze und den Novemberpogrom. Für jede Kampagne werden die Propagandatechniken, die Reaktionen der Bevölkerung und der Einfluss auf die Einstellungen der Bevölkerung analysiert. Es wird untersucht, wie die Propaganda die Deutschen zur Akzeptanz und schließlich zur Mitwirkung an der Judenverfolgung beeinflusste.
Schlüsselwörter
Antisemitische Propaganda, NSDAP, Drittes Reich, Holocaust, Massenmedien, Alltagspropaganda, Wirkung, Gehirnwäsche, eliminatorischer Antisemitismus, Nürnberger Gesetze, Novemberpogrom, deutsche Bevölkerung, historischer Antisemitismus, Propagandaanalyse, Soziale Kontrolle.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Antisemitische Propaganda im Dritten Reich
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert den Einfluss nationalsozialistischer antisemitischer Propaganda auf die deutsche Bevölkerung während des Dritten Reichs. Sie hinterfragt vereinfachende Theorien, die entweder von allmächtiger Propaganda oder von bereits tief verankertem Antisemitismus ausgehen, und zielt darauf ab, das Ausmaß des Einflusses der Propaganda auf Einstellungen und Verhalten der Bevölkerung zu bestimmen.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt den historischen Kontext des Antisemitismus in Deutschland, die Strategien und Methoden der nationalsozialistischen Propaganda (einschließlich der Rollen von Hitler und Goebbels), die Rolle der Massenmedien und des Alltags in der Verbreitung antisemitischer Botschaften, die Wirkung der Propaganda auf verschiedene Bevölkerungsgruppen und die Messbarkeit dieses Einflusses. Spezifische Propagandakampagnen wie der Boykott jüdischer Geschäfte, die Nürnberger Gesetze und der Novemberpogrom werden detailliert untersucht.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in folgende Kapitel: Einleitung, Der historische Antisemitismus vor Hitler, Entwicklung antisemitischer Propaganda in der „Kampfzeit“ der NSDAP, Antisemitische Propaganda im Dritten Reich, Antisemitische Propagandakampagnen und Ihre Wirkung, und Fazit. Jedes Kapitel behandelt einen Aspekt der Thematik, beginnend mit dem historischen Kontext und endend mit einer Analyse der Wirkung der Propagandakampagnen.
Wie wird die Wirkung der Propaganda untersucht?
Die Arbeit untersucht die Wirkung der Propaganda anhand von drei Wellen antisemitischer Kampagnen: dem Boykott jüdischer Geschäfte 1933, den Nürnberger Gesetzen und den darauf folgenden antisemitischen Krawallen 1935, und dem Novemberpogrom 1938. Es wird analysiert, wie die Propaganda die Akzeptanz und schließlich die Mitwirkung der Deutschen an der Judenverfolgung beeinflusste. Die Messbarkeit des Einflusses der Propaganda wird ebenfalls thematisiert.
Welche Methoden der Propaganda werden analysiert?
Die Arbeit analysiert verschiedene Methoden der antisemitischen Propaganda, darunter die Nutzung von Massenmedien, Alltagspropaganda, Sprache und visuelle Elemente wie Karikaturen und Plakate. Sie untersucht, wie diese Methoden eingesetzt wurden, um einen antisemitischen Konsens zu schaffen und soziale Kontrolle auszuüben.
Welche Schlussfolgerungen zieht die Arbeit?
(Das Fazit der Arbeit ist nicht im vorliegenden Auszug enthalten. Es wird jedoch erwartet, dass es eine zusammenfassende Bewertung des Einflusses antisemitischer Propaganda auf die deutsche Bevölkerung und deren Rolle im Holocaust liefert.)
Welche Schlüsselwörter sind relevant?
Wichtige Schlüsselwörter sind: Antisemitische Propaganda, NSDAP, Drittes Reich, Holocaust, Massenmedien, Alltagspropaganda, Wirkung, eliminatorischer Antisemitismus, Nürnberger Gesetze, Novemberpogrom, deutsche Bevölkerung, historischer Antisemitismus, Propagandaanalyse, Soziale Kontrolle.
- Quote paper
- Anonym (Author), 2009, Mechanismen und Wirkung antisemitischer Propaganda in der NSDAP und im Dritten Reich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/130701